Im Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
auch daran, was für Schwierigkeiten die Stewardess bekommt?«, fragte sie vorsichtig.
»Ich werde sie dafür entschädigen.«
Völlig unlogisch war er. Einerseits wollte er mit Jacky in der Versenkung verschwinden, andererseits wollte er die Stewardess entschädigen.
»Sie heißt Dorrit Maxwell«, erklärte er. »Man könnte ja versuchen, ihre Adresse in Erfahrung zu bringen, ohne selbst in Erscheinung zu treten. Und dann bekommt sie einen Scheck.«
»Oh, Eric, du machst es dir leicht!«, stöhnte Mary-Ann.
»Würdest du Jacky fortstoßen?«, fragte er misstrauisch.
»Nein, natürlich nicht, aber es lässt sich doch sicher eine Möglichkeit finden, um eurer gegenseitigen Zuneigung gerecht zu werden.«
»Sie hat sich einen Daddy gewünscht, und nun hat sie einen«, war sein einziges Argument.
*
Dorrit Maxwell saß auf der Straße. Obgleich eine Rückfrage ergeben hatte, dass die Freiin von Czibulski vor drei Tagen einem Herzschlag erlegen war und niemand etwas von dem Kind wusste, hatte man sie fristlos entlassen. Und nun suchte man Mr Ride.
Sie überlegte krampfhaft, wie sie ihn finden könnte, bevor es anderen gelang.
Mechanisch lenkte sie ihre Schritte zum Taxistand, von dem gestern Eric Ride mit Jacky nach Erlenried gefahren war.
»Könnten Sie mir bitte sagen, wo der Ort Erlenried liegt?«, fragte sie den Taxichauffeur, der sie verblüfft anstarrte. »Ist es sehr weit?«
»Schönes Stück«, erwiderte er. »Hatte gestern erst eine Fahrt dorthin. Kostet aber eine Stange Geld, Fräulein.«
»Fahren Sie mich bitte zum Bahnhof«, sagte Dorrit.
Wenn das kein Zufall war! Es musste der Chauffeur sein, der Mr Ride und Jacky befördert hatte.
»Sie haben einen Herrn und ein kleines Mädchen nach Erlenried gefahren?«, fragte sie vorsichtig.
»Genau. Gehören Sie auch dazu?«, wollte er wissen. »Krach gehabt mit dem Ehemann?«
Sie errötete, nickte dann aber kurz entschlossen.
»Das ist aber eine Liebe zwischen Vater und Tochter«, brummte er. »Daddy hin und Daddy her, und er hat für nichts anderes Augen. Für so eine hübsche junge Frau auch nicht?«
»Ach Gott, es kommt überall mal was vor«, sagte sie rasch und war froh, dass Mr Ride es nicht hören konnte.
»Wollen Sie nicht doch mit dem Taxi fahren?«, erkundigte er sich. »Gespickt ist er doch. Er wird es schon zahlen. Oder hält er Sie kurz? Das soll ja auch vorkommen. Oder haben die beiden erwachsenen Kinder was gegen Sie? Er war wohl schon mal verheiratet?«
Ihr wurde diese Vertraulichkeit lästig. Sie schwieg beharrlich und war froh, als sie den Bahnhof erreichten.
»Aber vergessen Sie nicht, in Hohenborn auszusteigen«, meinte der Chauffeur. »Ob Sie da allerdings ein Taxi nach Erlenried bekommen, ist die Frage. Ist ein kleines Kaff.«
Sie atmete auf, als sie draußen war. Fast hätte sie ihren kleinen Koffer vergessen.
Menschenschlangen standen vor den Schaltern. Der Wochenendverkehr setzte offenbar schon ein.
Aber Dorrit hatte Glück. Die Verbindung nach Hohenborn war gar nicht allzu schlecht, der Fahrpreis erschwinglich, und in einer halben Stunde konnte sie auch schon fahren.
Nun, Mr Ride würde Augen machen, wenn sie aufkreuzte. Obgleich sie sich sagte, dass sie seinetwegen ihre Stellung verloren hatte, konnte sie keinen Groll gegen ihn empfinden.
Es war schon selten in dieser manchmal so unmenschlichen Welt, dass ein Mann so viel Gemüt hatte. Dorrit war davon beeindruckt. Auch jetzt noch.
Aber sie hatte auch ihre eigenen Sorgen. Mit zweiunddreißig Jahren war sie ohnehin schon fast zu alt, um Stewardess zu sein. Versteckt hatte man es ihr schon öfter angedeutet, aber weil sie sehr viel Erfahrung besaß, hatte man sie dann doch behalten.
