Butler Parker Staffel 2 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
sagte Rander. »Taufrische Kratzspuren. Mal sehen, ob das Fenster sich hochschieben läßt!«
Nun, es ließ sich tatsächlich hochschieben.
Rander und Parker sahen sich für einen kurzen Moment an. Dann stieg der Anwalt in die Wohnung.
Muffige und verbrauchte Luft schlug ihm entgegen. Und in diesen Geruch mischte sich eine zusätzliche Note, die er nicht auf Anhieb zu deuten vermachte.
Bis er den Toten sah!
Der Mann lag auf dem Bauch. Er war halb unter eine Couch geschoben worden und mußte schon seit gut einer Stunde tot sein.
Es handelte sich übrigens um Calderhan, um ganz genau zu sein!
»Erschossen«, stellte der Butler nach einer flüchtigen Untersuchung fest. »Hinterrücks erschossen. Offensichtlich ein Mord.«
»Und kurz nach dem Anruf passiert«, sagte Rander. Er entdeckte das Telefon auf dem Sideboard. Es war total verstaubt, bis auf die Wischspuren am Hörer und unter der Wählerscheibe.
»Von hier aus hat Calderhan wohl mit Criswood gesprochen«, meinte der Anwalt. »Zeitlich paßt das genau ineinander. Länger als eine Stunde waren wir nicht unterwegs, oder?«
»Auf keinen Fall, Sir.« Parker deutete auf den toten Calderhan, »man wird nicht umhin können, die Polizei zu verständigen.«
»Sagen wir lieber, daß Criswood Bescheid bekommen muß, Parker.«
»Er wird wahrscheinlich einem Nervenzusammenbruch nahe sein, wenn er von diesem Mord erfährt«, erklärte der Butler, »die Frage ist jetzt, wer den Zeitzünder des A-Geschosses zurückstellen soll?«
»Mein Gott, daran habe ich jetzt überhaupt nicht gedacht«, rief der Anwalt entgeistert aus. »Parker, Mann. Das gibt ja eine Katastrophe! Das Ding wird ohne jede Vorwarnung hochgehen!«
»Noch knapp sieben Stunden, Sir«, meldete der Butler, nachdem er seine unförmige Zwiebeluhr erneut befragt hatte. Seine Stimme klang völlig neutral, ja, fast harmlos. Für ihn schienen die sieben Stunden gleichbedeutend mit sieben Tagen zu sein.
»Wo steckt Ihr Butler?« fragte Criswood eine halbe Stunde später. Er konnte seine Nervosität kaum noch verbergen. Er rauchte ununterbrochen und lief hin und her.
»Unterwegs. Es hat keinen Sinn, ihn näher zu befragen. Sie wissen doch, daß er seine eigenen Wege geht!«
»Ich weiß mir keinen Rat mehr«, stöhnte Criswood und sah auf den toten Calderhan. »Um fünfzehn Uhr muß ich das Geld zum Okeechobee-Kanal schaffen lassen. Hinter Pennsuco gibt es einige alte Wasserarme. Dort, an einem alten Farmerhaus, muß das Geld abgestellt werden!«
»Calderhan wird es auf keinen Fall abholen können«, sagte Rander. »Höchstens sein Mörder!«
»Der dann gegen achtzehn Uhr das A-Geschoß hochgehen läßt.«
»Stimmt, Criswood! Sieht so aus.«
»Dann brauche ich die Dollar auch nicht in die Everglades zu transportieren«, folgerte Criswood. »Was hätte das noch für einen Sinn?«
Rander und Criswood sahen sich betreten an. Sie wußten, daß dieses gefährliche und tödliche Spiel verloren war. Nur noch wenige Stunden bis zur Explosion.
»Warum ist Calderhan wohl ermordet worden? Warum hat er den Bungalow wohl verlassen?« Criswood sah den Anwalt fragend an.
»Um sich mit seinem Mörder zu treffen«, antwortete Mike Rander. »Wer dieser Mörder aber ist, weiß ich nicht.«
»Und Parker? Hat er denn wenigstens eine schwache Vorstellung?«
»Ich hoffe doch, Criswood!«
»Parker und seine verdammte Geheimniskrämerei«, schimpfte Criswood plötzlich wütend los. Die Nerven gingen mit ihm durch. Sekunden später merkte er es und sah den Anwalt nur entschuldigend an.
