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Wachtmeister Studer. Friedrich C. GlauserЧитать онлайн книгу.

Wachtmeister Studer - Friedrich C.  Glauser


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an je­nem Abend, oder wenn Sie lie­ber wol­len, in je­ner Nacht. Wann en­det ei­gent­lich der Abend und wann be­ginnt die Nacht? Kön­nen Sie mir das de­fi­nie­ren, Herr Dok­tor?… – Sie ken­nen doch die Ta­schen an den Sei­ten­tü­ren der Au­tos, dort, wo man ge­wöhn­lich die Land­kar­te ver­sorgt? Den Staub dort, den hab ich aus so ei­ner Ta­sche her­aus­ge­kratzt. Das letz­te Glied, Herr Dok­tor, der Wacht­meis­ter Stu­der hat sich nicht bla­miert. Aber der Wacht­meis­ter Stu­der hat kei­ne Ah­nung, wie die gan­ze Ge­schich­te aus­ge­hen wird. Kei­ne Ah­nung! Den­ken Sie!… Ich will schla­fen«, sag­te plötz­lich Stu­der. Er schloss den Mund, die runz­li­gen Li­der fie­len ihm über die Au­gen, er tat einen tie­fen Seuf­zer.

      »Ar­mer Kerl!« sag­te Dr. Neu­en­schwan­der. Er ging einen Nach­barn ho­len. Zu zweit tru­gen sie Stu­der ins Gast­zim­mer, zo­gen ihn aus und deck­ten ihn or­dent­lich zu. Neu­en­schwan­der füll­te noch eine Bett­fla­sche mit heißem Was­ser, leg­te sie an Stu­ders Füße, die eis­kalt wa­ren. Er ließ die Zim­mer­tü­re of­fen und ging zu­rück an sei­nen Schreib­tisch. Dort las er bis ge­gen ein Uhr. Alle Stun­den sah er nach dem Wacht­meis­ter. Der muss­te schwe­re Träu­me ha­ben. Er mur­mel­te oft, fast im­mer die glei­chen Wor­te:

      ›Mi­kro­skop‹, war zu ver­ste­hen, ›Dau­men­ab­druck‹. Und noch ein Mäd­chen­na­me. ›Son­ja‹.

      Um vier Uhr stand Dr. Neu­en­schwan­der noch ein­mal auf. Stu­ders Tem­pe­ra­tur war auf sie­ben­und­drei­ßig ge­fal­len.

      Der Fall Wendelin Witschi zum letzten Mal

      Ein trü­bes Be­gräb­nis.

      Na­tür­lich reg­ne­te es wie­der. Im Lätt­bo­den des Fried­hofs füll­ten sich die Fuß­stap­fen, kaum dass man den Schuh aus der zä­hen Erde ge­zo­gen hat­te, mit gel­bem Was­ser. Wen­de­lin Wit­schis Grab war nur von zehn Re­gen­schir­men um­stan­den, und die Trop­fen, die auf die zehn ge­spann­ten schwar­zen Tü­cher fie­len, trom­mel­ten einen lei­sen, trau­ri­gen Wir­bel.

      Der Pfar­rer mach­te es kurz. Son­ja schluchz­te. Frau Wit­schi stand auf­recht ne­ben ih­rer Toch­ter. Sie wein­te nicht. Ar­min war nicht ge­kom­men. Nach dem Pfar­rer sprach der Ge­mein­de­prä­si­dent Äsch­ba­cher ein paar Wor­te. Sie mach­ten ihm sicht­lich Mühe.

      Stu­der stand ne­ben Dr. Neu­en­schwan­der und war froh, dass er sich auf den Arm des Arz­tes stüt­zen konn­te. Aber als nun alle lang­sam auf das Fried­hof­stor zu­schrit­ten, mach­te sich Stu­der von sei­nem Beglei­ter los, hol­te den Ge­mein­de­prä­si­den­ten ein und sag­te:

      »Herr Ge­mein­de­prä­si­dent, ich soll­t’ mit Euch re­den.«

      »Mit mir, Wacht­meis­ter?«

      »Ja«, sag­te Stu­der.

      »So kommt!«

      Äsch­ba­chers Auto stand auf der Stra­ße. Der Ge­mein­de­prä­si­dent öff­ne­te den Schlag, zwäng­te sich auf den Sitz vor das Steu­er­rad, wink­te Stu­der. Der Wacht­meis­ter stieg ein. Er schüt­tel­te dem Arz­te zum Ab­schied die Hand, dann schlug er selbst den Schlag zu.

      Es war we­nig Platz vor­han­den, denn bei­de wa­ren sie nicht ge­ra­de ma­ger. Äsch­ba­cher drück­te auf den An­las­ser. Stu­der starr­te auf die Ta­sche, die am Wa­gen­schlag an­ge­bracht war.

      Äsch­ba­cher schwieg. Das Auto kehr­te, fuhr ins Dorf zu­rück, fuhr vor­bei an den vie­len, vie­len La­den­schil­dern. Ger­zen­stein, das Dorf der Lä­den und Laut­spre­cher! – Wann hat­te Stu­der das Dorf so ge­nannt? War das lan­ge her? Am Sams­tag. Und heu­te war Diens­tag. Zwei Tage nur la­gen da­zwi­schen!

