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Parerga und Paralipomena. Arthur SchopenhauerЧитать онлайн книгу.

Parerga und Paralipomena - Arthur  Schopenhauer


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ihr angestellte Priester, oder Religionslehrer, von allen Kanzeln verkünden läßt, direkt, oder auch nur indirekt, zu widersprechen; da Dergleichern, in dem Maaße, als es wirkte, jene erstere Veranstaltung unwirksam machen müßte. Denn bekanntlich heben Urtheile einander nicht allein durch den kontradiktorischen, sondern auch durch den bloß konträren Gegensatz auf: z. B. dem Urtheil die Rose ist roth widerspricht nicht allein dieses sie ist nicht roth; sondern auch schon dieses sie ist gelb, als welches hierin eben so viel, ja, mehr leistet. Daher der Grundsatz improbant secus docentes. Durch diesen Umstand gerathen aber die Universitätsphilosophen in eine ganz eigenthümliche Lage, deren öffentliches Geheimniß hier ein Mal Worte finden mag. In allen andern Wissenschaften nämlich haben die Professoren derselben bloß die Verpflichtung, nach Kräften und Möglichkeit, zu lehren was wahr und richtig ist. Ganz allein bei den Professoren der Philosophie ist die Sache cum grano salis zu verstehn. Hier nämlich hat es mit derselben ein eigenes Bewandtniß, welches darauf beruht, daß das Problem ihrer Wissenschaft das selbe ist, worüber auch die Religion, in ihrer Weise, Aufschluß ertheilt; deshalb ich diese als die Metaphysik des Volkes bezeichnet habe. Demnach nun sollen zwar auch die Professoren der Philosophie allerdings lehren was wahr und richtig ist: aber eben dieses muß im Grunde und im Wesentlichen das Selbe seyn, was die Landesreligion auch lehrt, als welche ja ebenfalls wahr und richtig ist. Hieraus entsprang jener naive, schon in meiner Kritik der Kantischen Philosophie angezogene Ausspruch eines ganz reputirlichen Philosophieprofessors, im Jahr 1840: leugnet eine Philosophie die Grundideen des Christenthums; so ist sie entweder falsch, oder, wenn auch wahr, doch unbrauchbar. Man sieht daraus, daß in der Universitätsphilosophie die Wahrheit nur eine sekundäre Stelle einnimmt und, wenn es gefordert wird, aufstehn muß, einer andern Eigenschaft Platz zu machen. – Dies also unterscheidet auf den Universitäten die Philosophie von allen andern daselbst kathedersässigen Wissenschaften.

      In Folge hievon wird, so lange die Kirche besteht, auf den Universitäten stets nur eine solche Philosophie gelehrt werden dürfen, welche, mit durchgängiger Rücksicht auf die Landesreligion abgefaßt, dieser im Wesentlichen parallel läuft und daher stets, – allenfalls kraus figurirt, seltsam verbrämt und dadurch schwer verständlich gemacht, – doch im Grunde und in der Hauptsache nichts Anderes, als eine Paraphrase und Apologie der Landesreligion ist. Den unter diesen Beschränkungen Lehrenden bleibt sonach nichts Anderes übrig, als nach neuen Wendungen und Formen zu suchen, unter welchen sie den in abstrakte Ausdrücke verkleideten und dadurch fade gemachten Inhalt der Landesreligion aufstellen, der alsdann Philosophie heißt. Will jedoch Einer oder der Andre außerdem noch etwas thun; so wird er entweder in benachbarte Fächer divagiren, oder seine Zuflucht zu allerlei unschuldigen Pößchen nehmen, wie etwan schwierige analytische Rechnungen über das Aequilibrium der Vorstellungen im menschlichen Kopfe auszuführen, und ähnliche Späße. Inzwischen bleiben die solchermaaßen beschränkten Universitätsphilosophen bei der Sache ganz wohlgemuth; weil ihr eigentlicher Ernst darin liegt, mit Ehren ein redliches Auskommen für sich, nebst Weib und Kind, zu erwerben, auch ein gewisses Ansehn vor den Leuten zu genießen; hingegen das tiefbewegte Gemüth eines wirklichen Philosophen, dessen ganzer und großer Ernst im Aufsuchen eines Schlüssels zu unserm, so räthselhaften wie mißlichen Daseyn liegt, von ihnen zu den mythologischen Wesen gezählt wird; wenn nicht etwan gar der damit Behaftete, sollte er ihnen je vorkommen, ihnen als von Monomanie besessen erscheint. Denn daß es mit der Philosophie so recht eigentlicher, bitterer Ernst seyn könne, läßt wohl, in der Regel, kein Mensch sich weniger träumen, als ein Docent derselben; gleichwie der ungläubigste Christ der Papst zu seyn pflegt. Daher gehört es denn auch zu den seltensten Fällen, daß ein wirklicher Philosoph zugleich ein Docent der Philosophie gewesen wäre21. Daß gerade Kant diesen Ausnahmsfall darstellt, habe ich, nebst den Gründen und Folgen der Sache, im zweiten Bande meines Hauptwerkes, 2.Aufl., K. 17, S. 162 (3. Aufl., S. 179), bereits erörtert. Uebrigens liefert zu der oben aufgedeckten konditionellen Existenz aller Universitätsphilosophie einen Beleg das bekannte Schicksal Fichte’s; wenn auch dieser im Grunde ein bloßer Sophist, kein wirklicher Philosoph war. Er hatte es nämlich gewagt, in seinem Philosophiren die Lehren der Landesreligion außer Acht zu lassen; wovon die Folge seine Kassation war, und zudem noch, daß der Pöbel ihn insultirte. Auch hat die Strafe bei ihm angeschlagen, indem, nach seiner spätern Anstellung in Berlin, das absolute Ich sich ganz gehorsamst in den lieben Gott verwandelt hat und die ganze Lehre überhaupt einen überaus christlichen Anstrich erhielt; wovon besonders die Anweisung zum seligen Leben zeugt. Bemerkenswerth ist bei seinem Falle noch der Umstand, daß man ihm zum Hauptvergehn den Satz, Gott sei nichts Anderes, als eben die moralische Weltordnung selbst, anrechnete; während solcher doch nur wenig verschieden ist vom Ausspruch des Evangelisten Johannes: Gott ist die Liebe22.

