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Heimatkinder Staffel 4 – Heimatroman. Kathrin SingerЧитать онлайн книгу.

Heimatkinder Staffel 4 – Heimatroman - Kathrin Singer


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fahren.« Marie griff nach ihrem Samtmäntelchen, schob ihren Arm unter Stefans, hauchte Reserl einen Kuss auf die Wange und fügte tröstend hinzu: »Morgen lese ich euch vor. Ganz bestimmt.«

      Stefan löste sich gerde noch von ihr, um Reserl auf den Arm zu heben. Er trug sie vor die Zimmertür von Jossi und Dany.

      Da blieb er mit ihr stehen und schaute sie ernst an. Obwohl er ihr innerlich recht gab, hatte er das Gefühl, er müsse sie mal in ihre Schranken weisen.

      »Ich habe dich heute wieder auf dem Fahrrad gesehen, meine Große. Ganz allein, hinten bei den Obstwiesen und ohne deinen Helm! Du weißt, wie uneben der Boden dort ist und dass Mami und ich dich in Sichtnähe wissen wollen. Wenn du weiter weg fährst, sollst du Mamis Handy mitnehmen.«

      Reserl schluckte. »Ja, Papi!«, hauchte sie schuldbewusst.

      »Mami regt sich in letzter Zeit so leicht auf. Also, lies Dany jetzt bitte vor. Tust du das für mich?«

      »Ja, Papi.« Ihre Augen wurden riesengroß. »Aber warum will Mami denn immer mit dir weg? Regt sie sich dann weniger auf? Wenn ihr hierbleibt und wir zusammen spielen, regt sie sich nur auf, wenn sie verliert! Das ist wenigstens lustig.«

      »Ich weiß. Aber Mami wünscht sich nun mal viel Zeit mit mir allein.«

      »Hat sie uns nicht mehr lieb?«

      »Mehr, als ihr drei ahnen könnt, mein Reserl.« Und während er sie zu Boden ließ, lächelte er ihr liebevoll und ermunternd zu.

      Natürlich war jede Stunde mit seiner Frau allein ein Geschenk für ihn. Aber sie waren über ein Jahrzehnt ein Ehepaar und Eltern von drei Kindern. Vergaß Marie das so einfach? Oder brauchte sie diese ständigen Abwechslungen, um sich wieder jung zu fühlen?

      Marie wartete unten auf ihn und verriet, dass sie mit ihrem Wagen fahren wolle, damit er sich heute Abend endlich mal total entspannen könne.

      »Reserls Plappereien haben dir nicht gefallen«, bemerkte sie. »Ich seh’s dir an der Nasenspitze an.«

      »Sie hat ja nicht ganz unrecht«, schmunzelte er mit der Freude eines Vaters am wachen Verstand seiner Kinder.

      Das Schmunzeln verging ihm allerdings, als sie zwanzig Minuten später in den Park des Hotels ›Ludwigshöhe‹ einbog.

      »Du lädtst mich zum Diner in der ›Ludwigshöhe‹ ein?«

      Mit diesem Hotel und Feinschmecker-Restaurant hatte er so seine Schwierigkeiten. Seit Jahren versuchte er, mit der Besitzer-Familie Moosbrugger ins Geschäft zu kommen. Aber die alte Dame Moosburger reagierte nicht mal auf seine Angebote. Das wurmte ihn noch immer. Und hier sollte er heute einen romantischen Abend mit seiner Marie verbringen?

      »Es ist doch mal etwas ganz Besonderes, mein Schatz. Eine feinste Speisefolge bei Kerzenlicht und exquisitesten Weinen. Freust du dich nicht?«

      »Es geht!«, murrte er.

      Marie versprach sich viel von diesem romantischen Abend. Sie hatte sich vorgenommen, mit ihm über ihre Ehe zu sprechen. Sie musste doch herausbekommen, warum Stefan so viel Reizvolles an Anette fand und ob ihre Ehe nur noch von ihrer Liebe zu den Kindern und dem Einerlei auf dem Hof zusammengehalten wurde. Ja, ein ernstes Gespräch sollte es werden, so wie Anette es seiner Meinung nach gern führte. Hatte er das nicht auch notiert?

      Stefan ließ sich doch von der stilvollen Atmosphäre einfangen. An der Aufmerksamkeit des Personals und am Aperitif gab es nichts zu kritisieren.

      »Nimm den Gemüsegratin!«, bat er unbekümmert, als man ihnen die Speisekarten vorlegte. »Ich versuche etwas Fisch mit viel Salat dazu.«

      Marie nickte sofort. Sie durchschaute ihn natürlich. »Du willst nur, dass ich am Gemüse etwas zu mäkeln habe und du den Salat nicht knackig genug findest.«

      »Ja, mein Schatz und bester Kumpel! So ist es!«

      Und in diesem Moment brummte sein Handy. Er sah schnell hin, las Anettes Namen auf dem Display, drückte ihn weg und steckte das Handy wieder zurück.

