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Durch das Land der Skipetaren. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Durch das Land der Skipetaren - Karl May


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und es dann gleich probiert. Es gelingt ganz vortrefflich.«

      »Sind aber dann die Stücke des Metalls nicht zu sehen?«

      »Nein. Das Metall zerfliegt in ganz kleine, unsichtbare Teilchen. Viel Effekt würde das Kunststück machen, wenn du eine wirkliche Bleikugel in der Hand hieltest. Beim Schuß tut man dann so, als ob man die aus dem Gewehr kommende Kugel auffangen wolle, und zeigt natürlich statt derselben die andere Kugel vor oder schleudert sie von sich zur Erde.«

      »Das tun wir, Sihdi!«

      »Wenn ich Wismut bekommen kann, ja; sonst ist es unmöglich.«

      »Denkst du vielleicht, daß die Skipetaren es erfahren werden, mir könne keine Kugel schaden?«

      »Ich glaube, daß sie gewiß irgend jemand hier haben, von dem sie Nachricht empfangen.«

      »Dann wäre es gut, wenn sie dächten, daß auch du von keiner Kugel getroffen werden kannst.«

      »Freilich wohl.«

      »Also laß auch einmal auf dich schießen.«

      »Es kommt darauf an, ob und wie viel wir Munition bekommen können. Uebrigens müssen wir gegen so gewalttätige Leute möglichst listig sein. Ich werde diese Burschen in Beziehung auf mich täuschen.«

      »Wieso, Sihdi?«

      »Morgen werde ich blondes Haar und einen blonden Bart haben – —«

      »Wie willst du das anfangen?«

      »Es gibt eine Pflanze, deren Blätter, in Lauge gekocht, dem dunkelsten Haar sofort für einige Zeit eine helle Farbe geben. Solche Blätter sind in der hiesigen Apotheke zu haben.«

      »Ah, das ist die Pflanze, von welcher du mit der Nebatja sprachst?«

      »Richtig. Also das wird die beiden Burschen täuschen. Ferner werde ich euch voranreiten, um den Weg zu untersuchen.«

      »Sie werden dich dennoch erkennen, denn man wird ihnen mitteilen, daß du deinen Rih reitest, einen echt arabischen Rappenhengst mit roten Nüstern.«

      »Ich werde ihn eben nicht reiten.«

      »Was denn?«

      »Dein Pferd. Du aber reitest den Rappen.«

      Kaum hatte ich das gesagt, so tat es drüben, wo Halef im Bett gesessen hatte, einen Plumps. Im nächsten Augenblick saß Halef auf dem Rand meines Bettes.

      »Was machst du denn, Kleiner?« fragte ich.

      »Einen Purzelbaum habe ich gemacht aus meinem Bett heraus und bis herüber zu dir,« antwortete er mit fliegendem Atem. »Ist es dein Ernst, Sihdi; ich soll den Rih reiten?«

      »Ich scherze nicht.«

      »O Allah, w‘ Allah, l‘ Allah! Den Rih, den Rih soll ich reiten? Welch ein Glück! Ich reise mit dir schon so lange, lange Monde und habe ihn doch erst zweimal reiten dürfen! Weißt du noch, wo das war?«

      »Jawohl, so etwas merkt man sich.«

      »Und morgen nun zum drittenmal! Vertraust du ihn denn mir auch gern an?«

      »Sehr gern. Du bist der Einzige, welcher ihn richtig zu behandeln versteht.«

      Wenn er geahnt hätte, daß ich die Absicht hatte, ihm bei unserer Trennung das kostbare Pferd zu schenken, er hätte noch mehrere Purzelbäume geschlagen, vielleicht gar durch die dünne Schilfwand hindurch.

      »Ja, mein lieber, mein guter Effendi, ich habe es dir abgelauscht. Rih hat mehr Verstand, als mancher dumme Mensch; er versteht jedes Wort, jeden Laut, jeden Wink. Er ist dankbarer als ein Mensch für alles, was man für ihn tut. Ich werde ihn behandeln wie meinen Freund und Bruder.«

      »Davon bin ich überzeugt.«

      »Ja, du kannst dich darauf verlassen. Wie lange darf ich denn in deinem Sattel sitzen? Eine ganze Stunde?«

      »Noch länger, viel länger. Vielleicht einen ganzen Tag, und es ist möglich, auch noch längere Zeit.«

