Эротические рассказы

Anna Karenina | Krieg und Frieden. Leo TolstoiЧитать онлайн книгу.

Anna Karenina | Krieg und Frieden - Leo Tolstoi


Скачать книгу
wenigstens in diesem Punkte stimmen Sie mit Spencer überein, den Sie ja so wenig leiden können; der sagt auch, die Bildung könne eine Folge größeren Wohlstandes und Wohlbehagens – wie er sich ausdrückt: häufigen Waschens – sein, nicht aber eine Folge der Kenntnis des Lesens und Schreibens.«

      »Nun, sehen Sie, da bin ich ja sehr froh oder vielmehr sehr mißvergnügt, daß ich mit Spencer übereinstimme; aber zu dieser Erkenntnis bin ich schon längst gekommen. Schulen helfen da nicht; helfen kann da nur eine wirtschaftliche Einrichtung, bei der das Volk reicher wird und mehr freie Zeit bekommt – dann werden die Schulen ganz von selbst entstehen.«

      »Und doch ist jetzt in ganz Europa der Schulbesuch Pflicht.«

      »Aber wie können denn Sie selbst in diesem Punkt mit Spencer einer Meinung sein?« fragte Ljewin.

      Aber in Swijaschskis Augen wurde wieder für einen Augenblick jener Ausdruck von Angst sichtbar, und er antwortete lächelnd:

      »Nein, diese Geschichte von dem Schreikrampf ist ausgezeichnet! Und das haben Sie wirklich selbst gehört?«

      Ljewin sah, daß es ihm auf diese Weise nicht gelingen werde, den inneren Zusammenhang zwischen dem praktischen Leben dieses Mannes und seiner Gedankenwelt zu finden. Es war diesem offenbar ganz gleichgültig, zu welchen Ergebnissen ihn seine Denktätigkeit führte; woran ihm lag, das war eben nur die Tätigkeit des Denkens selbst. Unangenehm war es ihm allerdings, wenn diese Denktätigkeit ihn in eine Sackgasse führte. Nur das mochte er nicht leiden und suchte sich dann dadurch zu helfen, daß er die Rede auf irgend etwas Angenehmes und Vergnügliches brachte.

      Alle Erlebnisse dieses Tages hatten auf Ljewin stark gewirkt, darunter als erstes der Eindruck, den ihm der Bauer auf der Mitte seiner Fahrt gemacht hatte, ein Eindruck, der gleichsam die Basis für alle weiteren Eindrücke des Tages abgab. Dieser liebenswürdige Swijaschski, der sich eine bestimmte Gattung von Gedanken nur so für die Bedürfnisse des gesellschaftlichen Verkehrs hielt und offenbar noch andere, vor Ljewins Spürsinn verborgene Grundanschauungen für sein Handeln besaß und zugleich, wie viele andere Leute, deren Name Legion ist, auf die Anschauungen seiner Mitmenschen durch Gedanken, die ihm selbst fremd waren, leitend einwirkte; dann dieser verbitterte Gutsbesitzer, der durchaus recht hatte in den Schlußfolgerungen, die ihm das Leben aufgezwungen hatte, aber unrecht in seiner Verbitterung gegen eine ganze Volksklasse, und zwar gegen die beste in Rußland; endlich seine eigene Unzufriedenheit mit seiner Tätigkeit und die unklare Hoffnung, daß sich ein Mittel werde finden lassen, um dies alles zu bessern: alles das floß bei ihm zusammen zu einem Gefühle innerer Unruhe und gespannten Wartens auf eine nahe Klärung.

      Als Ljewin in dem ihm angewiesenen Zimmer allein geblieben war und auf der Sprungfedermatratze lag, die bei jeder Bewegung seine Arme und Beine unerwartet in die Höhe schnellen ließ, da konnte er lange nicht einschlafen. Nichts von dem, was er in den Gesprächen mit Swijaschski zu hören bekommen hatte, interessierte ihn, obgleich gar manche seiner Äußerungen klug und verständig gewesen war; dagegen fühlte er sich durch die Ausführungen des Gutsbesitzers zum Nachdenken aufgefordert. Unwillkürlich rief er sich alle Worte dieses Mannes ins Gedächtnis zurück und verbesserte in Gedanken das, was er ihm darauf geantwortet hatte.

