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Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.

Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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das Seine«, bemerkte Anian nur.

      Christina fuhr vorsichtig auf der Landstraße nach Hause. Sie hatte fast eine Stunde Fahrt vor sich und genug Zeit, über den vergangenen Abend nachzudenken.

      Sie wußte nicht, ob sie auf sich wütend sein sollte, weil sie den jungen Fotografen so abgewiesen hatte. Andererseits hatte sie sich nach der Geschichte mit Michael geschworen, sich auf keine Konzertbekanntschaften mehr einzulassen, was nüchtern betrachtet Unsinn war. Christina wußte es, konnte aber nicht raus aus ihrer Haut. Anian Fürst war ihr sehr sympathisch gewesen. Seine Berührung hatte sie in ihrem Innersten getroffen. Doch die bösen Erinnerungen an Michael waren stärker. Christinas Gedanken wanderten zurück zu jenem unheilvollen Tag, als sie ihn kennengelernt hatte.

      *

      Michael Kunert war Geschäftsführer in einer Künstleragentur und immer auf der Suche nach jungen Talenten. Dabei hatte er Christina von Berg auf einem Konzert in einer kleinen Stadt entdeckt. Er war sofort von ihr fasziniert gewesen. Doch sein Interesse war nicht nur geschäftlicher Natur. Obwohl er seit sieben Jahren mit Iris, einer Tochter aus wohlhabendem Hause, verheiratet war, wußte er noch während des Konzerts, daß er Christina kennenlernen wollte.

      Nach ihrem Auftritt ließ er seine Karte in die Garderobe bringen. Die junge, unerfahrene Christina war sehr geschmeichelt und nahm die Einladung zum Essen gern an, zumal Michael Kunert eine sehr attraktive Erscheinung war. Seine blauen Augen waren von vielen Lachfältchen umrahmt, seine Figur tadellos und die grauen Schläfen gaben ihm ein distinguiertes Aussehen.

      Christina verliebte sich bis über beide Ohren in ihn, und selbst als er ihr gestand, daß er verheiratet war, verließ sie ihn nicht. Sie meinte in ihm einen väterlichen Freund gefunden zu haben, an den sie sich anlehnen konnte. Immer wieder versprach er ihr, seine Frau zu verlassen, und Christina glaubte ihm. Zu dieser Zeit begannen ihre Magenprobleme. Da sie immer öfter kränkelte, zog sich Michael mehr und mehr zurück und genoß sein Leben in vollen Zügen.

      Christina war verzweifelt. Ihr letzter Ausweg war ein Kind, mit dem sie Michael an sich binden wollte. Doch dieser Plan mißlang gründlich. Er bot ihr eine große Geldsumme, damit sie das Kind abtreiben konnte, doch darauf ging Christina nicht ein.

      Michael geriet in Panik. Seine Frau durfte nichts von seinem Verhältnis erfahren, da sie ihm seinen aufwendigen Lebensstil finanzierte. Die Beziehung zwischen Christina und Michael war längst zerrüttet, als er ihr ein Schweigegeld anbot. Es fiel ihr schwer, das Geld nicht anzunehmen, denn durch die Geburt von Muriel konnte sie eine Zeitlang nicht auftreten. Doch ihr Stolz siegte, und Christina meisterte die schwere Zeit mit Hilfe ihrer Vermieterin Helene Wolrab und ihrer Freundin Lisa.

      Vier lange Jahre sorgte Christina nun schon allein liebevoll für ihre kleine Tochter. Doch jetzt hatte sich das Blatt plötzlich gewendet. Iris Kunert verspürte im Alter von vierzig Jahren einen großen Kinderwunsch. Da sie unter starker Endometriose litt, konnte der Arzt ihr keine Hoffnungen auf ein eigenes Kind machen. Iris war untröstlich und wurde mehr und mehr depressiv. Sie hatte keinen Sinn mehr für Michaels Eskapaden und versorgte ihn nicht mehr mit finanziellen Mitteln. Er fand keinen Zugang mehr zu ihr.

      Da hatte er eine Idee. Mit zerknirschter Miene gestand er seiner Frau den Seitensprung mit Christina. Bevor sie wütend werden konnte, erzählte er auch von seiner unehelichen Tochter. Er stellte Christina als verantwortungslose Mutter dar, die ihr Kind nicht anständig versorgte und es lieber heute als morgen loswerden würde.

      Iris war von Michaels Geschichte zu Tränen gerührt, denn das kleine Mädchen tat ihr unendlich leid. Sie ahnte nicht, daß er alles nur erfunden hatte. Sie stimmte sofort zu, als er vorschlug, das Kind zu adoptieren.

