Die Schlangentrommel. Ole R. BörgdahlЧитать онлайн книгу.
auf Louk Bourey zu und tippte mit dem Zeigefinger auf das Ziffernblatt seiner Armbanduhr. Bourey nickte ihm zu.
»Meine Zeit ist um«, erklärte er Grenholm. »Ich muss das Gespräch jetzt beenden. Danke und auf Wiedersehen.«
Er hängte den Hörer schief auf die Gabel. Als er sich umdrehte, rutschte der Hörer ab und baumelte an der Wand neben dem Telefonapparat. Er hatte es nicht bemerkt. Er ging zur Tür, die einer der Wärter bereits geöffnet hatte. Der andere Mann ging zum Telefon und hängte den Hörer wieder ein. Er folgte seinem Kollegen, der Bourey bereits aus dem Raum geführt hatte. Gemeinsam brachten sie ihn über den Gang zurück zu seiner Zelle.
*
Martin Grenholm schaltete sein Mobiltelefon aus. Er verließ sein Zimmer in der Pension in Reinickendorf, lief über den Flur und klopfte an der übernächsten Tür. Er trat sofort ein und sah sich um. Alex stand im Badezimmer und rasierte sich. Er wischte sich den Schaum ab und kam ins Zimmer.
»Kleine Planänderung!«, rief Grenholm. »Die Karte?«
Alex legte das Handtuch über den Stuhl, der am Fenster stand, und hob seine Umhängetasche vom Boden auf. Der Plan steckte in einem Seitenfach. Grenholm nahm ihn entgegen und breitete ihn auf dem Bett aus.
»Gut, was ist mit dem Ausweichquartier, wo lag das noch genau?« Grenholms Augen wanderten über die Karte.
Alex half ihm. »Hier!«
»Brandenburg«, murmelte Grenholm. »Ist denn dort alles vorbereitet?«
»Das Spiel hat gestern Nachmittag stattgefunden«, antwortete Alex. »Hertha hat gewonnen, mit zwei zu eins. Es waren fast fünfzehntausend Zuschauer im Stadion.«
»Und werden heute auch so viele kommen?«
»Wohl nicht ganz. Sie rechnen aber mit wenigstens fünftausend Fans.« Alex überlegte. »Das heißt, wir müssen ihn dorthin umleiten. Boureys Wohnung in Zehlendorf ist also gestorben?«
Grenholm zuckte mit den Schultern. »Die Wohnung ist gestorben, aber sonst habe ich noch nichts entschieden. Ich hatte fest damit gerechnet, dass Bourey es bis nach London schafft und wir ein paar Tage gewinnen und mit dem Job durch wären, bevor Sie sich an Muras Spur heften.«
»Gut«, sagte Alex, »aber wir sind vorbereitet.«
»Sind wir das wirklich?«, fragte Grenholm.
»Es sind jetzt natürlich ein paar Arrangements zu vereinbaren. Im Vereinsheim brauche ich nur anzurufen und wir können ihn dort in einem der Hinterzimmer unterbringen. Die Veranstaltung findet ja ohnehin draußen statt. Dann müssen wir die Sachen, die wir in der Wohnung deponiert haben zum Vereinsheim bringen.«
»Das kann Charlie machen«, sagte Grenholm. »Aber bitte sofort.«
Alex nickte er überlegte erneut. »Also, Mura übernachtet in dem Vereinsheim und nimmt morgen früh das Flugzeug.«
»Das ist jetzt nicht mehr möglich«, Grenholm schüttelte den Kopf. »Mura kann nicht mit einem Flugticket, das auf Louk Bourey lautet durch die Sicherheitskontrollen, das kommt sofort heraus. Die wissen längst, dass Bourey Bourey ist und haben die Verbindung zu Berlin hergestellt.« Grenholm schüttelte noch immer den Kopf. »Nein, nein, wir machen es ganz anders. Wir bringen ihn in das Vereinsheim, ja, das machen wir, aber er bleibt nur ein paar Stunden dort. Dann suchen wir uns anonymere Transportmittel.«
»Und das Treffen mit dem Käufer?«, fragte Alex.
»Dafür muss die Zeit reichen«, sagte Grenholm.
»Und weiß das der Käufer schon?«
»Das ist unser geringstes Problem.«
»Sollten wir Mura vielleicht ganz aus Berlin raushalten?«, fragte Alex.
