Tausend Und Eine Nacht. Gustav WeilЧитать онлайн книгу.
gewisser töten lassen, damit ich sehe, wie dein Kopf mit mir sprechen wird.« Der König ließ ihm hierauf den Kopf abschlagen und nahm ihm das Buch ab. Als der Scharfrichter damit fertig war, ward der Kopf in die Schüssel auf das Pulver gedrückt, und das Blut hörte sogleich auf zu fließen. Der Arzt Duban öffnete dann die Augen und sagte: »Nun kannst du das Buch öffnen, o König!«
Der König tat es und schlug ein Blatt nach dem anderen um; da die Blätter aber aneinander klebten, legte er den Finger an die Lippen und benetzte ihn; so wendete er bis zum siebenten Blatte herum, fand aber nichts darin geschrieben. Darauf sagte er: »O Arzt, ich finde ja nichts in diesem Buch.« Der Kopf des Arztes antwortete: »Schlage nur weiter um!« Der König schlug immer weiter um und benetzte den Finger dabei, bis er die Arznei, mit der das Buch vergiftet war, abgerieben hatte. Auf einmal fing der König an zu wanken und Schwindel zu fühlen.
Als der Kopf des Arztes sah, daß der König der Griechen nicht mehr aufrecht stehen konnte, dachte er sich, daß er das Gift eingesogen, und sprach folgende Verse:
»Sie haben ein strenges Gericht gehalten, und noch ein wenig, so war es, als hätten sie kein Urteil gefällt. Wären sie gerecht gewesen, so wäre auch ihnen Gerechtigkeit widerfahren, ihre Gewalttat wurde ihnen aber vom Schicksal mit Elend und Tod vergolten, und nachher sagte ihnen eine bildliche Sprache: dies ist dafür und man kann dem Schicksal keine Vorwürfe machen.«
Als der Kopf des Arztes so gesprochen, fiel der König tot hin, und auch der Kopf des Arztes blieb leblos.
Fortsetzung der Geschichte des Fischers mit dem Geiste
Der Fischer sagte hierauf zu dem Geiste: »Hätte der König den Arzt leben lassen, so hätte Gott auch ihn erhalten, weil er ihn aber umbringen ließ, hat Gott auch ihn getötet; ebenso du, o Geist, weil du mich durchaus töten wolltest, werde ich dich wieder in diese Flasche sperren und in den Abgrund des Meeres werfen.« Der Geist schrie: »O Fischer, tu dies nicht! Befreie mich und bestrafe mich nicht. Der Menschen Handlungen müssen immer edler sein, als die eines Geistes, habe ich auch schlecht gehandelt, so tu du doch Gutes! Denn das Sprichwort sagt: Vergelte Böses mit Gutem, verfahre nicht wie Imama mit Ateka verfuhr.« »Was haben Imama und Ateka getan?« »Jetzt«, sagte der Geist, »ist nicht Zeit, davon zu reden, so lang ich in diesem engen Gefängnis bin; wenn du mich frei gelassen, will ich dir‘s erzählen.« Aber der Fischer antwortete: »Ich lasse dich nicht heraus, ich werfe dich ins Meer, denn ich habe dich lange gebeten und doch wolltest du mich schuldlos umbringen, obschon ich dich aus deinem Gefängnis befreite. Da du dies getan, weiß ich, daß du von schlechter Natur bist und von gemeinem Stoffe, du vergiltst Gutes mit Bösem; ich werde daher, wenn ich dich ins Meer geworfen habe, hier ein Haus bauen und darauf schreiben: Hier haust ein Geist; wer ihn heraufzieht, wird von ihm getötet; dann kannst du lange unten bleiben, du verächtlichster aller Geister!«
Da sprach der Geist: »Laß mich diesmal wieder frei; ich verspreche, dir gar nichts zuleid zu tun, vielmehr dir nützlich zu sein. Du sollst reich werden.« Als er darauf einen Eid geleistet und bei jenem erhabenen Namen geschworen, der auf Salomos Siegel stand, da öffnete der Fischer die Flasche, aus der wieder Rauch in die Höhe stieg, und es bildete sich ein Geist daraus; er zertrat hierauf die Flasche mit den Füßen und flog gegen das Meer hin. Als der Fischer dies sah, fürchtete er etwas Schlimmes; er verunreinigte seine Kleider und sah den Tod schon nahe, denn er hielt dieses Zertreten für ein böses Zeichen. Dann faßte er aber wieder Mut und sprach: »O Geist! du hast einen Eid geschworen, darfst also nicht treulos gegen mich werden, sonst wird es Gott auch gegen dich. Ich wiederhole dir, was der Arzt Duban sagte: Laß mich leben, Gott wird dich auch erhalten.« Der Geist lachte und sagte: »Folge mir, Fischer!« Dieser folgte ihm nun erschrocken, denn er glaubte, nicht mit dem Leben davonzukommen. Sie gingen durch die Wüste bis zu einem Berge; dort fanden sie mitten in einer großen Einöde vier kleine Hügel und zwischen diesen einen See. Der Geist blieb hier stehen und sagte dem Fischer, er solle nun sein Netz auswerfen. Dieser sah im See rote, weiße, blaue und gelbe Fische und war sehr erstaunt darüber. Dann warf er sein Netz aus, und als er es an sich zog, brachte er vier Fische heraus: einen roten, einen weißen, einen blauen und einen gelben; als er dies sah, freute er sich sehr. Der Geist sagte ihm dann: »Gehe damit hin zu deinem Sultan, er wird dich reich machen; aber fische nicht mehr als einmal am Tage. Entschuldige mich, wenn ich dich jetzt verlasse, ich weiß, nachdem ich so lang in der Tiefe des Meeres gelebt habe, mir auf der Oberfläche der Erde nicht mehr zu raten. Allah stehe dir bei!«
Hierauf stampfte der Geist mit den Füßen; die Erde öffnete sich und verschlang ihn, und der Fischer ging freudig in die Stadt zurück, verwundert über das, was ihm mit dem Geist widerfahren und über die farbigen Fische. Er verfügte sich in den Palast des Sultans und brachte sie ihm.
