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Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther KabelЧитать онлайн книгу.

Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band - Walther Kabel


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Augen an, daß dieser ganz gerührt wurde.

      »Ich danke dir für diese Worte, Axel!« erwiderte der Ältere mit vor innerer Bewegung merklich zitternder Stimme. »Du nimmst mir wirklich eine Last von der Seele. Denn ich fürchtete, daß uns diese Heirat vielleicht ganz auseinanderbringen würde, da für dich nunmehr das Majorat, das dir nach meinem Tode zugefallen wäre, wahrscheinlich für immer …« – wieder das ängstliche Zögern – »verloren ist, sofern mir eben der Himmel einen Leibeserben schenkt.«

      Der jüngste Kaisenberg war an das Fenster getreten und hatte den Kopf abgewandt, so daß der Ausdruck in seinen Zügen dem anderen verborgen blieb, er schien völlig versunken in das herrliche Landschaftsbild, das sich seinen Blicken darbot, – grünende Wiesen, schnittreife Felder, unterbrochen von aufblinkenden Seen und in der Ferne weite Forsten wie dunkle Striche, alles Kaisenbergscher Besitz, der dem stolzen Geschlecht seit Jahrhunderten gehörte.

      »Diese letzte Bemerkung mag als nie ausgesprochen gelten«, sagte er dann nach einer Weile mit seltsam gepreßter Stimme. »Sie stellt meinem brüderlichen Empfinden und meiner Selbstlosigkeit gerade kein hervorragendes Zeugnis aus und paßte auch in die Gedanken, die der Anblick unserer Ländereien in mir hervorrief, recht wenig hinein. Denn diese Gedanken drehten sich nur um die Schönheit unserer engeren Heimat, die ich erst jetzt wieder zu schätzen weiß, wo ich mich zwei lange Jahre in der Fremde habe herumstoßen müssen.«

      Etwas wie wehmütige Reue klang durch diese Sätze hindurch, und Graf Arthur, der stets so blind und so gern an das Gute im Menschen glaubte, nahm sie als den Ausdruck aufrichtigsten Empfindens hin. Und in der Freude über den friedlichen Ausgang dieser Zusammenkunft, bei der er eigentlich zum erstenmal eine wärmere Regung für den Stiefbruder spürte, ging er jetzt langsamen, schleppenden Schrittes auf ihn zu und legte ihm herzlich den Arm um die Schultern.

      »Sei nicht traurig, Axel! Auch die Fremde wird dir zur Heimat werden, sobald du dir dort nur erst ein Feld der Tätigkeit erschlossen hast, das dir zusagt und dich voll und ganz befriedigt. Hier bei uns – das wirst du selbst einsehen – kannst du nach jener unseligen Affäre nicht mehr bleiben, schon deswegen nicht, damit du dich keinen Demütigungen aussetzt. Aber jetzt, wo mir meine Braut ein ansehnliches Vermögen mit in die Ehe bringt, bin ich auch wieder in der Lage, dir eine größere Summe zur Verfügung zu stellen, die es dir ermöglicht, dich drüben selbstständig zu machen. Es sind fünfzigtausend Mark, die ich dir zugedacht habe. Vor deiner Abreise werde ich sie dir aushändigen. Nur eins versprich mir, Axel: spiele nie wieder – nie!«

      Forschend schaute Graf Arthur dem neben ihm Stehenden in das schmale aristokratische Gesicht, das durch den blonden Spitzbart und die goldene Beille so bedeutend gealtert erschien. Aber in diesem Gesicht regte sich nichts, und Axels graue Augen blickten weiter ebenso düster und verträumt in die Ferne hinaus. Endlich begann er leise:

      »Ich werde keine Karte mehr anrühren, Arthur, – hier meine Hand! Das Darlehn aber – denn als solches betrache ich die fünfzigtausend Mark nur – nehme ich gern hin, hoffe es dir auch langsam zurückzahlen zu können. – Bitte, kein Wort dagegen! Du hast schon damals vor zwei Jahren alles für mich getan, was du nur tun konntest. Nie werde ich dir diese deine Güte vergessen – nie! – Aber nun möchte ich allein sein … Mein Herz hat so vieles Neues zu verarbeiten, so viel Altes ganz abzutöten, daß ich die Einsamkeit brauche. Wir sehen uns ja nachher bei Tisch wieder.«

      Noch ein Händedruck und Graf Axel verließ das Gemach, stieg die läuferbelegte Treppe empor und verschwand in seinem Zimmer. Kaum aber hatte er die Tür hinter sich zugezogen, als er tief aufatmend stehen blieb. In seinem Antlitz wechselte der Ausdruck wie der Widerschein all der wilden Leidenschaften, die seine Seele erregten. Und plötzlich lachte er laut, höhnisch auf. In seinen Augen war jetzt wieder jenes drohende, grausame Flimmern, das schon vorhin in ihnen aufgeleuchtet hatte, als er bei seiner Ankunft die Freitreppe so langsam hinaufschritt.

