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Reineke Fuchs. Johann Wolfgang von GoetheЧитать онлайн книгу.

Reineke Fuchs - Johann Wolfgang von Goethe


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Frau Gieremund kam des Morgens, wie es nur tagte,

        Sprach sie: Ist niemand kommen, nach mir zu fragen? Soeben

        Geht Herr Pate Reineke fort, er wünscht' Euch zu sprechen.

        Alle, wie wir hier sind, hat er Stiefkinder geheißen.

        Da rief Gieremund aus: Er soll es bezahlen! und eilte,

        Diesen Frevel zu rächen zur selben Stunde. Sie wußte,

        Wo er pflegte zu gehn; sie erreicht' ihn, zornig begann sie:

        Was für Worte sind das? und was für schimpfliche Reden

        Habt Ihr ohne Gewissen vor meinen Kindern gesprochen?

        Büßen sollt Ihr dafür! So sprach sie zornig und zeigt' ihm

        Ein ergrimmtes Gesicht; sie faßt' ihn am Barte, da fühlt' er

        Ihrer Zähne Gewalt und lief und wollt ihr entweichen;

        Sie behend strich hinter ihm drein. Da gab es Geschichten —

        Ein verfallenes Schloß war in der Nähe gelegen,

        Hastig liefen die beiden hinein; es hatte sich aber

        Altershalben die Mauer in einem Turme gespalten.

        Reineke schlupfte hindurch; allein er mußte sich zwängen,

        Denn die Spalte war eng; und eilig steckte die Wölfin,

        Groß und stark, wie sie war, den Kopf in die Spalte; sie drängte,

        Schob und brach und zog und wollte folgen, und immer

        Klemmte sie tiefer sich ein und konnte nicht vorwärts noch rückwärts.

        Da das Reineke sah, lief er zur anderen Seite

        Krummen Weges herein und kam und macht' ihr zu schaffen.

        Aber sie ließ es an Worten nicht fehlen, sie schalt ihn: Du handelst

        Als ein Schelm! ein Dieb! Und Reineke sagte dagegen:

        Ist es noch niemals geschehn, so mag es jetzo geschehen.

        Wenig Ehre verschafft es, sein Weib mit andern zu sparen,

        Wie nun Reineke tat. Gleichviel war alles dem Bösen.

        Da nun endlich die Wölfin sich aus der Spalte gerettet,

        War schon Reineke weg und seine Straße gegangen.

        Und so dachte die Frau, sich selber Recht zu verschaffen,

        Ihrer Ehre zu wahren, und doppelt war sie verloren.

        Lasset uns aber zurück nach Hinzen sehen. Der Arme,

        Da er gefangen sich fühlte, beklagte nach Weise der Kater

        Sich erbärmlich: das hörte Martinchen und sprang aus dem Bette.

        Gott sei Dank! Ich habe den Strick zur glücklichen Stunde

        Vor die öffnung geknüpft; der Dieb ist gefangen! Ich denke,

        Wohl bezahlen soll er den Hahn! So jauchzte Martinchen.

        Zündete hurtig ein Licht an (im Hause schliefen die Leute),

        Weckte Vater und Mutter darauf und alles Gesinde,

        Rief: Der Fuchs ist gefangen! wir wollen ihm dienen. Sie kamen

        Alle, groß und klein, ja selbst der Pater erhub sich,

        Warf ein Mäntelchen um; es lief mit doppelten Lichtern

        Seine Köchin voran, und eilig hatte Martinchen

        Einen Knüttel gefaßt und machte sich über den Kater,

        Traf ihm Haut und Haupt und schlug ihm grimmig ein Aug aus.

        Alle schlugen auf ihn; es kam mit zackiger Gabel

        Hastig der Pater herbei und glaubte den Räuber zu fällen.

        Hinze dachte zu sterben; da sprang er wütend entschlossen

        Zwischen die Schenkel des Pfaffen und biß und kratzte gefährlich,

        Schändete grimmig den Mann und rächte grausam das Auge.

        Schreiend stürzte der Pater und fiel ohnmächtig zur Erden.

        Unbedachtsam schimpfte die Köchin: es habe der Teufel

        Ihr zum Possen das Spiel selbst angerichtet. Und doppelt,

        Dreifach schwur sie: wie gern verlöre sie, wäre das Unglück

        Nicht dem Herren begegnet, ihr bißchen Habe zusammen.

        Ja, sie schwur: ein Schatz von Golde, wenn sie ihn hätte,

        Sollte sie wahrlich nicht reuen, sie wollt ihn missen. So jammert'

        Sie die Schande des Herrn und seine schwere Verwundung.

        Endlich brachten sie ihn mit vielen Klagen zu Bette,

        Ließen Hinzen am Strick und hatten seiner vergessen.

        Als nun Hinze, der Kater, in seiner Not sich allein sah,

        Schmerzlich geschlagen und übel verwundet, so nahe dem Tode,

        Faßt' er aus Liebe zum Leben den Strick und nagt' ihn behende.

        Sollt ich mich etwa erlösen vom großen übel? so dacht er.

        Und es gelang ihm, der Strick zerriß. Wie fand er sich glücklich!

        Eilte, dem Ort zu entfliehn, wo er so vieles erduldet;

        Hastig sprang er zum Loche heraus und eilte die Straße

        Nach des Königes Hof, den er des Morgens erreichte.

        Ärgerlich schalt er sich selbst: So mußte dennoch der Teufel

        Dich durch Reinekens List, des bösen Verräters, bezwingen!

        Kommst du doch mit Schande zurück, am Auge geblendet

        Und mit Schlägen schmerzlich beladen, wie mußt du dich schämen!

        Aber des Königes Zorn entbrannte heftig, er dräute

        Dem Verräter den Tod ohn alle Gnade. Da ließ er

        Seine Räte versammeln; es kamen seine Baronen,

        Seine Weisen zu ihm, er fragte: wie man den Frevler

        Endlich brächte zu Recht, der schon so vieles verschuldet?

        Als nun viele Beschwerden sich über Reineken häuften,

        Redete Grimbart, der Dachs: Es mögen in diesem Gerichte

        Viele Herren auch sein, die Reineken übels gedenken,

        Doch wird niemand die Rechte des freien Mannes verletzen.

        Nun zum drittenmal muß man ihn fordern. Ist dieses geschehen,

        Kommt er dann nicht, so möge das Recht ihn schuldig erkennen.

        Da versetzte der König: Ich fürchte, keiner von allen

        Ginge, dem tückischen Manne die dritte Ladung zu bringen.

        Wer hat ein Auge zu viel? wer mag verwegen genug sein,

        Leib und Leben zu wagen um diesen bösen Verräter?

        Seine Gesundheit aufs Spiel zu setzen und dennoch am Ende

        Reineken nicht zu stellen? Ich denke, niemand versucht es.

         Überlaut versetzte der Dachs: Herr König, begehret

        Ihr es von mir, so will ich sogleich die Botschaft verrichten,

        Sei es, wie es auch sei. Wollt Ihr mich öffentlich senden,

        Oder


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