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Heimatkinder Staffel 2 – Heimatroman. Kathrin SingerЧитать онлайн книгу.

Heimatkinder Staffel 2 – Heimatroman - Kathrin Singer


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      Eugen von Herwig stand mit dem Kind vor dem Bahnhof.

      Herma Langen hielt knapp neben ihm. Sie hatte ihn schon von Weitem entdeckt.

      Jetzt stieg sie aus dem Auto, blieb aber verblüfft stehen, als sie sah, was er in der Hand hielt. »Herr von Herwig, was haben Sie denn da mitgebracht?« Sie trat auf ihn zu und beugte sich über das Kind.

      Es hatte die Augen aufgeschlagen und blickte Herma Langen an.

      »So etwas Liebes«, sagte sie leise und strich der Kleinen über die Wangen. Dann lächelte sie. »Ach so, Sie spielen wohl Babysitter! Ist die Mutter etwas besorgen gegangen?«

      »Der Vater ist etwas besorgen gegangen und nicht mehr wiedergekommen, Frau Langen«, erwiderte Eugen von Herwig seufzend. »Ja, ich spiele so etwas wie Babysitter – schon seit drei Stunden.« Er schaute nicht gerade glücklich drein, als er Herma Langen erzählte, was geschehen war.

      Sie schüttelte den Kopf. »Das musste gerade Ihnen passieren.«

      »Wieso gerade mir? Ich habe das Kind bis jetzt wie meinen Augapfel gehütet. Es wäre bei einer Frau nicht besser aufgehoben.«

      Herma Langen legte die Hand auf Eugen von Herwigs Arm. »Sie haben mich missverstanden. Ich wollte Sie nicht kränken«, meinte sie beschwichtigend. »Ich bewundere Sie.«

      Diese Worte taten dem aufgeregten Mann wohl. Er stieg in den Fond des Wagens. Die Tragetasche stellte er auf seinen Schoß.

      »Mir ist, als träumte ich«, erklärte er, als Herma Langen hinter dem Steuer Platz genommen hatte.

      Sie sah in den Rückspiegel. »Es wird wohl höchste Zeit, dass das Kind aus der Tragetasche herauskommt. Wir werden es bei mir zu Hause gut versorgen. Sicher lassen Sie es lieber bei mir. Was ist es eigentlich, ein Junge oder ein Mädchen?«

      »Es ist ein Mädchen.« Die Stimme Eugen von Herwigs wurde kleinlaut. »Den Namen des Kindes hat der Vater nicht ein einziges Mal genannt.« Er schob die Wollmütze der Kleinen zurück, Braune Locken kringelten sich um seine Finger. »So braunes Haar hatte der Vater auch.« Er fuhr dem Kind liebevoll durch die kurzen Locken.

      Herma Langen war gerührt. Wie zärtlich Eugen von Herwig mit dem Kind umging! Das hätte sie ihm nicht zugetraut. Auch Imma würde über ihren Vater sehr erstaunt sein.

      Als Herma Langen durch das Tor vor dem großen Landhaus fuhr, war Eugen von Herwig noch damit einverstanden, dass das Kind bei ihr blieb. Er stieg auch noch aus und ging mit in die Halle.

      Als aber Herma Langen sagte: »Wir werden die Kleine hier gut betreuen«, wehrte sich alles in ihm, sich von seinem Schützling zu trennen, und er antwortete abrupt: »Ich nehme das Kind mit.«

      Herma Langen musterte ihn nachdenklich. »Ich dachte doch nur, dass es bei uns besser aufgehoben ist. Wir sind auf Kinder eingerichtet, auch wenn meine Enkel schon größer sind.«

      Eugen von Herwig schüttelte den. Kopf. »Nein, ich nehme die Kleine mit zu meiner Imma. Sie kann auch mit Kindern umgehen.« Etwas ruhiger setzte er hinzu: »Und Sie werden uns sicher beistehen, gnädige Frau.«

      Herma Langen seufzte. »Gut, fahre ich Sie also mit Ihrem Schützling zum Birkenhof, wenn Sie das unbedingt wollen. Steigen Sie wieder in den Wagen.«

      Sie dachte, dass sie das Kind doch bald im Haus haben würden, wenn sich der Vater nicht noch meldete. Imma wurde mit der hartnäckigen Art ihres Vaters am besten fertig und würde ihm schon ausreden, das Kind auf dem Birkenhof zu behalten.

      Als Herma Langen den kleinen Hang zum Birkenhof hinauffuhr, war es schon Abend. Sie sah den alten Karl, der von der Koppel kam und dem Haus zustrebte.

      Knapp vor dem Haus rief er: »Hallo, Imma, komm schnell heraus! Wir kriegen Besuch!«

      Imma trat vor die Haustür und entdeckte im Fond des Autos ihren Vater. Strahlend lief sie auf den Wagen zu.