      Es ist demnach leicht abzusehn, daß, unter solchen Umständen, die Kathederphilosophie nicht wohl umhin kann, es zu machen Wie eine der langbeinigen Cikaden, Die immer fliegt und fliegend springt —

      Und gleich im Gras ihr altes Liedchen singt. Das Bedenkliche bei der Sache ist auch bloß die doch einzuräumende Möglichkeit, daß die letzte dem Menschen erreichbare Einsicht in die Natur der Dinge, in sein eigenes Wesen und das der Welt nicht gerade zusammenträfe mit den Lehren, welche theils dem ehemaligen Völkchen der Juden eröffnet worden, theils vor 1800 Jahren in Jerusalem aufgetreten sind. Dieses Bedenken auf Ein Mal niederzuschlagen erfand der Philosophieprofessor Hegel den Ausdruck absolute Religion, mit dem er denn auch seinen Zweck erreichte; da er sein Publikum gekannt hat: auch ist sie für die Kathederphilosophie wirklich und recht eigentlich absolut, d. h. eine solche, die absolut und schlechterdings wahr seyn soll und muß, sonst …! – Andere wieder, von diesen Wahrheitsforschern, schmelzen Philosophie und Religion zu einem Kentauren zusammen, den sie Religionsphilosophie nennen; pflegen auch zu lehren, Religion und Philosophie seien eigentlich das Selbe; – welcher Satz jedoch nur in dem Sinne wahr zu seyn scheint, in welchem Franz I., in Beziehung auf Karl V., sehr versöhnlich gesagt haben soll: was mein Bruder Karl will, das will ich auch, – nämlich Mailand. Wieder andere machen nicht so viele Umstände, sondern reden geradezu von einer Christlichen Philosophie; – welches ungefähr so herauskommt, wie wenn man von einer Christlichen Arithmetik reden wollte, die fünf gerade seyn ließe. Dergleichen von Glaubenslehren entnommene Epitheta sind zudem der Philosophie offenbar unanständig, da sie sich für den Versuch der Vernunft giebt, aus eigenen Mitteln und unabhängig von aller Auktorität das Problem des Daseyns zu lösen. Als eine Wissenschaft hat sie es durchaus nicht damit zu thun, was geglaubt werden darf, oder soll, oder muß; sondern bloß damit, was sich wissen läßt. Sollte Dieses nun auch als etwas ganz Anderes sich ergeben, als was man zu glauben hat; so würde selbst dadurch der Glaube nicht beeinträchtigt seyn: denn dafür ist er Glaube, daß er enthält was man nicht wissen kann. Könnte man dasselbe auch wissen; so würde der Glaube als ganz unnütz und selbst lächerlich dastehn; etwan wie wenn über Gegenstände der Mathematik noch eine Glaubenslehre aufgestellt würde. Ist man aber etwan überzeugt, Daß die ganze und volle Wahrheit in der Landesreligion enthalten und ausgesprochen sei; nun, so halte man sich daran und begebe sich alles Philosophirens. Aber man wolle nicht scheinen was man nicht ist. Das Vorgeben unbefangener Wahrheitsforschung, mit dem Entschluß, die Landesreligion zum Resultat, ja zum Maaßstabe und zur Kontrole derselben zu machen, ist unerträglich, und eine solche, an die Landesreligion, wie der Kettenhund an die Mauer, gebundene Philosophie ist nur das ärgerliche Zerrbild der höchsten und edelsten Bestrebung der Menschheit. Inzwischen ist gerade ein Hauptabsatzartikel der Universitätsphilosophen eben jene, oben als Kentaur bezeichnete Religionsphilosophie, die eigentlich auf eine Art Gnosis hinausläuft, auch wohl auf ein Philosophiren unter gewissen beliebten Voraussetzungen, die durchaus nicht erhärtet werden. Auch Programmentitel, wie de verae philosophiae erga religionem pietate, eine passende Inschrift auf so einen philosophischen Schaafstall, bezeichnen recht deutlich die Tendenz und die Motive der Kathederphilosophie. Zwar nehmen diese zahmen Philosophen bisweilen einen Anlauf, der gefährlich aussieht; allein man kann die Sache mit Ruhe abwarten, überzeugt, daß sie doch bei dem Ein für alle Mal gesteckten Ziele anlangen werden. Ja, bisweilen fühlt man sich versucht zu glauben, daß sie ihre ernstlich gemeinten philosophischen Forschungen schon vor ihrem zwölften Jahre abgethan und bereits damals ihre Ansicht


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