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Der blaurote Methusalem. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Der blaurote Methusalem - Karl May


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      »Ja. Ich habe keine Lust, in China bankerott zu werden. Ich wollte für Sie bezahlen, so lange wir uns in Hongkong befinden; aber wir bleiben bis morgen hier, und wer weiß, wie hoch da die Pension zu stehen kommt.«

      »Hier an der Wand ist es angeschlagen, pro Mann fünf Dollars ohne die Getränke.«

      »Das wären zwanzig Dollars, und wenn Sie so forttrinken, wie Sie angefangen haben und sich dabei sogar von dem Neufundländer unterstützen lassen, so müßte ich, Wein und andres gar nicht gerechnet, nur für Bier dreihundert Mark bezahlen. Danke bestens! Unsereiner hat doch auch eine gute Gurgel, aber bei Euch läuft's ja wie durch Kellerlöcher. Eure Kehle ist das größte Leck, das es nur geben kann. Es zieht die ganze See ein und kann nie verstopft und kalfatert werden.«

      »Und anstatt am Lecke pumpen wir unmoralischerweise an den Manichäern herum!« stimmte der Blaurote lustig ein.

      »So ist es; geht mich aber nichts an. Uebrigens werden Sie am wenigsten an derartigen Pumpen gestanden haben.«

      »Haben's auch nicht nötig,« bemerkte Gottfried von Bouillon. »Unsre finanzielle Konstitution hat kein Jebrechen aufzuweisen. In dieser Beziehung sind wir andern stets über jewesen, wat ich mit aller Fourore hiermit konstatieren muß. Also Ihre Leib- und Lieblingsjäste sind wir nun nicht mehr. Dat ist jut, denn nun können wir uns nach unsrem individuellen Jelüste und müssen uns nicht mehr nach Ihrem Jeldbeutel richten. Wie steht es mit das Fäßchen, oller Methusalem. Von wejen dem Salamander ist es freilich nichts; aberst wir könnten zur Abwechselung doch mal versuchsweise einen Turnerstick reiben.«

      »Danke!« rief der Kapitän. »Ich mag nicht noch mehr gerieben werden. Ich habe auch ohnedies, wohin ich sehe, meinen grünen Aerger. Habe ich nicht das herrlichste Chinesisch gesprochen, ohne daß der Wirt mich verstehen wollte? Das war die strafwürdigste Auflehnung gegen meine Mandarinenwürde. Aber das Holländische des Mijnheer hat der Kellner gleich verstanden!«

      »Weil dieser Mann des Niederländischen mächtig ist, wie leicht zu hören war,« erklärte Degenfeld. »Ich rate Ihnen, Ihren Groll schwinden zu lassen, aber – –«

      »Aberst dat Fäßchen lassen wir nicht schwinden,« fiel ihm Gottfried, um Turnerstick zu ärgern, in die Rede. »Dat muß anjeschwommen kommen!«

      »Bier gibt es hier nur in Flaschen; von einem Faß kann also überhaupt nicht die Rede sein!«

      »So soll ich wohl vor Durst zu meinen Ahnen hinüberschmachten? So pflanze mir eine einsame Ranke Hopfen auf mein frühes Jrab, und denk dabei, an dich sei alles Malz verloren!«

      Während dieser Wortfechterei hatte der Mijnheer dem Wirte heimlich einige Worte gesagt. Infolgedessen brachten die Kellner dreißig Bierflaschen herbei, welche sie in Reih und Glied auf den Tisch pflanzten.

      »Wat ist dat?« rief Gottfried elektrisiert. »So einen halben Zug Garde du Corps lasse ich mich jefallen! Welcher ingeniale Stratege hat diese Helden ins Vordertreffen jeschickt?«

      »Ik ben deze veldheer,« antwortete der Dicke. »Hier is het slagveld en de belegering, en wij zijn dappere krijgslieden. Jagen wij alzoo onze vyanden buiten veld – ich bin dieser Feldherr. Hier ist das Schlachtfeld und die Belagerung. Wir sind tapfere Kriegsleute. Jagen wir also unsre Feinde aus dem Felde!«

      Sein fettes Gesicht strahlte in solcher Freundlichkeit, daß ihm seine Gastlichkeit unmöglich übel genommen werden konnte. Der Kapitän aber hatte ihm den vorhergehenden Stich noch nicht vergeben und sagte: »Wie, Mijnheer, Sie wollen uns traktieren? Das ist doch nur unter guten Bekannten gestattet. Sie aber sind uns völlig fremd.«

      »Gerade weil ik Ihnen niet fremd bleiben will, habe ik Sie gebeten,« antwortete der Dicke ohne allen Groll. »Ik möcht so gaarne Ihr vriend sein und mit Ihnen nach Kanton reizen, weil ik sonst niet wieder so goede Gezelschap finde. Werden Sie mij das erlauben?«

