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Professors Zwillinge Bubi und Mädi. Else UryЧитать онлайн книгу.

Professors Zwillinge Bubi und Mädi - Else Ury


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      2. Kapitel

      Zu Hause

      Mutti schu Hause?« Das ist stets die erste Frage, wenn Mädi und Bubi vom Spielplatz heimkommen.

      Köchin Minna, welche auf das stürmische Klingeln Bubis schleunigst die Tür öffnet, schüttelt lachend den Kopf. »Nee, ausgeflogen. Aber erst sagt man doch schön guten Tag, Mädi.«

      »Guten Tag, Minnachen. Aber nu sag bloß schnell, wo is Mutti hingeflogen. In'n Himmel?« Das kleine Mädchen hängt sich zärtlich an Minnas dicken roten Arm. Denn weiter reicht es nicht.

      »Schon möglich«, lacht Minna.

      »Mit'n Fernrohr?« Jetzt ist auch Bubi ganz Erwartung.

      »Kann schon sein.« Minna lacht noch viel mehr.

      »Aber Minna, reden Sie doch den Kindern nicht solche Märchen vor«, sagt Frau Annchen ärgerlich. »Mutti ist in die Stadt gefahren und kauft dort ein.«

      Bubi ist eigentlich mit Frau Annchens Erklärung gar nicht einverstanden. Er hätte es entschieden viel schöner gefunden, wenn Mutti mit dem langen Fernrohr in den Himmel geflogen wäre. Vielleicht irrt sich Frau Annchen, und Minna hat doch recht.

      Bubi preßt das Näschen gegen die verschlossene Glastür. Die Tür ist stets fest zugeschlossen. Erstens, weil Vatis großes Fernrohr dort steht, an das Kinder nicht herandürfen. Und zweitens, weil Bubi und Mädi von der Galerie herunterfallen können. Besonders der wilde Bubi, der stets klettert.

      »Mädi, glaubste, daß Mutti in das Fernrohr eingestiegen is und mit in'n Himmel geflogen?« Er stellt sich das etwa wie eine Fahrt mit der Puffbahn vor.

      »Nee«, sagt Mädi, die gerade dem Schaukelpferd guten Tag sagt. »Nee, da geht sie behaupt nich rein.«

      »Is doch aber so mächtig lang, bis in'n Himmel.« Bubi ist anderer Meinung.

      Mädi ist das Schaukelpferd Bubis bedeutend wichtiger als das Fernrohr. Sie liebt es mehr als ihre Puppen. Es heißt Braunchen und hat einen roten Sattel. Aus dem Park hat sie ihm in ihrem Eimerchen Grasfutter mitgebracht.

      »Da, Braunchen, schönes Mittagbrot. Haschte Hunger, Braunchen?« Braunchen nickt mit dem Kopf und läßt sich das Grünfutter schmecken.

      »Pferde fressen Heu, Mädi, das ist getrocknetes Gras«, meint Frau Annchen.

      »Wart' mal, Braunchen, wir müssen das Gras erscht trocknen.« Mädi holt dem Pferd das Mittagbrot wieder aus dem Maul. »Du – beisch nich!« Sie hängt das Gras auf die Puppenleine zwischen zwei Stühlen, an der bereits ein Paar Puppenhöschen baumeln. Da es herunterfällt, wird es mit kleinen Puppenklammern festgemacht. Nun kann es trocknen und Heu werden.

      Frau Annchen lacht, weil man Gras nur in der Sonne trocknen kann, damit es Heu wird und nicht auf der Leine.

      Aber Braunchen ist wütend, daß man ihm sein Mittagbrot wieder fortgenommen hat. Es schaukelt vor Ärger hin und her.

      »Bischte traurig, Braunchen?« Mitleidig umfängt das kleine Mädchen es mit seinen Armen.

      Braunchen nickt.

      »Sieh mal, Frau Annchen, wie'sch aussieht! Gansch traurig sieht das arme Braunchen aus! Es weint!«

      »Hottepferdchen können nicht weinen.« Bubi fühlt sich wieder als der ältere. Er hat endlich genug überlegt, ob Mutti wohl in das Fernrohr reingegangen ist.

      Da Mädi sich mit seinem Schaukelpferd beschäftigt, läuft Bubi zu ihrem Puppenwagen in der anderen Ecke. Dort sind die Puppen noch viel wütender auf Mädi als Braunchen. Wirklich, Mädi kümmert sich nicht viel um ihre Puppenkinder. Sie spielt viel lieber mit Bubis Spielsachen. Sie denkt nicht daran, daß Puppen genau solchen Hunger haben wie Schaukelpferde. Neidisch sehen die Puppen zu, wie Mädi Braunchen jetzt füttert. Denn Mädi findet, daß das Heu schon genug getrocknet sei. Und das Gras gäbe doch solchen guten Puppenspinat. Wenigstens werden die armen Puppen jetzt aus ihrer Ecke hervorgezogen. Bubi ladet sie alle in den Puppenwagen auf. Da liegt Elschen mit der verbeulten Nase, die einarmige Lilli, der lahme Hampelmann, Nauke mit der Pauke, der Filzdackel Fifi und Schnuteken, das weiße Karnickel. Alles durcheinander.