      Die Laut­spre­cher wa­ren nicht zu hö­ren. Ent­we­der war es noch zu früh, oder der Lärm des Au­tos über­tön­te ihre Mu­sik, ihre Re­den.

      Das Dorf Ger­zen­stein! Ein Dorf? Wo wa­ren die Bau­ern in die­sem Dor­fe? Man sah nichts von ih­nen. Sie wohn­ten wohl hin­ter der Fassa­de der Lä­den, ir­gend­wo, in den Hin­ter­grün­den.

      Äsch­ba­cher schnauf­te. Den Mann muss­te viel be­drücken.

      Und wäh­rend der Wa­gen in die Bahn­hof­stra­ße ein­bog, auf dem klei­nen Stück We­ges, der von der Haupt­stra­ße bis zur Dru­cke­rei des ›Ger­zen­stei­ner An­zei­ger­s‹ führ­te, er­leb­te Stu­der noch ein­mal den gest­ri­gen Abend.

      Der Cot­te­reau, der sich end­lich ent­schlos­sen hat­te zu spre­chen. Der Cot­te­reau, der ge­se­hen hat­te, wie Äsch­ba­cher den Brow­ning in eine je­ner Ta­schen ver­sorgt hat­te, die an den Tü­ren der Au­tos an­ge­bracht sind. Cot­te­reau er­in­ner­te sich gut. Er war an je­nem Abend spa­zie­ren­ge­gan­gen, an je­nem Diens­tag­abend. Üb­ri­gens hat­te er alle Per­so­nen des Dra­mas ge­se­hen, den Leh­rer Schwomm, der mit ei­ner Schü­le­rin aus der drit­ten Se­kun­dar­schul­klas­se spa­zie­ren­ge­gan­gen war (dar­um das ver­däch­ti­ge Schwei­gen des Leh­rers!), den Wen­de­lin Wit­schi, der von sei­nem ›Zehn­der­li‹ ab­ge­stie­gen und im Wald ver­schwun­den war, er hat­te Äsch­ba­chers Auto wie­der­er­kannt, er hat­te den Ge­mein­de­prä­si­den­ten ge­se­hen, wie er Wit­schi ge­folgt war…

      »Ich glau­be, wir ge­hen zu mir in die Woh­nung«, sag­te Äsch­ba­cher. Das Auto stand still vor ei­nem ei­ser­nen Tor, des­sen Spit­zen ver­gol­det wa­ren. Da war die Bo­gen­lam­pe mit den stei­fen, ro­ten Blu­men um ih­ren So­ckel, dort war der Bahn­hof mit dem Kiosk, in dem sonst Ana­sta­sia Wit­schi Ro­ma­ne las, wäh­rend sie auf Kun­den war­te­te. Frau Ana­sta­sia Wit­schi, die mit dem Ge­mein­de­prä­si­den­ten ver­wandt war…

      Und als sie da­mals er­fah­ren hat­te, dass ihr Mann tot war, was hat­te sie da ge­sagt?

      »Zwei­und­zwan­zig Jah­re!«

      Und war im Zim­mer hin und her­ge­lau­fen.

      »Wie Ihr wollt«, sag­te Stu­der auf die Fra­ge Äsch­ba­chers, die ei­gent­lich gar kei­ne Fra­ge, son­dern eine Auf­for­de­rung ge­we­sen war. Der Wacht­meis­ter be­trach­te­te den di­cken Mann un­auf­fäl­lig von der Sei­te.

      Bü­ros. Mäd­chen sa­ßen vor Schreib­ma­schi­nen und be­gan­nen wie wild auf die Tas­ten los­zu­häm­mern, als Äsch­ba­cher in der Tür auf­tauch­te.

      »Gu­ten Tag, Herr Di­rek­tor, grüß-ech, Herr Ge­mein­de­prä­si­dent…«

      Ein al­ter Mann, fast ein Zwerg, trat Äsch­ba­cher in den Weg. Er hielt Druck­bo­gen in der Hand. Der Zei­ge­fin­ger, mit dem er den Li­ni­en des Ge­druck­ten folg­te, wäh­rend er eif­rig auf Äsch­ba­cher ein­sprach, hat­te eine ver­krüp­pel­te Spit­ze. Stu­der sah dies al­les über­deut­lich. Da­bei fühl­te er sich recht elend. Es war ihm, als be­stün­den sei­ne Bei­ne aus zu­sam­men­ge­näh­ten Fla­nel­lap­pen, und als sei­en sie mit Sä­ge­spä­nen ge­füllt.

      Auf die weit­schwei­fi­gen Be­mer­kun­gen des wei­ßen Zwer­ges ant­wor­te­te Äsch­ba­cher nur zer­streut. Er dräng­te vor­wärts, wei­ter, wei­ter. Den Hut hat­te er ab­ge­nom­men, die brau­ne Lo­cke kleb­te noch im­mer auf sei­ner Stirn.

      Eine klei­ne Türe. Das Stie­gen­haus. Im ers­ten Stock die Woh­nungs­tür. Ne­ben der Tür ein Mes­sing­schild, dar­auf in schwar­zen Buch­sta­ben: Äsch­ba­cher. Kein Vor­na­me, kein Ti­tel, nichts. Es pass­te zu dem Man­ne.

      »Tre­tet ein, Wacht­meis­ter«, sag­te der


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