Nun musste sie sich jedenfalls eine neue Stellung suchen. Oder einen Mann!
Nein, dachte Dorrit, die schon ihre Erfahrungen – und recht trübe – gesammelt hatte. Nur heiraten, um versorgt zu sein, kam nicht infrage. Gefunden hätte sie ganz sicher einen, aber sie hatte ihre Grundsätze.
Mac, der Pilot, hatte sich mit recht unglücklicher Miene von ihr verabschiedet und versprochen, ihr zu schreiben.
Ach was, er wird es schnell vergessen, dachte sie. Keiner ist unersetzlich.
Zum Teufel, warum waren diese Menschen nur so penetrant bürokratisch. Da war ein Kind, elternlos, verlassen, die Großmutter war auch gestorben, und der Mann, der sich seiner so liebevoll annahm, bekam obendrein noch Ärger.
*
Im Sonnenwinkel und in Erlenried sprach es sich herum, dass im Herrenhaus jetzt auch ein kleines Mädchen wohnte.
Bambi Auerbach, die es gar nicht verstehen wollte, dass man es noch nicht zu Gesicht bekommen hatte, wollte den Dingen mal auf den Grund gehen. Sie nahm ihren Collie Jonny und zog los.
»Gehe bloß ein bisschen spazieren, Mami«, erklärte sie ihrer Mutter.
»Aber nicht durch den Wald!«, warnte Inge Auerbach.
Bambi sah sie unschuldsvoll an.
»Ach was, da ist doch gar kein böser Geist, das ist doch der Emmerich, der dort herumstreicht. Der ist doch nicht ganz richtig im Kopf.«
»Woher weißt du, dass es der Emmerich ist? Und warum hast du mir davon nichts gesagt, Bambi?«, fragte Inge Auerbach vorwurfsvoll.
Bambi senkte schuldbewusst ihren Kopf.
»Sollst dich nicht aufregen. Wir haben ihn neulich bloß gesehen, als wir bei der Felsenburg waren, aber Hannes, Tino und die anderen waren auch dabei. Und Jonny auch. Und dann ist noch Pfarrer Frerichs gekommen und hat gesagt, dass man den Emmerich in Ruhe lassen soll. Er ist doch schon so alt.«
»Du gehst dennoch nicht durch den Wald!«, erklärte Inge Auerbach kategorisch.
»Ist gut, Mami, ich gehe nicht durch den Wald«, sagte Bambi folgsam.
Erst als sie außer Sichtweite war, fiel es Inge Auerbach ein, warum Bambi unbedingt spazierengehen wollte. Das hing sicher mit dem kleinen Mädchen zusammen, das Eric Ride mitgebracht hatte. Sandra Münster hatte es ihr erzählt.
Sie wohnten nun schon lange genug im Sonnenwinkel, um mit allen vertraut zu sein. Nur von Titus Grossmann hatten sie bisher kaum etwas gewusst.
Er kam erst ins Gespräch, seit Freddy sich mit Eva Grossmann angefreundet hatte und Leopold Grossmann den Fohlenhof plante.
Bambi trabte indessen weiter. Jonny wich nicht von ihrer Seite. Sie unterhielt sich mit ihm.
»Bei uns ist jetzt immer mehr los«, murmelte sie vor sich hin.
»Nun sind auch schon viele Leute da. Und es werden noch mehr, Jonny. Na ja, Papi sagt, warum soll es anderen hier nicht auch gefallen. Ist ja klar, dass sie aus der Stadt fort wollen. Da ist es eben nicht so schön. Da haben es die Hunde auch nicht so gut wie hier. Wir haben schon ein schönes Leben. Schade, dass du nicht reden kannst. Würde gern mal deine Meinung hören.«
Er tat ihr den Gefallen und gab Laut. Sie streichelte ihm den Kopf.
»Verstehst mich doch, Jonny«, sagte sie liebevoll.
Da hörte sie ein Auto kommen und ging schnell an die Straßenseite.
Es war ein Taxi aus Hohenborn. Den Fahrer kannte sie schon. Er brachte oft Besucher.
Er winkte ihr zu, und plötzlich hielt er an. Bambi sah, dass eine junge Dame ausstieg.
Das Taxi wendete und fuhr zurück. Die junge Dame wartete, bis Bambi zögernd näher trat.
»Der