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der hinein möchte«, sagte Alex.
Die Gesinnung der Magier in dieser Welt war gnadenlos.
Sie eilten zum Hauptgebäude, traten ein und Jen warf einen Blick auf eine Tafel. Hier waren die einzelnen Fakultäten aufgelistet, die sich vor Ort oder in einem anderen Gebäude befanden.
»Da, Fakultät für Temporalmagie.« Sie deutete auf den Eintrag. »Wenn es stimmt, was Joshua herausgefunden hat, dann könnte dies die Lösung sein.«
Sie stiegen eine Steintreppe hinauf und eilten durch lange Flure. Am Ende ragte eine wuchtige schwarze Tür auf. Alex ballte die Hand und schlug dagegen.
Als eine Weile nichts geschah, drückte Jen die Klinke herunter. Sie traten ein.
Ein Mann in den Fünfzigern sah von seiner Arbeit auf. Beinahe hätte Jen verwirrt aufgeschrien, so ähnlich sah der Professor Albert Einstein; wenn auch nur im ersten Moment.
»Ich hatte Sie nicht hereingebeten«, blaffte er in seinen Vollbart.
Aus der Nähe schwand die Ähnlichkeit zu Albert rapide. Professor Steiner – bei dem es sich vermutlich um einen Abkömmling der Familie des Noblen Hauses handelte – wirkte grimmig. Er schien eine nach außen gerichtete Härte abzustrahlen, was seine gepflegte Kleidung noch betonte. Er trug eine Weste über einem Hemd und Stoffhosen. An der rechten Hand glänzte der Sigilring.
»Wir kommen in wichtiger Angelegenheit«, stellte Jen klar und hob ihre rechte Hand, zur Faust geballt.
Der Professor runzelte die Stirn. Er machte eine schnelle Bewegung mit den Fingern, prüfte wohl auf irgendeine Art den Ring. Sein Gesicht nahm einen verwirrten Ausdruck an. »Mir wurde kein Besuch eines Hohen Hauses angekündigt.«
»Eine drängende Angelegenheit«, erklärte Jen.
Sie hatten sich die Abschriften Joshuas über die komplizierten Allianzen und Hochzeiten zwischen den Familien der Höchsten Häuser und Hohen Häuser angeschaut, in der Hoffnung, mit dem erbeuteten Ring niemandem gegenüberzustehen, der feindlich gesinnt war.
»Willkommen in meiner Fakultät.« Steiner sprang auf und schüttelte ihnen nacheinander die Hand.
»Aber Sie tragen keinen Ring.« Er musterte Alex.
»Ich denke nicht, dass das notwendig ist«, erklärte dieser mit einer gespielten Leichtigkeit, für die Jen ihn bewunderte. »Sie können sich natürlich gerne an das Institut wenden, um mich zu überprüfen.«
Der Professor erbleichte. »Das wird nicht nötig sein.«
Die Angst vor dem allmächtigen Institut war in jede Faser dieser Welt eingesickert. Joshua hatte zahlreiche Notizen dazu angefertigt. Solange sie mit Fingerspitzengefühl vorgingen, konnte das hier und da nützlich sein.
»Wie kann ich ihnen helfen?«, fragte Professor Steiner.
Jen lächelte.
3. Nur der Tod öffnet den Weg
Die andere Seite
Er brach in die Knie. Blut rann aus seinen Augen, sein anklagender Blick traf Annora. Ringsum begannen die Steinwände zu diffundierten, wurden zu grauem Nebel.
»Einzig der Tod ebnet den Weg«, sagte Alfie Kent mit seinem letzten Atemzug.
Annora fuhr in die Höhe. Ihr Atem ging stoßweise. Vor dem Fenster graute der Morgen. Immerhin, in dieser Nacht war es nicht das rötliche Glühen des Immortalis-Kerkers, das sie verfolgt hatte. Auch nicht die grauenvollen Zwillinge.
»Es war mehr«, realisierte sie. »Ein Echo.«
Eines, das sie schon einmal gespürt hatte. In der Weißen Krypta, als sie zur Ritterin geweiht worden war.
Sie sprang aus dem Bett und schlüpfte in ihre Kleidung. Ihr erster Schritt führte wie jeden Morgen in die Küche der Zuflucht, wo die gute Seele Tilda ihr bereits einen Kaffee zubereitet hatte. Frisch gemahlen, mit geschäumter Milch obenauf, dazu eine Prise Zimt.
