Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Achter Band: enthaltend Kapitel 15 und 16.. Томас Бабингтон МаколейЧитать онлайн книгу.
rel="nofollow" href="#n61" type="note">61 Im Allgemeinen war die Verwaltung noch immer in unabhängige Departements eingetheilt und in jedem Departement waren noch immer Whigs und Tories mit einander vermischt, wenn auch nicht ganz in dem früheren Verhältnisse. Im Jahre 1689 war das whiggistische Element entschieden vorherrschend gewesen; im Jahre 1690 herrschte das toryistische Element vor, obwohl nicht so entschieden.
Halifax hatte das Geheimsiegel abgegeben und es wurde Chesterfield angetragen, einem Tory, der in der Convention für eine Regentschaft gestimmt hatte. Chesterfield aber weigerte sich, sein Landhaus und seine Gärten in Derbyshire mit dem Hofe und dem Berathungszimmer zu vertauschen, und das Siegel wurde daher einer Commission anvertraut.62 Caermarthen war jetzt der Hauptrathgeber der Krone in allen auf die innere Verwaltung und auf die Leitung der beiden Parlamentshäuser bezüglichen Angelegenheiten. Den weißen Stab und die damit verbundene ungeheure Macht aber war Wilhelm noch immer entschlossen niemals einem einzelnen Unterthan zu übertragen.
Caermarthen erster Minister
Caermarthen blieb daher nach wie vor Lordpräsident, bezog aber eine Reihe von Gemächern in St. James Palace, was für eine nur dem Premierminister zustehende Bevorzugung galt.63 Er hatte während des vorhergehenden Jahres sein seltenes Erscheinen im Staatsrathe mit schwankender Gesundheit entschuldigt, und die Entschuldigung war nicht unbegründet, denn seine Verdauungsorgane hatten einige krankhafte Eigenthümlichkeiten, welche das ganze Collegium der Aerzte außer Fassung brachten; seine Gesichtsfarbe war blaß, seine Gestalt hager und sein Gesicht, obgleich hübsch und geistvoll, hatte einen verstörten Ausdruck, der eben so wohl ein fortwährendes Leiden wie einen rastlosen Ehrgeiz verrieth.64 Sobald er jedoch wieder Minister war, widmete er sich eifrig den Staatsgeschäften und arbeitete täglich vom frühen Morgen bis zum Abend mit einer Energie, welche Jedermann, der seine geisterhaften Züge und seinen unsicheren Gang sah, in Erstaunen setzte.
Hatte er nun auch für sich selbst das Schatzmeisteramt nicht erlangen können, so war doch sein Einfluß im Schatzamte groß. Monmouth, der erste Commissar, und Delamere, der Kanzler der Schatzkammer, zwei der heftigsten Whigs in England, gaben ihre Sitze auf. Bei dieser, wie bei vielen anderen Gelegenheiten zeigte es sich, daß sie nichts als ihren Whiggismus mit einander gemein hatten. Der oberflächliche Monmouth, der sich wohl bewußt war, daß er keine von den Eigenschaften eines Finanzmannes besaß, scheint sich nicht persönlich verletzt gefühlt zu haben, daß er von einem Posten entfernt wurde, den er nie hätte einnehmen sollen. Er nahm mit Dank eine Pension an, die er bei seinen verschwenderischen Gewohnheiten sehr gut brauchen konnte, und fuhr fort, den Staatsrathssitzungen beizuwohnen, den Hof zu frequentiren und die Functionen eines Kammerherrn zu versehen.65 Auch versuchte er sich in militärischen Angelegenheiten nützlich zu machen, die er wenn nicht gut, doch besser verstand als die meisten seiner vornehmen Standesgenossen, und er bezeigte einige Monate lang Caermarthen große Achtung. Delamere war dagegen in ganz andrer Stimmung. Umsonst bezahlte man ihm seine Dienste überreichlich mit Ehren und Reichthümern. Er wurde zum Earl von Warrington creirt und erhielt alle Jesuiten gehörenden Ländereien, welche in fünf oder sechs Grafschaften entdeckt werden konnten. Eine von ihm geltend gemachte Forderung wegen Ausgaben, die er zur Revolutionszeit gehabt, wurde ihm ebenfalls zugestanden und er nahm als Lohn für seine patriotischen Anstrengungen eine Summe mit sich in seine Zurückgezogenheit, die der Staat schwer entbehren konnte. Doch sein Unmuth war dadurch nicht zu beschwichtigen und er beklagte sich bis an sein Ende bitter über den Undank, mit dem man ihm und seiner Partei gelohnt habe.66
