Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
Vorhaben. Mit einem kurzen Klopfen trat sie ein.
Als Eugen die Jugendfreundin erblickte, lächelte er strahlend.
»Mein Schutzengel! Wie schön!« Doch Fee tat ihm nicht den Gefallen, sein Lächeln zu erwidern. »Gefällt dir Lebensretterin besser?«, versuchte er es noch einmal.
»Keines von beiden. Ich hab nur meine Arbeit gemacht.« Ohne es zu wissen, benutzte sie dieselbe Begründung wie ihr Mann. »Ich muss mit dir reden.« Statt sich wie sonst an sein Bett zu setzen, blieb Felicitas am Fußende stehen und legte die Hände auf die Umrandung.
Eugen wurde ernst. Er richtete sich auf und sah sie besorgt an.
»Das klingt aber nicht gut.« Seine Augen wurden schmal. Ihr Gesichtsausdruck erinnerte ihn an früher. »Diesen Blick kenne ich. So hast du mich schon mal angeschaut. Damals, als du deinen Mann kennengelernt hattest und dich von mir verabschiedet hast.«
»Deshalb bin ich auch jetzt hier«, erwiderte Felicitas mit fester Stimme.
Eugen schnaubte unwillig.
»Du willst also wirklich bei diesem Kerl bleiben?«
Seine Verwunderung amüsierte und überraschte Fee gleichermaßen.
»Entschuldige mal, ich hatte nie vor, ihn zu verlassen. Ich liebe Daniel. Heute noch genauso wie damals. Oder nein«, widersprach sie sich selbst. »Heute noch viel mehr. Nach all dem, was wir zusammen erlebt und durchgestanden haben …«
Abwehrend hob Eugen die Hand.
»Bitte erspare mir die Details«, unterbrach er sie ungehalten.
Seine Augen schossen wütende Blitze. »Ich versteh dich nicht. Da treffen wir uns nach so vielen Jahren wieder, ich lege dir mein Herz zu Füßen, biete dir an, noch einmal ganz von vorn anzufangen … eine neue Liebe mit all ihren Versprechen, Verlockungen … mit Herzklopfen und Schmetterlingen im Bauch. Und du? Was machst du?«
Er redete sich immer mehr in Rage.
»Du entscheidest dich für die routinierte Langeweile.« Ein spöttisches Lächeln zuckte um seinen Mund. »Ich hatte dich für unkonventioneller gehalten.«
Doch wenn er gedacht hatte, Felicitas‘ Überzeugung damit ins Wanken zu bringen, irrte er wieder einmal gewaltig.
»Siehst du! Deshalb wird aus uns niemals ein Paar«, erklärte sie lächelnd. »Dir ist ja schon langweilig, wenn es für mich erst anfängt, spannend zu werden.«
»Ach was! Das redest du dir nur ein!« Eugen wollte ihre Meinung partout nicht gelten lassen. »Du hast es ja noch nicht mal probiert.«
Allmählich wurde Felicitas ärgerlich.
»Wozu?«, stellte sie eine berechtigte Frage. »Im Gegensatz zu dir bin ich glücklich.«
Mit einem Stöhnen ließ Eugen sich zurück in die Kissen fallen. Sie war die erste Frau seit langem, die ihm widerstehen konnte. Diese Schmach war schwer zu verkraften.
»Du gehst jetzt besser«, befahl er ihr, ohne sie anzusehen.
Mit diesem Vorschlag war Fee mehr als einverstanden. Schließlich hatte sie noch ein zweites und weitaus wichtigeres Gespräch zu führen. Sie wandte sich ab und ging zur Tür. Dort angekommen, drehte sie sich noch einmal um.
»Ich wünsche dir trotzdem alles Gute!«, sagte sie noch. Einen Augenblick lang wartete sie auf eine Antwort. Doch Eugens Stolz stand ihm im Weg. Beleidigt presste er die Lippen aufeinander und starrte demonstrativ in die andere Richtung. Als die Tür kurz darauf leise hinter Fee zufiel, schloss er stöhnend die Augen. Konnte es sein, dass sein Charme nicht mehr wirkte?, fragte sich Eugen und beschloss, sich so schnell wie möglich an einer der hübschen Schwestern zu probieren.
