Butler Parker 131 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
Tasche seines schwarzen Zweireihers und erfüllte Myladys Wunsch. Nichols sah deutlich seine Telefonnummer.
»Was soll das?« fragte der Papierhandtuch-Chef gereizt. »Telefonnummern kann jeder aufschreiben.«
»Das soll Ihnen nur zeigen, weshalb ich mich für Sie interessiere«, entgegnete die ältere Dame. »Vor seinem Tod war Tainers noch in der Lage, mir einige Hinweise zu geben, über die bei passender Gelegenheit zu reden sein wird.«
»Verlassen Sie augenblicklich mein Büro«, verlangte nun Brett Nichols mit scharfer Stimme. »Ich habe große Lust, Sie wegen Verleumdung zu verklagen.«
Natürlich bluffte er, denn er hätte von sich aus nie die Polizei angerufen. Aber für ihn stand es nun fest, daß diese verrückte Lady und ihr Butler aus dem Weg geräumt werden mußten. Sie machten die Pferde nur unnötig scheu und würden ihm früher oder später die Polizei auf den Hals hetzen. Und gerade sie brauchte nicht zu wissen, wie eng er mit Edward Healers liiert war. Die Tarnung hatte bisher immer funktioniert. Und so sollte und mußte es auch bleiben.
»Sie kleiner Miesling«, erwiderte Agatha Simpson. »Ich verspüre auch große Lust, nämlich Ihnen ein paar Ohrfeigen zu verabreichen.«
»Das würden Sie bereuen!« Er hatte keine Ahnung, was er da heraufbeschwor, sonst hätte er es wahrscheinlich lieber gelassen. Er wich ein wenig zurück, als die forsche Frau auf ihn zumarschierte.
Und dann täuschte sie ihn raffiniert.
Sie holte mit der linken Hand aus, worauf Nichols seinen Kopf nach rechts nahm. Agatha Simpson hatte auf diese Reaktion nur gewartet. Sie landete ihre rechte Hand und schüttelte Nichols kräftig durch. Als geübte Golfspielerin besaß sie trainierte Muskeln und wußte damit deutliche Akzente zu setzen.
Nichols traten die Tränen in die Augen. Er schnappte keuchend nach Luft und rief mit erstickter Stimme nach seinen Paladinen Stornay und Wavers.
Sie hatten im kleinen Nebenraum nur auf ihren Einsatzbefehl gewartet. Erfreut brausten sie herein, nachdem sie die Tür aufgerissen hatten, doch sie kamen nicht sonderlich weit.
Butler Parker hatte nämlich bereits eine taktisch günstige Position bezogen und stand dicht neben der Tür. Als die beiden Vertrauten von Nichols ihn passierten, langte Parker mit dem bleigefütterten Griff seines Universal-Regenschirms zu. Er war darin ein Meister.
Stornays Sturmlauf endete rapide.
Nachdem der bleigefütterte Griff seinen Hinterkopf berührt hatte, absolvierte er eine etwas mißlungene Rolle vorwärts und schrammte anschließend mit seinem Riechorgan über den dicken Teppich.
Wavers hingegen versuchte sich an einem Salto, der allerdings auch nicht recht klappte. Der temperamentvolle Kämpfer fiel krachend auf den Rücken und verstauchte sich dabei einen Halswirbel.
Parker interessierte sich für die waffentechnische Ausrüstung der beiden Nichols-Mitarbeiter und barg je eine Automatic. Er schien mit Waffen dieser Art nicht sonderlich gut umgehen zu können. Die Mündungen richteten sich auf Nichols, der abwehrend die Arme hob und ins Stottern geriet. Was er sagen wollte, war leider nicht zu verstehen.
»Ich hoffe, Sie werden Myladys Einladung nicht ablehnen«, sagte Parker.
»Ei... Ei... Einladung?«
»Zu einer kleinen Spazierfahrt«, präzisierte der Butler. »Mylady lieben Gesellschaft.«
»Ich ... Ich ...«
»Sie sind also einverstanden«, deutete Parker diesen Sprechversuch. »Gehen wir also.«
»Und zwar ein bißchen plötzlich«, grollte Agatha Simpson. »Ich hoffe nicht, daß Sie noch eine schriftliche Einladung brauchen. Die können Sie allerdings haben!«
Doch Brett Nichols kam der höflichen Einladung ohne Widerstand nach, während seine beiden Vertrauten noch immer angeschlagen, allerdings auch dekorativ auf dem Teppich lagen.
*
Er saß neben Lady Simpson und berechnete seine Chancen.
