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In den Schluchten des Balkan. Karl MayЧитать онлайн книгу.

In den Schluchten des Balkan - Karl May


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du etwa dies eine Höflichkeit?« lachte ich.

      »Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil!«

      Das war wieder walachisch. Er schien mir denn doch kein Serbe zu sein.

      »Du scheinst die Anwendung von Sprichwörtern zu lieben,« bemerkte ich, indem ich mich ihm durch eine Wendung in den Weg stellte. »Das deinige enthält nicht viel Lebensklugheit. Besser klingt es: Mit dem Hute in der Hand kommt man durchs ganze Land. Ich habe mir vorgenommen, höflich gegen dich zu sein, und bitte dich also, noch ein wenig bei mir zu bleiben.«

      »Bei dir? Wo ist das – bei dir? Wo wohnst du?«

      »Hier.«

      »Dieses Haus gehört dem Schmied. Er selbst hat dich ja einen fremden Effendi genannt.«

      »Er hat gar nichts dagegen, wenn ich dich zum Bleiben einlade.«

      »Was soll ich hier? Ich habe keine Zeit, ich muß fort.«

      »Du sollst die andern Gäste erwarten, welche noch kommen werden. Sie wollen dich hier treffen.«

      »Wer sind diese Leute?«

      »Kawassen aus Edreneh.«

      »Geh zum Teufel!«

      »Fällt mir nicht ein! Ich bleibe bei dir. Dort ist Platz. Habe die Güte, dich niederzusetzen.«

      »Bist du etwa verrückt? Packe dich auf die Seite!«

      Er wollte an mir vorüber; ich aber ergriff ihn beim Arme und hielt ihn fest, doch ohne ihm wehe zu tun.

      »Ich muß dich wirklich bitten, bei uns zu bleiben,« sagte ich dabei. »Die Kawassen, von denen ich vorhin sprach, möchten sehr gern mit dir reden.«

      »Was habe ich mit ihnen zu schaffen?«

      »Du mit ihnen allerdings nichts, aber sie mit dir.«

      Da blitzte es zornig in seinen Augen.

      »Tue die Hand von mir!« gebot er.

      »Pah! Man wird dafür sorgen, daß du Manach el Barscha nicht mehr erreichst!«

      Jetzt stand ich vor ihm und der Schmied, welcher den brennenden Span in das dazu bestimmte Loch gesteckt hatte, hinter ihm. Er merkte dieses letztere nicht. Er sah ein, daß er durchschaut sei; er erkannte aber auch die Notwendigkeit, seinen Weg fortzusetzen, und ich war überzeugt, daß er dies selbst mit Anwendung von Gewalt zu erzwingen suchen werde. Obgleich ich eine sehr gleichgültige Miene zeigte, behielt ich doch seine beiden Hände scharf im Auge. Er rief zornig:

      »Ich kenne diesen Menschen nicht; aber ich will fort, und ich muß fort. Mache also Platz!«

      Er machte eine Bewegung, um an mir vorbeizukommen; aber ich kam ihm zuvor. Ich blieb zwischen ihm und dem Ausgange.

      »Verdammung euch!«

      Er trat bei diesen Worten einen Schritt zurück. Das Messer blitzte in seiner Hand; er wollte auf mich stoßen, aber der Schmied hatte seinen Arm sehr schnell von hinten ergriffen.

      »Hund!« brüllte er, sich jetzt zu diesem wendend.

      Dadurch bekam er mich in den Rücken. Ich legte ihm rasch beide Arme um die seinigen und preßte sie so fest an seinen Leib, daß er sie nicht zu rühren vermochte.

      »Einen Strick, Riemen oder eine Schnur!« rief ich dem Schmiede zu.

      »Das soll euch nicht gelingen!« knirschte der sogenannte Agent.

      Er strengte alle seine Kräfte an, loszukommen; vergebens. Er schlug mit den Füßen hinten aus, doch dauerte das gar nicht lange, da der Schmied sich beeilte, meinem Gebot nachzukommen, und rasch das Verlangte herbeibrachte. Nach wenigen Augenblicken lag der Mann gefesselt an der Erde.

      »So!« sagte Schimin im Tone der innigsten Befriedigung. »So soll es auch deinen Verbündeten gehen, welche mich und mein Weib ebenso gefesselt hatten.«

      »Ich habe keine Verbündeten!« schnaufte der Gefangene.

