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Von Bagdad nach Stambul. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Von Bagdad nach Stambul - Karl May


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voran, und mein Rih folgte mit edler Bescheidenheit dem Klepper.

      »Chodih,« frug der Köhler, »nun ist wohl dieser Schwarze mein?«

      Hm! Auch eine Frage!

      »Nein,« antwortete ich.

      »Warum nicht?«

      »Dieser Schwarze würde Dich abwerfen, sobald ich nicht mehr in seiner Nähe bin. Du sollst ihn nur heute reiten, denn morgen wird dieses Pferd hier gehorsam geworden sein.«

      »Und wird es mir auch dann gehören, wenn ich von Euch scheide?«

      »Ja, wenn wir nämlich mit Dir zufrieden sind.«

      »O ich werde Alles thun, was Du von mir forderst!«

      Wir gelangten an das Dickicht, wo sich die Gefährten verborgen hielten. Sie schlossen sich uns wieder an und zeigten sich sehr zufrieden über den guten Handel, den ich gemacht hatte. Nur Halef war ungehalten.

      »Sihdi,« sagte er, »das wird Dir Allah nie vergeben, daß Du Deinen Rih eine solche Kröte tragen lässest. Er mag sich auf mein Pferd setzen, während ich den Rappen nehme.«

      »Laß ihn, Halef! Es würde ihn beleidigen.«

      »Maschallah, wie kann ein Kurde beleidigt werden, der Kohlen brennt und den Schmutz mit Fingern ißt!«

      Es blieb trotzdem bei meiner Anordnung.

      Am Nachmittag gelangten wir in die Höhe von Banna und nach einem scharfen Ritte öffnete sich vor uns der Paß, welcher nach Süden führt. Wir hatten unsere Pferde auf den unwegsamen Höhen sehr in Anspruch nehmen müssen; darum wollten wir ihnen heute eher Ruhe gönnen und zogen uns seitwärts des Passes in ein kleines, aber tiefes Thälchen zurück, dessen Seiten sehr dicht mit Zwergeichen bewachsen waren. Wir hatten Wild genug geschossen, um nicht hungern zu müssen, und losten nach dem Mahle um die Reihenfolge der Nachtwache. Hier in der Nähe des Passes hielten wir die Vorsicht ganz besonders für nothwendig, denn die Kunde von dem Heerdenraube war ganz sicher bereits bis Banna gedrungen, und es ließ sich vermuthen, daß dabei die Rede auch von uns gewesen sei.

      Die Nacht verging ohne die geringste Störung, und mit dem Grauen des Tages ritten wir bereits in den Mund des Passes ein. Wir hatten diese Zeit gewählt, um völlig unbeachtet zu sein.

      Der Weg führte über nackte Höhen und kahle Steinflächen, durch dunkle Schluchten und melancholische Thäler, in denen kaum ein Wässerlein zu finden war. Man sah und fühlte hier so recht deutlich, daß man sich auf einem Boden befand, den vielleicht noch kein Europäer betreten hatte.

      Es war nahe am Mittag, als wir ein Querthal zu durchschneiden hatten. Gerade als wir bei der gegenüberliegenden Ecke anlangten, blieb Dojan stehen und sah mich bittend an. Ich kannte seine Manieren; er hatte etwas Verdächtiges bemerkt und wollte nun die Erlaubniß haben, mich verlassen zu dürfen. Ich ließ halten und sah mich um, fand aber nicht die geringste Spur eines lebenden Wesens.

      »Jürü, Dojan!« sagte ich, und sofort sprang der Hund in das Gebüsch hinein. Einige Augenblicke später hörten wir einen Schrei, und dann erscholl jener kurze Laut, welcher mir sagte, daß Dojan einen Menschen unter sich liegen habe.

      »Halef, komm!«

      Wir sprangen von den Pferden, warfen den Andern die Zügel zu und folgten dem Hunde. Wahrhaftig, neben einem stacheligen, heckenrosenartigen Busche lag ein Mann, und der Hund stand über ihm und hatte seine Zähne an dessen Gurgel.

      »Dojan, geri!«

      Der Hund ließ ab, und der Mann erhob sich.

      »Was thust Du hier?«

      Er blickte mich an, als ob er sich die Antwort erst überlegen wolle, gab sie aber nicht, sondern that einen plötzlichen Seitensprung und verschwand.