»Ich danke dir.«
Tilda winkte ab. »Solange ihr mir nur Kyra, Max, Titik, Kevin, Jen und Alex findet.«
»Keine Sorge, wir bringen sie zurück.« Annora nippte an ihrem Kaffee.
Die Tasse in der Hand eilte sie zu einem der Studierzimmer. Hier hatte Grace wie immer Bücher vor sich liegen und recherchierte.
»Guten Morgen«, grüßte sie. »Ich habe zwischenzeitlich mit Albert und H. G. Wells gesprochen. Albert trägt alles zusammen, was er über die Erschaffung des Walls findet. Und H. G. möchte sogar dorthin reisen, um sich das Drama genauer anzusehen. Allerdings könnte er unseren Freunden wohl nicht helfen, da sie mittlerweile Teil der Geschichte sind. Und er könnte damit auch nichts ändern, weil die Zeit sich selbst schützt.«
Annora nahm einen weiteren Schluck ihres Kaffees. »Kann ich deine Aufmerksamkeit einen Augenblick beanspruchen?«
Grace musste ihren Tonfall richtig gedeutet haben, denn sie sah von dem Buch auf, in dem sie gerade etwas nachgeschlagen hatte. Wie immer, wenn sie recherchierte, wirkte sie sogar nach einer Nacht ohne Schlaf fit und tatkräftig. Sie ging auf in ihrer Leidenschaft, was aus sich selbst heraus Energie generierte. Ihr Haar fiel ihr in Wellen auf die Schultern, seit einigen Tagen hatte sie sich Pulli, Hose und Schuhe im 1990er-Style besorgt. Der grau-bunte Pullover, die Jeans, die am Knöchel endete, und die Turnschuhe verliehen ihr die Ausstrahlung einer 90er-Ikone.
Annora berichtete von ihrem Albtraum.
Grace verschränkte die Arme auf dem Rücken und überdachte ihre Worte. »Wie wir wissen, verhält sich die Magie bei Rittern nach ihrer Ernennung unterschiedlich. Der Hinweis auf den nächsten Essenzstab kommt zeitverzögert und different. Die Seher und Essenzstabmacher haben das alles nach einem ganz bestimmten Takt aufgebaut.«
»Du gehst also davon aus, dass es der nächste Hinweis sein könnte?«
»Tust du es?«
Annora nickte. »Es war auf beklemmende Weise real.«
»Dann ist meine Vermutung, dass Alfie Kent irgendwie der Schlüssel zum nächsten Essenzstab ist, diese Suche für ihn aber überaus gefährlich werden könnte.«
»Wie für uns alle«, entgegnete Annora. »Aber sie ist von elementarer Bedeutung.«
»Davon gehen wir zumindest aus.« Grace kehrte zurück zu ihrem Buch. »Letztlich wissen wir nicht, weshalb die Seher überhaupt dachten, dass ein König notwendig ist. Aber lassen wir das einstweilen aus. Selbst wenn Alfie und du dazu bestimmt wären, den Stab zu suchen – dein Traum hat nicht wirklich einen Hinweis darauf erbracht, wo der nächste Essenzstab der Macht zu finden ist.«
Annora nutzte die einsetzende Stille, um Grace‘ Worte zu überdenken. Sie benötigten die Essenzstäbe schon allein deshalb, weil die Magier der Zuflucht bisher keine weiteren besaßen. Merlin hatte alle zerstört. Max’ Stab hatte bewiesen, wozu diese mächtigen Artefakte fähig waren.
Gleichzeitig durften sie all die anderen Dinge nicht außer Acht lassen. Max versuchte, das Agentenprogramm zu reaktivieren. Anne Bonny baute weiter an der Schiffsflotte, die im Hafen von Talanis beständig wuchs. Einstein und H. G. kümmerten sich um die Verschollenen, und Kleopatra braute einen neuen magischen Trank nach dem anderen. Wesley hatte ihr erste Besuche abgestattet, da er bei ihr von einem Trauma durch die Gefangenschaft im Immortalis-Kerker ausging.
Tomoe untersuchte zum einen zusammen mit den Heilmagiern Moriarty, zum anderen überprüften sie nach der Entdeckung, dass Alex’ Mutter von Merlin mit dem Pakt des falschen Glücks auf seine Seite gezogen wurde, die übrigen Familienangehörigen der Widerständler. Nikki half dabei, indem sie ihre Magie als Sprungmagierin zur Verfügung stellte.
»Was sollte ich also …?«
Ein Klopfen an der Tür erklang. Kurz darauf