Das Amulett Staffel 2 – Liebesroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
Seite, kam auf die Besucher zu und sagte mit gepreßter Stimme:
»Willkommen, Daniel!« Dabei sah er jedoch nicht den Jungen, sondern Tammy an, und sie schlug rasch die Augen nieder.
»Miß Roloff?« fragte er, als sie nichts sagte.
»Wir haben Stella verpaßt«, erklärte sie verlegen und bereute es, nicht mit dem Jungen in ein Hotel gegangen zu sein.
Im besten Oxfordenglisch erwiderte er, daß Stella angerufen hätte. Sie sei aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen noch in Hollywood festgehalten worden.
»In Hollywood?« fragte Tammy überrascht. »Ich wußte gar nicht, daß Stella noch dorthin wollte.«
»Ich wußte es auch nicht«, meinte er achselzuckend. »Aber wollen Sie nicht erst einmal näher treten? Wir müssen ja nun überlegen, wie wir ohne Stella zurechtkommen.«
Tammy warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. Dannys Unterlippe schob sich trotzig vor, und er sah aus, als wäre er am liebsten weggelaufen.
Tammy konnte sich denken, was er überlegte. Die fremde Frau hatte ihn schockiert. Das, was er gefürchtet hatte, schien zu stimmen. Es gab doch eine Frau in seines Vaters Leben.
Das also ist mein Sohn, dachte derweil Fabian, während er in der hellen Diele den Jungen genau betrachtete. Dann aber ging sein Blick wieder zu Tammy, und er fragte sich, wie dieses bildschöne Geschöpf dazu kam, sich seines Sohnes, der für sie doch ebenso fremd war wie für ihn, anzunehmen.
»Sie werden müde sein von der weiten Reise«, sagte Fabian Melian verlegen. »Sie könnten in Stellas Zimmer schlafen. Für Daniel haben wir ja ein Zimmer vorbereitet.«
Es wäre ungerecht, ihm jetzt schon böse zu sein, überlegte Tammy. Es ist immerhin eine recht verzwickte Situation. Aber ein wenig herzlicher dürfte er zu dem Jungen schon sein.
Doch das wollte Danny anscheinend gar nicht. Er verschanzte sich hinter Tammys Rücken, und als diese sagte: »Ich werde lieber in ein Hotel gehen«, umklammerte er sie mit beiden Armen.
»Dann gehe ich mit«, erklärte er leise und trotzig.
»Stella würde es mir sehr übelnehmen, wenn ich das zuließe«, widersprach Fabian. »Was möchtest du trinken, Daniel? Und sicher hast du auch Hunger.«
»Wenn Tammy nichts ißt, esse ich auch nicht«, wehrte Danny ab und bedachte seinen Vater mit einem keineswegs freundlichen Blick.
Ein flüchtiges Lächeln erschien um Fabians Mund. »Der Kühlschrank steht zu eurer Verfügung«, sagte er. »Ich bitte um Entschuldigung, aber ich habe keine hausfraulichen Talente.«
Daniel zuliebe aß Tammy tatsächlich ein paar Bissen. Sie tranken Orangensaft, während Fabian sich einen Whisky eingeschenkt hatte.
»Möchten Sie auch einen, Miß Roloff?« fragte er.
Tammy verneinte. Unwillkürlich fiel ihr Blick auf seinen Hemdkragen, und sie entdeckte eine Spur von Lippenstift darauf. Obgleich Fabian davon keine Ahnung hatte, wurde er unsicher. Verlegen rückte er an seiner Krawatte herum.
»Bist du stumm, Daniel? Willst du mir nicht erzählen, wie die Reise war?« fragte er den Jungen.
»Es war schön, weil ich mit Tammy zusammen sein konnte«, erwiderte Daniel eigensinnig. »Ich möchte immer bei ihr bleiben.«
Fabians Gesicht verdüsterte sich. »Es ist schon spät. Du wirst jetzt erst mal schlafen. Morgen werden wir uns schon näherkommen.« Sprach man so mit einem Kind? Er fühlte sich sehr unbeholfen, und Tammys Nähe irritierte ihn zudem noch.
»Ich bin müde«, sagte Danny, obgleich das gar nicht der Fall war, denn er hatte ja während der ganzen Bahnreise geschlafen.
»lch zeige dir dein Zimmer.« Fabian erhob sich sofort.
»Tammy soll bei mir bleiben«, verlangte der Junge.
»Stellas Zimmer ist gleich neben deinem. Es hat eine Verbindungstür.« Fabian war sich in seinem ganzen Leben noch nie so hilflos vorgekommen wie jetzt. Wenn dieses Mädchen ihn doch nicht ständig so vorwurfsvoll ansehen würde! Natürlich ärgerte es ihn, daß Gina hier gewesen war. Er konnte sich selbst ausrechnen, daß dies ein ganz schlechter Anfang für sein Leben mit Daniel war.
