Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
dachte schon, du machst deine Drohung wahr und arbeitest nur noch halbtags«, fuhr Danny fort.
»Wenn Wendy aus der Kur zurück ist, werde ich mal drüber nachdenken«, erwiderte der Senior mit einem Funkeln in den Augen.
Sein Sohn sah ihn verwundert an. Im selben Moment bemerkt er das Leuchten in Daniels Gesicht.
»Sag mal, hast du irgendwas genommen? Oder bist du frisch verliebt?«
»Ich hatte heute Morgen einen hervorragenden Kaffee, wenn du diese Art von Drogen meinst. Und ja, ich bin tatsächlich verliebt«, beantwortete Daniel die Fragen bereitwillig. »Und zwar in deine Mutter«, fügte er vorsichtshalber hinzu, um ja keine Missverständnisse aufkommen zu lassen.
Verzückt verdrehte Janine die Augen.
»Hach, wie schön! Und das nach so vielen gemeinsamen Jahren«, seufzte sie. »So was will ich auch irgendwann mal sagen können.«
»Fehlt nur eine winzige Kleinigkeit. Du hast keinen Mann«, erklärte Wendy erbarmungslos.
Unsanft landete Janine wieder auf dem harten Boden der Realität.
»Vielen Dank für die Erinnerung.« So was aus dem Mund ihrer Freundin! Sie konnte es nicht glauben.
Doch da hatte Wendy schon nach einem der Prospekte gegriffen.
»Sie können es ja offenbar kaum erwarten, mich loszuwerden«, murmelte sie missmutig.
Danny und Daniel tauschten vielsagende Blicke.
»Ganz im Gegenteil, liebe Wendy. Ich möchte, dass Sie sich so gut wie möglich erholen, damit Sie uns noch lange erhalten bleiben«, versicherte der Senior.
Ihr war anzusehen, dass sie ihm nicht glaubte.
Unterdessen hatte Janine beschlossen, nicht nachtragend zu sein. Sie griff nach einem Flyer und faltete ihn auf.
»Das hier sieht ja toll aus!« Verzückt betrachtete sie die Bilder. »Hier, das Restaurant … der Garten … und die Wellnesslandschaft erst …« Eine Idee schoss ihr durch den Kopf. »Sagt mal: Was haltet ihr davon, wenn wir alle zusammen einen Ausflug machen und Wendy dort besuchen?«
»Gute Idee! Und ich komme mit!«
Wie vom Blitz getroffen, fuhr die gesamte Belegschaft der Praxis Dr. Norden herum und starrte den Mann an, der unbemerkt hineingekommen war. Zufrieden mit der Wirkung seiner Worte sah Sebastian Klotz von einem zum anderen. Trotz des warmen Wetters trug er das obligatorische Cordsakko.
»Herr Klotz, was machen Sie denn hier?« Es war Daniel, der sich als erster von seiner Überraschung erholte.
Der Pharmareferent nahm diese Frage als Einladung und trat näher.
»Ich leide doch unter einer Tierhaarallergie und habe gestern erfahren, dass die liebe Frau Wendy eine deutsche Dogge besitzt. Deshalb musste ich unsere Verabredung leider absagen.«
Janine schickte ihrer Kollegin einen triumphierenden Blick, und Wendy atmete heimlich auf.
»Das tut mir natürlich sehr leid«, bekundete Dr. Norden sein Mitgefühl. »Aber ich bin sicher, ein Mann wie Sie findet bald eine andere Dame …«
»Davon kann keine Rede sein!«, unterbrach Sebastian Klotz ihn entschieden. »Ich bin doch kein Schwächling, der sich von solchen Problemen abschrecken lässt.«
Daniel schwante Übles. Wendy erging es nicht anders. Das erkannte er an ihrem entsetzten Blick.
»Aber … «, wollte er widersprechen.
Der Pharmareferent ließ ihn nicht zu Wort kommen.
»Ich habe die ganze Nacht kein Auge zugetan und nachgedacht.« Er schenkte seiner Angebeteten ein strahlendes Lächeln.
Wendy und Janine hielten die Luft an, während Danny verzweifelt versuchte, nicht in haltloses Lachen auszubrechen.
»Haben sie eine Lösung gefunden?«, erkundigte sich Dr. Norden pflichtschuldig.