»Ich weiß, wie es in Ihnen aussieht«, sagte Mike Rander. »Ich muß auch unentwegt an dieses Atomei denken, das irgendwo in Frisco versteckt ist.«
»Frisco kann man doch nicht evakuieren!« murmelte Criswood. »Unsere einzige Hoffnung besteht darin, daß Calderhans Mittelsmann den Zeitzünder von sich aus zurückdreht.«
»Wenn dieser Vertrauensmann überhaupt weiß, um was es geht, Criswood. Und das bezweifle ich sehr. Calderhan wird ihn bestimmt nicht eingeweiht haben. Wäre ja auch viel zu gefährlich. Der Mann müßte ja stets damit rechnen, daß er selbst in die Luft gepustet und atomisiert wird.«
»Wenn man nur wüßte, ob Parker etwas erreicht«, murmelte der CIA-Agent. »Ich bin mit meinem Latein am Ende!«
Parker hörte das melodische Glockenspiel über sich und nahm grüßend die schwarze steife Melone ab.
Er wollte Miß Ginger Coltax einen kleinen Höflichkeitsbesuch abstatten.
Doch statt Ginger Coltax erschien eine ebenfalls recht attraktiv aussehende junge Dame, die aber um gut fünf Jahre jünger war.
»Sie wünschen, Sir?« fragte sie.
»Ich bin mit Miß Ginger Coltax verabredet«, sagte Parker, die Wahrheit ein wenig korrigierend.
»Oh, das tut mir aber leid«, erklärte die Verkäuferin. »Miß Coltax ist vor etwa zwei Stunden weggefahren.«
»Etwa für längere Zeit?«
»Doch, Sir. Sie nahm den Wagen. Sie will übermorgen erst wieder zurück sein.«
»Sie wissen nicht zufällig, wo ich Miß Coltax erreichen kann?«
»Sie hat keine Adresse hinterlassen, Sir. Tut mir leid!«
»War denn wenigstens Mister Calderhan hier?« fragte der Butler harmlos und freundlich weiter.
»Doch ja, Sir!«
»Wann ist das gewesen? Es ist ungemein wichtig, es geht um ein wichtiges Geschäft in Sachen Edelpelzen!«
»Das war vor einigen Stunden«, erwiderte die Verkäuferin arglos. »Miß Coltax nahm ihn sofort mit hinüber in ihr Büro.«
»Und dann fuhren sie gemeinsam weg, nicht wahr?«
»Ja, das stimmt!«
»Fiel Ihnen irgend etwas auf?«
»Nun ja, Mister Calderhan sah ziemlich mitgenommen aus, richtig ungepflegt. Er war noch nicht einmal rasiert!«
»Es kam selbstverständlich zu einem Streit zwischen Miß Coltax und Mister Calderhan, nicht wahr?«
»Doch, das stimmt auch, Sir«, gab die arglose Verkäuferin zurück. Sie freute sich, solch einem gepflegt aussehenden Mann behilflich sein zu können. Hinzu kam selbstverständlich ihre Klatschsucht, gegen die der Butler aber nichts einzuwenden hatte.
»Eine Frage am Rande. Besitzt Miß Coltax ein Boot draußen im Jachthafen?«
»Nein, leider nicht, aber ihr Vater. Sie benutzt es hin und wieder, wenn sie übers Wochenende ausspannt. Mich hat Miß Coltax auch schon häufig mitgenommen.«
»Sie wissen ja dann, um welch ein Boot es sich handelt, nicht wahr?«
»Ja, ein Motorboot. Nicht besonders schnell, aber sehr flach! Das ist für die Everglades gut, müssen Sie wissen, dort gibt es viele flache und sumpfige Stellen.«
»Demnach kennt Miß Coltax sich in den Glades recht gut aus, nicht wahr?«
»Doch, bestimmt, Sir! Sie hat ja draußen in der Nähe von Pennsuco ein Ferienhaus.«
»Glücklich, so etwas zu besitzen«, meinte Parker elegisch. »Gibt es eine Telefonverbindung dorthin?«
Die junge Verkäuferin schüttelte den Kopf.
»Darauf hat Miß Coltax ganz bewußt verzichtet«, erklärte sie dann, »wenn sie ausspannt, will sie ungestört sein!«