*
»Siehst du, Tammy, ich habe es dir ja gesagt, er hat eine Frau. Und wie sie dich angestarrt hat. So richtig gemein.«
Tammy versuchte abzuschwächen: »Das darfst du nicht sagen, Danny. Vielleicht ist sie sehr nett. Man muß die Menschen immer erst näher kennenlernen.«
Sie sagte es gegen ihre eigene Überzeugung, denn ihrer Meinung nach hatte Danny recht. Der Blick der Frau war boshaft und hinterlistig gewesen. Aber ihr stand keine Kritik zu. Sie sah nur unendliche Schwierigkeiten vor sich, mit denen sie nicht fertig wurde.
»Das Haus ist schön, und das Zimmer ist auch hübsch«, fuhr Danny fort. »Stella hat es eingerichtet, das hat sie mir erzählt. Aber ich möchte lieber immer bei dir wohnen. Wenn du eine Stellung hast, holst du mich zu dir, nicht wahr, Tammy?«
»Ich muß erst einmal Deutsch lernen, Danny«, antwortete sie ausweichend, um ihn nicht völlig zu deprimieren. »Und wenn ich eine Stellung bekomme, dann habe ich nicht viel Zeit für dich! Außerdem wäre Stella sehr traurig, wenn sie dich jetzt hören könnte! Hier ist dein neues Zuhause, und du sagst doch selbst, daß es schön ist. Ich glaube, du wirst dich mit deinem Vater auch sehr gut verstehen. Es braucht eben nur alles seine Zeit.«
»Ich mag die Frau nicht«, beharrte er. »Wenn sie nicht dagewesen wäre, hätte ich ihn vielleicht ganz gern gemocht. Wie findest du ihn?«
Er blickte sie forschend an, und sie wußte, wie viel von ihrer Antwort abhing. Deshalb überlegte sie auch genau.
»Ich finde ihn sehr sympathisch«, antwortete sie verhalten, und verwundert stellte sie fest, daß dies tatsächlich ihr Eindruck von Fabian war.
»Das Bild ist ihm doch ziemlich ähnlich«, warf Danny ein. »Ich habe ihn gleich erkannt.«
Sie lächelte leicht. »Jetzt schlafen wir, und morgen früh sieht alles schon ganz anders aus. Vielleicht kommt Stella bald, dann ist es auch für deinen Vater einfacher. Wie willst du ihn denn nennen?«
»Das weiß ich noch nicht. Er will mich doch gar nicht haben.« Er hielt Tammys Hand fest und preßte seine Wange darauf. »Wir zwei haben uns gleich gemocht«, flüsterte er. »Und Holger war auch viel netter zu mir. «
Sie seufzte mutlos. Wie sollte sie ihm nur zureden, wie ihm klarmachen, daß es für einen Mann auch nicht einfach war, ein Kind, das er fünf Jahre lang nicht gesehen hatte, und dessen Mutter ihm einmal großen Kummer bereitet hatte, gleich innig zu lieben. Tammy beachtete nicht, daß sie selbst für eine solche Aufgabe noch viel zu jung war. Sie wollte nur Danny helfen, den Weg zum Herzen seines Vaters zu finden. Aber noch wußte sie nicht, wie sie das bewerkstelligen sollte.
Endlich schlief er ein und auch sie konnte sich niederlegen. Müde genug war sie. Sie schreckte aus dem Halbschlummer empor, als ein Klingeln an ihr Ohr tönte.
Im Nebenzimmer hörte sie jemanden reden. »Nein, Gina«, sagte die Stimme zornig, »morgen habe ich keine Zeit!« Dann trat eine Pause ein, und sie hörte erneut Fabians Stimme: »Wie du willst, dann bin ich eben gefühllos.«
Leise stand sie auf und zog sich aus. Sie hätte gern noch geduscht, aber sie fürchtete, daß sie Danny aufwecken würde. Ihr Kopf schmerzte vom vielen Grübeln.
Danny rief im Schlaf nach ihr, und als sie an sein Bett trat, blickte er sie einen Augenblick schlaftrunken an.
»Wenn wir doch wenigstens das Amulett noch hätten«, murmelte er, »dann würde vielleicht alles gut.«
Trotz ihrer sorgenvollen Gedanken mußte sie lächeln. Na, vielleicht half es wenigstens Stella. Was sie wohl in Hollywood suchte?
*
Mr. Andrew hatte Stella in Grace Mac Donalds