Geschichte von Florenz (Mit Illustrationen). Niccolò MachiavelliЧитать онлайн книгу.
als er hoffte, Toscana in seine Gewalt zu bekommen und dem Könige von Neapel seine Länder zu nehmen, starb er, und hatte im Reiche Ludwig den Bayer zum Nachfolger. Die Papstwürde kam an Johann XXII., unter dessen Regierung der Kaiser nicht aufhörte, die Guelfen und die Kirche zu verfolgen, deren eifrigste Beschützer König Robert und die Florentiner waren. Folgen davon waren in der Lombardei die Kriege der Visconti gegen die Guelfen, in Toscana die Kriege Castruccios, des Herrn von Lucca, gegen die Florentiner. Da die Familie der Visconti das Herzogtum Mailand gründete, eins der fünf Fürstentümer, welche nachmals Italien regierten, so scheint es mir passend, ihren Ursprung genauer ins Auge zu fassen.
Als in der Lombardei der Städtebund sich bildete, dessen Zweck die gemeinsame Verteidigung gegen Friedrich Barbarossa war, trat Mailand, wieder auflebend aus seinen Trümmern, die erlittene Schmach zu rächen, dem Bunde bei, welcher den Kaiser zügelte und der Partei der Kirche in der Lombardei längere Zeit hindurch das Übergewicht verschaffte. In den nachfolgenden Kriegsunruhen erlangte die Familie della Torre großes Ansehen in der genannten Stadt: eine Autorität, die sich mehrte in dem Maße, wie jene der Kaiser abnahm. Als aber Friedrich II. nach Italien gekommen und durch Ezzelins Bemühungen der kaiserliche Anhang mächtig geworden war, entstanden in allen Städten gibellinische Regungen. In Mailand stellte sich an die Spitze dieser Partei das Geschlecht der Visconti, welches die della Torre aus der Stadt vertrieb. Diese aber blieben nicht lange im Exil, sondern kehrten infolge eines zwischen Papst und Kaiser abgeschlossenen Vertrages in ihre Vaterstadt zurück. Als die Päpste nach Frankreich gegangen und Kaiser Heinrich nach Italien gekommen, um in Rom gekrönt zu werden, ward er in Mailand von Matteo Visconti und Guido della Torre aufgenommen, welche damals die Häupter der beiden Geschlechter waren. Da aber Matteo den Plan hatte, des Kaisers sich zu bedienen, um Guido zu verjagen, und das Unternehmen ihm unschwer schien, weil Letzterer einer feindlichen Faktion angehörte: so benutzte er die Beschwerden des Volks über das harte Verfahren der Deutschen, und ermutigte in der Stille jeden, die Waffen zu ergreifen, um das Joch dieser Fremdlinge abschütteln. Und als er die Gemüter für hinlänglich bearbeitet hielt, veranlaßte er durch einige seiner Vertrauten einen Aufstand, worauf das ganze Volk gegen die Deutschen sich erhob. Kaum waren die Unruhen ausgebrochen, so stand Matteo mit seinen Söhnen und allen seinen Genossen in Waffen da. Sie eilten zum Kaiser, welchem sie vorstellten, wie dieser Tumult von den della Torre ausgehe, indem diese, nicht damit zufrieden, als Privatleute in Mailand zu leben, ihn aus der Stadt vertreiben wollten, um sich alle Guelfen Italiens geneigt, sich selbst aber zu Herren der Stadt zu machen. Er möge indes guten Mutes sein, denn wenn er sich verteidigen wolle, so würden sie ihm auf alle Weise beistehen. Der Kaiser hielt Matteos Aussagen für wahr, vereinigte seine Streitmacht mit der Viscontischen und griff die Torrianer an, welche nach verschiedenen Teilen der Stadt geeilt waren, den Aufstand zu unterdrücken. Einige von ihnen wurden getötet, die andern ins Exil gesandt. So blieb Matteo Visconti in Mailand mit fürstlicher Gewalt; nach ihm kam Galeazzo und Azzo, nach diesen Luchino und Giovanni. Letzterer erlangte die erzbischöfliche Würde; Luchino, der vor ihm starb, hinterließ Barnabo und Galeazzo, und des letztgenannten Sohn war Giovanni Galeazzo, der den Namen des Grafen von Virtu führte. Nach des Erzbischofs Tode schaffte dieser seinen Oheim Bernabò durch List aus dem Wege und blieb alleiniger Herr von Mailand. Er war der erste, der den herzoglichen Titel annahm. Seine Söhne waren Filippo und Giovanni Maria Angelo; dieser wurde vom mailänder Volke ermordet, worauf der Staat dem Filippo blieb, der keine männlichen Nachkommen hinterließ. So gelangte Mailand von den Visconti an die Sforza – auf welche Weise, werden wir gehörigen Orts erzählen.