Sebastian strahlte von einem Ohr zum anderen.
»Und ob. Es gibt doch diese Hyposensibilisierung. Bis jetzt hatte ich keinen Grund dafür. Aber für Frau Wendy nehme ich diese Strapazen gern auf mich.«
In diesem Augenblick konnte sich Wendy nicht länger zurückhalten.
»Ich habe keinen Hund, Herr Klotz. Das war nur eine Ausrede, weil ich nicht mit Ihnen essen gehen wollte.«
Totenstille breitete sich in der Praxis aus. Alle warteten gespannt auf Sebastians Reaktion. Er legte den Kopf schief und sah sie an.
»Dann muss ich diese Behandlung nicht machen lassen?«, fragte er.
Wendy schüttelte den Kopf.
»Nein.«
Im nächsten Augenblick lächelte er schon wieder.
»Das ist ja prima! Und wenn Sie nicht mit mir essen gehen wollen, machen wir eben was anderes zusammen.«
*
Mit angespannter Miene saß Dr. Matthias Weigand neben der Liege und führte den Schallkopf über den Hals seines Patienten. Unverwandt starrte er auf den Monitor. Allmählich war Titus das hartnäckige Schweigen des Arztes unheimlich.
»Was ist denn los, Doc? Spucken Sie’s schon aus! Was haben Sie in meinem Goldkehlchen gefunden?«
Seufzend machte Dr. Weigand eine letzte Aufnahme. Dann riss er ein paar Blatt von der Papierrolle und wischte Titus‘ Hals ab.
»Auf jeden Fall etwas, was dort nicht hingehört.«
»Und was?«
Noch wollte Matthias sich nicht festlegen. Solange es sich nur um einen Verdacht handelte …
»Um das herauszufinden, muss ich eine Biopsie machen. Natürlich nur, wenn du damit einverstanden bist.«
»Ich kann’s kaum erwarten.« Um die Angst unter Kontrolle zu behalten, rettete sich Titus in seinen Galgenhumor.
Damit machte er auch dem Arzt das Leben leichter. Matthias lachte.
»Schön, dass du es so sportlich nimmst. Dann bekommst du jetzt von mir eine örtliche Betäubung. Wenn die wirkt, führe ich eine Biopsienadel bis zur Schilddrüse und entnehme ein wenige Gewebe, das wir zur Untersuchung ins Labor schicken. In ein paar Stunden wissen wir mehr.«
Titus schnitt eine Grimasse.
»Klingt spannend. Worauf warten Sie noch? Schießen Sie los!«
Dr. Weigand holte eine Schwester zur Unterstützung. Gemeinsam führten sie die Punktion durch und brachten Titus im Anschluss in sein Zimmer.
»Gut gemacht! Jetzt hast du erst einmal ein paar Stunden Ruhe vor uns«, versprach der Arzt. »Zeit, dich auszuruhen.«
Er nickte seinem tapferen Patienten zu und verließ das Zimmer. Auf dem Flur begegnete ihm Josephine. Sofort wusste er, dass sein frommer Wunsch nach Ruhe nicht in Erfüllung gehen würde.
Titus hatte die Augen kaum geschlossen, als es zaghaft klopfte. Sofort musste er an Anneka denken, und die Müdigkeit war wie weggeblasen. Umso größer war die Enttäuschung, als er sah, wer tatsächlich hereinkam.
»Mensch, Josy, kannst du mich endlich mal in Ruhe lassen? Ich bin krank.« Er drehte sich weg und schloss demonstrativ die Augen.
Zerknirscht trat sie ein und kam ans Bett. Eine Weile sagte sie nichts. Jedes Wort, das sie sich vorher zurecht gelegt hatte, schien plötzlich unpassend zu sein.
»Es tut mir leid, dass ich mich heute schon wieder so aufgeführt hab«, murmelte sie schließlich.
»Du sagst es! Schon wieder«, erwiderte Titus, ohne auch nur zu blinzeln.
Dass sie überhaupt eine Antwort bekam, machte Josephine Mut. Sie beugte sich zu ihm hinunter. Ihr zärtlicher Blick streichelte sein Gesicht. Sie wollte ihn küssen, als er sie unsanft zurückstieß.