      »Das wissen wir besser!«

      »Ich verlange, sofort freigelassen zu werden!«

      »Das eilt nicht!«

      »Ihr verkennt mich! Ich bin ein ehrlicher Mann!«

      »Beweise es!«

      »So erkundigt euch!«

      »Wo könnte man das tun?«

      »Geht nach Dschnibaschlü.«

      »Ah, das wäre ja gar nicht weit! Aber zu wem?«

      »Zum Färber Boschak.«

      »Den kenne ich allerdings.«

      »Und er kennt mich. Er wird euch sagen, daß ich nicht derjenige bin, für den ihr mich haltet.«

      Der Schmied sah mich fragend an. Ich antwortete:

      »So eilig haben wir es nicht. Zunächst wollen wir einmal sehen, was sich in seinen Taschen befindet.«

      Wir suchten nach, wobei es allerdings ohne grimmige Reden von seiten des Gefesselten nicht abging. Wir fanden eine nicht unbeträchtliche Geldsumme und mehrere Kleinigkeiten, wie man sie bei sich zu tragen pflegt, und steckten dies wieder in die Taschen. Der Schmied, der ein weiches Gemüt besaß, fragte:

      »Solltest du dich nicht geirrt haben, Effendi?«

      »Nein; ich bin meiner Sache gewiß. Auch wenn wir nichts finden, halten wir ihn fest. Zunächst werden wir auch sein Pferd untersuchen.«

      Die Frau hatte sich bisher ruhig verhalten. Jetzt, als sie sah, daß wir hinausgehen wollten, fragte sie:

      »Soll ich ihn bewachen?«

      »Ja,« antwortete ihr Mann.

      Da erhob sie sich von ihrem Lager, zündete einige Späne an und sagte:

      »Geht getrost hinaus! Wenn er nur versucht, sich zu rühren, dann brenne ich ihn an. Ich will nicht umsonst da unten in dem Loch gesteckt haben!«

      »Ein tapferes Weibchen!« schmunzelte der Schmied. »Nicht wahr, Effendi?«

      Das Pferd stand noch angebunden an der Türe der Schmiede. Die Satteltaschen enthielten einen kleinen Mundvorrat, sonst aber fanden wir nichts.

      »Was wirst du nun befehlen?« erkundigte sich Schimin.

      »Zunächst bringen wir das Pferd dahin, wo sich auch das meinige befindet.«

      »Und dann?«

      »Dann stecken wir den Gefangenen in dasselbe Loch, in welchem du mit deiner Frau gesteckt hast.«

      »Und dann?«

      »Nun, dann warten wir, bis meine Leute kommen.«

      »Was wird hierauf mit dem Gefangenen geschehen?«

      »Ich lasse ihn nach Edreneh zurückschaffen.«

      Als wir das Pferd versorgt hatten und dann die Frau des Schmiedes erfuhr, was mit dem Agenten geschehen sollte, zeigte sie sich sehr befriedigt darüber. Sie half sogar mit, und so wurde der Gefangene trotz seiner Gegenwehr, welche allerdings meist nur in Schimpfreden und Drohungen bestand, in Sicherheit gebracht. Dann ließ die gute Frau es sich nicht nehmen, trotz der späten Stunde noch fortzugehen, um ein frugales Abendbrot zu stande zu bringen.

      Wir beide setzten uns indessen wieder vor die Türe, wobei der Schmied eine zweite Pfeife rauchte.

      »Ein seltenes Abenteuer!« sagte er. »Ich bin noch nie in meinem Keller gefangen gewesen und habe auch keinen anderen Gefangenen unten gehabt. Es war Allahs Wille!«

      Die Zeit verfloß während unserer Unterhaltung. Das Essen ging auch vorüber, und ich wartete noch immer vergebens auf Halef und die anderen. Die Frau legte sich wieder nieder; wir beide blieben vor der Türe sitzen; die Mitternacht kam, noch eine Stunde verrann, aber wir warteten vergebens.

      »Sie werden unterwegs eine Herberge gefunden haben,« versuchte Schimin das Ausbleiben der Erwarteten zu erklären.

      »Nein; sie haben die Weisung, hier vorüber zu kommen. Sie sind durch irgend ein unvorhergesehenes


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