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Waldröschen X. Erkämpftes Glück. Teil 3. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Waldröschen X. Erkämpftes Glück. Teil 3 - Karl May


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– »Zufall? Vielleicht nicht.« – »Was tun Sie hier?« – »Wir suchen unsere Verschollenen.« – »Ich ebenso.« – »Nun, so ist es allerdings kein Zufall, daß wir uns hier treffen. Aber schnell, schnell! Haben Sie eine Spur von ihnen?« – »Ich hoffe es.« – »Wir vielleicht auch. Setzen Sie sich und erzählen Sie!«

      So wunderbar eigentlich dieses Zusammentreffen war, es wurde doch kein Wort darüber verloren. Die drei Männer sahen ein, wie kostbar die Zeit sei und daß man keine Minute verlieren dürfe. Darum erzählte Gerard sofort in kurzen, schlichten Worten, was er seit seiner Trennung von den anderen bis auf den gegenwärtigen Augenblick erlebt hatte.

      Weit mehr hatten Kurt und Geierschnabel zu erzählen. Sie taten es in einer Weise, daß durch kein überflüssiges Wort Zeit verlorenging.

      »Wo sind Grandeprise und der Seemann?« fragte Gerard. – »Sie haben unten einen Raum für sich«, antwortete Kurt. – »Eigentümlich. Ich ziele auf diesen Pater Hilario, und Sie ebenso. Kennen Sie das Kloster?« – »Nein, aber Grandeprise war da.« – »Ich stand soeben im Begriff, zu rekognoszieren.« – »Und ich auch; da stießest du mir die Bretter an die Nase«, antwortete Geierschnabel.

      Jetzt öffnete sich die Tür, und Grandeprise trat ein. Er kam, um Geierschnabel zur Rekognoszierung abzuholen, die sie gemeinsam hatten unternehmen wollen, und staunte nicht wenig, den Schwarzen Gerard hier zu sehen. Nachdem ihm das Nötigste erläutert worden war, meinte er:

      »Das ist ein glückliches Zusammentreffen. Ein tüchtiger Jäger ist mehr wert, als zehn andere, und es sollte mich wundern, wenn Cortejo und Landola uns zum zweiten Male entgehen sollten.« – »Waret Ihr einmal in dem Zimmer des Paters?« – »Einige Male.« – »Was steht darin?« – »Ein Sofa, einige Stühle, ein Tisch, ein Schreibtisch und mehrere Bücherregale. An den Wänden hängen Bilder und viele alte Schlüssel.« – »Wozu diese Schlüssel?« – »Wer weiß es?« – »Hm! Klöster haben immer verborgene Räume und Gänge. Was für eine Form haben die Schlüssel?« – »Eine altertümliche.« – »So bin ich beinahe überzeugt, daß wir unter dem Kloster finden, was wir suchen.« – »Sie meinen unsere Verschollenen?« fragte Kurt rasch. – »Ja, wenn er sie nicht getötet hat. Aber Cortejo und Landola finden wir jedenfalls dort.« – »Mein Gott! Wenn das wahr wäre!« – »Ich möchte darauf schwören!« – »So dürfen wir keine Zeit versäumen. Warum dieser Pater sich in die Angelegenheiten der Rodrigandas mischt, das wollen wir gar nicht fragen, wir werden es schon noch erfahren. Zunächst müssen wir um jeden Preis erfahren, ob die Gesuchten sich im Kloster befinden.« – »Aber wie?« fragte Grandeprise. »Der Pater wird es uns nicht freiwillig sagen.« – »Er wird es uns sagen«, antwortete Kurt, indem seine Augen entschlossen aufblitzten; »ob freiwillig oder nicht, das ist Nebensache. Wer bewohnt das Kloster?«

      Grandeprise konnte Auskunft geben. Er sagte:

      »Es sind mehrere Ärzte da, deren Oberer eben der Pater ist. Ein Gebäude ist für körperlich Kranke und ein zweites für Geisteskranke eingerichtet. Ein drittes wurde von Pensionärinnen bewohnt, steht aber nun leer. Die übrigen Gebäude dienen als Wirtschaftsräume. Einige Diener bilden die ganze Bewohnerschaft, außer den Kranken natürlich.« – »So haben wir gar nichts zu befürchten. Wir werden sehen, ob der Pater daheim ist.« – »Auf jeden Fall ist er da«, meinte Gerard. »Er ist kurze Zeit vor mir hier angekommen.« – »Dennoch ist es notwendig, sich zunächst zu überzeugen. Einer von uns muß zu ihm gehen.« – »Das ist richtig«, meinte Gerard. »Ich aber kann es nicht tun.« – »Warum nicht?« – »Er ist auf der Hazienda gewesen, wenn auch heimlich, aber er kann mich dort gesehen haben.« – »Auch ich kann nicht hin«, meinte Grandeprise, »denn er kennt mich.« – »Und ich ebensowenig«, meinte Geierschnabel. »Meine Nase ist zu bekannt im Land.« – »So mag Peters gehen«, entschied Grandeprise. – »Warum Peters?« fragte Kurt. »Eine so wichtige Sache mag ich ihm nicht anvertrauen. Mich kennt der Pater nicht. Ich gehe selbst.« – »Um Gottes willen«, rief Geierschnabel. »In eine solche Gefahr dürfen Sie sich nicht begeben.« – »Ein anderer aber doch? Halten Sie mich für feig?« – »Nein, aber ich will nicht, daß wir uns um Sie zu sorgen haben.« – »Um wen wir uns sorgen, das bleibt sich gleich. Ich verlasse mich lieber auf mich, als auf Peters. Er hat uns als Bote des Kapitäns begleitet. Wichtigeres darf ich ihm nicht anvertrauen.«