Schön, sie hatte ihn mit dieser gewaltigen Ohrfeige überrascht, aber noch einmal würde sie so etwas nicht schaffen. Sie war immerhin nur eine Frau! Und Parker vorn am Steuer dieses komischen Wagens konnte nicht eingreifen. Die Trennscheibe war erfreulicherweise geschlossen.
Agatha Simpson verhielt sich schweigend.
Ihre Rechte spielte mit den Perlen des Pompadours, der an ihrem linken Handgelenk hing. Es handelte sich dabei um einen antiquiert aussehenden Handbeutel, wie er um die Jahrhundertwende von Damen benutzt wurde. Solch ein Pompadour war längst aus der Mode gekommen, doch er paßte zu Mylady.
Brett Nichols hatte seine Chancen inzwischen berechnet und war zu einem positiven Ergebnis gekommen. Wenn er die komische Alte als Geisel nahm, konnte er den ulkigen Butler zwingen, den Wagen zu stoppen. Danach brauchte er dann nur noch auszusteigen ...
Brett Nichols spannte seine Muskeln, nahm eine Art Count-down vor und warf sich dann jäh auf die falsch eingeschätzte Gegnerin.
Es bekam ihm gar nicht gut.
Mylady schien auf diesen Angriff nur gewartet zu haben. Sie reagierte nicht schreckhaft, sondern sehr konzentriert. Ihre linke Hand beschrieb einen kleinen Halbkreis, und der Pompadour folgte dieser Bewegung. Er setzte sich auf die Nase des Gangsters, die daraufhin deutliche Quetschfalten zeigte.
Nichols hatte das Gefühl, von einem Pferd getreten zu werden. Er heulte auf und sackte zurück in seine Ecke. Er konnte nicht wissen, daß ein echtes Hufeisen ihn außer Gefecht gesetzt hatte. Im Pompadour befand sich nämlich tatsächlich solch ein harter Gegenstand, der nur ganz oberflächlich in dünnen Schaumstoff gewickelt war.
»Sie Naivling«, kommentierte die ältere Dame seine Niederlage. »Lassen Sie sich bei Gelegenheit Ihr Lehrgeld zurückzahlen! Wenn Healers davon hört, wird er an Ihnen zweifeln.«
Nichols fingerte vorsichtig an seiner lädierten Nase herum und sah seine Kontrahentin scheu an. Sie hatte inzwischen eine Hutnadel aus ihrem »Südwester« herausgezogen und hielt das lange und spitze Gerät wie ein Florett stoßbereit in der rechten Hand. Die Spitze dieser Hutnadel war selbstverständlich auf Nichols Weichteile gerichtet.
Der Gangster zog sich noch tiefer in seine Polsterecke zurück und traute der verrückten Alten durchaus zu, daß sie angriff. Er sah sie plötzlich mit völlig anderen Augen.
»Sie streiten also ab, Tainers umgebracht zu haben?« fragte sie nun.
»Ich weiß überhaupt nicht, wer das ist!«
Parker vorn am Steuer umkurvte in diesem Moment einen Lastwagen, wodurch sein hochbeiniges Monstrum sich ein wenig auf die Seite legte.
»Hoppla«, sagte Lady Agatha, die prompt gegen Nichols fiel.
»Au!« keuchte Nichols, der von der Hutnadel getroffen wurde. Er hatte das Gefühl, von einem Miniaturflorett durchbohrt worden zu sein. Er begann, um sein Leben zu fürchten.
»Sie kennen auch keinen Edward Healers, nicht wahr?« erkundigte sich Agatha Simpson ungerührt.
»Ich... Ich habe über ihn in den Zeitungen gelesen«, antwortete der Gangster blitzschnell und rieb sich die schmerzende Seite.
»Aber persönlich kennen Sie ihn nicht, oder?«
»Natürlich nicht, Mylady.« Er sagte bereits »Mylady« zu ihr, um Bruchteile von Sekunden später wieder aufzustöhnen. Der Wagen hatte sich erneut in eine Kurve gelegt. Und wiederum war die ältere Dame samt ihrer überlangen Hutnadel gegen ihn gerutscht.
»Sie ... Sie bringen mich um«, beschwerte sich Nichols. Ihm war jetzt alles egal. Er langte nach der Türklinke und wollte sich ins Freie stürzen. Darin sah er seine einzige Überlebenschance. Er war zu dem Schluß gekommen, es mit Verrückten zu tun zu haben.
Die Tür war von Parker längst elektrisch verriegelt worden, doch das wußte Nichols nicht. Er merkte nur, daß sie sich nicht öffnen ließ.
»Ich