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Von Bagdad nach Stambul. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Von Bagdad nach Stambul - Karl May


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sind Mehrere; die Bejat sind überfallen. Vorwärts! Schnell!«

      Ich entriß dem an der Erde liegenden Gasahl Gaboya seinen Dolch, um ein Andenken an diesen unglücklich beginnenden Tag mitzunehmen, und sprang auf mein Pferd. Um den gehörigen Anlauf zu bekommen und zugleich auch den Freunden Luft zu verschaffen, zog ich den Rappen empor, gab ihm die Sporen und trieb ihn mitten in die Bebbeh hinein. Hier ließ ich ihn nach allen Seiten ausschlagen, bis ich die vier Gefährten beritten sah, und trieb ihn dann mit einem weiten Satze in den Busch hinein, den er mit seinen Hufen niederriß. Draußen mußte ich sofort halten, da man nur im Schritte vorwärts kommen konnte; doch erhielten die vier Kameraden immerhin Raum genug, um mir augenblicklich folgen zu können.

      Sobald ich die Felsen hinter mir hatte und mich mit einem Blick überzeugte, daß alle Vier entkommen waren, gab ich dem Hengste die Schenkel und galoppirte in die offene Ebene hinaus. Die Andern folgten.

      Eine kurze Umschau erklärte mir den ganzen Sachverhalt. Dieser Scheik Gasahl Gaboya war wirklich ein kluger Mann; denn anstatt seine Abtheilung zu warnen, die doch zum Widerstande zu schwach gewesen wäre, war er bemüht gewesen, die ganze Umgegend in Aufruhr zu versetzen, und während die mit Beute beladenen Bejat ahnungslos ihrem Lager zuzogen, war dasselbe bereits von drei Seiten, wenn auch in sehr weiter Entfernung, so eingeschlossen, daß die Räuber froh sein mußten, mit dem nackten Leben zu entkommen. Hinter uns tobte der Kampf. Wie es den Bebbeh dort gelungen war, unbemerkt und plötzlich an die Bejat zu kommen, das zu untersuchen hatte ich keine Zeit. Links von uns sah ich eine breite Linie von Reitern im Galopp sich dem Kampfplatze nahen. Und rechts von uns war die ganze Gegend bis hinaus zum äußersten Horizont mit beweglichen Punkten bestreut; auch das waren Reiter.

      »Vorwärts, Effendi!« rief Mohammed Emin. »Sonst schließen sie uns ein! Bist Du mit heiler Haut davongekommen?«

      »Ja. Und Du?«

      »Eine kleine Schramme.«

      Wirklich blutete er an der Wange, aber der Riß konnte nicht gefährlich sein.

      »Kommt heran!« bat ich. »Wir bilden eine gerade Linie. Wer uns von der Seite sieht, wird uns von Weitem für einen einzigen Reiter halten.«

      Diese List wurde befolgt, aber die Bebbeh, welche sich hinter uns befanden, konnten nicht getäuscht werden, und wir bemerkten gar bald, daß wir von einer ansehnlichen Schaar verfolgt wurden.

      »Sihdi, werden sie uns einholen?« fragte Halef.

      »Wer weiß es! Es kommt darauf an, welche Art von Pferden sie reiten. Aber, Hadschi Halef Omar, was ist's mit Deinem Auge? Ist es schlimm?«

      Sein Auge war geschwollen, trotzdem nur wenige Minuten seit dem Überfalle vergangen waren.

      »Es ist nichts, Sihdi,« antwortete er. »Dieser Bebbeh war fünfmal länger als ich und hat mir einen kleinen Hieb gegeben. Hamdulillah, er wird es nicht wieder thun!«

      »Du hast ihn doch nicht getödtet?«

      »Nein. Ich weiß, daß Du dies nicht willst, Effendi.«

      Es gewährte mir allerdings eine nicht geringe Freude, daß keiner der Feinde von uns an seinem Leben geschädigt worden war. Dies mußte uns, selbst vom Standpunkte der reinen Berechnung aus betrachtet, lieb und beruhigend sein; denn wenn wir den Bebbeh ja in die Hände fielen, so hatten sie doch wenigstens keine Blutrache an uns zu nehmen.

      Wir setzten unsern Galopp wohl über eine Viertelstunde lang fort. Der Kampfplatz war uns dabei aus den Augen geschwunden, aber die Verfolger waren hinter uns geblieben. Sie hatten sich getheilt. Diejenigen, welche gute Pferde hatten, waren uns näher gekommen, während die Anderen weit zurückblieben.

