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Verwildert. George MonbiotЧитать онлайн книгу.

Verwildert - George Monbiot


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auch der Form des Bodens an. Selbst wenn ich mich über die Stelle beugte, war der Fisch nicht zu sehen. Er schoss erst davon, als ich fast auf ihn trat.

      Mittlerweile hatte ich den Wettervorhang durchquert. Der Wind peitschte das Wasser und der Regen vernarbte seine Oberfläche. Fische auszuspähen wurde noch schwieriger. Ein, zwei ansehnliche Flundern stoben davon, allerdings in tieferes Wasser, wo ich nichts mehr sehen konnte. Ich ging zurück und holte das Boot. Als ich flussaufwärts paddelte, sah ich die großen schlürfenden Mäuler von Meeräschen aus dem Wasser lugen. Ich war zwar versucht, den Speer nach ihnen zu werfen, wusste aber, dass es nichts bringen würde. Schon bald verlandete die Wasserrinne, der ich folgte, in einer Ödnis aus Sand und leeren Muschelschalen. Eine Stunde mindestens würde es dauern, bis die Flut sie wieder mit dem Hauptkanal verbinden würde. Das Wetter verschlechterte sich und so kehrte ich um.

      Die Strömung hatte wieder gewechselt: In beiden Richtungen war ich nun gegen die Strömung gefahren. Ich kehrte an die Stelle zurück, an der ich mitten im Watt einen kaputten, verlorengegangenen Hummerkäfig gesehen hatte; jetzt umspülte ihn schon das Meer. Der Wind frischte auf; ich kämpfte gegen Luft und Wasser an. Die Flut zog an mir vorbei und ich wunderte mich über ihren Ordnungssinn. Es gab Kanäle mit Zweigen, die sich über einen Kilometer hinzogen, Bänder mit Seetang, dann eine Drift vollgepackt mit etwas, das ich zunächst für tote Garnelen gehalten hatte. Es waren Millionen: Einen Augenblick hatte ich die Befürchtung, es handele sich um eine Seuche oder um eine Vergiftung. Aber als ich ein paar auflas, sah ich, dass es sich um abgeworfene Hüllen handelte: kleine perfekte Waffenröcke mit einem Handschuh für jeden Pleopod und Fühler. In der Garnelenstraße konnte ich keinen einzigen Zweig, zwischen dem Tang keine einzige Garnelenhülle entdecken; die Strömung hatte für sie jeweils einen andere Rinne ausgesucht.

      Eine Woche später versuchte ich es noch einmal, vielleicht das letzte Mal. Ich ließ das Boot am Ausgang des Ästuars ins Wasser. Mein Plan war es, die Flundern auf ihrem Weg aus den Prielen, die in die Flussmündung spülten, abzuschneiden. Hier trafen die schläfrigen Sommerweiden auf vom Wind blankgefegte Flächen. Geschützt hinter Deichen und Böschungen standen die Kühe in den hohen Juliwiesen und wedelten mit dem Schwanz. Zwei Zwergtaucher tauchten, als ich mich annäherte, ins Wasser ab; ein Eisvogel flitzte an der Sandbank entlang.

      Ich stieß auf die Mündung eines Bachs, die zwischen Schilfwänden versteckt lag. Dort fuhr ich hindurch, vom raschelnden Dickicht abgeschnitten von anderen Geräuschen und Aussichten. Das Schilf wich wilden Uferböschungen voller Brombeeren, Wasserdost, Flockenblumen und Wicken. An einer Stelle war eine Eiche über das Wasser gefallen. Ich verstaute mein Paddel, legte mich rücklings ins Boot und zog mich unter den Ästen hindurch. Das Wasser war so klar, dass ich durch Luft zu treiben schien. Ich konnte jeden Fleck, jede Faser auf dem Bachgrund erkennen. Kein einziger Fisch kam mir zu Gesicht, aber auch kein anderes Leben war zu sehen: keine Käfer, Wasserläufer, Insektenlarven oder Garnelen. Weder patrouillierten Libellen an den Ufern entlang, noch tanzten Köcherfliegen oder Eintagsfliegen über dem Wasser. Vielleicht war dieser Bach irgendwo durch alte Bleiminen geflossen? Blei ist hier seit römischen Zeiten abgebaut worden und selbst Minen, die schon seit vielen Jahren nicht mehr in Betrieb sind, produzieren noch Ausfällungen, so giftig, dass in dem davon betroffenen Wasser fast nichts überlebt. In einem Dorf in der Nähe meines Wohnorts fließen zwei Bäche zusammen. Der eine wimmelt vor Forellen und Groppen, der andere ist tot. Ein Freund, der in dem Dorf lebt, erzählte mir, dass eines Tages die dort gehaltenen Enten von ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsort an dem lebenden Bach in den anderen stromerten und dort für eine Weile gründelten. Später seien alle mit dem Bauch nach oben geschwommen.

      Ich glitt den Bach hinab bis zurück in das Ästuar. Als ich um die letzte Biegung des Flüsschens fuhr, schüttelte mich der Wind hin und her. Ich konnte meilenweit über das Wasser bis hinaus aufs Meer sehen. Hier, innerhalb der Wolkenfestung, die die Hügel überschaute, war das Land ocker, oliv- und chromgrün. Jenseits des Wettervorhangs, in der Sonne entlang der Küste, glänzten die Felder, von Düngemitteln aufpoliert, in der Sonne und schienen fast zu fluoreszieren. An der Mündung des Ästuars sah es aus, als trieben die Dünen völlig losgelöst von ihrer Umgebung. Vom Vordergrund durch einen schimmernden silbrigen Streifen getrennt, schwebten sie wie die Insel Laputa aus Gullivers Reisen über dem Watt.