      »Was! Wie! Effendi, Sihdi, Freund und Besitzer meiner Seele! Mein Herz ist voll von Wonne – es will zerspringen. Ich bin nur ein armer, geringer, dummer Ben Arab und du bist der Würdigste der Würdigen; aber dennoch mußt du mir erlauben, daß mein Mund deine Lippen berührt, die mir eine so frohe Botschaft verkündigt haben. Wenn ich dir keinen Kuß gebe, zerplatze ich vor Entzücken!«

      »Na, Halef, zerplatzen sollst du nicht; bist du doch nicht zerplatzt, als du Messer, Bajonette, Pulver und Zündhölzer gegessen hattest.«

      »Nein, zerplatzt nicht, aber einen innerlichen Krach hat es gegeben,« rief er, lustig lachend. Dann fühlte ich seinen Bart, sechs Haare rechts und sieben links, über meinen Schnurrwichs streichen. Sein Respekt war so tief, daß er einen eigentlichen Kuß gar nicht wagte. Ich drückte den guten, herzensbraven Kerl fest an mich und applizierte ihm einen kräftigen, deutschen »Schmatz« auf die Wange, worüber er nicht etwa vor Wonne außer Rand und Band geriet, sondern er fuhr empor und stand dann mäuschenstill vor mir, bis ich fragte:

      »Nun, Halef, reden wir nicht weiter?«

      »O Sihdi,« antwortete er, »weißt du, was du gemacht hast? Geküßt hast du mich, geküßt!«

      Dann hörte ich ihn einige Schritte tun und in seinen Sachen herumsuchen.

      »Was machst du denn?« fragte ich.

      »Nichts, gar nichts. Du wirst es morgen sehen.«

      Es verging eine Weile, bis ich hörte, daß er wieder an sein Bett trat und sich in dasselbe setzte. Dann fragte er:

      »Also einen ganzen Tag oder gar noch länger soll ich den Rih reiten? Warum so lange? Wirst du nicht bei uns sein?«

      »Auf diese Frage kann ich dir jetzt noch keine Antwort geben, weil ich jetzt noch nicht weiß, was geschehen wird. Ich werde mich bemühen, mein Aeußeres möglichst zu verändern, und dann – —«

      »O, dich wird man dennoch erkennen!«

      »Das bezweifle ich, denn die Aladschy haben mich noch gar nie gesehen. Ich bin ihnen nur beschrieben worden.«

      »Ja, dann ist‘s möglich, daß du sie täuschest. Aber werden sie nicht etwa selbst herein nach Ostromdscha kommen?«

      »Das ist nicht wahrscheinlich.«

      »Warum nicht? Meinst du, daß sie hier für ihre Sicherheit zu fürchten haben?«

      »Durchaus nicht. Wie sie mir beschrieben worden sind, würden sie im Gegenteil befähigt sein, die ganze hiesige feige Bevölkerung einzuschüchtern. Aber sie dürfen sich hier nicht von mir sehen lassen und lauern uns deshalb im Freien auf; das ist gewiß. Ich werde sogar meine Gewehre nicht mitnehmen, sondern euch überlassen. Ich reite ganz allein und tue, als ob ich ein schlichter Bewohner dieses Landes sei. Jedenfalls bekomme ich sie zu sehen.«

      »Auch wenn sie sich versteckt haben?«

      »Auch dann. Finde ich einen Ort, der sich zu einem Ueberfall eignet, so werde ich schon nach Spuren suchen, und finden werde ich sie ganz gewiß. Was dann geschieht, das weiß ich freilich jetzt noch nicht.«

      »Aber wir müssen doch wissen, was geschehen soll!«

      »Natürlich. Ihr reitet ganz einfach in gemächlichem Schritt immer auf der Straße von hier bis Radowitsch. Nach zwei Stunden geht es über den Fluß, und dann nach höchstens drei Stunden seid ihr dort. Hat sich unterwegs nichts ereignet und ist euch auch nichts aufgefallen, so kehrt ihr im ersten Gasthof ein, welcher zu eurer Rechten liegt. Da können drei Fälle eintreten. Entweder bin ich noch da – —«

      »So ist‘s ja gut, Sihdi.«

      »Oder ich bin wieder fort – —«

      »So hast du uns Botschaft zurückgelassen.«

      »Oder ich bin noch gar nicht da; dann wartet ihr bis ich komme.«

      »Und wenn du aber nicht kommst?«

      »Ich komme gewiß!«

      »Du bist ein Mensch und kannst dich irren. Es kann dir etwas zustoßen, infolgedessen du unserer


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