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Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther KabelЧитать онлайн книгу.

Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band - Walther Kabel


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abhalten konnte, änderte er seine Pläne. Und die Art, wie er sie durchführte, zwingt selbst mir als altem Kriminalbeamten etwas wie Anerkennung ab.«

      d’Auberville hüstelte verlegen und warf dem Freunde, der diesen Betrüger in ihren Kreis eingeführt hatte, einen keineswegs freundlichen Blick zu.

      Damit erhob sich Tisserant, der bisher wie schuldbewußt die Augen zu Boden geschlagen und das Muster des bunten Perserteppichs studiert hatte, trat auf Restant zu und fragte zaghaft:

      »Und haben Sie Hoffnung, den Dieb abzufassen, Herr Inspektor?«

      Das schmächtige Männchen zog zweifelnd die Schultern hoch.

      »Ich muß den Herren ehrlich eingestehen,« meinte er zögernd, »daß selbst mir in meiner langjährigen Praxis noch kein Kriminalfall vorgekommen ist, der mit so viel Geschick durchgeführt wurde. Und gerade diese – diese glänzende Genialität, die der Dieb in jeder Kleinigkeit entwickelt hat, läßt mich – hm, ja,« – er hüstelte verlegen – »läßt mich bei ganz nüchternem Abwägen unserer Chancen nur – auf einen glücklichen Zufall rechnen. Besser, daß ich dies den Herren gleich heute sage, als nach Wochen. So vermeidet man wenigstens etwaige zu herbe Enttäuschungen. Denn wir haben für die Person des Verbrechers nicht die geringsten Anhaltspunkte. In seinem Gepäck hat sich nichts weiter vorgefunden, als sehr elegante Anzüge und Wäschestücke, aus denen aber die Firmenzeichen der Lieferanten vorsichtig herausgetrennt sind. Außerdem einige Nachschlüssel, die uns auch nichts sagen. –

      Ich fürchte, es wird eine ergebnislose Jagd werden. Der Fuchs ist nicht so leicht zu fangen! Denn ich möchte fast wetten, daß er auch sein Äußeres bereits vollkommen verwandelt hat. Wenn Sie, meine Herren, ihm jetzt auf der Straße begegnen sollten – glauben Sie mir, Sie würden ihn gar nicht wiedererkennen. Derartige Talente der Verbrecherzunft wissen ihre Gesichtszüge durch Schminke und falsche Bärte besser zu verändern, als der routinierteste Schauspieler. – Doch ehe ich’s vergesse, Herr Vikomte, vielleicht bemühen Sie sich noch heute auf das Kriminalamt. Ich möchte Ihnen das Verbrecheralbum vorlegen lassen. Möglich, daß Sie Ihren Herrn Gastfreund dort herausfinden. Wir wollen jedenfalls nichts unversucht lassen.«

      Nach diesen Worten verabschiedete sich der Kriminalinspektor mit einer kurzen Verbeugung und wurde von dem Vikomte zuvorkommend bis an die Flurtür begleitet. –

      Als die beiden Freunde allein waren, begann d’Auberville zunächst eine hastige Promenade durch das Zimmer, wobei er unverständliche Worte vor sich hin murmelte. Tisserant saß ganz zusammengesunken in seinem Schreibtischstuhl. Schließlich machte der Graf in dem tigernden Auf und Ab vor dem Freunde Halt.

      »Sag nur, Leon, wie konntest du nur wegen dieser verflixten Geschichte gleich auf die Polizei laufen? – Wie konntest du nur! – Du hast uns ja vor aller Welt bloßgestellt! Selbst wenn die Kriminalbeamten noch so sehr die löbliche Absicht haben, uns zu schonen – die Pariser Reporter sind findige Leute, und morgen pfeifen es sicher die Spatzen von allen Dächern, daß der feudale NobiliteKlub einem gemeinen Hochstapler Zutritt in seine ängstlich behüteten Räume gewährt hat! – Was hätte uns der Verlust dieser Summe geschadet? – Nichts, nichts! Aber jetzt ist das Geld hin und – was wir dafür erhalten: Eine ungeheure Blamage!«

      Der Vikomte knickte noch mehr zusammen.

      »Du hast gut reden,« meinte er mit einem Versuch, sich zu entschuldigen. »Aber als ich heute gegen zwölf Uhr mittags vor dem völlig ausgeräumten Geldschrank stand und schnell ausrechnete, daß wir um nicht weniger als siebenhundertdreiundzwanzigtausend Francs bestohlen waren, da – da verlor ich doch den Kopf, hoffte durch eine schnelle Anzeige diesem elenden Betrüger, den ich noch gestern in aufrichtiger Zuneigung die Hand gedrückt habe, seine Beute wieder abjagen zu können! – Ich hätte einmal sehen mögen, ob du in meiner Lage imstande gewesen wärest, alle Eventualitäten so kaltblütig gegeneinander abzuwägen. Bedenke nur meine Stellung als Präsident, der dem Pseudografen höchst eigenhändig dieses Gaunerstückchen erleichtert, ihn bei sich beherbergt und sogar noch selbst zur Aufnahme empfohlen hat! – Das stürmte alles zusammen auf mich ein. Ich wollte auch erst mit dir die Sache besprechen, aber natürlich – du mustest ja zu derselben Zeit in Marante deinen Mokka schlürfen!«

