Leni Behrendt Staffel 2 – Liebesroman. Leni BehrendtЧитать онлайн книгу.
will aber nicht!«
»Tja, dann kann ich dir nicht helfen«, meinte er achselzuckend. »Ich muß mich ohnehin beeilen, um zum Abendessen zurecht zu kommen. Du siehst, meine Zeit ist knapp bemessen.«
Trotz ihrer Weigerung hatte er die Taxe herangewinkt, die nun am Bordstein hielt. So blieb denn der erbosten Frau nichts anderes übrig, als einzusteigen. Doch bevor sie es tat, zischte sie ihm zu wie eine gereizte Schlange:
»Das sollst du mir büßen!«
*
Es war Freitag vor Pfingsten. Armgard und ihr Großvater ruhten in Liegestühlen auf der Terrasse in all der duftenden Maienpracht. Auf den Gartenbeeten blühten die Blumen, es blühte der Flieder, Rhododendron, Schneeball und Pfingstrosen, und es blühten die Obstbäume im Garten. Auf den Feldern grünte die Saat, vom nahen Wald her leuchtete das junge Laub der Bäume, und an allen Ecken sangen und zwitscherten die Vögel, was die kleinen Kehlen nur hergeben wollten.
In dieses Idyll traten nun Gräfin Björn und ihr Sohn, freudig vom Hausherrn begrüßt.
»Da seid ihr ja endlich«, lärmte er aufgeräumt. »Streckt euch in die Stühle und dann erzählt.«
So machten sie es sich denn bequem. Warum auch nicht, sie waren ja hier zu Hause. Robert versorgte sie mit einer Erfrischung, der Graf steckte seine Pfeife an, und seine Mutter begann zuerst mit ihrem Bericht. Was man da zu hören bekam, war wohl traurig, aber leider schon fast alltäglich.
Frau Elise von Segimer, die nach dem Freitod ihres Mannes mittellos dastand, mußte bei Verwandten unterkriechen, wie man so sagt, und wurde von ihnen schamlos ausgenutzt, daß sie unter der Bürde zusammenbrach.
Krankenhaus kam nicht in Frage, da sie in keiner Krankenkasse war.
So lag sie denn in einer armseligen Stube, und wenn sich nicht eine mitfühlende Angestellte um sie gekümmert hätte, wäre sie elendig zugrunde gegangen.
Diese Angestellte war es auch, die an Gräfin Björn schrieb und für deren Verwandte um Hilfe bat. Zwar war es eine Verwandtschaft so um sieben Ecken herum, aber das spielte ja keine Rolle. Ein Mensch war in Not.
So fuhr die Gräfin denn zu der Verwandten, und was sie vorfand, war ein bedauernswertes Geschöpf, krank, verängstigt und bis auf die eine mitfühlende Seele von aller Welt verlassen. Man hatte die Ärmste nicht einmal im Herrenhaus behalten, hatte sie in die Stube eines leeren Insthauses bringen lassen.
Zuerst sorgte die Gräfin dafür, daß die Kranke in eine Klinik kam. Wohl war ihr Körperzustand miserabel, aber bei ärztlicher Behandlung und guter Pflege würde es schon wieder werden, wie der Arzt sich ausdrückte.
Und nun stellte sich heraus, daß der einzige Mensch, der die bedauernswerte Frau nicht im Stich ließ, eine langjährige Dienerin von ihr war. Um nach dem Zusammenbruch dennoch mit ihrer Herrin zusammenbleiben zu können, nahm die treue Therese gewissermaßen inkognito eine Stelle in dem Hause an, in dem die nun Verarmte Unterschlupf gefunden hatte.
»Es galt nun die Sache mit der Rente zu klären, die ihr aus dem Familienfonds zusteht«, führte die Gräfin weiter aus. »Denn Elise hatte gleich, nachdem sie in das Haus des Vetters kam, diesen gebeten, sich der Sache anzunehmen, was er auch versprach. Aber wie sich jetzt herausstellte, hat er sich nie mit der maßgebenden Stelle in Verbindung gesetzt. Und zwar absichtlich nicht, weil er wußte, daß er eine Sklavin verlieren würde, sofern sie Rente bezog. Zwar ist diese Rente nicht üppig, doch immerhin so, daß ein genügsamer Mensch davon leben kann.
Na kurz und gut: Ich fand diese Handlung so gemein, daß ich mich sofort mit Folko in Verbindung setzte. Der wiederum tat es mit einem Rechtsanwalt, und innerhalb von vier Wochen hatte die hintergangene Frau ihte Rente. Und da sie so bitterlich weinte, als ich nach Hause fahren wollte, nahm ich sie und ihre treue Resi mit.«
»Das ist wieder einmal ganz unsere hilfsbereite Erdmuthe«, sagte Frederik warm, doch sie winkte ab.