      Marie schoss die Farbe ins Gesicht. Ihre Blicke trafen sich, und da konnte sie sich nicht mehr zurückhalten.

      »Anette!«, stieß sie aus. »Das war Anette!«

      Hatte sie es nicht geahnt. Ihre beste Freundin schämte sich nicht einmal, Stefan abends anzurufen! Und er tat so, als sei nichts geschehen! Ausgerechnet an diesem Abend, an dem sie herausfinden wollte, was und wie viel er noch für sie empfand.

      Ihre olivfarbenen Augen wurden dunkler, und eine ungewöhnliche Wachsamkeit blitzte darin auf. Das entging Stefan nicht. Nun gut, entschied er, ich war noch nie der Typ für Heimlichkeiten. Anette hatte ihren Traummann getroffen und erobert. Warum soll ich mich noch an mein Ehrenwort gebunden fühlen, um Marie, meiner wunderbaren und schönen Frau, etwas zu verheimlichen, was sie sowieso in den nächsten Tagen erfahren und mit Freude erfüllen wird?

      »Warum sprichst du denn nicht mit ihr?«, wollte Marie da schon wissen. Das klang richtig angriffslustig. Hatte er es nicht geahnt?

      »Ich habe ihr etwas versprochen«, begann er. »Ja, und mein Ehrenwort gegeben, es für mich zu behalten.«

      »Das ist ja …, also, Stefan! Ich dachte, wir sind ein Ehepaar. In guten und in schlechten Zeiten!«

      »Das sind wir, und es macht mich sehr glücklich.«

      »Aber es hat sich trotzdem … etwas zwischen Anette und dir … angebahnt?«

      »Wie?« Er schaut an die Decke und schüttelte den Kopf. »So ein Unsinn! Mehr, als für einen Freundschaftsdienst nötig ist, bestimmt nicht.«

      »So nennst du das!« Mit starrem Blick griff sie zum Weinglas und trank es in einem Zug leer.

      Da hielt ihn nichts mehr auf. Er begann zu erzählen. Von dem Abend, als er auf dem Weg zum Stammtisch war und Anette ihn um Hilfe gebeten hatte. Von ihrer Verzweiflung und seinem Versuch, ihr Mut zu machen. Und von seinem Vorschlag, eine Annonce aufzugeben, die dazu führte, dass er nach München fuhr und in einem Münchner Café ihre erste Begegnung mit einem der Bewerber beobachtet hatte.

      »Von dem allem durfte ich nichts erfahren!«, flüsterte Marie. In ihrer Erregung vergaß sie ganz, wie erleichtert sie sein konnte. »Ich, als deine Frau und ihre beste Freundin, wurde ausgeschlossen! Warum, Stefan?«

      »Weil Anette dich da raushalten wollte. Tut mir leid, Marie. Aber nun hast du doch keinen Grund mehr, dich ausgeschlossen zu fühlen! Ich nehme an, Anette wollte mich eben erreichen, um uns ihren Besuch mit ihrem neuen Freund oder … Liebhaber anzukündigen.«

      »Liebhaber? Mit diesem … Bewerber?«

      »Ja, sie hat sich in ihn verliebt. Sie schwebt im siebten Himmel und will uns ihr Glück vorführen.« Maries Blick zweifelte immer noch. Stefan umschloss ihre Hand mit einem liebevollen Streicheln. »Er ist Arzt und Witwer. Sie nennt ihn ihren Traummann, Marie. Um es klar auszusprechen – ohne meine Hilfe hätte sie ihr Glück nicht gefunden.«

      »Du bist also noch stolz darauf, mit ihr unter einer Decke zu stecken! Das versteh ich wirklich nicht! Weil sie so wunderhübsch, hingebungsvoll und kultiviert ist? Weil sie viel von Musik versteht, während ich nicht mal die dritte Stimme hinkriege?!«

      Das war neu. Sie hatte ihn doch immer verstanden. »Wieso wunderhübsch und hingebungsvoll?«

      »Weil du alles, was du an ihr anziehend findest, auf einen Zettel geschrieben und in deinem Arbeitstisch versteckt hast. Als ich ihn fand, brach meine Welt zusammen.«

      »Also, Marie!«, stieß Stefan aus, denn nun fiel ihm der längst vergessene Zettel wieder ein. Ausgerechnet dieser dumme Wisch hatte ihre Welt zusammenbrechen lassen? Hatte der vielleicht auch frischen Wind in ihre Ehe gebracht? Fast hätte er gelacht! »Das war ein Scherz! Ich habe das alles nur notiert, um ihr Mut zu machen. Sie hatte gerade mal wieder so eine Liebeskrise hinter sich. Du kennst sie doch!«

      »Ich … soll Anette kennen? Aber wohl nicht gut genug! Warum hat sie mehr Vertrauen zu dir als zu


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