Als der Sultan die Fische sah, wunderte er sich sehr darüber und sagte seinem Vezier: »Bringe sie der Köchin, die uns der König der Neugriechen geschenkt.« Der Vezier brachte sie diesem Mädchen und sagte: »Backe sie recht gut, denn es hat sie jemand dem König zum Geschenk gemacht.« Auch ließ der Sultan dem Fischer 400 Dinare geben; dieser lief damit nach Hause und fiel und stand auf und stolperte und glaubte, es sei nur ein Traum. Er kaufte dann seiner Familie, was sie bedurfte.
Dies ist‘s, was den Fischer angeht. Was aber die Köchin betrifft, so nahm sie die Fische und spaltete sie und salzte sie, setzte die Pfanne aufs Feuer, goß Öl hinein und wartete, bis es heiß war, warf dann die Fische hinein, ließ sie darin, bis sie auf der rechten Seite gebacken waren und drehte sie um. Da spaltete sich auf einmal die Mauer und es kam aus der Öffnung ein schönes Mädchen heraus, von hübschem Wuchse, oval gebildeten Wangen, ohne Tadel, die Augen mit Kohle bemalt; sie hatte ein Oberkleid von blauem Atlas an mit Kreisen aus ägyptischen Blumen, kostbare Ringe an den Ohren und am Arm, und in der Hand trug sie ein indisches Rohr. Sie steckte das Rohr in die Pfanne und sagte mit wohltönender Stimme: »O Fisch, hältst du dein Versprechen?«
Es sagt der Erzähler: Als die Köchin dies sah und hörte, fiel sie in Ohnmacht. Das Mädchen wiederholte noch einmal seine Frage, und die Fische hoben ihre Köpfe auf und sagten ebenfalls in klarer Sprache: »Jawohl, jawohl, wenn du wiederkehrst, so kehren auch wir wieder, bist du treu, so sind auch wir treu, fliehst du uns, so haben wir doch das unsrige getan.« Sie stürzte dann die Pfanne um und ging weg, wie sie gekommen war, und die Wand schloß sich wieder. Als die Köchin wieder zur Besinnung gelangt war und die Fische ganz verbrannt und in Kohlen verwandelt fand, war sie sehr betrübt und fürchtete sich vor dem König und sagte: »Dem König ist bei seinem ersten Kriegszug der Lanzenschaft zerbrochen.«Ein arabisches Sprichwort von einem, dem gleich der Anfang seines Unternehmens mißlingt. Als sie nun in diesem Zustande war, kam der Vezier und forderte die Fische und sagte ihr, der Sultan warte darauf. Die Köchin fing an zu weinen und erzählte dem Vezier, was ihr mit den Fischen geschehen. Er war sehr erstaunt, ließ sogleich den Fischer holen und sagte zu ihm: »Du mußt uns sogleich andere Fische, die den ersten gleichen, bringen, denn sie gefallen uns sehr.« Der Fischer nahm seine Gerätschaften, ging zu den vier Hügeln an den See, warf sein Netz aus und zog vier ähnliche Fische heraus; er kehrte dann heim und brachte sie dem Vezier. Dieser gab sie der Köchin und sagte ihr: »Backe sie nun in meiner Gegenwart, ich will die Geschichte mit ansehen.« Die Köchin reinigte die Fische, stellte die Pfanne auf und warf sie hinein. Als sie gebacken waren, öffnete sich die Wand wieder, das Mädchen kam wieder in derselben Kleidung, mit einem Rohr in der Hand, steckte es in die Pfanne und sagte: »O Fisch, hältst du dein Versprechen?« Die Fische streckten dann ihre Köpfe in die Höhe und sagten: »Wohl, wohl, kehrst du wieder, kehren auch wir wieder, bist du treu, so sind auch wir es, fliehst du uns, so haben wir doch das unsrige getan.«
Als die Fische so gesprochen, stürzte das Mädchen die Pfanne um und verschwand durch die Spalte der Wand und diese schloß sich hierauf wieder. Da sagte der Vezier: »So etwas kann man dem König nicht verbergen.« Er ging daher zu ihm und erzählte ihm, was sich mit den Fischen zugetragen. Der Sultan rief voller Verwunderung: »Ich muß das mit meinen Augen sehen«, und schickte sogleich nach dem Fischer, zu dem er sagte: »Hole mir gleich noch vier Fische, wie die ersten, eile aber damit.« Der Fischer ging, nahm seine Gerätschaften mit an den See, fischte vier Fische von verschiedener Farbe, wie die ersten, und brachte sie dem Sultan. Dieser gab ihm wieder vierhundert Dinare, zugleich ließ er ihn streng bewachen, und sprach zum Vezier: