Gesammelte Gedichte (851 Titel in einem Buch). Christian MorgensternЧитать онлайн книгу.
geht's?«
»Dein Wohl!«
»Schmeckt's?«
»Dein Wohl!«
»Du zürnst mir nicht mehr?«
»Dein Wohl!«
»Im Ernst?«
»Dein Wohl!«
»Hab Dank!«
»Dein Wohl!«
»Aber –«
»Dein Wohl!«
»Zuviel!«
»Dein Wohl!«
»Nun –«
»Dein Wohl!«
»Wie du willst!«
»Dein Wohl!«
»Narr!«
»Dein Wohl!«
»Genug!«
»Dein –«
Der fremde Bauer
Ein Mann mit einer Sense tritt
zur Dämmerzeit beim Dorfschmied ein.
Der schlägt sie fester an den Stiel
und dengelt sie und schleift sie scharf
und gibt sie frohen Spruchs zurück
und frägt sein wer? woher? wohin?
und lauscht dem Fremden offnen Munds,
als der ihm dies und das erzählt.
Und wie die Rede irrt und kreist,
berührt sie auch das letzte Los,
das jedem fällt, und – »Unverhofft!
so möcht' ich hingehn!« ruft der Schmied –
und stürzt zusammen wie vom Blitz ...
Die Sense auf der Schulter geht
der fremde Mann das Dorf hinab.
Der Tod in der Granate
Im Mantel der Granate,
die nach dem Feind sich senkt,
liegt Meister Tod im Schlafe,
behaglich ausgestreckt.
Da zuckt mit einem Male
in jähem Schreck sein Fuß:
Versengt hat ihm die Sohle
die abgebrannte Schnur.
Ein Blitz und ein Donner –
und Rauch und Geheul –:
der Tod steht im Herzen
des feindlichen Heers.
Im Nebel
Schaurig heult das große Dampfhorn
seine Warnung in den Nebel ...
Irgendwo antwortet schaurig,
leis bald, lauter bald, ein andres ...
Angstvoll stehn die Passagiere,
jeden Nerv gespannt die Mannschaft ...
Schaurig heult das große Dampfhorn ...
Dumpf antwortet's aus dem Nebel ...
Alles späht, horcht, mißt die Pausen,
die Maschine schafft mit Halbdampf,
langsam schiebt durch undurchdringlich
Dunkel der Koloß sich vorwärts ...
Schaurig heult das große Dampfhorn ...
Dumpf antwortet's aus dem Nebel ...
In den Schiffsraum steigen Wachen,
an den Luken, an den Booten
harrt Bemannung, von der Brücke
schallt des Kapitäns Befehlsruf ...
Schaurig heult das große Dampfhorn ...
Dumpf antwortet's nah und näher ...
Die Erregung wächst zum Fieber ...
Ahnt wer, daß des Todes Hand die
Kompaßnadel abgelenkt hat,
daß der Mann am Steuer falsch fährt? ...
Schaurig heult das große Dampfhorn ...
Laut antwortet nächste Nähe ...
Böllerschlag –: Schwerfällig tasten
weiße Kugeln in die Dämmrung ...
»Schiff an Steuerbord!« – Zu spät! – Schon
schießt es rauschend, ungeheuer,
unaufhaltsam aus dem Nebel –
gräßlich mischen sich die Hörner –
rasend rolln die Steuerketten –
»Rückdampf!« – Schreie – Donnerkrachen –
alles stürzt zu Boden – Flammen
speit der Kesselraum – der Spiegel
senkt sich – aller Kampf vergebens! –
»Boote ab!« – Umsonst! – In Wirbeln,
Strudeln, Kratern dreht sich alles
tollen Tanzes in die Tiefe .....
Wo verblieb der fremde Fahrer?
Sank er? Fuhr er feig des Weges?
Lautlos lastet dicker Nebel
über totenstillen Wassern.
Am Ziel
Schlote schnauben, Lichter funkeln,
Pfeifen schrillen, Rufe schallen,
draußen vor des Bahnhofs Hallen
harrt Verderber Tod im Dunkeln.
Fest ist alles abgekartet
mit dem trunknen Wart der Weiche,
daß der Zug das Gleis erreiche,
drauf der Gegen-Eilzug wartet.
Und schon wächst es mit den grellen
Spählaternen aus der Ferne,
glühnder Rauch verhüllt die Sterne,
hohl erdröhnt das Holz der Schwellen.
Blind, im Schienen-Überfluge,
stampft der Zug die falschen Gleise:
Schimmernd grüßt das Ziel der Reise –
Leise lacht es hinterm Zuge.
Die Gedächtnistafel