Leni Behrendt Staffel 2 – Liebesroman. Leni BehrendtЧитать онлайн книгу.
in dem lichtgrünen Kleid. Sie trug eine kunstvoll gearbeitete Kette mit passendem Armband, eine Ostergabe des Großvaters. Da der Schmuck aus dem Nachlaß seiner zweiten Frau stammte, war er sehr kostbar.
Die Eiersuche hatte allen Appetit gemacht, und so ließen sie sich das vorzügliche Festmahl gut munden. Nach dem Essen zogen sich die älteren Herrschaften zurück, und die andern, darunter auch Graf Folko, machten einen Verdauungsspaziergang, wie Lutz sich fachmännisch ausdrückte.
»Der April benimmt sich heute recht anständig«, sagte Christine. »Wohl ist es ziemlich kühl, aber es regnet nicht. Wollen wir reiten, Lutz?«
»Nee, mein Kind, nicht gleich nach dem üppigen Mahl. Frage in einer Stunde wieder an, vielleicht kann ich dann meinen Riemen enger schnallen.«
»Und du, Folko?«
»Ich sitze schon an Arbeitstagen genug im Sattel.«
»Ist auch wieder wahr. Schade, daß du nicht reiten kannst, Armgard.«
»Vielleicht kann ich es noch.«
»Noch?« wurde die Kleine hellhörig. »Wieso noch?«
»Weil ich schon mit fünf Jahren reiten lernte. Vater brachte es mir bei.«
»Du, dann hast du aber bestimmt was gelernt«, sagte Christine aufgeregt. »Neulich noch sprach mein Großvater darüber, daß der Rittmeister von Hollgan der glänzendste Reiter seines Regiments war, bis…«
Sie stockte verlegen, und Armgard sprach weiter:
»Ja, bis. Ich war damals zehn Jahre und habe seitdem nicht mehr im Sattel gesessen. Das ist also zwölf Jahre her, und ich werde in der langen Zeit das Reiten wohl verlernt haben.«
»Das verlernt man nicht«, schaltete Folko sich ein. »Ein kurzes Training und du bist wieder fit.«
»Und wo bekomme ich ein Pferd her?«
»Von deinem Großvater«, sagte Christine eifrig. »Von dem kriegst du alles, was du willst.«
»Eben deshalb muß ich mit meinen Wünschen vorsichtig sein.«
»Warum denn?« fragte die Kleine verständnislos.
»Um die Güte eines Menschen nicht auszunutzen.«
»Verstehe ich nicht. Ich nehme, was ich nur kriegen kann.«
»Und ich erst«, meldete sich Jo, der aufmerksam dem Gespräch gefolgt war. »Ich kann nie genug kriegen.«
»Ich auch nicht«, gab Lutz zu. »O Ärmstegard, wie kann man nur so bescheiden sein.«
»Du, laß dir die Verschandelung deines Namens nicht gefallen«, stichelte Christine.
»Und was soll ich dagegen tun?«
»Ihm eine runterhauen.«
»Und wenn er wiederhaut?«
»Dann ist er ein schlechterzogener Junge.«
»Aha! Und wenn du haust, was bist du dann?«
»Ich hau ja nicht, ich rate dir das.«
Da mußte man über das gerissene Persönchen denn doch lachen. Mittlerweile hatte man die Pforte erreicht, welche in die Parkmauer eingelassen war. Und hinter dieser Pforte aus festem Bohlenholz führten Stufen hinunter zum See. Sie waren in Fels gehauen, waren so unverwüstlich, daß sie schon viele Jahre überdauert hatten.
»Bist du schon einmal hier gewesen, Armgard?« fragte Folko. Als sie verneinend den Kopf schüttelte, zog er aus der Hosentasche einen Ring, an dem einige kompliziert gearbeitete Schlüssel hingen. Mit dem kleinsten schloß er auf, öffnete die gutgeölte Pforte, und der Blick zum Meer lag frei.
Der Strand war ziemlich breit. Auf einem Podest standen ein komfortables Badehaus und ein langgestreckter Schuppen, in dem die Fahrzeuge untergebracht waren; eine Rollbahn führte ins Wasser.
»Hast du eine Jacht?« fragte Armgard den neben ihr stehenden Folko.
