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Im Lande des Mahdi I. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Im Lande des Mahdi I - Karl May


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Raum, welcher jedenfalls als Empfangszimmer benutzt worden war. Rundum waren rotsamtne Kissen gelegt; ein Smyrnateppich bedeckte den Boden, und an den Wänden sah ich Kuransprüche, in Gold auf blauen Grund gemalt. Das nächste Zimmer war zum Schlafen bestimmt. Von der Mitte der Decke hing eine farbige Glasampel herab. In der einen Ecke lag ein kostbarer Gebetsteppich; in der anderen stand der Waschapparat, welcher, wie ich später sah, aus echt chinesischen Porzellangefäßen bestand, und gegenüber befand sich das Bett, ein niedriges Gestell, mit mehreren hohen, weichen Kissen belegt, auf welchen einige mit Seide überzogene Decken ausgebreitet waren.

      Dann gelangten wir in ein kleines Gemach, welches als Herrenzimmer eingerichtet war. An der einen Wand hing eine ganze Pfeifensammlung; in einer Nische standen Nargilehs und kupferne Tabaksgefäße, und eine zweite Nische war als Bücherschrank eingerichtet. Die Bücher lagen noch auf den Brettern. Ich sah zwei geschriebene Kurans und noch eine Anzahl anderer frommer Werke. Der Besitzer mußte ein sehr unterrichteter und zugleich gläubiger Moslem gewesen sein.

      Eine Thüre führte weiter; wir öffneten dieselbe aber nicht, sondern Nassyr erklärte:

      »Nun kommen die Räume, welche ich bewohne; diejenigen, welche Sie bis jetzt gesehen haben, sind für Sie bestimmt. Wollen Sie hier wohnen?«

      »Ich bin bereit dazu, doch nur unter einer Bedingung.«

      »Welche könnte das sein?«

      »Mein Einzug in diese Räume darf mich nicht etwa verpflichten, Ihr Reisebegleiter zu werden.«

      »Zugestanden, Effendi! Sie ziehen hier ein und sind in jeder Beziehung mein Gast; in allem übrigen können Sie ganz nach Ihrem Gutdünken handeln. Doch hoffe ich, daß Sie mir die Freude machen werden, Teil an meiner Fahrt nach Chartum zu nehmen. Aber ehe Ihr Entschluß, hier zu wohnen, Gültigkeit erlangt, will ich Ihnen eine Mitteilung machen, die ich für notwendig halte. Selim, bring‘ Pfeifen!«

      Der Haushofmeister stand noch unter der letzten Thüre, welche er uns geöffnet hatte. Er verbeugte sich in der bereits beschriebenen Weise, wobei alle seine Glieder schlotterten und die Arme bis zum Fußboden niederhingen, und antwortete:

      »Richtig, sehr richtig! Aber das ist nicht meine, sondern Sache des Negers. Ich werde ihn senden.«

      Der sonderbare Schlingelschlangel hielt sich für zu hochgestellt, als daß er sich zu dem von ihm geforderten Dienst hätte herbeilassen mögen. Er verschwand, und bald darauf erschien ein alter Neger, welcher zwei Pfeifen von der Wand nahm, sie stopfte, indem er sich des in den Kupfergefäßen befindlichen Tabaks bediente, dieselben in Brand steckte und sie uns dann knieend darreichte. Dann entfernte er sich, um draußen vor der Thüre auf weitere Befehle zu warten. Indessen hatten wir uns nebeneinander auf das Polster gesetzt und uns unterhalten. Ihn nach seiner Schwester zu fragen, verbot mir der Gebrauch des Orientes, obgleich ich, da ich aufgefordert worden war, mit ihr zu reisen, ein lebhaftes Interesse für sie hegen mußte. Eine Dame, welche von Smyrna nach Chartum gebracht wird, um dort vermählt zu werden, das ist gewiß ein Fall, welcher ebenso selten ist, wie er seine ganz besonderen Gründe haben muß. Ich erfuhr nur so nebenbei, daß sie vier Dienerinnen bei sich habe, zwei weiße und zwei schwarze.

      Auf die Mitteilung, welche Nassyr mir zu machen hatte, war ich sehr gespannt. Wie ich aus seinen Reden hatte entnehmen können, mußte dieselbe sich auf die Wohnung beziehen und es hatte geklungen, als ob er sie mir aus ehrlicher Gesinnung machen müsse. Handelte es sich irgend etwa um einen Grund, welcher mich veranlassen konnte, auf die Wohnung zu verzichten, trotzdem ich weder für das Logis noch für das Essen zu zahlen brauchte? Ich sollte nicht sehr lange im Zweifel sein, obgleich der Türke in orientalischer Weise seine Mitteilung nicht ganz direkt machte, sondern sie durch eine Reihe von Vorfragen einleitete.

