Butler Parker 155 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
und zielsicher zurück in den Fond des hochbeinigen Monstrums und schloß nachhaltig die Tür. Dann setzte er sich ans Steuer und schloß auch seine Wagentür. Er hörte hinter sich aufgebrachtes Prusten, das von Lady Agatha herrührte, doch er kümmerte sich nicht weiter darum. Da der Motor noch lief, brauchte der Butler nur den ersten Gang einzulegen, um unmittelbar darauf mehr als nur rasant anfahren zu können.
»Was soll denn das?« erregte sich Agatha Simpson inzwischen, »haben Sie mich etwa in den Wagen zurückgestoßen?«
»In etwa, Mylady«, bekannte der Butler in seiner höflichen Art, »wenn Mylady gestatten, wird man sich zu einem späteren Zeitpunkt entschuldigen.«
Parker visierte den Torweg an und steigerte die Geschwindigkeit. Ihm kam es darauf an, so schnell wie möglich den Hinterhof zu verlassen. Sein Gefühl, auf das er sich bisher stets verlassen konnte, sagte ihm mehr als deutlich, daß bald etwas passieren würde.
Das hochbeinige Monstrum schoß durch den schmalen Torweg wie das Geschoß durch den Lauf. Und Parker hatte die Straße noch nicht ganz erreicht, als plötzlich unsichtbare, riesige und überstarke Hände den Wagen durchschüttelten. Unmittelbar darauf war eine heftige Detonation zu hören, die von grellem Feuerschein begleitet wurde.
»Ist das Wohnmobil etwa in die Luft geflogen?« fragte die ältere Dame interessiert. Sie wandte sich um und blickte durch den langen, schmalen Torweg zurück. Sie sah einen grellen Feuerschein, der die Fassade der Lagerhalle zucken ließ.
»Man scheint Mylady mehr als nachdrücklich nach dem Leben zu trachten«, kommentierte Parker, der seinen Privatwagen langsam durch die Straße rollen ließ.
»Drehen Sie, Mr. Parker«, verlangte die ältere Dame, »ich muß mich natürlich um das arme Ding kümmern, das im Wohnmobil war.«
»Mylady können davon ausgehen, daß Miß Lomings das gesegnet haben dürfte, was man gemeinhin das Zeitliche zu nennen pflegt«, antwortete der Butler gemessen, »falls Miß Lomings sich im Wohnmobil befand, um diese wichtige Einschränkung machen zu dürfen.«
*
»Nun? War sie drin?« fragte Mike Rander neugierig. Er war aus der nahen Curzon Street in das Haus der Lady herübergekommen und hatte selbstverständlich Kathy Porter mitgebracht, Agatha Simpsons Sekretärin und Gesellschafterin.
Mike Rander erinnerte, was sein Äußeres betraf, an einen bekannten James-Bond-Darsteller. Er war Anwalt und hatte vor Jahren zusammen mit Josuah Parker viele Abenteuer durchgestanden. Nach Randers Rückkehr aus den Staaten war er von Agatha Simpson wie selbstverständlich mit Beschlag belegt worden und arbeitete nun als ihr juristischer Berater und Vermögens Verwalter. Er hatte kaum Zeit, sich als Anwalt zu betätigen, obwohl er in der Curzon Street eine eigene Kanzlei unterhielt.
Kathy Porter, etwas über mittelgroß, schlank und sportlich, war eine pikante Schönheit mit leicht exotischem Einschlag, wozu ihre mandelförmig geschnittenen Augen und die hohen Wangenknochen noch beitrugen. Die junge Dame hatte braunes, langes Haar mit einem leichten Rotstich und erinnerte an ein scheues Reh. Sie war auch durchaus zurückhaltend, doch sie konnte sich in eine wilde Pantherkatze verwandeln, falls man sie angriff. Sie war in fast allen Künsten fernöstlicher Selbstverteidigung beschlagen und arbeitete mit besonderer Vorliebe mit Mike Rander zusammen, falls es galt, wieder mal einen Kriminalfall zu lösen.
Sie und der junge Anwalt waren von Butler Parker mit Sherry versorgt worden und standen rechts am mächtigen Kamin. Die Hausherrin hatte in einem der tiefen und bequemen Sessel Platz genommen und bisher berichtet.
»Spannen Sie uns nicht auf die Folter, Mylady«, bat Kathy Porter, als Agatha Simpson sich mit der Antwort auf Mike Randers Frage viel Zeit nahm.
»Ich konnte keine Spur von dieser Artistin entdecken«, berichtete Lady Agatha nun genußvoll weiter, »und ich weiß auch bereits, warum sie nicht im Wagen war.«
»Tatsächlich?« staunte Mike Rander mit einem leichten Anflug von Ironie. Er kannte die Phantasie der älteren Dame nur zu gut.