      »Emir, sie werden uns einholen, wenn wir nicht schneller reiten,« meinte Amad el Ghandur.

      »Wir dürfen unsere Thiere nicht jetzt gleich zu sehr anstrengen. Übrigens haben sich die Verfolger getrennt, und es ist besser, einmal mit ihnen zu reden, als sich von ihnen abhetzen zu lassen.«

      »Maschallah! Du willst mit ihnen sprechen?« rief Mohammed Emin.

      »Allerdings. Ich hoffe, sie so weit zu bringen, daß sie von der Verfolgung abstehen. Reitet weiter! Ich werde hier halten bleiben.«

      Sie ritten im gleichen Tempo weiter. Ich aber stieg vom Pferde, nahm meine Waffen zu mir, setzte mich zur Erde und richtete das Gesicht gegen die Verfolger.

      Als sie noch ungefähr tausend Schritte entfernt waren, nahm ich mein Turbantuch herab und wehte damit durch die Luft. Sie fielen sofort aus dem Galopp in Schritt und hielten auf der Hälfte der soeben angegebenen Entfernung an. Nach einer kurzen Besprechung kam Einer von ihnen näher herbeigeritten und frug:

      »Warum sitzest Du an der Erde? Ist es List oder Wahrheit?«

      »Ich will mit Euch reden.«

      »Mit uns Allen oder nur mit Einem?«

      »Mit Einem, den Ihr Euch wählen und mir dann senden werdet.«

      »Du hast Deine Waffen bei Dir.«

      »Er kann die seinigen auch mitbringen.«

      »Lege sie weit von Dir; dann wird Einer von uns kommen.«

      »Dann muß auch er die Waffen zurücklassen!«

      »Er wird sie ablegen.«

      Ich erhob mich, legte die beiden Dolche und die Revolver auf die Erde und hing die Büchse und den Stutzen an den Sattel. Dann setzte ich mich wieder nieder. Diese Leute konnten unmöglich wissen, wie viele und was für Waffen ich bei mir trug; es wäre mir also leicht gewesen, wenigstens die Revolver bei mir zu behalten; aber ich wollte ehrlich gegen sie sein, um von ihnen ebenso ehrlich behandelt zu werden.

      Ich zählte elf Mann. Derjenige, welcher mit mir gesprochen hatte, kehrte zu ihnen zurück und sprach mit ihnen. Dann stieg er ab, legte seine Büchse, seinen Wurfspieß und sein Messer nieder und kam langsam auf mich zugeschritten. Er war ein schöner, schlank gebauter Mann von vielleicht fünfzig Jahren. Seine schwarzen Augen funkelten mich feindselig an, aber er setzte sich still und wortlos grad vor mich hin.

      Da ich schwieg und er ungeduldig war, begann er doch endlich die Unterhaltung, indem er frug:

      »Was willst Du von uns?«

      »Ich will mit Dir sprechen.«

      »So sprich!«

      »Ich kann nicht.«

      »Allah! Warum?«

      Ich zeigte hinter mich.

      »Siehe, ich trug mehr Waffen bei mir, als Ihr erwarten konntet, und habe sie alle von mir gethan. Auch Du hast mir versprochen, die Deinigen abzulegen. Seit wann sind die Bebbeh Lügner geworden?«

      »Lüge ich etwa?«

      »Was thut die Keule unter Deinem Gewande?«

      Ich sah an einer Erhöhung seines Brustkleides, daß er eine Keule darunter verborgen hatte. Er erröthete sichtlich, griff unter das Gewand und warf die Waffe hinter sich.

      »Ich hatte sie vergessen,« entschuldigte er sich.

      Der Umstand, daß er sie fortwarf, überzeugte mich, daß es nicht auf eine Treulosigkeit gegen mich abgesehen gewesen war. Er hatte mir nicht getraut und sich also heimlich vorsehen wollen. Ich begann:

      »So! Nun sei Frieden zwischen uns, bis unsere Unterredung zu Ende ist. Versprichst Du mir dies?«

      »Ich verspreche es.«

      »Reiche mir Deine Hand darauf!«

      »Hier, nimm sie!«

      »Warum verfolgt Ihr uns?« frug ich nun.

      Er blickte mir ganz erstaunt in das Angesicht.

      »Bist Du toll?« rief er. »Ihr beraubt uns; Ihr kommt als Feinde, als Räuber über unsere Grenzen, und Du fragst, warum wir Euch verfolgen!«

      »Wir kamen weder als Räuber noch als Eure Feinde.«

      Er


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