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Von Bagdad nach Stambul. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Von Bagdad nach Stambul - Karl May


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brummte abermals und sagte dann vernehmlich:

      »Chodih, werde ich auch für heute zwei Piaster erhalten?«

      »Du sollst vier bekommen.«

      Jetzt hörte man dem Brummen ein gelindes Entzücken an; dann blieb es lange zwischen uns still.

      Es wurde Nacht, und als eben das letzte Licht des scheidenden Tages im Verlöschen war, dünkte mir, als ob jenseits der schmalen Lichtung, welche uns zur Linken lag, eine Gestalt zwischen den Bäumen hindurchgehuscht wäre. Das war trotz der hereinbrechenden Dunkelheit so täuschend, daß ich mich erhob, um mich zu überzeugen. Der Kurde erhielt die Weisung, bei meinen Gewehren, welche mich gehindert hätten, zurück zu bleiben. Ich nahm den Hund wieder an die Leine und schlich mich vorwärts.

      Ich hatte eine tiefe Einbuchtung der Lichtung zu umgehen, war aber noch nicht bis zur Hälfte dieses Weges gekommen, als ich die betreffende Gestalt über die Lichtung herüberhuschen sah. Einige rasche Sprünge brachten mich nahe an die Stelle, an welcher die Gestalt vorüber mußte. Jetzt, jetzt langte sie in meiner unmittelbaren Nähe an. Ich wollte bereits zugreifen, als Dojan mich daran verhinderte. Er stieß ein freudiges Winseln aus. Die Gestalt hörte es und blieb erschrocken stehen.

      »Zounds! Wer ist hier?«

      Dabei streckten sich zwei lange Arme nach mir aus.

      »Lindsay! Sir David! Seid Ihr es wirklich?« rief ich.

      »Oh! Ah! Master! Yes! Well! Ich bin es! Und Ihr? Ah! Ah! Well! Ihr seid es auch! Yes!«

      Er war ganz bestürzt vor Freude, und mich machte er vor Ueberraschung bestürzt, denn er umfaßte mich, drückte mich an sich und versuchte, mir einen Kuß zu geben, wobei ihm seine kranke Nase keineswegs sehr förderlich und dienlich war.

      »Das hätte ich nicht gedacht, Sir David, Euch hier zu finden!«

      »Nicht? Der Gorilla – o no! Der Köhler hatte doch gesagt, daß wir hier vorüber müssen.«

      »Sehet Ihr, wie gut das war! Aber sagt, wie Ihr Euch gerettet habt!«

      »Hm! Das ging schnell. Pferd unter mir erschossen; würgte mich hervor; sah, daß alle hinter euch her waren, und sprang auf die Seite.«

      »Ganz so wie Allo!«

      »Allo? Auch so gemacht? Auch hier?«

      »Dort drüben sitzt er. Kommt!«

      Ich führte ihn zu unserem Observatorium. Die Freude des Kurden war groß, als er einen zweiten Gefährten gerettet sah. Er drückte sie durch Töne aus, die sich nur mit dem Brummen eines invaliden Spulrades vergleichen lassen.

      »Wie ist es Euch ergangen?« fragte mich Lindsay.

      Ich erzählte es ihm.

      »Also Euer Pferd unbeschädigt?«

      »Außer der Beule, ja.«

      »Das meinige tot! Braves Tier! Werde diese Bebbeh erschießen! Alle! Yes!«

      »Habt Ihr denn Euer Gewehr noch?«

      »Gewehr? Werde ihnen meine Büchse lassen! Hier liegt sie.«

      Ich hatte während der Dunkelheit diesen glücklichen Umstand gar nicht bemerkt.

      »So seid froh, Sir! Diese Büchse wäre unersetzlich gewesen.«

      »Habe auch Messer, Revolver und Patronen noch hier im Beutel.«

      »Welch ein Glück, daß Ihr sie nicht in der Satteltasche hattet! Aber habt Ihr keine Ahnung, ob noch einer von uns entkommen ist?«

      »Keiner. Halef lag noch unter seinem Pferde, und die Haddedihn staken mitten zwischen den Bebbeh.«

      »O wehe, dann sind alle drei verloren!«

      »Abwarten, Master! Allah akbar – Gott ist groß, sagen die Türken.«

      »Ihr habt recht, Sir. Wir wollen hoffen, dann aber, wenn wir uns täuschen sollten, auch alles tun, um die Gefährten zu befreien, im Falle sie noch leben und gefangen sein sollten.«

      »Richtig! Jetzt aber schlafen. Bin müde; habe weit laufen müssen! Schlafen ohne Decke! Armselige Bebbeh! Miserable Gegend! Yes!«

      Er schlief ein, und der Kurde mit ihm. Ich hingegen wachte noch lange und stieg später abermals mühsam empor, um nach dem Pferde zu sehen. Dann versuchte auch ich, zu schlafen, dem treuen Hunde das Wachen überlassend. Mein Schlaf wurde durch eine sehr energische Berührung gestört, welche ich an meinem Arme fühlte. Ich erwachte. Der Tag war erst im Grauen.