»Ja.«
»Und was für eine«, setzte Lutz hinzu. »Prima, sage ich dir, da ist alles dran. Willst du sie dir ansehen?«
»Wenn Folko nichts dagegen hat.«
»Was sollte ich wohl dagegen haben«, entgegnete er, nicht ganz bei der Sache. Denn den Weg entlang kam ein Bursche gelaufen, lachend über das ganze Gesicht.
»Herr Graf, es ist da!« meldete er atemlos vom schnellen Lauf. »Das flutschte man so.«
»Meint er ein Fohlchen?« fragte Lutz gespannt.
»Ja, von unserer Primadonna.«
»Tun die auch fohlen?« fragte Jo und ärgerte sich, daß man ihn auslachte. »Lacht nicht so dumm, man kann doch wohl was fragen.«
»Ist auch wirklich wahr«, strich Folko ihm über den hellen Schopf. »Primadonna nennen wir unsere beste Zuchtstute, weil sie so kokett tänzelt.«
»Ach so. Darf ich das Fohlchen mal sehen?«
»Natürlich, mein Junge, kannst mitkommen.«
Das wollten die andern auch. Nachdem der Graf die Pforte verschlossen hatte, gingen sie vereint zum Pferdestall, wo freudige Erregung herrschte. Mindestens zehn Männer standen um die »Primadonna« herum, die sich wie eine wirkliche Primadonna feiern ließ. Der kleine Hengst, dessen Merkmale seine edle Abstammung kennzeichneten, versuchte auf die staksigen Beine zu kommen, knickte aber ein. Da rollte er sich, schnaufte, prustete und freute sich seines eben erst begonnenen Lebens.
»Na, der gibt vielleicht an«, blähte sich der Betreuer der kostbaren Stute und jetzt auch noch der Betreuer ihres kostbaren Nachwuchses auf wie eine eitle Mutter. »Der amüsiert sich wie ein Schwein im Regen.«
Ein Städter hätte wohl kaum so viel Stolz und Freude über ein Fohlen verstehen können, das konnte nur ein Landmann und Pferdenarr. Und das waren sie alle, die hier standen. Auch Armgard, obwohl sie länger als ein Jahrzehnt nicht mehr mit Pferden in Berührung gekommen war.
Interessiert ließ sie ihre Blicke durch den geräumigen Stall schweifen, der vor Sauberkeit nur so blitzte. Helle abwaschbare Wände, der Fußboden mit Fliesen ausgelegt. Auf der einen Seite standen fünf Pferde in offenen Boxen, auf der anderen zwei tragende Stuten in geschlossenen.
Langsam ging Armgard den Mittelweg entlang, um sich die Pferde näher anzusehen. Sie war so vertieft, daß sie zusammenzuckte, als sie neben sich die sonore Stimme Folkos hörte. »Nun, welches Pferd gefällt dir am besten?«
»Der braunglänzende Prachtkerl dort«, erwiderte sie rasch gefaßt.
»Das ist mein Reitpferd, gleichfalls der Rappe.«
»Und die andern?«
»Werden abwechselnd von den Eleven geritten.«
»Ist der Fuchs nicht zu zierlich für einen ausgewachsenen Reiter?«
»Stimmt. Weil die hiesigen Reiter alle kein Fliegengewicht sind, wollte ich das übrigens so schöne wie wertvolle Tier schweren Herzens verkaufen. Nun freue ich mich, es behalten zu können, es ist nämlich so das richtige Reitpferd für dich. Doch darüber sprechen wir später«, unterbrach er sich, als Christine nahte.
»Ach, hier bist du, Armgard. Gefallen dir die Pferde?«
»Sehr.«
»Dann such dir doch eins aus, Folko gibt es dir gern.«
»Wie willst du das denn wissen?«
»Weil ich ihn genau kenne«, erklärte sie großartig. »Erstens ist er sehr großzügig, und dann würde er es für Onkel Frederik tun, den er sehr verehrt.«
»Christinchen, du bist gar nicht so dumm.«
»Nun sag bloß noch: wie du aussiehst«, unterbrach sie ihn lachend und hängte sich zutraulich in seinen Arm.
Da nun auch Lutz und Jo hinzukamen, verließ man