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Bel-Ami. Guy de MaupassantЧитать онлайн книгу.

Bel-Ami - Guy de Maupassant


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nannte seinen Artikel nicht, aber er sah, als er fortging, wie einer der Gäste die Zeitung vom Tisch nahm.

      Er dachte nach: »Was soll ich jetzt anfangen?« Und er entschloß sich, auf sein Bureau zu gehen, sich sein Gehalt zu holen, und seinen Abschied zu nehmen. Er zitterte im voraus vor Freude bei dem Gedanken an das Gesicht, das sein Chef und seine Kollegen machen würden. Vor allem freute ihn die Aussicht, seinen Vorgesetzten wütend zu machen.

      Er ging langsam, um nicht vor halb zehn an Ort und Stelle zu sein, denn die Kasse wurde erst um zehn geöffnet.

      Sein Bureau war ein dunkles, großes Zimmer, in dem man im Winter fast den ganzen Tag Gas brennen mußte. Die Fenster gingen auf einen engen Hof, gegenüber lagen andere Bureaus. In dem seinen arbeiteten acht Angestellte und der Vorgesetzte, der in der Ecke hinter einem Wandschirm saß.

      Duroy ging zuerst, seine 118 Francs und 25 Centimes abzuholen, die in einem gelben Briefumschlag in der Schublade des Kassierers bereitlagen. Dann trat er übermütig und triumphierend in den Arbeitsraum, wo er so manchen Tag verbracht hatte. Kaum war er eingetreten, da rief ihn sein Vorgesetzter, Herr Potel:

      »Ach, Sie sind es, Herr Duroy? Der Chef hatte mehrfach nach Ihnen gefragt. Sie wissen doch, daß es nicht gestattet ist, zwei Tage nacheinander krankheitshalber ohne ärztliches Attest fortzubleiben.«

      Duroy stand mitten im Zimmer und bereitete seine Überraschung vor. Er antwortete mit lauter Stimme:

      »Ich pfeife darauf, wahrhaftig!«

      Unter den Beamten schlug das wie eine Bombe ein, und das verblüffte Gesicht des Herrn Potel tauchte über dem Wandschirm auf, der ihn wie ein Kasten umgab. Er litt an Rheumatismus und hatte sich aus Furcht vor Zugluft dahinter verbaut. Er hatte nur zwei Löcher durch das Papier gebohrt, um sein Personal zu überwachen.

      Es war so still, daß man die Fliegen summen hörte. Endlich fragte der Vorsteher zögernd:

      »Was sagten Sie?«

      »Ich sagte, ich pfeife darauf. Ich komme heute nur, um meine Entlassung zu nehmen. Ich habe eine Stellung als Redakteur der Vie Française angenommen mit 500 Francs monatlichem Gehalt und besonderem Zeilenhonorar. Heute früh wurde schon mein erster Artikel veröffentlicht.

      Er hatte sich zwar vorgenommen, das Vergnügen in die Länge zu ziehen, konnte jedoch nicht dem Drange widerstehen, ihnen alles auf einmal an den Kopf zu werfen. Übrigens war die Wirkung großartig; niemand wagte einen Ton von sich zu geben.

      Darauf erklärte Duroy:

      »Ich werde Herrn Perthuis benachrichtigen und mich dann verabschieden.«

      Damit ging er zum Bureauchef. Als dieser ihn erblickte, rief er aus:

      »Ah, da sind Sie, Sie wissen doch, ich wünsche nicht ...«

      Duroy unterbrach ihn:

      »Sie können sich Ihr Geschrei ersparen ...«

      Herr Perthuis, ein dicker Mann, dessen Gesicht rot wie ein Hahnenkamm wurde, erstickte fast vor Überraschung. Duroy fuhr fort:

      »Ich habe genug von Ihrer Bude, heute morgen habe ich mich als Journalist eingeführt und bereits eine glänzende Stellung gefunden. Ich empfehle mich!«

      Er ging hinaus. Er war gerächt.

      Er ging dann wirklich hin, um seinen bisherigen Kollegen die Hand zu schütteln. Sie wagten übrigens kaum mit ihm zu sprechen, aus Angst, sich zu kompromittieren, denn sie hatten durch die offene Tür seine ganze Unterhaltung mit dem Chef gehört.

