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Parerga und Paralipomena. Arthur SchopenhauerЧитать онлайн книгу.

Parerga und Paralipomena - Arthur  Schopenhauer


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immer wieder bei Dem anlangen, was uns in jenem Alter plausibel gemacht zu werden pflegt, und es sogar als Kriterium der Wahrheit zu nehmen scheinen. Alle die heterodoxen philosophischen Lehren, mit welchen sie dazwischen, im Laufe ihres Lebens, sich haben beschäftigen müssen, scheinen ihnen nur dazuseyn, um widerlegt zu werden und dadurch jene ersteren desto fester zu etabliren. Man muß sogar es bewundern, wie sie, mit so vielen argen Ketzereien ihr Leben zubringend, doch ihre innere philosophische Unschuld so rein zu bewahren gewußt haben.

      Wem, nach diesem Allen, noch ein Zweifel über Geist und Zweck der Universitätsphilosophie bliebe, der betrachte das Schicksal der Hegelschen Afterweisheit. Hat es ihr etwan geschadet, daß ihr Grundgedanken der absurdeste Einfall, daß er eine auf den Kopf gestellte Welt, eine philosophische Hanswurstiade23 war und ihr Inhalt der hohlste, sinnleerste Wortkram, an welchem jemals Strohköpfe ihr Genüge gehabt, und daß ihr Vortrag, in den Werken des Urhebers selbst, der widerwärtigste und unsinnigste Gallimathias ist, ja, an die Deliramente der Tollhäusler erinnert? O nein, nicht im Mindesten! Vielmehr hat sie dabei, 20 Jahre hindurch, als die glänzendeste Kathederphilosophie, die je Gehalt und Honorar einbrachte, florirt und ist fett geworden, ist nämlich in ganz Deutschland, durch Hunderte von Büchern, als der endlich erreichte Gipfel menschlicher Weisheit und als die Philosophie der Philosophien, verkündet, ja in den Himmel erhoben worden: Studenten wurden darauf examinirt und Professoren darauf angestellt; wer nicht mitwollte, wurde von dem dreist gemachten Repetenten ihres so lenksamen, wie geistlosen Urhebers für einen Narren auf eigene Hand erklärt, und sogar die Wenigen, welche eine schwache Opposition gegen diesen Unfug wagten, traten mit derselben nur schüchtern, unter Anerkennung des großen Geistes und überschwenglichen Genies – jenes abgeschmackten Philosophasters auf. Den Beleg zu dem hier Gesagten giebt die gesammte Litteratur des saubern Treibens, welche, als nunmehr geschlossene Akten, hingeht, durch den Vorhof höhnisch lachender Nachbarn, zu jenem Richterstuhle, wo wir uns wiedersehn, zum Tribunal der Nachwelt, welches, unter andern Implementen, auch eine Schandglocke führt, die sogar über ganze Zeitalter geläutet werden kann. – Was nun aber ist es denn endlich gewesen, das jener Gloria ein so plötzliches Ende gemacht, den Sturz der bestia triunfante herbei gezogen und die ganze große Armee ihrer Söldner und Gimpel zerstreut hat, bis auf einige Ueberbleibsel, die noch als Nachzügler und Marodeurs, unter der Fahne der Halle’schen Jahrbücher zusammengerottet, ein Weilchen ihr Unwesen, zum öffentlichen Skandal, treiben durften, und ein Paar armsälige Pinsel, die was man ihnen in den Jünglingsjahren aufgebunden noch heute glauben und damit hausiren gehn? – Nichts Anderes, als daß Einer den boshaften Einfall gehabt hat, nachzuweisen, daß das eine Universitätsphilosophie sei, die bloß scheinbar und nur den Worten nach, nicht aber wirklich und im eigentlichen Sinne mit der Landesreligion übereinstimme. An und für sich war dieser Vorwurf gerecht; denn dies hat nachher der Neu-Katholicismus bewiesen. Der Deutsch-oder Neu-Katholicismus ist nämlich nichts Anderes, als popularisirte Hegelei. Wie diese, läßt er die Welt unerklärt, sie steht da, ohne weitere Auskunft. Bloß erhält sie den Namen Gott, und die Menschheit den Namen Christus. Beide sind Selbstzweck, d. h. sind eben da, sich’s wohlgehn zu lassen, so lange das kurze Leben währt. Gaudeamus igitur! Und die Hegelsche Apotheose des Staats wird bis zum Kommunismus weiter geführt. Eine sehr gründliche Darstellung des Neu-Katholicismus in diesem Sinn liefert: F. Kampe, Geschichte der religiösen Bewegung neuerer Zeit, Bd. 3, 1856. Aber daß ein solcher Vorwurf die Achillesferse eines herrschenden philosophischen Systems seyn konnte, zeigt uns welch eine Qualität Den Ausschlag giebt, den Mann erhöht, oder was das eigentliche Kriterium der Wahrheit und Geltungsfähigkeit einer Philosophie auf deutschen Universitäten sei und worauf es dabei ankomme; außerdem ja ein derartiger Angriff, auch abgesehn von der Verächtlichkeit jeder Verketzerung, hätte ganz kurz mit ουδεν προς Διονυσον abgefertigt werden müssen.