      8. Kapitel

       Der Ring der Borgia

       Inhaltsverzeichnis

      Die Via Liguria in Rom gehört, trotzdem sie auf den Platz des Nationalmuseums mündet, zu jenen engen Gassen, in denen man neben modernen, himmelhohen Mietskasernen noch jene niedrigen Häuschen mit den bleigefaßten Fenstern vorfindet, die wohl zu derselben Zeit wie die Prunkpaläste der alten Patriziergeschlechter auf dem Corso Umberto und dem Petersplatz erbaut sind und sicherlich auf eine ebenso wechselvolle Vergangenheit zurückblicken können. In einem dieser baufälligen Häuschen, dessen altehrwürdige Front durch das Einsetzen eines großen Schaufensters mit grellgelb gestrichenem Rahmen verunziert war, befand sich einer jener Antiquitätenläden, wie man sie in Rom zu Hunderten sehen kann. Hier werden den kauflustigen Fremden angeblich wertvolle Raritäten aufgeschwatzt, hier steht das Geschäft jener Fälscher in vollster Blüte, die mit verblüffender Geschicklichkeit uralte Gemälde, Waffen, Urnen, Elfenbeinschnitzereien und Münzen herstellen und immer wieder für einen hohen Preis an den Mann bringen.

      In diesen Laden der Via Liguria verirrte sich eines Vormittags Axel Kaisenberg, der bereits zwei Wochen in Rom weilte, bisher aber vergeblich nach einem passenden Hochzeitsgeschenk für seinen Stiefbruder gesucht hatte. Denn mit einer ihm sonst fremden Energie versteifte er sich darauf, dem Majoratsherrn, dessen Vorliebe für Altertümer er kannte, irgendeinen möglichst seltenen Gegenstand für seine Sammlung zu senden, wobei er allerdings auch im stillen hoffte, daß diese scheinbar so feinsinnige Aufmerksamkeit seinen Geldbeutel weniger angreifen würde als der Einkauf eines modernen Prunkstücks.

      Die ihn bedienende, ärmlich gekleidete Frau des Inhabers dieses Antiquitätenladens hatte ihm bereits eine Unmenge von verstaubten Sachen vorgelegt, ohne daß er sich zu einer Auswahl entschließen konnte. Endlich fand er eine kupferne, mit eingelegter Arbeit reich verzierte Truhe, die ihm für seine Zwecke ganz geeignet schien. Nach einigem Handeln bezahlte er die Hälfte der zuerst geforderten Summe, gab seine Hoteladresse an, wohin ihm die Truhe zugeschickt werden sollte, und war auch bereits wieder auf die Straße hinausgetreten, als die Frau ihn nochmals zurückrief.

      »Herr,« flüsterte sie geheimnisvoll, »eben fiel’s mir ein, – ich habe da noch einen seltenen Ring aus dem fünfzehnten Jahrhundert, einen Wappenring. Eigentlich dürfte ich ihn ja nicht verkaufen; mein Mann, der Ernesto Bragenza, hat’s verboten, streng verboten. Aber seit Wochen ist er schon krank, Herr, schwer krank am Sumpffieber, und Arzt und Apotheker haben die wenigen Ersparnisse längst aufgezehrt, die Geschäfte gehen schlecht, und ich muß mir irgendwie weiterhelfen. Denn wer weiß, wann wieder einmal ein Fremder in die Via Liguria kommt.«

      »Tut mir leid, ich habe keine Verwendung dafür!« lehnte jedoch Axel jeden Handel ab. – Doch die Signora Bragenza ließ sich nicht so leicht abweisen.

      »Nur ansehen sollt Ihr den Ring, Herr, – nur ansehen!« bat sie flehentlich. »Wozu soll er auch noch länger in dem Fache liegen! Mag Ernesto ruhig zuerst schelten, – nachher wird er schon ein Einsehen haben. Wartet nur einen Augenblick, Herr. Er hat ihn in seinem Schreibtisch in unserem Wohnzimmer eingeschlossen. Ich muß zusehen, daß ich ihn unbemerkt herausnehmen kann.« Und ohne eine Antwort abzuwarten, verschwand sie durch die niedrige, in die hinteren Räumlichkeiten führende Tür, um nach einigen Minuten geräuschlos wieder einzutreten.

      »Ernesto schläft, – ich habe Glück gehabt«, raunte sie Axel zu und riß dann hastig einen vielfach versiegelten Umschlag von einem kleinen Holzkästchen, in dem sich auch, wohlverpackt in Watte, das Schmuckstück vorfand.

      Es schien wirklich eine Seltenheit zu sein, – das sah Graf Kaisenberg auf den ersten Blick. Ein Wappenring war’s, bei dem der tafelförmig geschliffene gelbe Topas, den ein Kranz von grünen Saphiren umgab, von zwei ineinander verschlungenen, aus Gelbgold gearbeiteten Drachen gehalten wurde. Das in den Topas eingeschnittene Wappen zeigte eine außergewöhnliche Klarheit der Zeichnung, war aber Axel gänzlich unbekannt. Die Innenseite des Ringes hatte keine Inschrift und erschien vollkommen glatt ausgefüllt. Nur unter dem Topas befanden sich zwei feine Löcher, die vielleicht fünf Millimeter auseinanderlagen.

      Trotzdem ihm dieses eigenartige Erzeugnis


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