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Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther KabelЧитать онлайн книгу.

Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band - Walther Kabel


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von seiner Zeitung aufblickte.

      »Gerster,« rief er erregt, »wissen Sie, was ich eben gefunden zu haben glaube? Nichts anderes als den Faden, der den Fall »Wendel« mit Ihrer Liebesgeschichte verbindet!«

      Der Schriftsteller schaute ihn daraufhin ungläubig an. Dann meinte er zögernd:

      »Eine Verbindung besteht ja schon insofern, als Charlotte Wendel bisher als Rita Meinas bei Frau Deprouval gelebt hat.«

      »Es gibt noch eine zweite – vielleicht,« entgegnete Schaper eifrig. »Ich vermute, daß der Mann, der in Danzig vor mir Erkundigungen nach der Millionenerbin eingezogen hat, Charles Deprouval ist!«

      Heinz Gerster legte schleunigst die Zeitung weg.

      »Nein – wirklich?! Das wäre ja mehr als ein merkwürdiges Zusammentreffen,« sagte er interessiert. »Wie sind Sie denn zu dieser Annahme gelangt? Fraglos haben Sie doch Ihre guten Gründe dazu.«

      »Allerdings, die habe ich. – Auf diese Vermutung hat mich die gestrandete Brigg gebracht. Hören Sie, wie ich mir die Sache zusammenreime. – Unterstellen wir, daß Deprouval nach seiner erzwungenen Auswanderung aus Deutschland nach Afrika gegangen ist und dort bei dem Minenbesitzer Albert Wendel als Buchhalter eine Anstellung gefunden hat. Als Wendel seinen letzten Willen diktiert, ist Deprouval als Zeuge dabei. So erfährt er von den Bestimmungen des Testaments jedes Wort, auch den Umstand, daß Verwandte des Erblassers in Danzig gesucht werden sollen. Zunächst will er nun von der Hinterlassenschaft des Minenmagnaten einen Teil an sich reißen. Das mißlingt. Er muß fliehen und wird von der Polizei verfolgt. Aus diesem Grunde kann er sich in einem größeren Hafen auf einen der Tourendampfer nicht einschiffen. Er geht also nach Port Elisabeth, einem unbedeutenden südafrikanischen Hafen, und zahlt dem Kapitän der Brigg »Karola« das Passagiergeld, der den kleinen Gewinn gern einsteckt. In der Ostsee gerät der Segler dann in einen Orkan, scheitert, und die Besatzung mit Ausnahme von Deprouval ertrinkt. Er, der in der Absicht, selbst die Erben Albert Wendels aufzusuchen, nach Europa gekommen ist, begegnet kurz vor der Landung seinem Weibe. Er hofft, daß sie ihn nicht erkannt hat, läßt sich nach der Brigg zurückrudern und wartet, bis seine Gattin den Strand verläßt. Dann sucht er das Weite. In den nächsten Tagen taucht er in Danzig auf. Er erfährt hier alles, was er wissen will. Zwei Tage darauf reißt Charlotte Wendel plötzlich nach Berlin. Sie bittet Frau Deprouval, daß diese über das Ziel ihrer Reise nicht verrät. Beweis – die eine Bemerkung in dem Briefe der Dame. Mithin handelt es sich bei dieser Fahrt um eine Angelegenheit, die geheim bleiben soll. Und der, der das junge Mädchen nach der Reichshauptstadt kommen ließ, dürfte ebenfalls Charles Deprouval sein. – Sie schaun so ungläubig drein! – Lieber Gerster, bedenken Sie das eine: die Zeitverhältnisse stimmen so tadellos, die einzelnen Abschnitte meiner Kombinationen passen so genau zusammen, daß das nicht alles Zufall sein kann!«

      Trotzdem schüttelte der Schriftsteller zweifelnd den Kopf.

      »Es sind doch schließlich nur Vermutungen,« meinte er. »Es kann so sein – kann aber auch nicht so sein.«

      »Gut, ich erkenne Ihre Bedenken an, möchte Ihnen aber doch nur eins vorhalten: Gerade, daß Charlotte Wendel jetzt, ausgerechnet zwei Tage nachdem der Fremde in Danzig auftauchte, nach Berlin gefahren ist, gibt mir die Überzeugung, daß meine Annahme stimmt. Ich stelle mir die Sache so vor. Deprouval ist sofort nach Beendigung seiner erfolgreichen Ermittlungen von Danzig nach München gefahren. Hier erfuhr er, daß zu seinem Pech die Millionenerbin, an die er sich zu irgendwelchen Zwecken heranmachen wollte, bei seiner Frau als Erzieherin in Stellung war. Mithin erschien es ihm zu gefährlich, seine weiteren Pläne in der Isarstadt sozusagen unter den Augen seiner Gattin zur Durchführung zu bringen. Er fuhr also schleunigst nach Berlin zurück und verstand es, das junge Mädchen dorthin zu locken, wahrscheinlich durch einen Brief, in dem er ihr gewisse Andeutungen über die ihrer wartende Erbschaft machte. Eine Depesche hätte diesen Zweck nicht erreicht. Es muß ein längeres Schreiben gewesen sein. – Nun, Verehrtester, was sagen Sie hierzu?«