      ›Ja, ich hätte ihm sagen sollen: »Sie behaupten, Ihre Wirtschaft gehe deswegen nicht nach Wunsch, weil der Bauer alle Vervollkommnungen hasse und diese von Staats wegen eingeführt werden müßten. Freilich, wenn eine Wirtschaft ohne diese Vervollkommnungen überhaupt nicht gedeihen könnte, dann würden Sie recht haben; nun geht aber die Wirtschaft nur da ordentlich, wo der Arbeiter in einer seinen Gewohnheiten entsprechenden Weise beschäftigt wird, wie bei dem alten Bauern auf der Hälfte des Weges hierher. Aus Ihrer und unserer allgemeinen Unzufriedenheit mit dem Gange der Wirtschaft muß gefolgert werden, daß wir selbst die Schuld daran tragen, und nicht die Arbeiter. Wir versteifen uns schon lange auf unseren, das heißt den europäischen Standpunkt, ohne nach den Eigenheiten der arbeitenden Klasse zu fragen. Versuchen wir es doch einmal, in dem Arbeiter nicht lediglich eine beziehungslose arbeitende Kraft zu sehen, sondern den russischen Bauer mit allen seinen Eigenheiten, und richten wir danach unsere Wirtschaft ein. Stellen Sie sich vor«, hätte ich zu ihm sagen sollen, »daß die Wirtschaft bei Ihnen so geführt wird wie bei jenem alten Bauern, daß Sie ein Mittel gefunden haben, die Arbeiter an dem Erfolge der Arbeit zu interessieren, und daß Sie in den Vervollkommnungen das Mittelmaß gefunden haben, das den Arbeitern nicht widersteht: dann werden Sie, ohne den Boden zu erschöpfen, gegen früher den doppelten und dreifachen Ertrag erzielen. Teilen Sie diesen Ertrag in zwei gleiche Teile und geben Sie die eine Hälfte an die Arbeiter; dann wird der Ihnen verbleibende Teil immer noch größer sein als bisher, und auch die Arbeiter werden mehr erhalten. Um das also zu erreichen, muß man den Stand der Landwirtschaft etwas herabsetzen und die Arbeiter an dem Erfolge der Wirtschaft beteiligen. Wie das zu machen ist, das muß noch im einzelnen überlegt und geprüft werden; aber daß es möglich ist, daran kann kein Zweifel sein.«‹

      Dieser Gedanke brachte Ljewin in starke Erregung. Er schlief die halbe Nacht nicht und durchdachte alle zur Ausführung dieser Idee erforderlichen Einzelheiten. Er hatte eigentlich nicht vorgehabt, schon am folgenden Tage wieder abzureisen, faßte aber jetzt den Entschluß, gleich am frühen Morgen wieder nach Hause zu fahren. Zudem erweckte diese Schwägerin mit dem Ausschnitt im Kleide bei ihm eine Empfindung, die mit der Scham und Reue über eine begangene schlechte Tat große Ähnlichkeit hatte. Der Hauptgrund aber, der seine unverzügliche Abreise nötig machte, war: er mußte den Bauern den neuen Plan vorlegen, ehe noch die Winterbestellung begann, damit diese schon auf Grund der neuen Abmachungen stattfinden könne. Er hatte den Entschluß gefaßt, seinen ganzen bisherigen Wirtschaftsbetrieb umzugestalten.

      29

      Die Ausführung dieses Planes machte viele Schwierigkeiten; aber Ljewin setzte all seine Kraft daran und erreichte, wenn auch nicht alles, was er wünschte, so doch so viel, daß er ohne Selbstbetrug glauben konnte, die Sache sei die darauf verwandte Mühe wert. Eine der Hauptschwierigkeiten lag darin, daß die Wirtschaft bereits im Gange war und es unmöglich war, alles zum Stillstand zu bringen und von neuem anzufangen, sondern gleichsam die Maschine, während sie ging, umgeändert werden mußte.

      Als er gleich noch an demselben Abend, an dem er nach Hause zurückgekehrt war, dem Verwalter seine Pläne mitteilte, da stimmte dieser sichtlich mit Vergnügen dem Teile der Auseinandersetzung zu, in dem Ljewin nachwies, daß alles bisher Unternommene Unsinn und unvorteilhaft sei. Der Verwalter bemerkte dazu, das habe er schon längst gesagt; man habe nur nicht auf ihn hören wollen. Was aber den von Ljewin vorgetragenen Plan anlangte, sich als Genossenschafter mit den Arbeitern zusammen an dem ganzen landwirtschaftlichen Unternehmen zu beteiligen, so setzte der Verwalter demgegenüber nur eine sehr trübselige Miene auf, sprach gar keine bestimmte Meinung aus und begann sogleich von der Notwendigkeit zu reden, am nächsten Tage die noch übrigen Roggenhaufen einzufahren und das Land umackern zu lassen, so daß Ljewin merkte, der Verwalter halte den jetzigen Zeitpunkt nicht für geeignet zu solchen Neuerungen.

      Als er dann über denselben Gegenstand mit den Bauern sprach und ihnen den Vorschlag machte, ihnen unter neuen Bedingungen Land zu überlassen, da stieß er wieder auf dieselbe Hauptschwierigkeit, daß sie nämlich von der laufenden Tagesarbeit zu sehr in Anspruch genommen waren, als daß sie Zeit gehabt hätten, die Vorteile und Nachteile des Unternehmens ordentlich zu überlegen.

      Ein treuherziger Bauer, der Viehwärter Iwan, schien Ljewins Vorschlag, an dem Ertrage des Viehhofes mit seiner Familie Anteil zu erhalten, vollständig zu begreifen und das Unternehmen durchaus zu billigen. Aber sooft Ljewin ihm die künftigen Vorteile klarzumachen versuchte, prägte sich auf Iwans Gesichte eine gewisse Unruhe und ein Bedauern darüber aus, daß er die Auseinandersetzung nicht bis zu Ende anhören könne, und er fand schleunig irgendeine Arbeit für sich, die angeblich keinen Aufschub duldete: entweder griff er nach der Heugabel, um Heu aus dem Schuppen herauszuwerfen, oder er machte sich daran, Wasser einzugießen oder den Dünger auszuräumen.

      Eine zweite Schwierigkeit bestand in dem unbesiegbaren Mißtrauen der Bauern, die schlechterdings nicht glauben wollten, daß der Gutsbesitzer ein anderes Ziel im Auge haben könne, als sie soviel wie möglich


Скачать книгу
Яндекс.Метрика