      »Natürlich, natürlich, lieber Freund!« antwortete der Methusalem. »Ich trinke zwar nicht gern aus andrer Leute Beutel, aber in dieser Weise und unter solcher Voraussetzung angeboten, kann ich die Gastfreundschaft nicht zurückweisen. Wollen's heut mal gelten lassen; deutsches Bier kriegt man in diesem Lande der Zöpfe nicht allemal! Hier meine Hand; wollen gute Kameradschaft halten!«

      Er schüttelte dem Holländer die Hand. Auch Gottfried ergriff dieselbe, drückte sie begeistert und rief: »Hier auch die meinigen fünf Fingern; später drücke ich vielleicht sojar Ihr liebes Anjesicht an mein sanft wallendes Herz. Seien Sie einer von uns, und zwar der Dickste von allen! Ich bejrüße Sie als würdige Masche in unsrem Strumpfe. Möge Ihr Wohlthun nie erlahmen und Ihre Einsicht nie versiechen. Empfangen Sie im Jeiste meinen Bruderkuß und überdies die heilige Versicherung, daß Sie sowohl in Beziehung auf Ihr Jemüt wie auch in Betracht Ihres körperlichen Volumens herrlich jeeignet sind, dat jroße Leck zu verstopfen, von welchem unser ruhmesreicher Heimdall Turnerstick vorhin jesprochen hat! Und nun Jläser her, denn dat Jefecht soll bejinnen!«

      »Neen, neen,« wehrte der Dicke ab. »Niet kleine Gläser! Ik will ook mal aus deze grooten Stamper trinken! Ik will zeigen, daß ik niet bloß essen, sondern ook trinken kann!«

      Dieser Vorschlag wurde gern angenommen. Das Stammglas ging, immer wieder gefüllt, von einem zum andern; nur Richard wurde verschont, und der Neufundländer durfte fasten. Mijnheer van Aardappelenbosch trank gerade so wie die andern das Glas bis auf die Nagelprobe aus. Er gab in den wunderlichsten Worten seiner Freude Ausdruck, eine so gute »Reizegezelschap« gefunden zu haben.

      »So wird aus dem Saulus ein Paulus!« lachte Gottfried vergnügt. »Erst nannten Sie sich unsern Feind und nun haben Sie uns Ihr janzes Herz zum Präsent jebracht. Wat hat Sie denn mit solche Alljewalt in unsern schönen Kreis jetrieben?«

      »Daß Sie so wacker Bier trinken, das hat Ihnen mijne Vriendschap zugewandt, denn ik sage mij, daß Sie ook genau so goed essen können.«

      »So viel Vleeschernes wie Sie? Hm!«

      »Und sodann heb ik mij gesagt, daß Mijnheer Methusalem mij vielleicht gezond machen kann.«

      »Wollen sehen!« nickte der Blaurote. »Dazu aber muß ich Sie erst näher kennen lernen; ich muß Sie beobachten, um den eigentlichen Sitz der Krankheit zu entdecken. Erst dann kann ich sie anfassen und vertreiben.«

      »Gradd soo wie Mijnheer Gottfried den Lindeboomworm,« nickte der Dicke.

      »Wen? Was? Einen Lindwurm? Gottfried, Gottfried, du scheinst dich in meiner Abwesenheit der Zügel zu entledigen! Ich muß sie straffer anziehen! Also in China wollen Sie bleiben, Mijnheer van Aardappelenbosch? Sich völlig da niederlassen!«

      »Ja, das will ik, namelyk mijne Gezondheit wegen. Ik will eene Plantage kaufen, und finde ik niets, so lege ik eene an.«

      »Aber wo?«

      »Daß weiß ich nook niet; ich suche derhalve überall.«

      »Sprechen und verstehen Sie denn Chinesisch?«

      »Weniger als niets.«

      »So ist es sehr gewagt von Ihnen, sich in das Innere des Landes zu begeben.«

      »O, ik heb keene Furcht. Ik nehme eenen Dolmetscher mit. Onze Konsul geft mij eenen goeden. Ik brauche niet Sorgen zu hebben. Vor wen soll ik Angst hebben? Mijn Geld heb ik niet bei mij, und auf dem Rug[10] trag ik twe Geweeren; Kruit[11] und Kogels heb ik ook genug. Nun werd ik mij noch een Zwaard[12] kaufen; das sind Wapens genug, um alle Vyanden in die Flucht zu schlagen.«

      »Wissen Sie bereits, wohin Sie von Kanton aus gehen wollen?«

      »Neen, ik word den Konsul fragen.«

      »Mir scheint, Ihr Arzt hat Sie ins Blaue hineindirigiert. Hat er ein Interesse an Ihrer Entfernung gehabt?«

      »Wohl niet, ofschoon zijn Schoonvader[13] mij die Plantage abgekauft heeft.«

      »Da haben wir es! Sie sind ein lieber, vertrauensvoller Herr. Haben Sie Familie?«

      »Ik heb keine Vrouw und keine Kinderen. Aber mijn Grootvader lebt noch in Nederland.


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