      »So, nun kommen wir doch auch ein bißchen ins Freie, Fräulein Lilli«, meint Nauke mit der Pauke frohlockend.

      »Ja, wenn Bubi nicht wäre, Mädi ließe uns hungern, dursten und ohne Luft und Licht ersticken.« Lilli ist furchtbar böse auf ihre Puppenmutter. Kein Wunder! Seit zwei Tagen hat sie sich den Arm zerschlagen. Mädi denkt nicht daran, daß sie sich verbluten kann. Wenn Bubi ihr nicht einen Verband aus Zeitungspapier gemacht hätte, wer weiß, ob sie überhaupt noch am Leben wäre.

      »Also jetzt fahren wir spazieren, und du kannst in deinem Stall bleiben«, ruft Elschen höhnisch im Vorbeifahren dem Schaukelpferd zu. Braunchen können die Puppen alle nicht leiden. Weil es Mädis Liebling ist und ihnen vorgezogen wird.

      Ach, es ist keine große Annehmlichkeit, mit Bubi spazierenzufahren. Über Stock und Stein geht es. Über Fußbänke, Türschwellen, Bausteine und Eisenbahnschienen. Rrrrr – durch die Wohnung.

      Rrrrrr – Elschen und Lilli kreischen vor Entsetzen über die wilde Fahrt. Nauke mit der Pauke stöhnt; ihm ist ganz schwindlig. Denn er ist ein alter Hampelmann, schon von Weihnachten her. Fifi blafft wie besessen. Nur Schnuteken quiekt vor Vergnügen. Je wilder, desto schöner!

      Rrrrrr – da ist Bubi im Wohnzimmer an das Tischchen gefahren, auf dem die schöne Vase mit Blumen steht.

      Klirr – ergießt sich ein Glas-, Wasser- und Blumenregen über die entsetzten Insassen des Puppenwagens. Elschen wird die verbeulte Nase noch mehr verschrammt.

      Bubi, der Kutscher, blickt ebenso entsetzt drein wie seine Fahrgäste.

      »Paputt!« sagt es hinter ihm. Mädi schaut erschreckt auf das Unheil, das ihr Bubi angerichtet hat.

      »Kaputt heißt es«, muß Bubi Mädi noch belehren, trotzdem er sich augenblicklich am liebsten in ein Mausloch verkriechen möchte. Denn schon naht Frau Annchen, Unheil ahnend.

      »Na, das ist ja eine nette Bescherung! Laß du man Mutti nach Hause kommen. Die schöne Vase ganz kaputt! Das kommt bloß von dem Toben!« Die gute Kinderfrau ist ernstlich böse. Denn sie hat Bubi schon soundso oft verboten, mit dem Puppenwagen durch sämtliche Zimmer zu rasen.

      Bubi meint, das kommt nicht bloß von dem Toben, sondern daher, daß soviel Möbel in den Zimmern herumstehen, an die man leicht gegenfahren kann. Aber er traut es sich nicht zu sagen, weil Frau Annchen böse ist.

      Da klingelt es auch noch obendrein. Sicher Mutti! Nein, daß sie auch jetzt gerade kommen muß, wo Frau Annchen noch nicht einmal die Scherben beiseite gebracht und die Überschwemmung aufgewischt hat. Bubi wünscht augenblicklich, daß Mutti wirklich mit dem großen Fernrohr in den Himmel gereist wäre. Da könnte sie doch nicht so schnell zurück.

      Nein – es ist nicht Mutti. Bubi und Mädi atmen erleichtert auf. Denn Mädi fühlt sich genau so schuldbewußt wie Bubi. Trotzdem sie doch eigentlich nichts dafür kann. Aber sie ist doch sein Zwilling.

      Es ist bloß die Mathilde von der alten, nervösen Dame aus der Parterrewohnung unten. Frau Lehmann – so heißt die alte Dame – ließe um Ruhe bitten. Das sei ja gerade, als ob ein Eisenbahnzug einem über den Kopf fahre. Bei dem Radau könne sie ihr Nachmittagsschläfchen nicht halten. Frau Winter möchte doch dafür sorgen, daß ihre Kinder nicht so lärmen.

      Mathilde geht wieder, nachdem sie ihre Botschaft ausgerichtet hat. Dieselbe macht keinen besonderen Eindruck auf Bubi und Mädi. Denn Frau Lehmann schickt mindestens einmal am Tage herauf und läßt um Ruhe bitten. Im Winter, wo Bubi und Mädi mehr zu Hause sind, sogar zweimal. Dafür ist sie eben nervös und alt, meint Bubi, und kann keinen Kinderradau mehr vertragen.

      Frau Annchen beseitigt die Scherben. Bubi wird in einen anderen Kittel gesteckt, denn er ist pitschenaß. Die armen Fahrgäste im Puppenwagen umzukleiden, daran denkt weder Mädi noch Bubi. Die können in der Nässe liegen und sich einen Schnupfen


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