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Die Namenlosen. Уилки КоллинзЧитать онлайн книгу.

Die Namenlosen - Уилки Коллинз


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waren, lehnten aber diejenigen ab, die noch auf eine Besetzung warteten; oder sie litten unter einer schwachen Konstitution und wurden boshafterweise krank, wenn sie bei den Proben gebraucht wurden; oder sie hatten puritanische Angehörige, und nachdem sie am Anfang der Woche fröhlich ihre Rollen übernommen hatten, zogen sie sich am Wochenende reumütig und unter dem Druck ihrer Familie wieder zurück. Gleichzeitig hämmerten die Schreiner, und das Bühnenbild wuchs. Miss Marrable, die ein empfindsames Temperament hatte, wurde unter der Belastung der ständigen Angst hysterisch; der Hausarzt lehnte jede Verantwortung für die nervlichen Folgen ab, wenn nicht alles nach ihren Wünschen getan wurde. Erneut unternahm man Anstrengungen in alle Richtungen. Man suchte Schauspieler und Schauspielerinnen in verzweifelter Miss­achtung aller Überlegungen bezüglich der persönlichen Eignung. Aus der Not, die – im Drama und außerhalb davon – kein Gebot kennt, wurde ein achtzehnjähriger Bursche in der Rolle des „Sir Anthony Absolute“ angenommen; wobei der Schauspieldirektor es übernahm, die notwendigen Gesichtsfalten aus den unendlichen Quellen der Theaterkunst beizusteuern. Eine Dame unbekannten Alters mit stämmigem Äußerem, die aber das Herz auf dem rechten Fleck hatte, meldete sich freiwillig für die Rolle der sentimentalen „Julia“ und brachte als dramatische Qualifikation ihre Gewohnheit mit, auch im Privatleben eine Perücke zu tragen. Dank derart energischer Maßnahmen war das Stück am Ende mit allen erforderlichen Darstellern ausgestattet – immer mit Ausnahme der beiden nicht zu beherrschenden Rollen: die Kammerzofe „Lucy“ und „Falkland“, Julias eifersüchtiger Liebhaber. Herren kamen, sahen Julia bei der Probe, beobachteten ihre stämmige Erscheinung und die Perücke, versäumten zu bemerken, dass sie das Herz am rechten Fleck hatte, und zogen sich zurück. Damen lasen die Rolle der „Lucy“ und merkten an, sie habe offensichtlich in der ersten Hälfte des Stückes einen zu großen Vorteil, während sie in der zweiten völlig verschwand; sie hatten etwas dagegen, auf diese Weise der Aufmerksamkeit des Publikums zu entgehen, während alle anderen die Chance hatten, sich bis zum Ende hervorzutun; also klappten sie das Buch zu, entschuldigten sich und zogen sich zurück. In acht Tagen sollte der Abend der Aufführung da sein; eine zweihundertköpfige Phalanx gesellschaftlicher Märtyrer war zusammengekommen, um ihr beizuwohnen; drei vollständige Proben waren unbedingt notwendig; und zwei Rollen in dem Stück waren noch nicht besetzt. Mit dieser beklagenswerten Geschichte und den demütigsten Entschuldigungen, weil sie auf eine so entfernte Bekanntschaft zurückgegriffen hatten, erschienen die Marrables in Combe-Raven, um mit der bettelnden Hartnäckigkeit einer verzweifelten Familie an die jungen Damen wegen einer „Lucy“ und an das Universum wegen eines „Falkland“ zu appellieren.

      Diese Erläuterung der Umstände – gerichtet an ein Publikum, zu dem sowohl ein Vater von Mr. Vanstones Gemüt als auch eine Tochter von Magdalens Temperament gehören – zog das Ergebnis nach sich, mit dem man von vornherein hätte rechnen können.

      Mr. Vanstone, der das unheilvolle Schweigen seiner Frau und Miss Garth’ entweder falsch deutete oder nicht beachtete, gab Magdalen nicht nur die Erlaubnis, der verzweifelten Theatertruppe zu Hilfe zu kommen, sondern nahm für Norah und sich selbst auch die Einladung an, der Aufführung beizuwohnen. Mrs. Vanstone lehnte es mit Verweis auf ihren Gesundheitszustand ab, sie zu begleiten. Und Miss Garth sagte, sie werde nur unter der Bedingung im Publikum sein, dass sie zu Hause nicht gebraucht werde. Die Rollenbücher von „Lucy“ und „Falkland“ (die die bekümmerte Familie wie eine nebenbei aufgelesene Krankheit stets bei sich trug) wurden sofort ihren Darstellern übergeben. Franks schwacher Protest wurde unbeachtet zurückgewiesen; die Tage und Uhrzeit der Proben wurden sorgfältig auf den Umschlägen der Rollenbücher vermerkt; dann verabschiedeten sich die Marrables mit überschwänglichem Dank – Vater, Mutter und Tochter setzten den lautstarken Ausdruck ihrer Dankbarkeit von der Tür des Wohnzimmers bis zum Gartentor fort.

      Sobald die Kutsche davongefahren war, präsentierte sich Magdalen der Beobachtung aller unter einem völlig neuen Gesichtspunkt.