      Wer zu derselben Einsicht noch fernerer Belege bedarf, betrachte das Nachspiel zu der großen Hegel-Farce, nämlich die gleich darauf folgende, so überaus zeitmäßige Konversion des Herrn v. Schelling vom Spinozismus zum Bigotismus und seine darauf folgende Versetzung von München nach Berlin, unter Trompetenstößen aller Zeitungen, nach deren Andeutungen man hätte glauben können, er bringe dahin den persönlichen Gott, nach welchem so großes Begehr war, in der Tasche mit; worauf denn der Zudrang der Studenten so groß wurde, daß sie sogar durch die Fenster in den Hörsaal stiegen; dann, am Ende des Kursus, das Groß-Mannsdiplom, welches eine Anzahl Professoren der Universität, die seine Zuhörer gewesen, ihm unterthänigst überbrachten, und überhaupt die ganze, höchst glänzende und nicht weniger lukrative Rolle desselben in Berlin, die er ohne Erröthen durchgespielt hat; und das im hohen Alter, wo die Sorge um das Andenken, das man hinterläßt, in edleren Naturen jede andere überwiegt. Man könnte bei so etwas ordentlich wehmüthig werden; ja man könnte beinahe meynen, die Philosophieprofessoren selbst müßten dabei erröthen: doch das ist Schwärmerei. Wem nun aber nach Betrachtung einer solchen Konsummation nicht die Augen aufgehn über die Kathederphilosophie und ihre Helden, dem ist nicht zu helfen.

      Inzwischen verlangt die Billigkeit, daß man die Universitätsphilosophie nicht bloß, wie hier geschehn, aus dem Standpunkte des angeblichen, sondern auch aus dem des wahren und eigentlichen Zweckes derselben beurtheile. Dieser nämlich läuft darauf hinaus, daß die künftigen Referendarien, Advokaten, Aerzte, Kandidaten und Schulmänner auch im Innersten ihrer Ueberzeugungen diejenige Richtung erhalten, welche den Absichten, die der Staat und seine Regierung mit ihnen haben, angemessen ist. Dagegen habe ich nichts einzuwenden, bescheide mich also in dieser Hinsicht. Denn über die Nothwendigkeit, oder Entbehrlichkeit eines solchen Staatsmittels zu urtheilen, halte ich mich nicht für kompetent, sondern stelle es denen anheim, welche die schwere Aufgabe haben, Menschen zu regieren, d. h. unter vielen Millionen eines, der großen Mehrzahl nach, gränzenlos egoistischen, ungerechten, unbilligen, unredlichen, neidischen, boshaften und dabei sehr beschränkten und queerköpfigen Geschlechtes, Gesetz, Ordnung, Ruhe und Friede aufrecht zu erhalten und die Wenigen, denen irgend ein Besitz zu Theil geworden, zu schützen gegen die Unzahl Derer, welche nichts, als ihre Körperkräfte haben. Die Aufgabe ist so schwer, daß ich mich wahrlich nicht vermesse, über die dabei anzuwendenden Mittel mit ihnen zu rechten. Denn ich danke Gott an jedem Morgen, daß ich nicht brauch’ für’s Röm’sche Reich zu sorgen, – ist stets mein Wahlspruch gewesen. Diese Staatszwecke der Universitätsphilosophie waren es aber, welche der Hegelei eine so beispiellose Ministergunst verschafften. Denn ihr war der Staat der absolut vollendete ethische Organismus, und sie ließ den ganzen Zweck des menschlichen Daseyns im Staat aufgehn. Konnte es eine bessere Zurichtung für künftige Referendarien und demnächst Staatsbeamte geben, als diese, in Folge welcher ihr ganzes Wesen und Seyn, mit Leib und Seele, völlig dem Staat verfiel, wie das der Biene dem Bienenstock, und sie auf nichts Anderes, weder in dieser, noch in einer andern Welt hinzuarbeiten hatten, als daß sie taugliche Räder würden, mitzuwirken, um die große Staatsmaschine, diesen ultimus finis bonorum, im Gange zu erhalten? Der Referendar und der Mensch war danach Eins und das Selbe. Es war eine rechte Apotheose der Philisterei.

      Aber ein Anderes bleibt das Verhältniß einer solchen Universitätsphilosophie zum Staat, und ein Anderes ihr Verhältniß zur Philosophie selbst und an sich, welche, in dieser Beziehung, als die reine Philosophie, von jener, als der angewandten, unterschieden werden könnte. Diese nämlich kennt keinen andern Zweck als die Wahrheit, und da möchte sich ergeben, daß jeder andere, mittelst ihrer angestrebte, diesem verderblich wird. Ihr hohes Ziel ist die Befriedigung jenes edelen Bedürfnisses, von mir das metaphysische genannt, welches der Menschheit, zu allen Zeiten, sich innig und lebhaft fühlbar macht, am stärksten aber, wann, wie eben jetzt, das Ansehn der Glaubenslehre mehr und mehr gesunken ist. Diese nämlich, als auf die große Masse des Menschengeschlechts berechnet und derselben angemessen, kann bloß allegorische Wahrheit enthalten, welche sie jedoch als sensu proprio wahr geltend zu machen hat. Dadurch nun aber wird, bei immer weiterer Verbreitung jeder Art historischer, physikalischer, und sogar philosophischer Kenntnisse, die Anzahl der Menschen, denen sie nicht mehr genügen kann, immer größer, und diese wird mehr und mehr auf Wahrheit sensu proprio dringen. Was aber kann alsdann, dieser Anforderung gegenüber, eine solche nervis alienis mobile Kathederpuppe leisten? Wie weit


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