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Der Preller. Edgar WallaceЧитать онлайн книгу.

Der Preller - Edgar Wallace


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kam der erwartete Augenblick.

      »Mein Geld ist alle«, verkündete der ältere der beiden Gäste. »Borg mir fünfzig, Anthony.«

      Sein Freund schüttelte den Kopf. »Nee, mein Lieber. Ich habe auch nur noch zwanzig, und die werde ich noch setzen.«

      Er tat es und verlor. Eine tiefe Stille herrschte im Zimmer, die nur von dem Knistern der Banknoten unterbrochen wurde. Langsam und mit geübten Fingern zählte das Mädchen ihren Gewinn.

      »Pech!« meinte Pony lächelnd zu den beiden Gerupften. »Jetzt wollen wir noch einen auf den Schrecken genießen, Kinder. Habt ihr wirklich kein Geld mehr? Ich kann euch fünfzig borgen, wenn ihr weiterspielen wollt.«

      Aber die Opfer winkten ab. Während May die Getränke vorbereitete, stand der schweigsamere der beiden jungen Leute auf und begab sich zur Tür. Sein Freund nahm das Glas, das vor ihm stand, in die Hand und roch daran.

      »Laudanum?« sagte er dann ruhig. Pony starrte ihn an. Seine Augen wurden noch größer, als ihm der andere das Glas anbot.

      »Trinken Sie!«

      »Was soll das heißen?« rief Pony verwundert.

      »Trinken Sie!« wiederholte der andere. Im gleichen Augenblick verriegelte sein Freund die Tür. Pony wandte sich blitzschnell um und konnte gerade noch sehen, wie der zweite der Gerupften den Schlüssel in die Tasche steckte.

      »Was, zum Teufel, habt ihr denn vor?«

      »Eine große Sache, Freund Pony«, unterrichtete ihn der andere, der ein Monokel in das rechte Auge geklemmt hatte. »Trinken Sie das Glas aus, sonst schieße ich Sie nieder.«

      Das Mädchen sprang auf ihn zu, aber der junge Mann, der die Tür verschlossen hatte, fing den auf seinen Freund gerichteten Angriff auf. Muskulöse Arme umfingen das Mädchen.

      »Lassen Sie mich los«, schrie sie hysterisch. »Ich brülle so lange, bis die Polizei kommt. Pony, warum stehst du dort und ...?«

      »Nur ruhig, schönes Kind«, murmelte der Mann mit dem Einglas, ohne seine Umarmung zu lockern.

      »Ja, nur ruhig«, ließ sich auch sein Freund vernehmen. »Ich würde Ihnen abraten, die Polizei zu rufen. Pony wird Ihnen sagen, warum.«

      »Was wollt ihr von uns?« erkundigte sich jetzt Pony.

      »Zuerst möchte ich Sie um das Geld erleichtern, das Sie uns in so ungastlicher Weise abgenommen haben. Mit gezeichneten Karten soll man nicht spielen.« Der Fremde nahm May die Geldpäckchen aus der Hand und steckte sie in seine Tasche. Dann fuhr er fort:

      »Sie können sich dieses Glas ansehen, Pony«, sagte er. »Der Wein hätte uns wahrscheinlich schlafen geschickt. Nun möchte ich mir gestatten, euch einen Umriß des Planes zu geben, den ihr ausführen wolltet. Nachdem wir unser Geld verloren hatten, sollten wir ein kleines Schlafmittelchen eingeflößt bekommen und in irgendeiner Seitenstraße ausgesetzt werden. Ihre Freunde haben Ihren Anruf schon erwartet, um Ihnen dabei zu helfen. Morgen wollten Sie, geehrter Freund Pony, nach Frankreich abrutschen, um dort die Ergebnisse Ihrer Raubzüge durchzubringen. Sie haben jedenfalls Ihren Paß schon in der Tasche, aber, was uns mehr interessiert, auch das Geld, mit dem Sie sich in Frankreich die notwendigen Zerstreuungen verschaffen wollen.«

      »Nun, und?« fragte Pony.

      »Nun?« wiederholte der andere höhnisch. »Ehe ich meine Forderungen an euch stelle, möchte ich mich wenigstens vorstellen. Meinen Familiennamen werde ich euch nicht nennen, er tut nichts zur Sache. Man nennt mich Anthony oder häufiger noch: den Preller! Dieser junge Mann hier ist Paul, während der dritte Angehörige meiner Gesellschaft draußen vor der Tür auf uns wartet.«

      »Ihr wollt uns wohl bluffen?« erkundigte sich Pony.