      »Sie sind ein Christ,« begann er, »und ich kenne Ihre Religion zu wenig, um zu wissen, was dieselbe lehrt. Glauben Sie an die Seligkeit und an die Verdammnis und daß die Seele nach dem Tode fortbesteht?«

      »Natürlich.«

      »Wissen Sie, wohin die Seele kommt, welches der Ort ist, an welchen sie sofort nach dem Tode gelangt?«

      »Nein. Nur Gott allein kann das wissen.«

      »Kann eine abgeschiedene Seele auf Erden als Gespenst erscheinen? Antworten Sie auf Ihr Gewissen!«

      »Als Geist wohl, aber als das, was ich unter dem Worte Gespenst verstehe, gewiß nicht.«

      »So irren Sie sich. Es giebt Gespenster.«

      »Wenn Sie das glauben, so will ich nicht mit Ihnen streiten, obgleich ich Ihre Ansicht nicht teile.«

      »Sie werden meiner Ansicht werden. Sie werden schon morgen glauben, daß es Gespenster giebt, denn wir haben einen Chajjal hier im Hause.«

      Er blickte mich dabei scharf an, wohl in der Erwartung, daß ich erschrecken werde. Gegen seine Voraussicht aber blieb ich ruhig und antwortete lächelnd:

      »Da es überhaupt das nicht giebt, was das Volk Gespenster nennt, so kann sich auch hier kein solches befinden.«

      »Ich versichere Ihnen aber, daß ich die Wahrheit sage!«

      »So beruht das auf einem Irrtume. Sie haben irgend etwas ganz Natürliches, vielleicht einen Schatten, für ein Gespenst gehalten.«

      »O nein. Ein Schatten ist dunkel. Das Gespenst aber ist hell.«

      »Wie ist es gestaltet?«

      »Es nimmt alle möglichen Gestalten an, bald die eines Menschen, dann die eines Hundes, eines Kameles, eines Esels —«

      »Dann trifft es,« fiel ich ein, »seine Auswahl auf keine geistreiche Weise. ich möchte nicht für ein Kamel oder einen Esel gehalten werden.«

      »Scherzen Sie nicht, Effendi! Ich spreche in vollstem Ernste. Eigentlich ist es mir nicht leicht geworden, Ihnen diese Mitteilung zu machen, denn ich befürchtete, daß Sie dann auf diese Wohnung verzichten würden.«

      »Das haben Sie ganz und gar nicht zu befürchten; im Gegenteile wird gerade Ihre Mitteilung mich bestimmen, das Logis von Ihnen anzunehmen. Ich habe so oft von Gespenstern gehört, aber leider noch kein einziges zu sehen bekommen. Da sich jetzt mir die Gelegenheit dazu bietet, werde ich sie mit Freuden benutzen. Ich bleibe also nun erst recht hier in diesem Hause.«

      »Effendi, Sie lästern die Geisterwelt!«

      »Fällt mir gar nicht ein! Ich bin nur wißbegierig und hoffe, von dem Gespenst gute Auskunft über die Geisterwelt zu erhalten, glaube aber leider nicht, daß es derselben angehört.«

      »Es gehört ihr an, denn es kommt und verschwindet ganz nach Belieben.«

      »Treibt es etwa Allotria? Oder verhält es sich wie eine ruhige Person in gesetztem Alter?«

      »Sie spotten immer, werden aber anders denken lernen. Das Gespenst geht durch alle Thüren.«

      »Sind sie verschlossen?«

      »Nein.«

      »Nun, das kann ich auch, ohne ein Gespenst zu sein.«

      »Es klirrt wie mit Ketten; es heult, saust und braust wie ein Sturm; es bellt wie ein Hund, wie ein Schakal; es schreit wie ein Esel, wie ein Kamel.«

      »Das alles kann ich auch nachmachen.«

      »Auch das plötzliche Verschwinden?«

      »Ganz gewiß, nachdem ich beobachtet habe, wie das Gespenst selbst es anstellt, um nicht mehr gesehen zu werden. Also Sie haben es gesehen und gehört?«

      »Ja.«

      »Wer noch?«

      »Alle, alle; meine Schwester, ihre Dienerinnen, der Haushofmeister, meine beiden Neger. Es ist in ihre Stube gekommen und hat an ihrem Bett gestanden, auch an dem meinigen.«

      »Auch an demjenigen Ihrer Schwester?«

      »Nein, denn diese hat durch ihre Dienerinnen die Thüren des Harems verbarrikadieren lassen.«

      »So haben wir es also mit einem Gespenst zu thun, welches nicht durch verrammelte, sondern nur durch offene Thüren gehen kann. Das bringe ich auch fertig.«

      »O bitte, unsere Thüren sind


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