»Sie hat jetzt ihre Schlagzeilen«, behauptete Agatha Simpson, »aber Mr. Parker glaubt natürlich nach wie vor, daß sie gerade an Schlagzeilen nicht interessiert ist.«
»Warum sollte sie Schlagzeilen provozieren, Mylady?« erkundigte sich Kathy Porter.
»Um Engagements zu bekommen«, antwortete Lady Agatha auf die Frage ihrer Gesellschafterin, »so etwas kennt man doch. Jüngst erst habe ich einen älteren Kriminalfilm gesehen, in dem es ebenso war. Nein, eine Lady Simpson kann man nicht aufs Glatteis führen.«
»Miß Lomings kann sich vor Angeboten kaum retten, Mylady«, ließ Josuah Parker verlauten.
»Schnickschnack«, gab sie grollend zurück, »das täuscht sie Ihnen doch nur vor, Mr. Parker.«
»Mr. Pickett ist in der Lage, meinen bescheidenen Hinweis zu erhärten, Mylady«, sagte der Butler.
»Woher wußten Sie eigentlich, daß da eine Sprengladung gezündet werden sollte?« warf Mike Rander ein.
»Es waren die beiden sehr gut gezielten Schüsse, Sir, die einen ersten Verdacht keimen ließen«, erwiderte der Butler in seiner höflichen Art, »man schien Mylady und meiner Wenigkeit damit bedeuten zu wollen, den Wagen nicht zu betreten.«
»Tatsächlich?« Agatha Simpson sah ihren Butler entgeistert an.
»Der geheimnisvolle Schütze, Mylady, hätte mit letzter Sicherheit zwei tödliche Treffer anbringen können«, redete Josuah Parker weiter.
»Unsinn«, widersprach sie umgehend und grollte, »er traf nicht, das war alles.«
»Warum hätte er schießen sollen, Mylady?« schaltete der Anwalt sich erneut ein, »er hätte doch nur auf den Sprengsatz zu setzen brauchen! Ich glaube, daß Parker mit seiner Vermutung da auf dem richtigen Weg ist.«
»Falls es so ist, handelt es sich um einen Zufall«, meinte die ältere Dame, »und warum ist die Ladung erst dann gezündet worden, als ich bereits auf der Straße war? «
Sie schaute sich triumphierend um.
»Eine gute Frage«, ließ Kathy Porter sich vernehmen.
»Natürlich, Kindchen«, lobte Lady Agatha huldvoll, »wenigstens Sie merken, worauf es ankommt.«
»Derjenige, Miß Porter, der die Ladung zündete, wurde durch die beiden Schüsse offensichtlich irritiert«, schlug Josuah Parker als Begründung vor, »daraus läßt sich schlußfolgern, daß man es auf dem Hinterhof mit zwei Personen zu tun hatte.«
»Richtig«, erklärte Agatha Simpson und änderte blitzschnell wieder ihre Meinung, »das liegt doch auf der Hand. Und das sage ich die ganze Zeit über, aber auf mich will man ja nicht hören!«
*
»Ich bewundere Ihre Geduld, Parker«, leistete sich der Anwalt ein Lob. Er war mit dem Butler allein in der großen Wohnhalle. Lady Agatha hatte sich in ihr Studio begeben und Kathy Porter mitgenommen. Angeblich wollte sich die Hausherrin noch einige wichtige Notizen zu dem anstehenden Fall machen und brauchte dazu die Hilfe ihrer Sekretärin.
»Myladys Bemerkungen, Sir, sind für meine Wenigkeit eine stete Quelle der Herausforderung«, antwortete Josuah Parker auf die Frage des Anwalts.
»Was bringt Sie eigentlich mal aus der Ruhe?« Rander lächelte.
»Dies, Sir, vermag meine Wenigkeit noch nicht zu überblicken«, gab der Butler zurück, »ich rechne jedoch damit, daß ich eines Tages ein wenig gereizt reagiere, wenngleich ich natürlich hoffe, daß dieser Tag noch weit entfernt ist.«
»Ich werde mit Spannung darauf warten«, versicherte Mike Rander, »aber zurück zu unserem Tiger, Parker. Wer könnte sich da auf dem Hinterhof hilfreich eingeschaltet haben?«
»Möglicherweise Miß Lomings, Sir.«
»Ann Lomings?« Der Anwalt blickte Parker verblüfft an. »Wie kommen Sie denn darauf?«
»Sie rechnete wahrscheinlich damit, daß