      »Ich glaub’s ja, Leon, daß einem unter diesen Umständen die richtige Überlegung verloren gehen konnte, aber höchst unangenehm bleibt die Affäre für uns immer! Und wenn sich vielleicht noch die Pariser Skandalblätter derselben bemächtigen, dann können wir alle getrost auf einige Zeit nach der Riviera verduften, bis Gras über diese siebenhundertunddreiundzwanzgtausend Francs – notabene ein ganz nettes Sümmchen! – gewachsen ist!« –

      Die Befürchtungen des Grafen d’Auberville waren nur zu sehr gerechtfertigt. Noch nie bildete ein Kriminalfall derart das allgemeine Tagesgespräch, als dieser so raffiniert ausgeführte Diebstahl. Die Pariser Polizei tat natürlich ihr Bestes, um des geriebenen Hochstaplers habhaft zu werden. Sämtlichen Polizeiämtern der großen Weltstädte wurde eine genaue Personalbeschreibung des angeblichen Baron von Wrangel eingerichtet. Leider fiel dieser Steckbrief aber derart aus, daß er auf Hunderte von eleganten jüngeren Herren von schlanker Figur gepaßt hätte. ›Baron von Wrangel‹ besaß eben leider kein einziges auffallendes Kennzeichen, und mit einem Steckbrief, in dem die meisten Rubriken mit dem nichtssagenden ›gewöhnlich‹ ausgefüllt sind, läßt sich nicht viel anfangen. Jedenfalls vergingen Wochen und Wochen, ohne daß man auch nur die geringste Spur von dem Gauner entdeckt hätte. Der echte Graf Elbendorf war inzwischen längst in Paris eingetroffen und in den NobiliteKlub aufgenommen worden, wo er jedoch lange nicht mit soviel Begeisterung begrüßt wurde wie seiner Zeit sein ›Doppelgänger‹. An den Namen Elbendorf knüpften sich eben für den blamierten Klub zu viele peinliche Erinnerungen.

      * * *

      Auch in Kommissar Fehlhausers Hände geriet das Rundschreiben der Pariser Polizei, freilich erst nach zwei Monaten, da er fast ein Vierteljahr lang bei der Verfolgung eines MillionenDefraudanten im Auslande herumgereist war. Aufmerksam las er die Personalbeschreibung des Hochstaplers durch. Und dabei durchzuckte ihn plötzlich ein Gedanke, daß dieser Baron von Wrangel vielleicht mit Axel Kaisenberg identisch sein könne. Sofort leitete er eingehende Ermittlungen ein, die sehr bald zu einem bestimmten Resultat führten. So stellte Fehlhauser fest, daß der angebliche Baron in Elbing den Zug und das Abteil des Grafen Elbendorf an demselben Tage bestiegen hatte, an dem Axel Kaisenberg aus der Heimat verschwand. Und dann gelang es dem Kommissar auch noch, sich eine Photographie des jüngsten Kaisenberg zu besorgen. In dieser erkannte Graf Elbendorf sowohl wie die Herren des NobiliteKlubs ihr angebliches Mitglied mit Sicherheit wieder. So war denn das Geheimnis der Persönlichkeit des gerissenen Gauners endlich gelüftet – freilich erst drei Monate nach jenem denkwürdigen Klubabend. Sofort wurde das Bild Axel Kaisenbergs vervielfältigt und in den internationalen Fahndungsblättern, die an sämtliche Polizeibehörden der Welt verschickt werden, veröffentlicht. Aber auch dieses Mittel half nicht. ›Baron von Wrangel‹ blieb verschwunden.

      In dem schlanken Herrn mit spitzem Vollbart, langen Künstlerlocken und grauer goldener Brille, der so bescheiden unter dem Namen Eugen Müller, Schriftsteller, in Kairo lebte, hätte auch niemand den gesuchten Grafen Axel Kaisenberg vermutet.

      7. Kapitel

       Noch einmal im Hause seiner Väter

       Inhaltsverzeichnis

      Zwei Jahre waren seit den letzten Ereignissen verstrichen. Axel Kaisenberg hatte inzwischen, nachdem er in dem sonnigen Ägypten über sechs Monate in vorsichtiger Zurückgezogenheit gelebt hatte, unter stets wechselnden Namen die ganze Welt bereist. Ruhelos trieb ihn die Abenteuerlust von Land zu Land. Fremdes Eigentum schone er jedoch – vorläufig. Der große Schlag, der ihm in Paris gelungen war, gestattete ihm ja ein sorgloses, luxuriöses Leben. Jetzt war er, von Japan kommend, in New York eingetroffen. Und dort dachte er mit einem Mal an die seiner Zeit mit seinem Stiefbruder getroffene Verabredung, nach dem unglückseligen Ausgang seines Prozesses nach Amerika zu gehen. Auf gut Glück fragte er auf dem Hauptpostamt nach Briefen für Alexander Kaiser – der Name, den er in Amerika


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