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Viva l'Italia. Gerhard TotschingerЧитать онлайн книгу.

Viva l'Italia - Gerhard  Totschinger


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Morgen war alles da, auch der Anhänger. Nur die Instrumente fehlten, die gestern noch im Anhänger gewesen waren. In diesem Fall hatte der Reiseleiter keine einschlägige Erfahrung, er hatte auch noch nie von der Porta Portese gehört, zudem war der nächste Sonntag noch weit, also – Geschrei, Polizei, Anzeige, und die Instrumente waren verschwunden auf ewig. Freilich lassen sich auch leichter Interessenten für Flügelhörner und Basstuben finden als für Busreifen seltener Dimension, an der Porta Portese wie überall.

      Das kann natürlich auch ganz anders vor sich gehen. Auf das Klischee soll man sich nicht verlassen. Ich habe einmal den Freund Peter Weck, der mich in Todi in Umbrien besucht hatte, zum Flughafen Leonardo da Vinci gebracht. Wir waren früh dran, Mittag war nahe, der Freund, Gourmet, lud ein, ich ließ mein Auto am Stadtrand und wir nahmen ein Taxi zu einem Hotel mit bekannt gutem Restaurant. Angekommen, niedergesetzt, den Aperitif bestellt – und aus war es mit der Ruhe. Mein Gastgeber hatte das Taxi bezahlt und dabei die Brieftasche verloren, mit Kreditkarten, Flugticket, Geld.

      Mit wenig Hoffnung ging ich zum Portier. Ich kannte nur die Telefonnummer des Taxiunternehmens, die steht ja auf jedem Wagen dieser Kette. Der Portier blieb ruhig, hat die Taxizentrale angerufen, kurz, nach zehn Minuten war unser Taxi wieder da, mit Brieftasche, Kreditkarten, Flugticket, Geld. Das Mittagessen hat uns dreimal so gut geschmeckt. Viva l’Italia.

      Der Campo de’ Fiori ist ein echter Markt, keiner mit gebrauchter Kleidung und gestohlenen Autoreifen. Er hat in Roms Geschichte eine berüchtigte Rolle gespielt. Das war der Ort, an dem die Kirche sich gerächt hat. Die Inquisition hat an dieser Stelle oft zugeschlagen. Hier wurde am 17. Februar 1600 der Philosoph Giordano Bruno als Ketzer verbrannt, er hatte die Rolle des Papstes infrage gestellt. Sein Denkmal dominiert den alten Platz, der im antiken Rom ein Pferdemarkt war.

      Heute findet man hier, wie man es entsprechend dem Namen erwartet, auch Blumen, aber vor allem alles, was die Küche Roms bietet. Aber man kommt so gerne auf den Campo, in erster Linie, weil er so schön ist.

      Gerade die Römer kommen gerne hierher und kaufen ein, die Touristen kaufen kaum und schauen lieber. Man kocht ja nicht selbst im Hotelzimmer. Außerdem ist das ein recht kostspieliger Markt, es lässt sich in Rom günstiger einkaufen – aber nicht schöner, und das ist es eben. Und dann – es gibt rund um die Verkaufsstände viele kleinere und größere Lokale, Bars, Restaurants. Hat man sich entschlossen, eine kleine Wohnung zu mieten, eine Zeit lang zu bleiben, herzliche Gratulation, so wird man schnell in der näheren Umgebung einen günstigeren Markt finden, jeder Stadtteil hat nicht nur einen.

      Und wem der Bummel bei leisem Regen oder überhaupt im Freien nicht so angenehm ist – es gibt ja auch gedeckte Märkte, wie den an der Piazza Alessandria, Glas, Stahl, Jugendstil.

      Solche gedeckten Märkte finden sich in Italiens Norden und Süden und sind oft ein Grund für einen Umweg. Allerdings, auf so kultivierte Weise wie in Padua wird man schwer woanders einkaufen. Man fühlt sich wie in der Wiener Staatsoper, was die Architektur betrifft, und im siebenten Himmel eines Kochs, was das Angebot betrifft.

      Die Palazzi della Ragione gehörten zu den stehenden Einrichtungen vieler Städte Italiens, auch kleinerer. Sie waren im weiteren Sinn Verwaltungsgebäude, ursprünglich Sitz der Comune, aber sie bekamen nach und nach auch andere Aufgaben. Paduas Palazzo della Ragione ist einer der Stars seiner Gattung.

      Er wird von zwei Plätzen flankiert, deren Namen schon ihre Funktion anzeigen – Piazza delle Erbe und Piazza dei Frutti, Kräuterplatz und Früchteplatz. Vom Montagmorgen bis zum späten Samstagnachmittag lässt es sich auf diesen Plätzen und in dem Palazzo selbst einkaufen, wie kaum sonst wo im oberen Italien. Am Morgen kommen Bauern, Blumenhändler, Gemüsezüchter, bauen ihre Waren auf und damit ist schon ein wesentliches Element dieses Marktes geschaffen – die Schönheit, Buntheit, Vielfarbigkeit. Dieses Schauspiel wiederholt sich Tag für Tag, Morgen für Morgen. Und dann – das Angebot!