*
Das Gespräch mit Eugen Körber war nicht dazu angetan, Dr. Daniel Norden zu beruhigen. Unverrichteter Dinge war er in die Praxis zurückgekehrt. Obwohl er seinen Beruf liebte, forderte die Sprechstunde am Nachmittag seine ganze Selbstdisziplin. Doch schließlich verließ der letzte Patient des Tages die Praxis. Gleich darauf folgte er ihm mit wehenden Fahnen.
»Bis morgen!«, rief er Janine zu, ehe die Tür hinter ihm ins Schloss fiel.
Sie stand an den großen Schubladen und sortierte die Patientenkarten ein. Sehnsüchtig sah sie ihrem Chef durch das Fenster nach.
»Ach, muss Liebe schön sein«, murmelte sie und fragte sich, ob sie je so eine Beziehung zustande bringen würde wie das Ehepaar Norden. Sie ahnte nicht, dass der Haussegen momentan in Schieflage geraten war.
Das erklärte auch das mulmige Gefühl, als Daniel den Wagen seiner Frau vor der Tür entdeckte. Gab es einen Grund dafür? Ging es ihm wie Noah, der dachte, dass alles in Ordnung war, obwohl die Beziehung längst in Stücken vor ihm lag? Bei diesem Gedanken wurde Daniel schlecht, und mit klopfendem Herzen machte er sich auf die Suche nach Fee.
»Du bist ja schon daheim«, begrüßte er sie, als er sie im Garten gefunden hatte.
Felicitas lag auf einer Liege und genoss die letzten Strahlen der Abendsonne.
Die Ruhe hatte sie dazu genutzt, sich die Worte zurechtzulegen, die sie ihrem Mann sagen wollte.
Zum Schutz vor der tiefstehenden Sonne hielt sie die Hand über die Augen und blinzelte ihn geblendet an.
»Ich hab auf dich gewartet.« Mit dem, was dann geschah, hatte sie nicht gerechnet.
»Bitte, Fee, verlass mich nicht.«
»Wie bitte?« Vor Schreck setzte sie sich kerzengerade auf und starrte ihren Mann an wie einen Außerirdischen. »Warum sollte ich das tun?«
Selten zuvor war Daniel so erleichtert gewesen. Die Spannung fiel von ihm ab, und er atmete auf.
»Na, wegen Eugen«, seufzte er. »Matthias hat mir gesagt, dass du ihn auf Ilonas Trauerfeier getroffen und dafür gesorgt hast, dass er in die Klinik kommt.«
Fee Augen wurden schmal.
»Ach, von ihm hast du das. Hätte ich mir ja denken können.« Ihr Tonfall war beunruhigend.
Daniel ließ sich auf einen Stuhl fallen und betrachtete sie mit schief gelegtem Kopf.
»Wie meinst du das?« Er versuchte, sich seine Sorgen nicht anmerken zu lassen.
Doch Fee durchschaute ihn sofort. Trotzdem blieb sie hart.
»Du kannst aufhören mit dem Versteckspiel. Ich weiß, dass du bei Eugen warst.« Sie schnitt eine Grimasse. »Übrigens auch von Matthias.«
»Dieser Verräter!«, versuchte Daniel zu scherzen. In Wahrheit wünschte er sich aber ein Loch in der Erde, in das er verschwinden konnte.
Fee stellte die Füße auf den Boden und strich das leichte Sommerkleid glatt, das sie nach der Arbeit angezogen hatte.
»Wieso vertraust du mir nicht?« Endlich gelang es ihr, die Fragen zu stellen, die sie sich zurecht gelegt hatte.
Daniel zögerte kurz. Dann stand er auf und setzte sich neben sie auf die Liege. Sie ächzte gefährlich.
»Noah war heute bei mir in der Praxis.«
»Ach, bei dir auch?«, fragte sie verwundert.
Er nickte.
»Er hat mir von seinem Versuch erzählt, die Beziehung zu Anneka zu retten. Im Verlauf des Gesprächs sagte er, dass für ihn immer alles in Ordnung war. Dass sie ihn verlassen will, kommt für ihn wie aus heiterem Himmel.«
Mit wachsender Verwunderung lauschte Fee dem Bericht ihres Mannes.
»Und da ziehst du gleich Parallelen zu uns?« Damit hatte sie nicht gerechnet. »Wie kommst du auf so was?«
»Dazu braucht man nicht besonders viel Fantasie.«
Er schnitt eine Grimasse. Wenn er ehrlich war, verstand er sich selbst nicht mehr. Auch wenn sie ihn streng ansah, leuchtete eine unerschütterliche