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Ardistan und Dschirnistan I. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Ardistan und Dschirnistan I - Karl May


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erwähnt, an seinem Gürtel hängen hatte. Ich machte ihn von meinem Lasso los, band ihm mit Hilfe dieser Riemen die Beine eng zusammen und die Arme fest an den Leib und schnitt aus dem nächsten Buschwerk einige Stangen, an die ich ihn lang ausgestreckt fesselte, um seinen eigenen Körper als Tragbahre zu benutzen, die ich meinen beiden Pferden aufladen wollte. Eben als ich die letzten Knoten schlang und er mir nun vollständig sicher war, kam er wieder zu sich. Er öffnete die Augen, die er zunächst ganz ausdruckslos auf mich richtete. Bald aber kehrte ihm auch das Gedächtnis zurück. Er erkannte mich, er besann sich.

      Des Scheiks erste Frage war: »Wo ist Smihk? Ich sehe ihn nicht!«

      »Wer ist Smihk?« erkundigte ich mich.

      »Mein Pferd,« antwortete er. »Das weißt Du noch nicht?«

      »Nein, ich konnte es mir aber denken.«

      Smihk heißt nämlich soviel wie >Der Dicke<.

      »Du hast mich also dennoch eingeholt!« fuhr er fort. »Unglaublich!«

      »Und Dich sogar gefangen genommen!« fügte ich hinzu.

      Erst durch diese meine Worte wurde er darauf aufmerksam, daß er sich nicht bewegen konnte. Er versuchte zwar, die Glieder zu rühren, doch ohne Erfolg. Da rief er aus:

      »Richtig! Ich bin sogar auch gefangen!«

      »Wer hat also die Schande? Etwa ich?«

      »Nein, Du nicht, sondern ich!« antwortete er, indem er einen grimmigen Blick an sich herniedergleiten ließ. »Das werde ich bestrafen!«

      »An wem?« erkundigte ich mich.

      »An Smihk! Das kannst Du Dir doch denken! Oder meinst Du etwa, ich sei schuld daran? Er ist eine faule Bestie! Ich schlage ihn tot! Wo ist er denn? Ich sehe ihn noch immer nicht!«

      »Da steht er, gleich hinter Dir. Wenn er Deine Worte verstehen könnte, würde er Dich auslachen.«

      »Auslachen? Warum?«

      »Weil Du, der berühmte, tapfere Scheik der Ussul, nicht Mut genug besitzest, einen kleinen Fehler, den Du gemacht hast, einzugestehen, sondern ihn auf ein unschuldiges Wesen wirfst, welches sich nicht dagegen wehren kann. Das ist eine Feigheit. Ja, das ist noch mehr als Feigheit; das ist Lüge, und Du hast doch behauptet, daß die Ussul die Lüge hassen und verachten!«

      »Ja, das tun wir; ja, die hassen wir! Der Lügner ist ein Feigling! Aber ich kann doch nicht einsehen, daß ich unwahr gesprochen habe. Wäre Smihk schneller gelaufen, so hättest Du mich nicht einholen und vom Pferde werfen können. Sogar gebunden und gefesselt hast Du mich! Wer ist also schuld daran? Nicht ich, sondern er!«

      »Nein! Nicht er, sondern Du! Du kanntest meine Pferde nicht, die mit dem Winde um die Wette laufen. Und Du kanntest auch mich nicht, der ich weder Lust noch Veranlassung habe, mich wegen Deiner Körpergröße vor Dir zu fürchten! Es war eine unbegreifliche Unvorsichtigkeit von Dir, mich und meine Pferde gegen Dich und Deinen dicken Gaul herauszufordern. Wenn Du Verstand hast, so siehst Du das ein!«

      »Hm!« brummte er nachdenklich. »Da hätte ich also diesen Smihk um Verzeihung zu bitten? Gut, ich tue es! Ich lüge nicht! Und ich habe Verstand! Ich bin der Scheik der Ussul, die nur die Wahrheit reden! Also, es war eine Dummheit von mir! Das ändert aber daran nichts, daß Du ohne meine Erlaubnis in mein Reich getreten bist, und daß ich folglich Dein Gebieter bin, dem Du zu gehorchen hast. Ich befehle Dir also, mich loszubinden!«

      »Sehr gern, aber jetzt noch nicht!« antwortete ich in meinem freundlichsten Tone.

      »Warum nicht?« fragte er.

