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Eine Teufelsaustreibung und andere Geschichten. Николай ЛесковЧитать онлайн книгу.

Eine Teufelsaustreibung und andere Geschichten - Николай Лесков


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wieder zum ‚Jar‘. Ein ganzes Rudel Kellner stürzte uns entgegen, alle halfen dem Onkel aus dem Wagen, der Franzose selbst empfing ihn vor der Türe und klopfte ihm mit der Serviette den Staub von der Hose ab.

      »Ist’s geräumt?« fragt der Onkel.

      »Ein General ist nur noch da,« sagt jener. »Er bittet sehr, noch eine Weile im Séparé bleiben zu dürfen.«

      »Hinaus mit ihm!«

      »Er ist wirklich sehr bald fertig.«

      »Ich will nicht, er hat genug Zeit gehabt, soll er seine Sachen draußen auf dem Rasen zu Ende essen.«

      Ich weiß nicht wie das geendet hätte, aber der General kam in diesem Augenblick mit seinen zwei Damen heraus, stieg in den Wagen und fuhr davon. Gleichzeitig begannen die Gäste zusammenzuströmen, die der Onkel im Parke eingeladen hatte.

      III

      Das Restaurant war aufgeräumt, sauber und vollkommen leer. Nur in einem der Säle saß irgendein riesengroßer Kerl, der dem Onkel schweigend entgegenkam und ihm, ohne ein Wort zu sagen, sofort den Stock aus der Hand nahm, den er gleich irgendwohin versteckte.

      Der Onkel gab ihm den Stock ohne Widerspruch und reichte ihm zugleich auch seine Brieftasche und sein Portemonnaie.

      Dieser leicht ergraute, massive Riese war jener selbe Rjabyka, dessen Name in dem mir unverständlichen Auftrag des Onkels erwähnt worden war. Von Beruf war er eigentlich Schulmeister, hier versah er aber offenbar irgendein anderes Amt. Er schien hier ebenso notwendig wie die Zigeuner, wie das Orchester und wie das ganze Personal, das vollzählig erschienen war. Ich verstand nur nicht, welche Rolle der Schulmeister spielen sollte, aber das konnte ich bei meiner Unerfahrenheit auch noch gar nicht wissen.

      Das hell erleuchtete Restaurant war in vollem Betrieb: die Musik dröhnte, die Zigeuner gingen auf und ab und blieben jeden Augenblick vor den Büffets stehen, und der Onkel besichtigte die Säle, den Wintergarten, die Grotten und die Galerien. Er wollte sich überzeugen, ob tatsächlich keine Fremden da waren; der Schulmeister wich nicht von seiner Seite. Als sie aber nach diesem Rundgang in den Hauptsaal, wo schon die ganze Gesellschaft versammelt war, zurückkehrten, konnte man zwischen ihnen einen großen Unterschied wahrnehmen: der Schulmeister war ebenso nüchtern, wie vor dem Rundgang, der Onkel aber gänzlich betrunken.

      Ich weiß nicht, wieso das so schnell geschehen war; jedenfalls war er in bester Laune. Er übernahm das Präsidium, und die Geschichte ging los.

      Alle Türen waren abgesperrt, und das Restaurant war von der ganzen Welt abgeschnitten. Zwischen uns und der übrigen Welt gähnte ein Abgrund: der Abgrund des ganzen ausgetrunkenen Weines, der verzehrten Speisen und, vor allen Dingen, der, ich will nicht sagen, häßlichen, aber wilden und tollen Ausgelassenheit, die ich kaum zu schildern vermag. Das kann man von mir auch garnicht verlangen: als ich mich hier festgeklemmt und von der ganzen Welt abgeschnitten sah, verlor ich jeden Mut und hatte es sehr eilig, mich zu betrinken. Darum werde ich auch gar nicht beschreiben, wie diese Nacht verging. Meiner Feder ist es auch gar nicht gegeben, alles zu schildern; ich kann mich nur an zwei besonders bemerkenswerte Episoden der Schlacht und an das Finale erinnern, doch das Unheimliche steckte eben in ihnen.

      IV

      Man meldete einen gewissen Iwan Stepanowitsch. Wie es sich später herausstellte, war er ein angesehener Moskauer Fabrikant und Großkaufmann.

      Eine peinliche Pause trat ein.

      »Ich hab ja gesagt: niemand darf herein,« erwiderte der Onkel.