      »Vater, endlich!« Sie öffnete den Wagenschlag.

      Da sah sie die Tragetasche mit dem Kind auf seinem Schoß.

      »Was bringst du denn da mit?« Imma lachte und schüttelte den Kopf, als Herma Langen ausstieg. »Frau Langen, Sie überschätzen meinen Vater, wenn Sie ihn zum Babysitter eines Ihrer Enkel machen.« Sie streckte die Arme aus, um die Tragetasche herauszunehmen.

      Eugen von Herwig rief besorgt: »Nicht so eilig, Imma. Pass auf, dass du das Kind nicht fallen lässt.«

      »Das brauchst du mir nicht zu sagen, Vater.« Imma gab Herma Langen die Tragetasche, obwohl sie den Blick kaum von dem hübschen Kindergesicht mit den großen dunklen Augen abwenden konnte. Aber jetzt musste sie ihren Vater begrüßen.

      Sie umarmte ihn stürmisch, als er vor dem Wagen stand. »Das war der beste Gedanke, den du je hattest, endlich wieder auf den Birkenhof zu kommen, Vater.«

      »Schon gut, schon gut, Imma«, wehrte Eugen von Herwig hastig ab. »Wir müssen uns jetzt um das Kind kümmern.« Er zeigte zu Herma Langen, die mit der Tragetasche schon auf der Schwelle des Wohnhauses stand.

      »Wir müssen uns jetzt um das Kind kümmern?«, fragte Imma verständnislos. »Du tust ja, als sollte es bei uns bleiben.«

      »Soll es auch.« Eugen von Herwig trat auf den alten Karl zu und reichte ihm die Hand. »Ja, ich habe ein Kind mitgebracht. Ihr werdet es nicht fassen können, was ich heute erlebt habe.«

      »Er hat ein Kind mitgebracht«, sagte Karl kopfschüttelnd. »Das hat doch wohl die Welt noch nicht gehört, dass ein Mann in seinen Jahren noch solche Dummheiten macht!«

      Er sah Herma Langen an, als könne sie ihm erklären, was er nicht zu begreifen vermochte. »Und jetzt soll unsere Imma ihre Halbschwester oder ihren Halbbruder aufziehen. So verrückt kann auch nur …«

      Eugen von Herwig unterbrach ihn: »Was redest du für dummes Zeug, Karl?«

      »Ist das dummes Zeug, wenn Sie mit der Sünde Ihrer alten Tage hier ankommen? Sie melden sich wochenlang nicht, aber in der Not erinnern Sie sich daran, wo Ihre Tochter lebt!«

      Der alte Karl war nicht zu bremsen. »Ich habe nichts gegen das Kind, ich wundere mich nur, dass Sie es uns nicht noch mit der Post geschickt haben, Herr von Herwig!«

      Imma zupfte Karl aufgeregt am Ärmel. »Sei doch endlich still, Karl. Ich glaube, das ist alles ganz anders, als du denkst.«

      »Es ist tatsächlich anders«, mischte sich Herma Langen ein und verbiss sich mühsam ein Lachen.

      Im Stillen freute sie sich darüber, dass der alte Karl Eugen von Herwig etwas in Verlegenheit gebracht hatte. Sie zeigte auf die Kleine. »Gehen wir endlich ins Haus. Das arme Kind muss ausgepackt werden. Wer weiß, wie viele Stunden es jetzt schon in der Tragetasche liegt. Und ich durfte es nicht pflegen. Das ließ Ihr Vater nicht zu, Imma. Er wollte seinen Schützling unbedingt zu Ihnen bringen.«

      »Das kann ich mir denken«, sagte Karl bissig. Er stapfte auch mit in die Wohnstube, um nur ja nichts zu verpassen.

      Herma Langen stellte die Tragetasche auf den Tisch und hob das Kind heraus. »Natürlich ist es nass.«

      »Natürlich«, wiederholte Karl und sah Eugen von Herwig vorwurfsvoll an. »Was verstehen Sie auch von so einem kleinen Kind? Wie kann man nur ein Kind in so eine Tasche stecken! Das kann nur Ihnen einfallen. Als unsere Imma klein war, hatte sie einen Kinderwagen.«

      »Nun gib aber Ruhe, Karl«, gebot Imma sehr entschieden. »Vater kommt ja gar nicht zu Wort.«

      »Das schadet nichts. Er hat es mit uns auch immer so gemacht. Heute muss er sich etwas von uns sagen lassen.«

      Plötzlich legte Eugen von Herwig den Arm um Karls Schultern. Das war noch nie passiert. Dementsprechend verblüfft war Karl auch. Und gleich darauf fragte er misstrauisch: »Jetzt brauchen Sie wohl Hilfe von mir, was?«

      »Ach, Karl.« Eugen von Herwig schmunzelte. »Du sollst dir nur endlich anhören, wie ich zu diesem Kind gekommen bin.«

      Herma


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