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Italien mit allen Sinnen. Otto W. BringerЧитать онлайн книгу.

Italien mit allen Sinnen - Otto W. Bringer


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allein die von Meerwasserarmen durchströmte größte Kunstsammlung in der Lagune. Auch auf anderen Inseln finden wir reichlich Sehenswertes. Die vorgelagerten Inseln waren im frühen Mittelalter wichtige Anlaufpunkte des Seeverkehrs im Mittelmeer. Bis nach Indien. Isola Murano zum Beispiel wuchs im dreizehnten Jahrhundert zur wichtigen Handelsmetropole. Als Venedig die Glaswerkstätten wegen hoher Brandgefahr aus der Stadt auf die vorgelagerte Insel verbannte. Murano war bald größer als Venedig. Mit über zwanzigtausend Einwohnern.

      Die schönsten Glasgebilde früherer Zeiten sehen wir uns in den Vitrinen der Werkstätten und in Museen an. Nur angeschaut. Nicht angefühlt. In Palästen und feudalen Villen sehen wir alt gewordene Kronleuchter buntglasfröhlich elektrifiziert an hohen Decken baumeln. In Schränken und auf Regalen drängen sich Glaskrüge, Karaffen und Lichtleuchter. Seit Generationen unwiderlegbare Beweise früheren Wohlstands. Und überragender Glasmacherkunst. In Palladios Villen fotografiere ich das ein und andere. Hätten das Glas gern mit den Händen gefühlt.

      Wie wir sehen, blasen die Handwerker immer noch fleißig ins zähflüssige Glas. Damit es die gewünschte Form annimmt, solange die Masse noch verformbar ist. Heraus kommen dabei Modelle nach alten Vorbildern. Kenner wollen das. Moderne Glasgebilde sind nicht sonderlich gefragt.

Frankreich

      Modische umso mehr. Rose entdeckt ihre antike Seite: „Wir kaufen ein Trinkgefäss nach römischem Vorbild. Hier dieses Rot ist meine Lieblingsfarbe bei Glassachen.“ „Einverstanden.

      Gefällt mir auch gut.“ Nehme das Glas in die Hand. Spüre seine Rillen wie einen Fingerabdruck. Jetzt haben wir ein zweites Altertümchen in unserem modernen Haus. Rose: „Es wird noch nicht das Ende sein“. „Ei gucke an“ entfährt es mir. „Rose auf Entdeckungstour.“

      Auf Mallorca kaufte ich für Rose eines der seltenen Zwillingskännchen für Öl und Essig. Konnte ihren bittenden Augen nicht widerstehen. Bei uns verlor es ein bisschen an Aktualität. Steht im Glasschrank, damit es nicht verstaubt. Und blankgeputzt an die südliche Hälfte der nördlichen Halbkugel erinnert. Dort geblasene Gläser haben die Farbenfreude von Menschen, die mit Morgenmeerblau aufstehen und bei silberrotschimmernden Sonnenuntergängen zu Abend essen. Das neu erworbene Glas passt in dieses Milieu. Frischt es auf für ein paar Monate. Uns reicht es. Suchen Neues. Immer wieder. Überall.

      Isola Burano, bekannt und berühmt für seine Spitzenklöppelei. Für manche ist es Stickerei. Obwohl der Höhepunkt des traditionellen Handwerks längst überschritten ist, klöppeln oder sticken sie unentwegt weiter. Sieht doch so schön aus, das Deckchen, der Tischläufer, der Fenstervorhänger. Erinnert an Omas Kaffeestündchen. Alle Menschen lieben ihre Omas. Ihre Kaffee- oder Teetassen auf Spitzendeckchen. Die sie auflegen, wenn wir sie besuchen. Auch uns wird es warm ums Herz, denken wir an Else Feldhoff, Roses Omi. Die leicht vergilbten Fadenkunstwerke passten zu ihr. Vielleicht gerade deswegen liebten wir sie.

      An der Isola di San Michele fahren alle vorbei. Tod ist kein Thema für einen kurzen Venedigtripp. Von Thomas Mann gehört, ja, aber selber sterben in Venedig will niemand. Verständlich. Wir riskieren es zu wissen, wie es aussieht hinter der Mauer, die die Insel rings umschließt. Lassen uns vom Bootstaxi hinüberfahren. Landen an. Steigen aus. Schon eigenartiger Besuch. Zahllose Gräber zu sehen. Grabsteine, kleine und große Tempel, Säulen mit und ohne Engel.

      Schwarze Zypressen dazwischen gesteckt als Abstandhalter. Es duftet wie auf allen Friedhöfen. Dunkel, harzig beruhigend grün. Wegen der zahlreichen Nadelbäume. Jüngeren Datums aufragende Steingebilde, in denen übereinander gestapelte Gerippe ihre allerletzte Ruhe finden. Platzmangel war der Anlass. Eine Insel kann man nicht so einfach vergrössern. Nach ein paar Jahren wird exhumiert und hoch gelagert. David Chipperfield soll dieses Problem für die Zukunft lösen. Das Niederlassungsareal vergrößern. Irgendwie. Rose ist auf San Michele nicht gerade glücklich. Froh, von Chipperfield zu sprechen. Und seinem Berliner Museumsumbau. „Er hat mich sofort überzeugt“, sagt sie.