»Keine Lobeshymnen, mein Lieber. Ich habe bei der ganzen Sache nur das eine Opfer gebracht, daß ich trotz meines Heimwehs sechs Wochen bei Elise ausharrte. Ansonsten habe ich durch den Zuwachs nur gewonnen. Die eine habe ich zur Gesellschaft, und die andere ist eine robuste und tüchtige Arbeitskraft, die wir gut gebrauchen können. So, mein lieber Sohn, jetzt berichte du.«
»Ich bin zu faul.«
»Na das wäre! Deine arme Mutter läßt du stundenlang reden und du…«
»Nicht übertreiben«, stoppte er ab, genüßlich dabei sein Pfeifchen schmauchend. »Keine zehn Minuten hast du geredet. Und bei mir wird es noch weniger werden, weil es nicht viel zu reden gibt. Die Zeit verging sehr schnell, bei den Schulungsstunden, beim geselligen Beisammensein mit seinesgleichen, also mit Landwirten, ab und zu ein kleiner Bummel, dabei vergeht schon die Zeit.«
Die verführerische Jella, in dessen Banden du so schmachtest, daß du sie nachkommen ließt? hätte der alte Herr gern gefragt, was er natürlich nicht tat. Statt dessen fragte er:
»Warst du mit der Unterkunft im Hotel zufrieden?«
»Da war ich nur einige Tage. Als ein Zimmer im Haus der Landwirte frei wurde, siedelte ich dahin über. Man wohnt dort wirklich gut. Nette Zimmer, vorzügliche Verpflegung, und der Lehrgang findet im Hause statt. Man kann jede Art Karten spielen, ferner Billard, Halma, Mensch ärgere dich nicht und so weiter. Man kann musizieren, sich unterhalten und auch einen trinken. Allerdings nicht über den Durst, das ist verpönt.«
»Und ein Tänzchen machen, nicht?« warf Frederik ein.
»Das fällt allerdings weg. Denn der Zutritt ist Damen streng verboten.«
»Auch für Angehörige?«
»Auch für die. Die Erfahrung hat nämlich gelehrt, daß nicht alle Angehörige waren, die sich dafür ausgaben. Daher das strikte Verbot.«
»Das ist ja die reinste Kasernierung. Gibt es auch Zapfenstreich?«
»Nein, du Spötter. Es ist für die Beteiligten kein Zwang, dort zu wohnen. Trotzdem sind die Zimmer immer belegt.
Doch nun weiter: Ursprünglich sollte der Lehrgang vier Wochen dauern, aber es wurden sechs daraus. Und das im Frühjahr, wo der Landwirt alle Hände voll zu tun hat. Das habe ich den Herren am grünen Tisch ausdrücklich klargemacht, doch sie blieben wie gewöhnlich stur. Nun, ihretwegen beendete ich den Lehrgang bestimmt nicht, sondern wegen der Teilnehmer. Aber noch einmal finden die ›obern‹ Herren in mir den Dummen nicht.«
»Das habe ich schon einmal gehört«, sagte seine Mutter neckend. »Wenn du in allem so wankelmütig bist.«
Lachend sahen sie sich an, die sich so herzlich liebten und so prächtig verstanden. Kaum zu glauben, daß so ein Sohn Heimlichkeiten vor seiner Mutter haben könnte.
Aber vielleicht wußte sie um sein Zusammensein mit Jella, obwohl sie bisher nicht viel von ihr gehalten hatte. Aber der Mensch kann seine Meinung ja ändern.
»Nanu, Frederik, du machst ja ein so arg bekümmertes Gesicht«, sprach die Gräfin in seine Grübeleien hinein.
»Was bedrückt dich denn?«
»Anderer Leute Sorgen.«
»Ach herrjeh! Sei doch froh, daß es nicht deine eigenen sind.«
»Ist auch wieder wahr. Was werdet ihr Pfingsten beginnen?«
»Wenn das Wetter so bleibt, segeln wir zum ›Fidelen Seefahrer‹, wozu ihr beide herzlich eingeladen seid. Schade, Zutritt ist Damen streng verboten, daß Frökes nicht dabeisein können.«
»Auch für Angehörige?« In dem Augenblick erschien Robert mit der Meldung, daß die Herrschaften von drüben soeben im Mietwagen eingetroffen sind. Und bevor die andern sich von der Überraschung erholen konnten, war Armgard schon aus dem Liegestuhl geschnellt, wirbelte den Würdigen herum und rief jubelnd:
»Er hat die Frökchen herbeigezaubert. Mach ihm das mal einer nach!«
Alle lachten, selbst