      »Weil ich noch nicht ganz damit fertig bin, Dich gefangen zu nehmen.«

      »Wieso?«

      »Weißt Du denn nicht, daß die Gefangennahme eines Menschen erst dann vollendet ist, wenn er im Gefängnisse steckt?«

      »Hältst Du mich etwa für so dumm, daß ich das nicht weiß?«

      »Oder Du mich für so dumm, daß ich es nicht ausführe? Du hast über mich gelacht. Du hast es für unmöglich gehalten, daß ich Dich in meine Gewalt bringe. Ich muß Dir also beweisen, daß ich es kann. Daraus folgt, daß ich Dich in das Gefängnis zu schaffen habe.«

      »Wo gibt es denn eins?«

      »Hier ganz in der Nähe.«

      »Du irrst. Das einzige Gefängnis, welches in dieser Gegend vorhanden ist, das gibt es in meinem Schlosse?«

      »Wie?« fragte ich. »Du hast ein Schloß?«

      »Ja. Ein großes, herrliches Schloß. Und rund um wohnt die Menge meiner Leute. Dieses Schloß kannst Du doch wohl nicht meinen?«

      »Nein.«

      »Ein anderes Gefängnis aber gibt es doch nicht!«

      »Du irrst.«

      »So sag nur, wo?«

      »Ganz in der Nähe hier.«

      Er lachte und rief aus:

      »Du kennst als Fremder Orte, die ich als der Besitzer dieses Landes niemals sah! Und nach diesem Gefängnisse, welches ich nicht kenne, willst Du mich bringen, um Deinen Sieg zu vollenden?«

      »Ja.«

      »Wie willst Du das anfangen? Ich bin ja gefesselt!«

      »Ich lasse Dich als Sänfte von meinen Pferden tragen. Oder ich binde Dich an den Schwanz Deines Smihk und lasse Dich durch ihn an Ort und Stelle schleppen.«

      »Das muß ich mir verbitten! Ich bin weder eine Sänfte, die getragen, noch ein Holzbündel, welches geschleppt werden muß. Ich werde reiten!«

      »Und mir entfliehen? Nein! Darauf gehe ich nicht ein!«

      »So werde ich gehen!«

      »Auch das nicht.«

      »Warum nicht?«

      »Weil ich Dich da losbinden müßte.«

      Das leuchtete ihm ein. Er war fast ebenso ein Urgeschöpf wie sein famoser >Dicker<. Er sann einige Zeit sehr beträchtlich nach und sagte dann:

      »Du hast recht! In das Gefängnis muß ich, falls Du Wort halten willst. Wenn Du mich aber ganz losbindest, werde ich Dir unbedingt entfliehen. Da gibt es nur ein Mittelding, auf welches wir uns einigen können. Du gibst mir nämlich nur die Füße frei, die Arme aber nicht.«

      »Gut! Einverstanden!« stimmte ich bei. »Dafür aber darfst Du Dich nicht dagegen wehren, daß ich Dich, sobald wir das Gefängnis erreichen, in festen Gewahrsam nehme!«

      »Das verspreche ich Dir sehr gern,« lachte er. »Dieses Gefängnis existiert ja nur in Deiner Einbildung. Wieviel hat es Löcher?«

      »Keins. Es ist so gebaut, daß die Gefangenen nicht hineingeschafft, sondern nur außerhalb, also im Freien, untergebracht werden können.«

      »Im Freien? Bist Du verrückt? Und das nennst Du ein Gefängnis? Höre, daß ich Dich getroffen habe, das beginnt, mir großen Spaß zu machen. Es wollte mir erst so gar nicht passen, daß ich gefesselt und gefangen bin; in der Weise aber, wie Du es treibst, fängt es an, mir zu gefallen. Gib mir die Füße frei! Dann gehen wir.«

      »Das heißt: Du gehst, ich aber reite!«

      »Ich habe nichts dagegen!«

      Er nahm an, daß ich mich auf eines meiner Pferde setzen werde. Ich führte sie aber zur Seite, pflockte sie an und gebot ihnen, sich zu legen. Sie gehorchten sofort, und ich wußte, daß sie hier bleiben und erst bei meiner Wiederkehr aufstehen würden. Als der Scheik das sah, fragte er verwundert:

      »Du lässest sie hier? Ich denke, Du willst reiten?«

      »Allerdings, aber nicht auf einem von diesen beiden Pferden.«

      »So wohl gar auf meinem Smihk?«

      »Allerdings.«

      Da schlug er ein schmetterndes Gelächter auf und rief dabei:

      »Auf meinem Smihk will er reiten! Er, der Knirps! Auf meinem Smihk, der nicht einmal mir gehorcht! Eine solche Verrücktheit


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