      Gemüsesorten, die man in anderen Ländern nicht findet, machen hier einander Konkurrenz, in unübertrefflicher Qualität. Ob man Spargel sucht oder Kartoffeln, die noch tatsächlich Geschmack haben, jung, winzig, man wird sie nicht schälen, oder Artischocken, alles gibt es. Als man etwas weiter im Norden Topinambur vielleicht noch für ein Musikinstrument gehalten hat, wurde in Padua damit Suppe oder Püree gemacht. Fenchel, Zucchiniblüten, Auberginen, alle Sorten von Sellerie, Radicchio, Mangold, Romanesco – eine Karfiolart, Pilze, Karotten jung und zart, groß und kräftig in der erwarteten Farbe – und in Blau. Alles gibt es. Das ist ja auch nicht zu verwundern in einem Land mit einer Accademia Italiana del Peperoncino, einem Festival des Peperoncino.

      Das gehört nun nicht zum eigentlichen Thema Markt, aber in solch einer Liebeserklärung muss es sein. Der Bau, die Basilica selbst, noch ohne jedes Gemüse – das war einst ein Weltwunder und wer nicht verlernt hat, zu staunen, sieht es auch heute so.

      Der Salone, das erste Geschoß also, ist ein Wunder der Statik, 81 mal 27 m, dazu 27 m hoch – und keine Säule, die die nächste Etage, das Dach stützt. Der Salone ist von Wänden umgeben, die voll prachtvoller Fresken sind, und er birgt ein merkwürdiges Wesen aus dem 15. Jahrhundert – ein Pferd. Dieses riesige Holzross hat Graf Annibale Capodilista in Auftrag gegeben und bezahlt – ein Preis in einem Wettbewerb um 1466. Um weitere Details mag sich der Reiseführer kümmern.

      Von Padua nach Vicenza ist es nicht weit, beide Ziele liegen an der Autobahn nach Mailand. Wer die Basilica von Padua nun kennt – der Begriff ist klar zu unterscheiden von der Basilica der Katholischen Kirche, vom Papst zu dieser Ehre erhoben – mag sich auf die Schwester in Vicenza freuen. Hier steht die Basilica des Andrea Palladio – aber diese ist kein Markt und war es auch niemals. Doch im Zusammenhang mit dem Thema muss man dieses unglaubliche Bauwerk erwähnen. Errichtet zwischen 1549 und 1614, steht der Bau auf den Grundfesten eines Vorgängers, der zum Teil eingestürzt war. Die Reste musste Palladio einplanen. Das ist ihm – bei seinem ersten Auftrag – auf derart glänzende Weise gelungen, dass er ab da ein gemachter Mann war. Nun kamen Aufträge in großer Zahl. Vicenza, Heimatstadt des Architekten, hat das Glück, mehrere seiner wichtigsten Bauten zu besitzen. Mit der Basilica, dem Palazzo della Ragione, dem Rathaus von Vicenza, hat Palladio sich in die Architekturgeschichte eingetragen.

      Einem Markt, wie in Padua, dient das Gebäude also auch heute nicht. An mehreren Wochentagen erstreckt sich der Markt nahe dem Domplatz durch die Gassen, aber er ist im Gegensatz zu vielem anderen in Vicenza nicht bemerkenswert.

      Vicenza und Padua zählten einst zum Machtbereich der Serenissima. Venedig ist nahe, und dort gibt es mehrere Märkte, klassische und spezialisierte, die alleine ein Grund für einen Umweg wären.

      Nahe dem Rialto, auf beiden Seiten der Brücke, findet man Krawatten, Halstücher, Gemüse, Obst, Brot, Lederwaren und auf dem Rialto selbst allen möglichen Schmuck. Aufregend wird es in der Nähe, am Fischmarkt – der aber, mit seinen beiden Hallen, ist weltbekannt, man muss ihn nicht anpreisen und nicht beschreiben.

      Einen anderen Markt kennen weit weniger Touristen, wohl aber alle einheimischen Kenner, die deshalb von weither nach Venedig kommen. Der mercatino dell’ antiquariato am Campo San Maurizio. Hier gibt es mehrere Bauten von Bedeutung. Da ist vor allem die Kirche, die dem Platz den Namen gibt, erbaut 1806, somit eines der seltenen Beispiele für Klassizismus in dieser Stadt. Im Palazzo daneben hat einst der Dichter Giorgio Baffo gewohnt, er hat eine große Rolle im Leben des jungen Giacomo Casanova gespielt.

      An ihn erinnert eine Gedenktafel und eine zweite am selben Haus lässt an Alessandro Manzoni denken, der doch Italien mit seinen »Promessi sposi«, im Deutschen »Die Verlobten«, zu einer einheitlichen Hochsprache verholfen hat.

      An insgesamt vier Wochenenden des Jahres, in den Monaten April, Juni, September und Dezember, bringt der mercatino dell’antiquariato Sammler, Touristen, professionelle Händler, Kenner, auf diesen Campo. Es lohnt sich, die Termine dieses Antiquitätenmarktes in den Kalender einzutragen. Hier sind einfache, nicht kostspielige Kleinigkeiten – Statuen, Schüsseln – ebenso zu finden wie Möbel, wertvolle alte Kleider und Kostüme, natürlich Bücher und Stiche, Zeitungen und Bilderrahmen und Spielzeug. Ich habe diesen Markt immer wieder besucht und etliche Illustrationen meiner Venedig-Bücher hier gefunden.

      Die Lagune durchqueren mit Vaporetto,


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