      „Obwohl wir seitdem noch nicht in Berlin waren, kennen wir die Architektur, die Altes mit Neuem verbindet. Genial. Die Dokumentation im Fernsehen beeindruckte mich sehr. Dein Andrea Palladio hätte seine helle Freude gehabt. Alles im Gleichklang, Alt und Neu. Auch hier auf der Insel wird er eine gute Lösung finden.“ Fahren weiter.

      Zur Isola Torcello. Unsere liebste Insel. Von magischer Anziehungskraft. Am östlichen Ende der Lagune. Einst als Hauptinsel größer und bedeutender als Venedig. Heute ein flaches Areal, auf dem alles zu schlafen scheint. Die wenigen Häuser. Die Kirchen. Die fünfundzwanzig Familien. Vielleicht ruht die Insel sich aus von den turbulenten Ereignissen in acht Jahrhunderten. Abseits eine Locanda für Leute, die Stille suchen. Mit noblen Zimmern und einer hoch gelobten Sterneküche. Ernest Hemmingway war Stammgast hier.

      Kaum haben wir über ein Brett vom Boot das Land betreten, wird der Weg sandig. Nur wenige Menschen mit uns unterwegs. Etwa einen Kilometer bis zu den beiden Kirchen. Rechts und links Artischockenfelder. Nichts als Artischockenfelder. Am blassblauen Himmel weiße Kumuluswolken. Mit dunklen Rändern. Kaum Wind. Meine Erwartungen sind gespannt bis zum Zerreißen. Foto im Kopf, bis ich weiß, wie sie in Natura aussehen: Santa Fosca, die byzantinische Rundkirche. Vor allem die Basilika Santa Maria Assunta, Maria Himmelfahrt, mit dem weltberühmten Mosaik an der Westwand. Rose ist einfach nur neugierig. Beneidenswert.

      Ich hatte ihr alles über Torcello erzählt, was ich weiß und ermitteln konnte. Auch diese Insel war im 12. Jahrhundert größer und reicher als Venedig. Bevor Murano sie ablöste. Auch um die zwanzigtausend Einwohner, viele Kirchen und Klöster. Übrig blieben fünfundzwanzig Familien und die beiden genannten Kirchen. Eine einsame Laguneninsel unter einem übervölkerten Himmel.

      Wir treten in das Säulenrund von Santa Fosca. „Sieht aus wie eine Moschee.“ Rose sagt, was ich denke. Das Oktogon ist typisch für Byzanz. Aber auch für den gesamten Vorderen Orient. Vorbild der Grabeskirche in Jerusalem. Karls des Großen Pfalzkapelle, heute stimmungsvoller Zentralraum des Aachener Doms.

      Bin wie Rose beeindruckt: „In diesem Rundbau atmet Geschichte. Altes immer noch lebendig. Es kommt mir vor, als sprängen im Raum die Marmorbögen von Säule zu Säule. Spüre mich selbst in der Mitte dieses Reigens. Ganz anders als zwischen den Wänden späterer rechtwinkeliger Kirchen.“ Der warme Ziegelton von Wänden und Boden steigert den Eindruck von Mitte. Macht wohnlich, heimatlich wie alles Schöne. Wir möchten uns setzen. Und sinnen. Eine Weile. Aber keine Bank, kein Stuhl, kein Mauervorsprung in Sicht. Die Halle leer. Nur noch Denkmal. Leider. Zehn Schritte gegangen.

      Öffnen die kleine Seitentür der Kathedrale und sehen den gleichen Boden. Hart gebrannte Ziegelsteine. In der Mitte des Raums bilden sie eine Rosette aus verschiedenfarbigen Ziegeln. Im Zentrum eine Osterkerze von zwei Metern Länge. Der Chor mit dem Lettner interessiert uns heute nicht sonderlich. Wir gehen bis hin. Drehen uns herum. Erwarten, ja was erwarten wir? Müssen uns an die Dämmerung gewöhnen. Helles Licht würde die jahrhundertalte Stille stören. Das Mosaik auf der Westwand vernebeln. Einziges Thema: ‚Das Jüngste Gericht’.

      Aus hunderttausend Splittern farbiger Steine. Marmor zumeist. Aber auch Glas, Holz und Metall. Lassen sich am besten zurechtschneiden und bearbeiten, vergolden. Für Bilder, die der Künstler im Kopf hat. Vielleicht vorher skizziert. Von einem Geistlichen angeregt und kontrolliert. Spontan beeindruckt mich die hohe künstlerische Qualität und handwerkliche Perfektion. Das muss den Mosaikern doch Spaß gemacht haben.

      Ich weiß, wie es ist, wenn Auftraggeber mich machen lassen. So wie ich will. Oder wie es mich treibt. Kann mir also gut vorstellen, dass es auch damals den Künstlern großes Vergnügen machte, für Himmel und Hölle neue, bisher nicht gekannte Bilder zu erfinden. Ahne auch die Angst, die es damals auslöste. Angst der Menschen vor dem Letzten, das ihnen droht. Schüchterne Zeitgenossen glaubten bestimmt, es kommt wie sie hier sehen. Himmlische Freuden und höllische Qual. Prophezeiungen eines Jüngers Jesu. Zweifel nicht erlaubt.

      In Mosaik sehen die Frommen fromm aus. Die Bösen böse. Der Fantasie schienen keine Grenzen gesetzt. Besonders im Ausdenken höllischer Qualen waren Künstler von Natur aus begabt. Zu allen Zeiten. Nicht nur um zwölfhundert. Verdammte mir verzerrten Gesichtern, ausgestreckten Armen, als riefen


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