»Nein, ich möchte den Deal so schnell wie möglich abwickeln, je eher, desto besser. Ich werde den Käufer informieren, dass er Mura nicht in der Wohnung in Zehlendorf trifft. Ich nenne ihm den Ausweichtreffpunkt und fertig.«
»Aber Mura muss nach dem Deal sofort verschwinden?«, folgerte Alex.
»Richtig, und wir müssen den Rückzug sichern.« Grenholm überlegte. »Sorge du dafür, dass in Rostock ein Wagentausch stattfindet. Zu der Sache mit Bourey kommt noch hinzu, dass sie Mura gestern Abend fast erwischt hätten. Gunnar hat mich informiert. Sie wissen vielleicht auch, dass Mura mit der Fähre kommt.«
Alex nickte. »Ist alles vorbereitet, ich kümmere mich darum.«
Grenholm überlegte. »Wenn Mura heute Nacht das Vereinsheim wieder verlässt, möchte ich, dass es ordentlich Verwirrung gibt, falls wir auch dort ungebetenen Besuch erhalten.«
»Dann müssen wir die Krawallmacher mobilisieren, die brauchen wir jetzt«, stellte Alex fest.
*
Halb vier Uhr morgens, Eastern Daylight Time, getarnter Einsatzraum der Agency. Tillman Halls öffnete die Tür mit seiner Magnetkarte und ließ den Colonel eintreten. Der Commander wartete bereits.
»Danke, dass Sie gekommen sind, Sir. Wollen Sie einen Kaffee?«
Der Colonel zögerte. Er wollte etwas erwidern, nickte dann aber nur. Der Commander nahm eine Tasse und schenke dem Colonel aus der silbernen Thermoskanne ein. Sie setzten sich. Tillman Halls zog sich wieder das iBook heran, nahm die Fernbedienung und schaltete den Beamer ein. Es dauerte ein paar Sekunden, bis das Bild erschien. Es war dieselbe Fotografie, doch jetzt gab es Neuigkeiten.
»Wir haben etwas herausgefunden, das Sie verwundern wird«, begann der Commander.
»Ich bin ganz Ohr«, sagte der Colonel so emotionslos wie möglich.
»Wir haben Rin Muras Fingerabdrücke genommen«, erklärte der Commander.
»Das wurde aber auch Zeit«, meinte der Colonel.
»Zu dem jetzigen Zeitpunkt war das natürlich illegal« Tillman Halls räusperte sich.
»Was meinen Sie mit illegal?«
»Rin Mura ist immerhin in schwedischem Gewahrsam. Hier gibt es Gesetze, die eingehalten werden müssen. Der Gefangene wird erst am Montag dem Haftrichter vorgeführt und nur der kann entscheiden, ob einem Verdächtigen die Fingerabdrücke genommen werden dürfen.«
»Aber Sie sind diese Gesetze umgangen«, stellte der Colonel grinsend fest.
Halls nickte. »Man hatte dem Gefangenen erlaubt zu telefonieren. Unmittelbar danach hat einer unserer Helfer die Fingerabdrücke vom Apparat genommen.«
»Und was sagen uns nun Rin Muras Fingerabdrücke?« Der Colonel vermied es die Fotografie anzusehen, die der Beamer weiterhin an die Leinwand projizierte.
»Über Rin Mura sagen sie nichts«, warf der Commander ein.
»Jetzt erzählen sie nicht, dass Sie keine Referenz haben und ich Ihnen schon wieder aus unserer Datenbank behilflich sein muss.«
»Das ist sehr freundlich von Ihnen, aber nicht notwendig«, sagte der Commander und sah dabei Tillman Halls an. »Wir haben uns erneut bei Ihrer Datenbank bedient, aber das hat uns nicht viel eingebracht.«
»Ach nein?« Der Colonel zuckte mit den Schultern und sah jetzt doch zu der an die Wand projizierten Fotografie.
Tillman Halls rückte mit seinem Stuhl etwas vom Tisch ab und übernahm wieder. »Es war ein kleines Verwirrspiel, nachdem die Fingerabdrücke nicht übereinstimmten. Wir mussten noch einmal recherchieren, haben Fotografien verglichen, das Übliche.« Er machte eine Pause. »Kennen Sie jemanden, der Louk Bourey heißt?«
»Louk Bourey?« Der Colonel schüttelte den Kopf. »Nie gehört.«
Tillman Halls deutete auf die Leinwand. »Wir haben nicht Rin Mura auf dem Vedderland Airport von Göteborg festgenommen. Dieser Mann hier heißt Louk Bourey. Er ist schwedischer Staatsbürger, zurzeit wohnhaft in Berlin, Germany.«
»Und das hat er zugegeben?«,