Um von dieser Abschweifung zurückzukehren, so zog Kaiser Ludwig nach Italien, um seiner Partei größere Macht zu verschaffen und sich die Krone aufsetzen zu lassen. Als er sich nun in Mailand befand, stellte er sich, als wollte er den Mailändern, von denen er Geld zu erlangen wünschte, die Freiheit wiedergeben und ließ die Visconti einkerkern, später aber durch Castruccio, den Herrn von Lucca, wieder befreien. In Rom angelangt, ernannte er, um Italien in noch größere Verwirrung zu setzen, den Pietro da Corvara zum Gegenpapst und dachte durch dessen Ansehen, wie durch die Kriegsmacht der Visconti, die ihm widerstrebenden Parteien Toscanas und der Lombardei zu schwächen. Aber Castruccio starb, und dieser Todesfall war der Anfang seines Unglücks: denn Pisa und Lucca fielen ab von ihm und die Pisaner sandten den Gegenpapst gefangen nach Frankreich zum Papste, so daß der Kaiser, an dem guten Ausgang der italienischen Angelegenheiten verzweifelnd, nach Deutschland zurückkehrte. Kaum war er fort, so kam König Johann von Böhmen nach Italien, von den Gibellinen von Brescia gerufen, und bemächtigte sich dieser Stadt und Bergamos. Und da dieser Zug mit des Papstes Bewilligung stattfand, wenn derselbe auch das Gegenteil vorgab, so war der Legat von Bologna dem Könige günstig, in der Meinung, daß dies ein gutes Mittel sei, den Kaiser am nochmaligen Römerzuge zu verhindern. Dies brachte in Italien eine große Umwandlung hervor. Denn da die Florentiner und der König Robert sahen, daß der Legat die Unternehmungen der Gibellinen förderte, so wurden sie Feinde aller, denen der Legat und der böhmische König günstig waren. Und ohne Rücksicht auf guelfische und gibellinische Partei, schlossen sich viele Fürsten an sie an, unter ihnen die Visconti, della Scala, Filippino da Gonzaga von Mantua, die Carraresen von Padua und die von Este. Deshalb tat der Papst sie alle in den Bann, und aus Furcht vor diesem Bunde ging der König nach Hause zurück, größere Streitkräfte zu sammeln. Nachdem er nun mit diesen von neuem nach Italien gekommen war, fand er dennoch das Unternehmen schwierig, weshalb er, zu des Legaten Mißvergnügen, entmutigt nach Böhmen zurückkehrte, indem er nur in Reggio und Modena Besatzung, und Parma in der Hut des Marsilio und Piero de’Rossi ließ, die in dieser Stadt großen Anhang hatten. Nach seinem Abzuge schloß sich Bologna dem Bunde an und die Verbündeten teilten sich in vier Städte, die zur kirchlichen Partei sich hielten, indem sie übereinkamen, daß Parma den della Scala gehören sollte, Reggio den Gonzagas, Modena den Estes, Lucca den Florentinern. Diese Pläne führten aber viele Kriege herbei, welche später großenteils von den Venezianern beigelegt wurden. Manchem vielleicht dürfte es unpassend scheinen, daß wir bei der Erwähnung so vieler Vorfälle in Italien so lange angestanden haben von den Venezianern zu reden, da ihre Republik dem Range wie der Macht nach allen andern Staaten Italiens vorausgeht. Damit aber solche Verwunderung aufhöre, wenn man den Grund vernimmt, werde ich eine gute Weile zurückgehen, damit jedem klar werde, welcher Art die Anfänge dieses Staates waren, und weshalb derselbe so spät erst in die italienischen Angelegenheiten eingriff.
Als Attila, der Hunnenkönig, Aquileia belagerte, flüchteten nach langer Verteidigung dessen Bewohner, an ihrer Rettung verzweifelnd, mit aller Habe, die sie aufraffen konnten, auf einige öde Felsengruppen am Ausgange des Adriatischen Meeres. Auch die Paduaner, als sie den Brand nahe sahen und fürchteten, nach Aquileias Einnahme werde Attila gegen sie sich wenden, schafften ihr wertvollstes bewegliches Gut nach einem Orte in demselben Meere, den man Rivo alto nannte, wohin sie auch ihre Weiber, Kinder und Greise brachten, indem die jungen Männer allein zum Schutze der Stadt zurückblieben. Von derselben Furcht getrieben, flüchteten sich die Bewohner von Monselice und den benachbarten Hügeln nach den nämlichen Eilanden. Nachdem nun Aquileia genommen und Padua, Monselice, Vicenza, Verona von Attila verwüstet worden waren, blieben die Paduaner und die mächtigeren in jenen sumpfigen Strichen bei Rivo alto wohnen Auch die Leute aus der Nachbarschaft jener Provinz, welche vor Alters Venezien hieß, suchten derselben Kriegsfälle wegen Schutz in den Niederungen am Meere. Von Not gedrängt, verließen sie anmutige und fruchtbare Orte und gingen in unfruchtbare, unschöne, öde Gegenden. Und da viel Volkes auf einmal hier zusammenkam, machten sie diese Orte binnen sehr kurzem nicht bloß bewohnbar, sondern auch angenehm, und nachdem sie Gesetz und Ordnung untereinander eingeführt, lebten sie in Ruhe während der größten Verwirrungen in Italien, und nahmen bald zu an Macht und Ansehn. Denn außer den genannten flüchteten dahin noch manche aus den lombardischen Städten, vertrieben durch die Grausamkeit Klefs, des Königs der Longobarden. Dadurch wurde die neue Stadt bedeutend vergrößert, so daß zur Zeit Pipins des Frankenkönigs, als dieser auf des Papstes Bitten gegen die Longobarden herbeizog, in dem zwischen ihm und dem griechischen Kaiser geschlossenen Vertrage festgesetzt ward, daß der Herzog von Benevent und die Venezianer keinem von ihnen untertan sein, sondern ihre Unabhängigkeit bewahren sollten. Wie nun Not die Bewohner Venedigs gezwungen hatte, im Wasser zu leben, so brachte Not sie auch dahin, Mittel zu ersinnen, sich einen ehrbaren Lebensunterhalt zu verschaffen. Indem sie auf ihren Fahrzeugen in der ganzen Welt umherzogen, füllten sie ihre Stadt mit fremden Waren, und die andern Leute,