      „Falls heute noch einmal Besuch kommt“, sagte sie mit der größten Gewichtigkeit in Blicken und Betragen, „bin ich nicht zu Hause. Das ist eine viel ernstere Angelegenheit als irgendeiner von euch vermutet. Geh’ allein irgendwohin, Frank, und lies deine Rolle und lass’ deine Aufmerksamkeit nicht abschweifen, wenn es dir irgendwie möglich ist. Ich bin bis heute Abend nicht zu sprechen. Wenn ihr – mit Papas Erlaubnis – nach dem Tee herkommen wollt, stehen euch meine Ansichten über das Thema Falkland zur Verfügung. Thomas! Was der Gärtner auch sonst noch tun mag, er soll unter meinem Fester keinen blumenpflegerischen Lärm machen. Während des restlichen Nachmittags werde ich mich in das Studium vertiefen – und je stiller es im Haus ist, desto mehr wäre ich euch allen verbunden.“

      Noch bevor Miss Garth’ Vorwurfsbatterie das Feuer eröffnen konnte und bevor der erste Ausbruch von Mr. Vanstones herzhaftem Gelächter über seine Lippen kam, verbeugte sie sich mit unerschütterlicher Gewichtigkeit, stieg die Treppe im Haus zum ersten Mal in ihrem Leben nicht laufend, sondern gehend hinauf, und zog sich auf der Stelle in den Bereich der Schlafzimmer zurück. Franks hilfloses Erstaunen über ihr Verschwinden fügte der Szene ein weiteres Element der Absurdität hinzu. Er stand zuerst auf dem einen Bein und dann auf dem anderen, rollte sein Rollenbuch zusammen und wieder auseinander, und blickte kläglich in die Gesichter seiner umstehenden Freunde. „Ich weiß genau, dass ich das nicht kann“, sagte er. „Darf ich nach dem Tee herkommen und Magdalens Meinung hören? Vielen Dank – ich schaue gegen acht Uhr herein. Bitte erzählen Sie meinem Vater nichts von dieser Schauspielerei. Sonst höre ich ihn ewig davon reden.“ Das waren die einzigen Worte, die zu äußern er die Kraft hatte. Er schlenderte, das aufgeschlagen herunterhängende Rollenbuch in der Hand, unbestimmt in Richtung der Sträucher – der ratloseste aller Falklands und der hilfloseste unter den Menschen.

      Nach Franks Abgang war die Familie allein, und damit war das Signal gegeben für einen Angriff auf Mr. Vanstones unverbesserliche Sorglosigkeit bei der Ausübung seiner väterlichen Autorität.

      „Was hast du dir denn dabei gedacht, Andrew, als du deine Zustimmung gegeben hast?“, fragte Mrs. Vanstone. „Mein Schweigen war für dich doch sicher Warnung genug, damit du nein sagst?“

      „Ein Fehler, Mr. Vanstone“, warf Miss Garth ein. „Begangen mit den besten Absichten – aber ein Fehler trotz allem.“

      „Es war vielleicht ein Fehler“, sagte Norah, die wie gewöhnlich die Partei ihres Vaters ergriff, „aber ich weiß wirklich nicht, wie Papa oder irgendjemand sonst unter diesen Umständen hätte ablehnen können.“

      „Ganz recht, meine Liebe“, bemerkte Mr. Vanstone. „Die Umstände waren, wie du sagst, ganz und gar gegen mich. Da waren auf der einen Seite diese Leute in ihrer misslichen Lage, und auf der anderen war Magdalen ganz wild darauf, mitzuspielen. Ich kann nicht sagen, dass ich moralinsaure Einwände habe – ich habe nichts Moralinsaures an mir. Welche Ausrede hätte ich sonst vorbringen sollen? Die Marrables sind ehrenwerte Leute und verkehren in Clifton in der besten Gesellschaft. Welchen Schaden sollte Magdalen in deren Haus erleiden? Wenn es um Vernunft oder so etwas geht – warum sollte Magdalen nicht tun, was auch Miss Marrable tut? Da habt ihr’s! Lasst die armen Mädchen spielen und ihren Spaß haben. Wir waren auch einmal in ihrem Alter. Es hat keinen Zweck, darum großen Wirbel zu machen. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.“

      Mit dieser charakteristischen Verteidigung seines eigenen Verhaltens schlenderte Mr. Vanstone wieder zum Gewächshaus, um noch eine Zigarre zu rauchen.

      „Ich habe es Papa nicht gesagt“, sagte Norah, wobei sie auf dem Weg zurück zum Haus ihre Mutter am Arm fasste, „aber die Schauspielerei wird nach meiner Meinung die unangenehme Folge haben, dass sie einer größeren Vertrautheit zwischen Magdalen und Francis Clare Vorschub leistet.“

      „Du hast Vorurteile gegen Frank, meine Liebe“, sagte Mrs. Vanstone.

      Norahs weiche, geheimnisvolle, haselnussbraune Augen senkten sich zu Boden; sie schwieg. Ihre Ansichten waren durch nichts zu erschüttern, aber sie diskutierte nie mit jemandem darüber. Sie hatte die große Schwäche eines zurückhaltenden Wesens: die Schwäche der Halsstarrigkeit; und die große Stärke: die Stärke der Verschwiegenheit. „Was geht dir jetzt wohl durch den Kopf?“, dachte Miss Garth, als sie einen scharfen Blick auf Norahs dunkles, gesenktes Gesicht warf. „Du bist eine von der undurchschaubaren Sorte. Gib mir


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