      Nun stand er wieder auf der Straße mit seinem Gehalt in der Tasche. Er leistete sich ein üppiges Frühstück in einem guten Restaurant zu mäßigen Preisen, das er kannte. Dann kaufte er sich wieder die Vie Française und ließ sie auf dem Tisch liegen, an dem er gegessen hatte. Er ging in mehrere Läden und kaufte sich Kleinigkeiten, nur um sie sich schicken zu lassen und seinen Namen anzugeben — »Georges Duroy«. Dann fügte er hinzu: »Ich bin Redakteur der Vie Française. Dann nannte er Straße und Hausnummer und vergaß nie, zu bemerken:

      »Geben Sie die Sachen beim Concierge ab.«

      Da er noch genügend Zeit hatte, ging er in eine lithographische Anstalt, wo Besuchskarten in ein paar Minuten angefertigt wurden, während man darauf wartete. Er ließ sich sofort 100 Stück herstellen, die seinen Namen und seine neue Würde trugen.

      Dann begab er sich in die Redaktion.

      Forestier empfing ihn wie einen Untergebenen etwas von oben herab.

      »Ah! da bist du, das ist sehr gut. Ich habe gerade ein paar Sachen für dich. Warte zehn Minuten. Ich muß noch meine Arbeit beenden.«

      Er schrieb einen begonnenen Brief zu Ende. Am andern Ende des Tisches saß ein kleiner, sehr dicker Mann mit ganz flachem, aufgedunsenem Gesicht. Sein Kopf war völlig kahl und glänzte. Er war sehr kurzsichtig und schrieb, die Nase dicht ans Papier gedrückt.

      Forestier fragte ihn:

      »Sag' mal, Saint-Potin, um welche Zeit willst du unsere Leute interviewen?«

      »Um vier Uhr.«

      »Dann kannst du hier den jungen Duroy mitnehmen und ihn in die Geheimnisse des Berufes einweihen.«

      »Sehr gern.«

      Nun wandte sich Forestier zu seinem Freund und fuhr fort:

      »Hast du die Fortsetzung über Algier mitgebracht? Der Anfang hat heute einen großen Erfolg gehabt.«

      Duroy stotterte verlegen: »Nein ... ich dachte, es hätte Zeit bis heute nachmittag ... ich hatte die Hände voll zu tun ... ich bin noch nicht dazu gekommen ...«

      Der andere zuckte mißvergnügt die Achseln.

      »Wenn du nicht zuverlässiger bist als jetzt, wirst du dir deine Zukunft verderben. Vater Walter rechnete auf dein Manuskript. Ich sage ihm, du bringst es morgen. Du bist sehr im Irrtum, wenn du glaubst, du wirst hier bezahlt, um nichts zu tun.«

      Nach einer Pause setzte er hinzu. »Zum Teufel, man muß das Eisen schmieden, solange es heiß ist.«

      Saint-Potin stand auf.

      »Ich bin fertig!« sagte er.

      Dann lehnte sich Forestier in seinen Stuhl zurück, nahm eine feierliche Haltung an, um seine Weisungen zu geben und begann, sich an Duroy wendend:

      »Also: wir haben in Paris seit zwei Tagen den chinesischen General Li-Theng-Fao, der im Hotel Continental abgestiegen ist, und den Rajah Taposahib Ramaderao Pali, der im Hotel Bristol wohnt. Ihr werdet die beiden um eine Unterredung ersuchen.«

      Dann wandte er sich zu Saint-Potin:

      »Vergiß nicht die hauptsächlichsten Punkte, die ich dir angegeben habe. Frage den General und den Rajah nach ihrer Meinung über die politische Haltung Englands im fernen Osten, nach ihrer Auffassung über das Regierungssystem und die Kolonisation, und nach ihren Hoffnungen auf ein Eingreifen Europas, insbesondere Frankreichs, in ihre Angelegenheiten.«

      Er schwieg, dann setzte er, ins Leere sprechend, hinzu:

      »Für unsere Leser wird es natürlich ungeheuer interessant sein, zu erfahren, wie man in China und Indien über diese Fragen denkt, die augenblicklich bei uns die öffentliche Meinung so lebhaft beschäftigen.«

      Und zu Duroy gewendet:

      »Achte genau auf alles, was Saint-Potin tut; er ist ein ausgezeichneter Reporter, und von ihm kannst du lernen, wie man in fünf Minuten aus einem Menschen alles herausholt, was man wissen will.«

      Dann begann er wieder höchst würdig zu schreiben, mit der offenbaren Absicht, die Distanz zu wahren und seinem ehemaligen Kameraden und jetzigen Kollegen den richtigen Platz anzuweisen.

      Kaum waren sie über die Schwelle, so sagte Saint-Potin lachend zu Duroy:

      »Das ist ein Wichtigtuer. Er spielt uns Theater vor, als ob wir seine Leser wären.«

      Sie gingen


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