Sir Johann Lowther
Sir Johann Lowther wurde erster Lord des Schatzes und er war Derjenige, dem Caermarthen hauptsächlich die Leitung der ostensiblen Geschäfte im Hause der Gemeinen überließ. Lowther war ein Mann von altem Adel, von bedeutendem Vermögen und von großem parlamentarischen Einfluß. Obwohl noch kein alter Mann, war er doch schon ein alter Senator, denn er war noch vor erreichter Volljährigkeit seinem Vater als Parlamentsmitglied für die Grafschaft Westmoreland gefolgt. Die Vertretung von Westmoreland war in der That fast eben so gut ein Erbtheil der Familie Lowther, wie ihr Stammschloß. Sir John besaß höchst achtungswerthe Talente, sein Benehmen war, obwohl es in gleichzeitigen Schmähschriften zu ceremoniös genannt wird, ungemein artig, sein persönlicher Muth war nur zu bereit sich durch die That zu dokumentiren und seine Moralität war tadellos. Seine Zeit war zwischen nützlicher Thätigkeit und anständigen Vergnügungen getheilt, seine Hauptbeschäftigungen bestanden im Besuche des Hauses der Gemeinen und im Präsidiren auf der Richterbank; seine Hauptvergnügungen waren Lectüre und Gartenbau. Seiner politischen Meinung nach war er ein sehr gemäßigter Tory. Er war der erblichen Monarchie und der Staatskirche zugethan, hatte aber an der Revolution Theil gehabt und hegte keine Skrupel wegen Wilhelm’s und Mariens Rechtstitel; er hatte ihnen ohne stillschweigenden Vorbehalt Treue geschworen und scheint seinen Eid streng gehalten zu haben. Mit Caermarthen war er nahe befreundet. Sie hatten bei dem Aufstande im Norden in herzlichem Einvernehmen gewirkt und stimmten in ihren politischen Ansichten soweit überein, als ein schlauer Staatsmann und ein ehrlicher Landgentleman in diesem Punkte übereinstimmen konnten.67 Durch Caermarthen’s Einfluß wurde Lowther jetzt auf einen der wichtigsten Posten im Königreiche erhoben. Unglücklicherweise war es ein Posten, der ganz andere Eigenschaften erheischte, als man braucht, um ein schätzbares Parlamentsmitglied und ein tüchtiger Präsident bei Quartalsitzungen zu sein. Der neue erste Lord des Schatzes besaß weder die für sein Amt nöthige Beredtsamkeit, noch war sein Character dazu hinreichend gestählt. Er hatte weder die nöthige Gewandtheit, um die Spötteleien und Vorwürfe, denen er in seiner neuen Eigenschaft als Hofmann und Staatsbeamter ausgesetzt war, zu pariren, noch die nöthige Kraft, dieselben zu ertragen. Und dann hatte er etwas zu thun, wozu er zu gewissenhaft war, etwas, was Wolsey oder Burleigh nie gethan hatten, etwas, was kein englischer Staatsmann unsrer Generation je gethan hat, was aber von den Zeiten Karl’s II. bis zu den Zeiten Georg’s III. eine der wichtigsten Obliegenheiten eines Ministers war.
Ursprung und Fortschreiten der parlamentarischen Bestechung in England
Die Geschichte des Ursprungs, der Zunahme und Abnahme der parlamentarischen Bestechung in England ist noch von Niemandem geschrieben worden. Kein Gegenstand hat eine größere Menge beredtsamen Tadels und beißender Sarkasmen veranlaßt. Drei Generationen ernster und humoristischer Schriftsteller haben über die Feilheit des Senats geweint und gelacht. Diese Feilheit wurde auf der Wahlbühne getadelt, auf der Kanzel mit dem Bannfluche belegt und auf der Bühne verspottet, von Pope in glänzenden Versen und von Bolingbroke in eleganter Prosa, von Swift mit wildem Hasse und von Gay mit launiger Bosheit angegriffen. Die Stimmen von Tories und Whigs, von Johnson und Akenside, von Smollett und Fielding verstärkten das Geschrei. Aber keiner der Scheltenden oder Scherzenden nahm sich die Mühe die Erscheinung zu erklären, oder sie auf ihre wirklichen Ursachen zurückzuführen.