      Auf meinen Wink setzte der Hund dem Fremden nach. Keine Minute später hörten wir wieder den Angstschrei des Mannes und den bezeichnenden Laut des Hundes. Neben der Stelle, wo der Mann gelegen hatte, hing seine Flinte an einem abgebrochenen Zweige. Ich winkte Halef, sie zu nehmen, und dann drangen wir weiter vor. Wir fanden Mensch und Hund genau wieder in der vorherigen Lage. Der Erstere wagte gar nicht, sich zu rühren und von dem Messer Gebrauch zu machen, welches er im Gürtel hatte.

      »Ich werde Dir noch einmal erlauben, Dich zu erheben, aber ich sage Dir: wenn Du abermals zu entfliehen suchst, so wird der Hund Dich zerreißen,« warnte ich ihn.

      Dann rief ich Dojan abermals zurück. Der Fremde stand auf und blieb in demüthiger Haltung vor mir stehen.

      »Wer bist Du?«

      »Ich bin ein Bewohner von Soota,« antwortete er.

      »Ein Bebbeh?«

      »Nein, Herr. Wir sind Feinde der Bebbeh, denn ich bin ein Dschiaf.«

      »Woher kommst Du?«

      »Aus Achmed Kulwan.«

      »Das ist weit. Was hast Du dort gethan?«

      »Ich sorge für die Heerden des dortigen Kiaja.«

      »Wohin willst Du?«

      »Nach Soota zu meinen Freunden. Die Dschiaf feiern ein großes Fest, welches wir mitmachen wollen.«

      Das stimmte.

      »Haben die Dschiaf auch Gäste bei diesem Feste?«

      »Ich habe gehört,« antwortete er, »daß Khan Heider Mirlam mit seinen Bejat kommen will.«

      Auch das stimmte. Dieser Mann schien kein Lügner zu sein.

      »Warum versteckst Du Dich vor uns?«

      »Herr, muß ein einzelner Mann sich nicht verstecken, wenn er sechs Reiter kommen sieht? Er weiß hier in den Bergen doch niemals, ob es Freunde oder Feinde sind.«

      »Aber warum versuchtest Du, mir zu entfliehen?«

      »Weil ich dachte, Du seist ein Feind, denn Du hetztest Deinen Hund auf mich.«

      »Bist Du wirklich ganz allein hier?«

      »Ganz allein; das kannst Du mir beim Barte des Propheten glauben!«

      »Ich will es Dir glauben. Gehe voran!«

      Wir kehrten mit ihm zu den Gefährten zurück, wo er seine Aussage wiederholen mußte. Sie stimmten mit mir darin überein, daß der Mann ungefährlich sei. Er erhielt seine Flinte wieder und durfte gehen. Nachdem er sich bedankt und den Segen Allah's auf unsere Häupter herabgewünscht hatte, setzten wir den unterbrochenen Ritt weiter fort.

      Ich hatte bemerkt, daß Allo den Fremden recht nachdenklich betrachtet hatte; auch jetzt saß er sinnend auf dem Rappen, und eben wollte ich ihn nach dem Gegenstande seines Grübelns fragen, als er, wie sich endlich besinnend, aufblickte und schnell an meine Seite kam.

      »Chodih, dieser Mann hat Euch belogen! Ich kannte ihn, aber ich wußte nicht mehr, wer er war. Jetzt nun habe ich mich besonnen. Er ist kein Dschiaf, sondern ein Bebbeh. Er muß ein Bruder oder Verwandter des Scheik Gasahl Gaboya sein. Ich habe sie Beide in Nweizgieh gesehen.«

      »Wenn dies wahr wäre! Irrst Du Dich nicht?«

      »Es ist möglich, aber ich meine recht gesehen zu haben.«

      Ich theilte den Andern die Vermuthung des Köhlers mit und fügte hinzu:

      »Fast möchte ich diesem Manne nachreiten!«

      Mohammed Emin schüttelte den Kopf.

      »Warum willst Du die Zeit verschwenden und wieder umkehren? Wenn dieser Mann wirklich ein Bebbeh wäre, wie wollte er wissen, daß Heider Mirlam von den Dschiaf eingeladen ist? Solche Dinge werden vor dem Feinde stets geheim gehalten.«

      »Und,« fügte Amad el Ghandur hinzu, »wie könnte uns dieser Mann Schaden bringen? Er geht nach Norden, und wir reiten nach Süden. Man würde uns nicht einholen können, selbst wenn er in Banna von uns erzählte.«

      Diese Gründe waren allerdings


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