      Eine Schar Kanadagänse, die auf der Sandbank ihre Hälse in die Höhe reckten und senkten, flog auf und ließ ein Durcheinander ausgegangener Federn zurück, die nun über das Watt gaukelten. Gänsesägerküken schlugen das Wasser auf, als sie ihrer Mutter nachflatterten, die sie ganz ungalant verlassen hatte und im Mündungstrichter ihre Kreise zog. Die Tide brauste nun nach draußen. Als sie auf den Wind traf, türmte sie sich zu stehenden Wellen auf, in denen das Boot wie auf dem Wasser festgeklebt schien: Ich musste mich nach vorne lehnen und das Paddel fast am Bug einstechen, um überhaupt vorwärtszukommen. Ich fuhr in Wasserläufe hinein, die so eng waren, dass ich umkehren musste, sobald ich auf ein Hindernis stieß. Ich fuhr die Uferbänke des Hauptkanals entlang, starrte ins Wasser und sah nichts als Schlamm und zerbrochene Äste.

      Schon bald zog mich die Strömung an den Schlammbänken vorbei ins Leere Viertel, in jene weite Sandfläche, die ich zuvor erkundet hatte. Doch als ich dieses Mal den Hauptkanal entlangfuhr, traf ich auf dick mit Sand und Laub angereicherte Geysire, die völlig unerwartet mitten im Fluss aufstiegen, mitunter mit einer Kraft, dass ich beim Darüberfahren spürte, wie das Boot gestoßen und angehoben wurde. Eine Boje, die in diesem brodelnden Wasser halb untergegangen war, schien wie ein großer von einem Hai gezogener Schwimmer flussaufwärts zu pflügen.

      Mit erhobenem Speer driftete ich an einer Sandbank entlang und suchte an den Rändern, wo das Wasser klar war. Die überall sichtbaren, aber kaum zu fangenden Meeräschen stoben davon. Ich störte zwei große Flundern auf, aber beide waren davongewedelt, bevor ich die Harpune werfen konnte. Ein Trupp Austernfischer in schwarzweißen Uniformen, die Flügel eng an die Seiten geklemmt, machte, als ich mich näherte, wie ein einziger Körper kehrt und marschierte über den Sand. Als ich auf dem Wasser die Spiegelung des Speers wahrnahm, überraschte mich ein Gedanke, der mir zuvor noch nicht gekommen war: Ich war dabei, das Kajak wieder seiner ursprünglichen Funktion zuzuführen. Die ihm zugrunde liegende Technologie und sein Name sind – wie Anorak und Parka – von arktischen Völkern entlehnt. So wie ich mit meiner Harpune an den Rändern der Sandbank entlangpirschte, patrouillierten sie die Ränder der Eisschollen. Hier allerdings wären sie verhungert.

      Die Einheimischen hatten mir berichtet, Flundern seien einst so zahlreich durch das Mündungsgebiet gezogen, dass man mit Schubkarren ins Wasser gefahren sei und die Fische mit Grabgabeln aufgespießt habe, bis die Karren voll gewesen seien. Nach meinem letzten, zu späten Versuch aber kam mir zu Ohren, dass die Krebsfänger kürzlich damit begonnen hätten, die Flundern unmittelbar vor der Einmündung des Ästuars mit Netzen zu fischen, um sie als Köder zu benutzen. Sie haben sie mehr oder weniger abgeräumt. Wenn die Geschichte stimmt, ist dies eine so verschwenderische und unnötige Praxis (angesichts der Unmengen an totem Fisch samt Köpfen und Gräten, die die Fischereiindustrie wegwirft), dass wir uns offenbar kaum von jenen Tagen entfernt haben, als die englischen Kolonisten in Nordamerika riesige Hummer aus Felsentümpeln klaubten und sie ihren Schweinen zum Fraß vorwarfen. Wir sollten in diesen mageren Zeiten zumindest davon ausgehen, dass alle gefangenen Fische auf den Tellern der Menschen landen.

      Ich ließ das Boot auf einer Sandbank zurück und watete einen guten Kilometer über das zerfurchte und gerippte Bett eines leerlaufenden Kanals. Das Wasser hatte sich geklärt: Selbst wo ich bis zur Hüfte im Wasser stand, konnte ich jetzt den Boden sehen. Ich ging schwebenden Schritts, fast schwerelos, über das Flussbett. Kleine Plattfische schnellten aus dem Sand.

      Ich pirschte den Kanal aufwärts, den Speer wurfbereit über dem Wasser, und fühlte mich so angriffslustig und zielbewusst wie ein Reiher. Jede einzelne Zelle schien gespannt, wie eine Saite, auf die Welt gestimmt, durch die ich mich bewegte und in den wechselnden Harmonien von Wind und Wasser die richtige Note zu treffen suchte. Meine Konzentration steigerte sich in ein überhöhtes Bewusstsein, sodass ich jedes Körnchen unter meinen nackten Zehen spürte, jedes Wasserkräuseln an meiner Taille, jede Bewegung des Benthos, wie verschwindend klein sie auch sein mochte. Plötzlich war ich weg.

      Es ist nicht leicht zu erklären, was geschehen war. Womöglich war es die


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