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Tokio - Berlin: Von der japanischen zur deutschen Kaiserstadt. Jintaro OmuraЧитать онлайн книгу.

Tokio - Berlin: Von der japanischen zur deutschen Kaiserstadt - Jintaro Omura


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gehen und kommen; zahllose Equipagen und Droschken rollen hin und her; dazwischen drängen sich seltsame, von keuchenden Chinesen geschobene Personenkarren und leichte Fahrräder; unter Trommelschlag und Musik marschieren die Soldaten, japanische, englische, französische, alle in den Uniformen ihrer Nation, schwarz, blau, grau etc. angezogen – ein buntes Bild, von dem sich die Augen schwer trennen können (wegen der Wirren in Nordchina waren Truppen verschiedener Nationen in Shanghai einquartiert). Wie wir so dahinfuhren, wähnten wir fast, wir seien schon in der uns vorderhand noch fremden Welt einer europäischen Stadt; indessen mahnten uns die Chinesen daran, daß wir uns noch nicht weit von unserer Heimat entfernt hatten.

      Englische Kavallerie in Shanghai.

      Straße in Shanghai.

      Wir fuhren durch einige Straßen der Neustadt, wo zu beiden Seiten viele chinesische Verkaufsläden stehen, und hatten Gelegenheit, das Straßenleben der Chinesen in Augenschein zu nehmen. Die Straßen sind ziemlich schmutzig, voller Lärm und Gedränge. Die Häuser sind größtenteils aus Holz gebaut und mit grellen Farben angestrichen; rot, die Lieblingsfarbe der Chinesen, wiegt vor, es findet auch grün und gelb große Verwendung. Aus den Fenstern sieht man hier und da Wäsche, alte Kleider u. dergl. herunterhängen, die, über den Häuptern der Vorbeigehenden gemächlich flatternd, zu dem Schmuck der Stadt in seltsamer Weise beitragen. Die Verkaufsläden sind meist offen und am Eingang hängen Schilder von verschiedener Farbe und Form, worauf allerlei Worte, meistens langatmige Erklärungen oder großsprecherische Lobpreisungen des zu verkaufenden Gegenstandes, zu lesen sind. Als Einfuhrartikel werden Opium, Wolltuche, Metalle, Lampen, Uhren, Zündhölzer, Petroleum u. s. w., als Ausfuhrartikel Seide, Tee, Baumwolle, Felle, Schweinsborsten, Strohgeflechte, Talg u. s. w. gehandelt.

      Chinesischer Schuhmacher.

      Unter den Verkaufsläden trifft man auch nicht wenige, in denen Fett- und Eßwaren feilgeboten werden; auch getrocknete Fische, Gemüse, Früchte u. s. w. liegen lockend ausgebreitet zum Verkauf. Hier drängen sich viele Käufer, Städter wie Landleute, grell geschminkte Frauen in bunten Gewändern, geputzte Männer mit langen Zöpfen, jeder nach seinem Geschmack gekleidet. Ferner findet man auch manch' schöne, nach europäischem Muster eingerichtete Häuser mit Schaufenstern, die einheimische wie importierte Fabrikate bergen und wo man wirklich gute Waren beziehen kann; aber im allgemeinen haben die chinesischen Kaufläden und das Straßenleben, wie lebhaft sie auch den neugierigen Augen eines Fremden erscheinen mögen, ein düsteres, träges und unsauberes Aussehen.

      Wir fuhren nun geradenwegs durch die Straße Damaro, auch Nankinro genannt, zu deren Seiten sich die meisten eleganten Verkaufsläden, europäische und chinesische, vorfinden, und gelangten in den Lustgarten Gu-En[1]. Dieser Garten, den der Besitzer vielleicht aus Bescheidenheit so genannt, sollte wahrhaft wundervoll angelegt sein, aber leider war er nicht imstande, japanische Augen zu erfreuen; da er weder etwas Schönes noch Neues bot, so verlohnt es sich nicht, ihn ausführlich zu beschreiben. Ein paar Baumgruppen, deren fahles Grün nicht gerade anziehend wirkt, ein altes Gebäude chinesischen Stils, das so aussah, als wäre es nie mit einem Besen in Berührung gekommen, ein kleiner Teich mit trübem Wasser, worin etliche Goldfische ein elendes Dasein führten, einige komisch geformte Felsblöcke, die als Zeugen einer rohen plastischen Arbeit dastehen, und am Ausgang eine Art von Theater, in welchem dann und wann chinesische Operetten aufgeführt werden... das ist wohl alles, was man hier zu sehen bekommt. – Zwei Dinge fielen mir hier besonders auf: ein paar Opiumstuben – sehr einfache, meist nur mit einem Sofa ausgestattete Zimmer. Dort legt sich dann der Chinese aufs Ruhebett, raucht Opium und verträumt im Zustand der Betäubung den lieben langen Tag. Und weiter: ein paar irdene Becken, die im Garten unter freiem Himmel standen und eine dunkle trübe Masse enthielten. Ich glaubte, die Flüssigkeit sei zum Begießen der Pflanzen da, aber zu meinem Erstaunen erfuhr ich, daß sie zum – Trinken aufbewahrt werde. Echt chinesisch!

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