      Michael war stolz auf seine Gerissenheit. Es war ihm zwar klar, daß er rein rechtlich keine Möglichkeiten hatte. Doch er würde einen Weg finden, daß Christina einer Adoption zustimmen würde, da war er sicher.

      *

      Christina seufzte. Erst heute hatte Michael wieder angerufen und mit geduldiger Stimme auf sie eingeredet.

      Sie fühlte, wie sich ihr Magen bei dem Gedanken zusammenzog. Wie lange muß ich noch dafür büßen, daß ich diesem Mann vertraut habe, fragte sie sich verbittert.

      Inzwischen war sie fast zu Hause. Sie bog in die schmale Seitenstraße ein und parkte das Auto vor dem Haus. Sie stieg aus, schloß den Wagen sorgfältig ab und wollte eben das große Tor aufschließen, als sie die Gegenwart eines Menschen hinter sich spürte. Sie drehte sich um und schrie auf.

      »Mach doch nicht so einen Lärm, Tina. Ich bin’s doch!«

      Christina rang nach Atem.

      »Michael! Bist du verrückt, mich so zu erschrecken! Was tust du hier mitten in der Nacht?«

      »Ich muß mit dir sprechen. Es geht um Muriel.«

      »Ich gebe Muriel nicht her, nicht für alles Geld der Welt. Das ist mein letztes Wort.«

      »Denk’ doch daran, wie einfach dann alles für dich wäre«, sagte er mit schmeichelnder Stimme.

      »Allein an diesen Worten sieht man, daß du nicht weißt, was Liebe ist«, stieß Christina hervor. Plötzlich stöhnte sie auf und krümmte sich zusammen

      Michael erschrak. »Was ist los?«

      »Mein Magen, er tut so weh.«

      »Ach, das schon wieder.« Er machte eine abfällige Handbewegung. »Warum siehst du nicht ein, daß du überfordert bist mit dem Kind? Überleg’ es dir, Tina. Du kennst meine Nummer.«

      Mit diesen Worten entfernte er sich und verschwand in der Dunkelheit.

      Christina stand immer noch gebeugt vor dem Tor. Langsam ebbte der Krampf ab. Mühsam richtete sie sich auf und ging schleppend ins Haus.

      »Da bist du ja endlich. Ich habe mir schon solche Sorgen gemacht«, begrüßte sie ihre Freundin Lisa und machte Licht im Flur. Dann stieß sie einen Schreckensschrei aus. »Was ist geschehen? Du bist ja totenblaß.«

      »Ich halte das nicht mehr aus, Lisa«, flüsterte Christina und brach in Tränen aus.

      *

      Es war schon dunkel, als Daniel endlich nach Hause kam.

      Fee erwartete ihn.

      »Hallo, Schatz, da bist du ja endlich.«

      »Es war so viel Verkehr. Da ging es leider nicht schneller.«

      »Hauptsache, es ist nichts passiert. Hast du das Zauberpflaster? Jan spricht von nichts anderem mehr.«

      »Hier, das wird wohl reichen«, sagte Daniel und öffnete seine Tasche, um Fee die Schachtel zu zeigen, die ihm die Schwester gegeben hatte.

      »Wie nett von ihr. Sie ist ein richtiger Schatz.«

      »Das finde ich auch. Wo ist denn unsere Kinderschar?«

      »Jan und Dési schlafen schon. Anneka hört Musik in ihrem Zimmer und die Jungs spielen ein Computerspiel, das sie sich ausgeliehen haben.«

      »Hoffentlich keine Schießereien.«

      »Du solltest wissen, daß ich so was in unserem Haus nicht dulde«, antwortete Fee leicht ungehalten.

      »Natürlich. Entschuldige, Liebes«, sagte Daniel versöhnlich. »Wie geht es Jan?«

      »Ich mache mir große Sorgen. Das Fieber ist unverändert, wenn auch nicht zu hoch.«

      »Morgen wissen wir mehr.«

      An diesem Abend wurden die Lichter im Hause Norden früh gelöscht. Fee fühlte sich abgespannt und war froh, ein wenig ausruhen zu können. Die ständige Sorge um ihren Jüngsten nagte an ihr. Sie nahm ein Buch mit ins Bett und lenkte sich mit der leichten Lektüre ab, bis sie schlafen konnte.

      Daniel sah sich noch die Nachrichten an und ging dann auch zu Bett. Lächelnd betrachtete er seine schlafende Frau. Das Buch war aus ihren Händen geglitten und lag neben ihr. Vorsichtig legte er es beiseite und löschte das Licht.

      *


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