      »Was ist‘s?« fragte ich.

      Statt der Antwort deutete der Kurde zwischen die Bäume hindurch nach dem gegenüberliegenden Rande des Gebüsches – ein Rehbock war hervorgetreten und stand im Begriff, zur nahen Tränke zu gehen. Wir brauchten Fleisch, und obgleich ein Schuß uns verraten konnte, griff ich doch zur Büchse. Ich legte an und drückte ab. Bei dem Schalle fuhr Lindsay kerzengrad aus dem Schlafe empor.

      »Was ist‘s? Wo ist Feind? Wie? Wo? Yes!«

      »Da drüben liegt er, Sir.«

      Er sah in der angegebenen Richtung hin.

      »Ah! Roe-buck – Rehbock! Prächtig! Können sehr gut gebrauchen! Nichts gegessen seit gestern mittag. Well!«

      Allo eilte fort, um das erlegte Wild herbeizuholen. Schon einige Minuten später brannte an einer geschützten Stelle ein Feuer, über dem ein saftiger Braten schmorte. Nun war dem Hunger mit einem Male abgeholfen, und auch Dojan konnte befriedigt werden.

      Während des Essens kamen wir zu dem Entschluß, bis Mittag noch zu warten, dann aber nachzuforschen, wie es mit den Bebbeh stehe. Unter dem Gespräche erhob sich Dojan plötzlich und sah in die Tiefe des Waldes. Einige Zeitlang schien es, als sei er mit sich selbst im unklaren; dann sprang er mit einem Satz fort, ohne mich nur vorher angesehen zu haben. Ich erhob mich schnell, um nach dem Gewehr zu greifen und ihm nachzueilen, blieb aber sofort wieder stehen, als ich anstatt des erwarteten Angstrufes das laute, freudige Gewinsel des Tieres vernahm.

      Gleich darauf trat zu uns – mein kleiner Hadschi Halef Omar, zwar ohne sein Pferd, aber in voller Ausrüstung mit Büchse, Pistolen und mit dem Messer im Gürtel.

      »Hamdulillah, Sihdi, daß ich dich finde und daß du lebst!« begrüßte er mich. »Mein Herz war voll von Sorge um dich; aber es tröstete mich die Ueberzeugung, daß kein Feind deinen Rih einholen kann.«

      »Der Hadschi!« rief Lindsay. »Oh! Ah! Nicht massakriert! Herrlich! Unvergleichlich! Gleich mit Braten essen! Well!«

      Der gute Lindsay faßte die Sache sofort von ihrer praktischen Seite an. Halef war nicht wenig erfreut, ihn und den Führer wohl erhalten zu sehen; doch verschmähte er auch die leibliche Erquickung nicht, sondern langte gleich nach dem Bratenstücke, welches der Engländer ihm entgegenstreckte.

      »Wie bist du entkommen, Halef?« fragte ich ihn.

      »Die Bebbeh schossen auf unsere Pferde,« antwortete er. »Auch das meinige stürzte, und ich blieb im Bügel hangen. Sie bekümmerten sich nicht um uns, sondern sie wollten nur dich und deinen Rih haben; darum schlug Allah sie mit Blindheit, daß sie nicht sahen, wie dieser Kurde und der Master entkamen. Auch ich machte mich endlich frei, nahm meine Waffen und entfloh.«

      Welch eine Unachtsamkeit von den Bebbeh! Sie hatten nur auf die Pferde geschossen, um die Reiter lebendig zu fangen, und ließen diese doch entkommen!

      »Hast du nichts von den Haddedihn bemerkt, Halef?«

      »Ich sah noch während des Fliehens, daß man sie gefangen nahm.«

      »Oh, dann dürfen wir keine Zeit verlieren, sondern wir müssen aufbrechen!«

      »Warte, Sihdi, und laß dir erzählen! Als ich glücklich entronnen war, dachte ich, daß es wohl klüger sei, zu bleiben und die Feinde zu beobachten, als zu fliehen. Ich stieg also auf einen Baum, dessen Laub mich ganz verdeckte. Da blieb ich bis gegen den Abend; erst als es ziemlich dunkel war, konnte ich den Baum wieder verlassen.«

      »Was hast du gesehen?«

      »Die Bebbeh wollen nicht


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