Zuweilen wurde das Uebel der Verderbtheit eines einzelnen Ministers zugeschrieben; wenn er aber vom Ruder verdrängt war und wenn Diejenigen, die ihn laut beschuldigt, an seiner Statt regierten, ergab es sich, daß der Wechsel der Personen keine Veränderung des Systems herbeigeführt hatte. Anderemale wurde das Uebel der Ausartung des Nationalcharacters zugeschrieben. Verschwendungssucht und Habgier, sagte man, hätten in unsrem Vaterlande die nämliche Wirkung erzeugt, die sie vor Alters in der römischen Republik erzeugten. Der moderne Engländer verhalte sich zu dem Engländer des 16. Jahrhunderts wie Verres und Curio zu Dentatus und Fabricius. Diejenigen welche diese Sprache führten, waren so unwissend und oberflächlich wie Leute, welche die Vergangenheit auf Kosten der Gegenwart herausstreichen, es in der Regel sind. Ein einsichtsvoller Mann würde bemerkt haben, daß, wenn die Engländer aus der Zeit Georg’s II. wirklich schmutziger und ehrloser gewesen wären als ihre Vorfahren, die Verschlechterung sich nicht an einer Stelle allein gezeigt haben würde. Die Feilheit der Justiz und die Feilheit der Beamten würde mit der Feilheit des Parlaments gleichen Schritt gehalten haben. Allein es ist nichts gewisser als daß die Gerichtshöfe und die öffentlichen Behörden immer reiner und reiner wurden, während die Feilheit der Legislatur zunahm. Die Vertreter
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Van Citters, 14. (24.) Febr. 1689/90, Memoir of the Earl of Chesterfield, by himself; Halifax an Chesterfield, 6. Febr.; Chesterfield an Halifax, 8. Febr. Der Herausgeber der Briefe des zweiten Earls von Chesterfield hat sich im Datum dieser Correspondenz um ein Jahr geirrt, weil er die Veränderung der Zeitrechnung nicht beachtete.
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Van Citters an die Generalstaaten, 11. (21.) Febr. 1690.
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Eine sonderbare Eigenthümlichkeit seiner Constitution wird in einer wenige Monate nach seinem Tode erschienenen Schilderung von ihm erwähnt. Siehe das Werk betitelt: „Lives and Characters of the most Illustrious Persons, British and Foreign, who died in the year 1712.”
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Monmouth’s Pension und das gute Einvernehmen zwischen ihm und dem Hofe werden in einem Briefe von einem jakobitischen Agenten in England erwähnt, der sich in den Archiven des französischen Kriegsministeriums befindet. Er ist datirt vom 8. (18.) April 1690.
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Die Schenkungen von Grundeigenthum, welche Delamere erhielt, werden von Narcissus Luttrell erwähnt. Aus dem Briefbuche des Schatzamts geht hervor, daß Delamere auch nach seinem Rücktritt noch beständig die Regierung um Geld anging. Bezüglich seines allgemeinen Characters darf man sich nicht auf die Schilderungen der Satyriker verlassen. Seine eigenen Schriften aber sowie die Eingeständnisse des Geistlichen, der seine Grabrede hielt, beweisen, daß sein Character nicht der sanfteste war. Clarendon bemerkt (17. Dec. 1688), daß eine Kleinigkeit hinreichte, um Lord Delamere aufzubringen. In einem Gedicht, betitelt: The King of Hearts, wird Delamere geschildert als
Sein Gedicht bot der Satyre Stoff:
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Ich habe mein Urtheil über Lowther hauptsächlich nach zwei von ihm verfaßten Abhandlungen gebildet, von denen die eine zwar gedruckt, meines Wissens aber nicht in den Buchhandel gekommen ist. Eine Copie der andren befindet sich unter den Mackintosh-Handschriften. Einiges habe ich auch gleichzeitigen Satyren entlehnt. Daß Lowther nur zu bereitwillig war, sein Leben in Zweikämpfen aufs Spiel zu setzen, wird durch die Thatsache genügend bewiesen, daß er, als er erster Lord des Schatzes war, die Herausforderung eines Zollbeamten annahm, den er abgesetzt hatte. Es fand ein Zweikampf statt und Lowther wurde schwer verwundet. Der Vorfall ist in Luttrell’s Tagebuche vom April 1690 erwähnt.