      »Ich bewundere ehrlich Ihren Scharfsinn. Und die Möglichkeit, daß Ihre Schlüsse stimmen, gebe ich gern zu. Mehr aber nicht.«

      »Sind Sie aber hartnäckig!« lachte der Detektiv. »Trotzdem hoffe ich noch aus dem Saulus einen Paulus zu machen, und zwar sehr bald. Ich werde gleich nach unserer Ankunft in Berlin eine Kabeldepesche an die Polizei in Kimberley aufgeben und um das genaue Signalement des Buchhalters, der die Erbschaftsräuberei versucht hat, bitten, ferner um Aufschluß darüber, was über den Verbleib des Mannes bekannt geworden ist. Der Mensch, der in Danzig nach Charlotte Wendel Umfrage hielt, besaß einige besondere Kennzeichen: sehr kleine, frauenhafte Hände und einen Eckzahn mit einer Goldkrone. – Wollen sehen, was ich für Antwort aus Kimberley bekomme. Ich jedenfalls wette schon heute, daß jener Buchhalter und der Danziger Spion kein anderer als Deprouval ist.«

      Als der Luxuszug in den Bahnhof Friedrichstraße einlief, beugte sich Schaper weit zum Fenster hinaus, um nach seinem Bürovorsteher Lemke Ausschau zu halten, den er sich kurz vor der Abreise von München durch ein Telegramm herbeordert hatte.

      Lemke hatte seinen Herrn und Gebieter bald erspäht und belud sich dann, nach der ersten Begrüßung mit dessen Reisetasche und -decke.

      »Wie wär’s,« meinte Schaper, als sie die Treppe zum Ausgang hinunterschritten, »wenn wir noch einen Schoppen im »Heidelberger« genehmigten? – Ich habe einen Mordsdurst.«

      Die beiden anderen, die der Detektiv in seiner legeren Art einander vorgestellt hatte, waren einverstanden.

      So bogen sie denn in die Friedrichstraße ein und gingen das kurze Stück bis zu dem bekannten Restaurant zu Fuß.

      Und dann betraten sie den »Heidelberger« . Schaper entdeckte in dem kleinen Garten einen freien Tisch. Nachdem der Kellner die Gläser gebracht hatte, begann der Detektiv sofort als guter Geschäftsmann mit seinem Bürovorsteher von den Dingen zu sprechen, die ihm am meisten am Herzen lagen.

      »Sie dürfen mir das nicht verargen, lieber Gerster,« entschuldigte er sich bei diesem. »Aber gerade in meinem Beruf muß ich jede Minute auf dem Laufenden sein.« – »Briefe eingegangen?« wandte er sich dann an Lemke.

      »Bitte. Habe alles mitgebracht.«

      »Sonst was neues?«

      »Zwei neue Aufträge. Einer davon sehr lohnend.«

      Während Schaper nun die Briefe durchsah – es war ein ziemlicher Stoß – unterhielten sich die beiden anderen halblaut.

      Plötzlich lachte der Detektiv hell auf, so daß seine Tischgenossen beinahe erschreckt zusammenfuhren.

      »Diese Gespenstergeschichte dort hinten in Pommern wird immer interessanter,« sagte er dann, zwei der Briefe mit den Fingerspitzen hochhaltend. »Die Freundschaft zwischen dem Privatgelehrten Müller und dem dicken Kaufmann Wernicke scheint einen Riß bekommen zu haben. – Lieber Gerster, Sie sind ja in die Sache eingeweiht. Da wird es Sie also nicht allzusehr langweilen, wenn ich Ihnen zwei famose Herzensergüsse aus Gauben vorlese. – Herr Müller schreibt: »Sehr geehrter usw. Zu meinem Bedauern erfuhr ich von Herrn Wernicke, daß Sie gestern hier in unserem Städtchen gewesen sind, ohne sich zu mir bemüht zu haben. Sollte Sie etwa meine Krankheit davon abgehalten haben? Das würde mir sehr leidtun. Ich hätte Sie sehr, sehr gern persönlich gesprochen. Nun muß ich das, was ich Ihnen mündlich mitteilen wollte, auf diesem Wege zukommen lassen. Ich will mich kurz fassen. – Obwohl ich meinen Verdacht nicht begründen kann, so werde ich doch das Gefühl seit einigen Tagen nicht los, daß Wernicke bei den Geistererscheinungen in meinem Garten nicht ganz unbeteiligt ist. Wie gesagt – es ist dies eine bloße Vermutung von mir, die zu beweisen mir vorläufig unmöglich ist. Aber ich halte mich doch für verpflichtet, Ihnen hiervon Mitteilung zu machen. Im Interesse einer schleunigen Aufklärung der geheimnisvollen Angelegenheit würde ich Ihnen raten, Ihre nächste Ankunft hier in Gauben nur mir ankündigen zu wollen, da ich sonst offen gestanden fürchte, daß das Gespenst es vorziehen wird, sich während Ihrer Anwesenheit nicht zu zeigen. Weiter bitte ich Sie aus demselben Grunde, den Personenzug nach Stolp nur bis Zerzewa, eine Station vor Gauben, zu benutzen und von dort aus mit einem leicht zu beschaffenden Fuhrwerk bis in die Nähe der Mönchs-Abtei zu fahren, wo ein Nachtquartier


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