      Der Schwarze Gerard blickte den jungen Mann wohlgefällig an. Er gab ihm die Hand und sagte:

      »Sie haben recht, Monsieur. Ich sehe es Ihnen an, daß Sie ebenso bedächtig und vorsichtig wie mutig sind. Und auf alle Fälle sind ja wir anderen da. Geschehen kann Ihnen nichts. Grandeprise, wie gelangt man in das Zimmer des Paters?« – »Durch das Tor über den Hof hinüber und zur Treppe hinauf liegt die Tür gleich gegenüber. Sämtliche Zimmer des Klosters sind numeriert Es hat die Nummer 25.« – »Wohin gehen die Fenster?« – »Zwei nach einem Seitenhof, eins aber am Giebel heraus, wo wir stehen können.« – »So sind wir sicher, daß Señor Helmers nichts passieren kann. Es gilt, den Pater zu überraschen. Man darf im Hof nicht nach ihm fragen. Man tritt unangemeldet bei ihm ein. Das übrige ergibt sich dann aus den Umständen. Unter dem Fenster stehen wir. Sollte Monsieur Helmers in Gefahr oder Verlegenheit kommen, so braucht er uns nur zu rufen.« – »Das ist auch meine Ansicht«, sagte Kurt. »Wollen wir aufbrechen?« – »Ja, vorwärts«, meinte der Schwarze Gerard. »Zwar habe noch zwei Vaqueros mit, die uns helfen könnten, aber ich bin der Ansicht, daß solche Leute uns eher hinderlich als förderlich sind. Wir vier sind genug. Gehen wir.«

      Sie verließen wohlbewaffnet die Venta und stiegen den Klosterberg empor. Als sie oben angekommen waren, hörten sie das Rollen eines Wagens, der um eine Mauerecke bog. Sie traten zur Seite, um nicht bemerkt zu werden, und ahnten nicht, daß in diesem Wagen derjenige saß, den sie suchten, Pater Hilario nämlich.

      Dann zeigte Grandeprise ihnen das Fenster, das zum Zimmer des Paters gehörte. Das Tor war offen, und Kurt trat ein. Das betreffende Fenster war erleuchtet, und die drei Jäger blickten unverwandt empor, um beim kleinsten Zeichen bereit zu sein. Da hörten sie nahende Schritte. Sie traten zurück und duckten sich nieder, um nicht gesehen zu werden. Eine Gestalt schritt an ihnen vorüber und huschte in das Tor.

      Es war der kleine, dicke Verschwörer, der im Vorderhof Manfredo traf und mit demselben nach dem Zimmer des Paters ging, wie wir bereits wissen.

      Vorher aber war Kurt über den Hof geschritten und die Treppe emporgestiegen, ohne von jemandem bemerkt zu werden. Er sah die ihm gegenüberliegende Tür, auf der die Nummer 25 stand und trat ein, ohne anzuklopfen. Es brannte eine Lampe da, aber kein Mensch war zu sehen.

      Eine zweite Tür führte nach dem Schlafzimmer des Paters. Kurt vermutete ihn in diesem Raum und öffnete die Tür. Auch hier befand sich niemand. Eben wollte er in das vordere Zimmer zurücktreten, als er draußen die Schritte zweier Personen hörte. Mehr aus plötzlicher Eingebung als aus Berechnung wich er in das Schlafzimmer zurück und zog die Tür desselben zwar an, aber nicht ganz zu. Er war der Meinung, daß der Pater mit irgend jemandem komme. Vielleicht gestattete ihm das Glück, etwas zu belauschen, was ihm von Nutzen sein konnte.

      Durch die Spalte, die er gelassen hatte, sah er ein dickes Männchen eintreten und dahinter einen jüngeren Mann, der das Aussehen eines Bediensteten hatte. Nach der Beschreibung, die er sich von der Person des Paters hatte geben lassen, konnte dieser nicht dabeisein.

      4. Kapitel

      Der Dicke setzte sich behäbig auf einen Stuhl und fragte: »Also dein Oheim ist erst kürzlich fort?« – »Ja«, antwortete Manfredo. – »Weißt du nicht, was ihn so lange aufgehalten hat?« – »Nein.«

      Der Kleine warf einen blitzschnellen, stechenden Blick auf den Neffen und fuhr fort:

      »Du bist doch der einzige Verwandte des Paters, nicht wahr?« – »Ja, der einzige.« – »Hm! Da sollte man doch meinen, daß er Vertrauen zu dir habe.« – »Das hat er auch.« – »Warum sagt er dir da nicht, was ihn abgehalten hat, meinem Befehl schneller nachzukommen?« – »Weil ich ihn nicht gefragt habe.« – »So! Hm! Weißt du noch, wann ich zum letzten Mal hier war?« – »Ja.« – »Da waren auch zwei Männer aus der Hauptstadt hier?« – Ja«, antwortete der Neffe, der ja eingeweiht war. – »Was wollten


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