      »Nein, ganz und gar nicht«, näselte sein Gegner. »Der draußen Wartende heißt Sandy, und er hat uns vor kurzer Zeit von den ›Sieben Federn‹ aus hierhergefahren. Er war im Feld mein Bursche und ist – ich kann es, da er nicht hier ist, ruhig sagen ein vortrefflicher Kerl. Er hat es vorgezogen, nach Kriegsende bei mir zu bleiben, anstatt seinen alten Posten als Lagerhausarbeiter wieder anzutreten. Ich habe ihm außerdem versprochen, daß er eines Tages genug Geld haben wird, um sich aufs Land zurückziehen zu können, und ich gedenke, mein Versprechen zu halten. Was meinen Freund hier und mich selbst anbetrifft, Mr. Nelson, so kann ich Ihnen verraten, daß Sie Helden aus dem Kriege vor sich haben, die nach der Demobilisierung von der undankbaren Nation nicht so behandelt wurden, wie es sich nach den Opfern, die sie brachten, gehört hätte. Mein Freund Paul ist Offizier der Ehrenlegion. Nicht wahr, Paulchen?« wandte er sich an seinen Begleiter. Paul nickte, und Anthony, der sich selbst den ›Preller‹ nannte, fuhr in seinen Aufklärungen fort:

      »Unser Vaterland scheint unser nicht mehr zu bedürfen und will von uns, die wir das Heer unter für uns ungünstigen Verhältnissen etwas vorschnell verlassen mußten, nichts mehr wissen. Paul mußte abgehen, weil er seinen Urlaub um sieben Tage überschritten hatte. Ich möchte erwähnen, daß er vor dem Kriegsgericht keineswegs die alte Ausrede gebrauchte, er habe das Gedächtnis verloren. Ich? Ja, ich wurde schimpflich entlassen, weil ich einem jungen Mann, der das Abzeichen eines Offiziers der Feldpolizei trug, so aufs Auge schlug, daß es blau wurde.«

      »Und was wollt ihr von uns?« erkundigte sich Pony, der dem anderen schweigend gelauscht hatte.

      »Unser Beruf besteht darin, daß wir so leicht wie möglich unser Geld zu verdienen trachten«, gab ihm sein Gegner Auskunft. »Ich habe mir lange den Kopf zerbrochen, wie man es am leichtesten verdienen kann, und ich bin zu dem Ergebnis gekommen, daß man es Leuten eures Schlages abnehmen muß. Nur dieses System würde mein Freund Paul, der eine starke moralische Ader hat, als Erwerbszweig anerkennen, sonst hätte er sich wahrscheinlich in meiner Branche schon lange selbständig gemacht. Jedenfalls steht die Sache nun so, daß er sich entschlossen hat, sein Teil mit dem meinen zusammenzuwerfen und euch Bande so zu schröpfen, daß ihr nackt und bloß dasteht, ohne zu wagen, großes Geschrei zu erheben.«

      »Bei mir werdet ihr euch die Zähne ausbeißen«, warnte ihn Pony.

      »Im Gegenteil.« Der höfliche Preller verbeugte sich vor seinem künftigen Opfer. »Ich werde Ihnen alles, was ich brauche, abnehmen. Wissen Sie, wieviel ich brauche? Nein? Nun, es wird jeder Pfennig sein, den Sie in der Tasche tragen, mein sehr verehrter Mr. Nelson.«

      »So wahr mir Gott helfe, ihr Lumpen, ich werde mich bei euch revanchieren«, zischte Pony. Anthony lächelte ein wenig müde.

      »Bedenken Sie doch, mein Freund«, erklärte er, »daß wir, um unseren Beruf erfolgreich auszuüben, ein bedeutend größeres Risiko eingehen müssen. Wir haben also vor Ihrer Rache nicht die geringste Angst. Alles, was ihr uns tun könntet, können wir euch auch verabfolgen, und vielleicht«, er drohte mit dem Finger, »tun wir es ein klein wenig schneller und besser. Auspacken, Pony, los!« Seine Stimme klang scharf und befehlend.

      »Ich weigere mich«, gab Pony zurück und versuchte, ihn anzuspringen.

      Seine Arme griffen in die Luft, und dem Kampf wurde ein schnelles Ende bereitet, als ihn der Kolben eines kräftig gehandhabten Revolvers zu Boden schlug. Das Mädchen, mit einem Gesicht so weiß wie Schnee, hatte dem stummen Kampf bewegungslos zugesehen. Als sich Anthony über den Körper des Bewußtlosen beugte und ihm die Taschen zu leeren begann, fand May ihre Stimme wieder.

      »Ich werde euch das nicht vergessen«, flüsterte sie.

      »Schade«, höhnte Paul, der sie immer noch am Arm festhielt.

      »Auch mir würde es leid tun«, warf der Preller ein, »wenn Sie uns so schnell vergessen würden.«

      Sie starrte ihn nachdenklich an. Dann fragte sie:

      »Was werdet ihr mit mir anfangen?«

      »Wir lassen Sie hier zurück. Das ist es ja gerade, was meine Methoden so erfolgreich und gefahrlos macht: Ich brauche meine Opfer nicht zu fesseln, nicht zu schlagen, nicht zu vergiften, nicht zu knebeln – sie schweigen alle, wenn ich mit ihnen fertig bin. Bitte, rufen Sie ruhig die Polizei. Ich glaube nicht, daß Sie das tun werden,


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