      »Der Herr läßt inständigst bitten.«

      »Soll er sich nur dorthin begeben, wo er bisher war.«

      Der Kellner ging hinaus und meldete nach einer Weile sehr kleinlaut:

      »Iwan Stepanowitsch läßt sehr bitten.«

      »Nein, ich will nicht.«

      Die anderen schlagen vor: »Soll er ein Strafgeld zahlen!«

      »Nein, jagt ihn hinaus, ich will sein Strafgeld nicht.«

      Der Kellner kommt zurück und meldet noch kleinlauter:

      »Er ist bereit, jede Strafe zu zahlen. Er sagt, daß es für ihn bei seinem Alter sehr kränkend ist, von der Gesellschaft ausgeschlossen zu sein.«

      Der Onkel erhob sich mit funkelnden Augen von seinem Platz; im gleichen Augenblick ragte aber schon zwischen ihm und dem Kellner Rjabyka. Er stieß den Kellner mit der linken Hand wie ein Küken zurück und setzte mit der Rechten den Onkel wieder auf seinen Platz.

      Unter den Gästen wurden Stimmen für Iwan Stepanowitsch laut: er solle hundert Rubel für die Musiker zahlen und hereinkommen.

      »Er ist doch einer von den unsrigen, ein gottesfürchtiger Greis, – was soll er jetzt anfangen? Er wird vielleicht vor den Augen des ganzen Publikums Skandal machen. Man muß mit ihm ein Einsehen haben.«

      Der Onkel ließ sich erweichen und sagte:

      »Gut, es soll aber weder nach meinem, noch nach eurem, sondern nach Gottes Willen geschehen: Iwan Stepanowitsch darf herein, muß aber die große Pauke schlagen.«

      Der Kellner ging hin und meldete wieder:

      »Er möchte doch lieber eine Geldstrafe zahlen.«

      »Zum Teufel! Wenn er nicht trommeln will, so soll er sich scheren, wohin er mag!«

      Iwan Stepanowitsch hielt es aber doch nicht aus und ließ nach kurzer Zeit sagen, daß er bereit sei, die Pauke zu schlagen.

      »Gut, soll er kommen.«

      Ein großer Mann von ehrwürdigem Aussehen mit ernstem Gesicht, erloschenen Augen, gekrümmtem Rücken und zerzaustem und grün angelaufenem Bart tritt ein. Er will scherzen und die Gäste begrüßen, man weist ihn aber zurecht.

      »Nachher, nachher,« schreit ihm der Onkel zu: »Jetzt sollst du die Pauke schlagen.«

      »Die Pauke schlagen!« fallen die andern ein.

      »Musik! Einen Marsch!«

      Das Orchester stimmt einen dröhnenden Marsch an, der ehrwürdige Greis nimmt den hölzernen Schlegel und beginnt im Takt und auch nicht im Takt zu trommeln.

      Ein Höllenlärm und ein Höllengeschrei. Alle sind zufrieden und schreien:

      »Lauter!«

      Iwan Stepanowitsch gibt sich noch mehr Mühe.

      »Lauter! Lauter! Noch lauter!«

      Der Greis trommelt mit aller Kraft, wie der Mohrenfürst bei Freiligrath. Schließlich erreicht er sein Ziel: man hört einen fürchterlichen Krach, das Trommelfell zerspringt, alle lachen, der Lärm wird ganz unerträglich, und Iwan Stepanowitsch muß den Musikern für die vernichtete Pauke fünfhundert Rubel zahlen.

      Er zahlt, wischt sich den Schweiß aus der Stirne und setzt sich zu den andern. Während alle sein Wohl trinken, bemerkt er zu seinem Entsetzen unter den Anwesenden seinen Schwiegersohn.

      Wieder erhebt sich ein Lachen und Lärmen, und das geht so, bis ich das Bewußtsein verliere. In den wenigen lichten Augenblicken, die ich noch habe, sehe ich die Zigeunerinnen tanzen und den Onkel, auf dem Stuhle sitzend, mit den Beinen zucken. Plötzlich taucht vor ihm jemand auf, aber im gleichen Augenblick ragt schon zwischen dem Onkel und dem andern Rjabyka. Der andere fliegt auf die Seite, der Onkel sitzt wieder auf seinem Platz, und vor ihm stecken in der Tischplatte zwei Gabeln. Nun verstehe ich Rjabykas Rolle.

      Zum Fenster wehte der erste frische Hauch des Moskauer Morgens herein; ich kam wieder zum Bewußtsein, aber wohl nur, um an der Klarheit meiner Vernunft zu zweifeln. Ich sah eine wilde Schlacht und das Abholzen eines Waldes: ich hörte ein Dröhnen und Krachen und sah die riesengroßen exotischen Bäume schwanken und fallen. Hinter ihnen drängte sich ein Haufen seltsamer Gestalten mit braunen Gesichtern. An den Wurzeln der Palmen funkelten schreckliche Äxte; mein Onkel fällte die Bäume, auch der alte Iwan Stepanowitsch tat mit … Eine mittelalterliche Vision! …

      Die Zigeunerinnen, die sich in der Grotte hinter den Bäumen versteckt hielten, sollten »gefangen genommen«


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