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Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther KabelЧитать онлайн книгу.

Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band - Walther Kabel


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dieses herrliche Landschaftsbild auf die Leinwand bannen zu können. Aber leider, – dazu reicht mein kleines Talent nicht aus.«

      »Sie denken sehr bescheiden von Ihrer Kunst, Fräulein Anna. Versuchen Sie’s doch einmal! Ich meine, ein besserer Platz zu beschaulicher Arbeit nach der Natur läßt sich kaum finden als dieser hier. Am Alltag ist der Wald hier noch einsamer.«

      Inzwischen hatten sich Anna Wielands Gedanken bereits wieder von dem Einfluß dieser farbenfrohen, abwechselungsreichen Umgebung frei gemacht. Sie fürchtete, daß Dreßler sie in ein längeres Gespräch über Kunst verwickeln könnte. Und das wäre ihr sehr ungelegen gekommen, da sie diese Zeit des Alleinseins mit ihm lediglich für die Interessen ihres Bruders auszunutzen gedachte und außerdem auch neugierig war, was der Doktor ihr wohl mitzuteilen hätte. Deshalb ging sie auf seine letzte Bemerkung nicht näher ein, sondern sagte, indem sie mit ihrem Sonnenschirm nach einer abseits stehenden Bank deutete:

      »Ich denke, wir nehmen dort für eine Weile Platz. So können wir ganz ungestört und in aller Ruhe das Nötige besprechen.«

      »Gut. Ich bin einverstanden,« erwiderte Dreßler und stäubte dann fürsorglich erst mit seinem Taschentuch die Holzbank ab, damit die helle Toilette seiner Begleiterin nicht durch den Staub leide.

      »Fräulein Anna,« begann er, nachdem sie sich gesetzt hatten, »daß ich kein Freund von langen Einleitungen bin, wissen Sie. Daher zunächst zu Punkt eins: Sie haben irgend etwas gegen mich. Das merkte ich heute schon bei der Begrüßung. Bitte, – was ist’s?«

      »Sie sind nicht ehrlich gegen Karl, Herr Doktor,« erwiderte sie ohne Zögern. »Ich weiß genau, daß Maria gestern gegen Abend bei Ihnen war, – sicherlich, um wegen des Verschwindens ihres Vaters mit Ihnen nochmals Rücksprache zu nehmen. Diesen Besuch hat sie uns verschwiegen. Und das hätte meine Schwägerin nie getan, wenn sie nicht gewußt hätte, daß auch Sie darüber reinen Mund halten würden. Also liegt so etwas wie ein Komplott zwischen Ihnen und Maria vor, – irgendwelche Heimlichkeiten, die, falls mein Bruder davon erfährt, die Situation in unserem Haus nur wieder zuspitzen würden.«

      »Woher wissen Sie denn, daß Ihre Schwägerin mich gestern aufgesucht hat?« fragte Dreßler ohne jede Empfindlichkeit über diese Vorwürfe.

      »Ich sah Maria aus Ihrem Hause herauskommen.«

      »Daher also. – Nun gut, – Ihre Schwägerin war bei mir. Und für diesen Schritt, der ihr sicher nicht leicht geworden ist, müssen wir alle ihr Dank wissen. – Sie sehen mich etwas ungläubig an. Doch – es ist so. Um Marias Verhalten aber ganz zu begreifen, sollen Sie erfahren, was ich über den Fall Durgassow heute bereits weiß. Ich sage, »den Fall Durgassow«. Denn wir haben es hier tatsächlich mit einer ziemlich verwickelten, durchaus nicht leicht zu nehmenden Angelegenheit zu tun. Selbstverständlich rechne ich, wenn ich Sie, Fräulein Anna, ins Vertrauen ziehen, mit Ihrer Verschwiegenheit, die Sie auch Karl gegenüber vorläufig bewahren müssen, selbst wenn Ihnen das auch noch so schwer fallen sollte. Wenn Sie erst alles erfahren haben, dürften Sie es wahrscheinlich selbst für am richtigsten halten, Ihren Bruder fürs erste in die eigentliche Sachlage nicht einzuweihen.«

      Wortlos, nur bisweilen wie in ungläubigem Erstaunen den Kopf schüttelnd, hörte das junge Mädchen zu.

      »Und jetzt, wo Sie die vorliegenden Verhältnisse bis ins einzelne zu überschauen vermögen,« fügte Dreßler hinzu, nachdem es nichts mehr zu berichten gab, – »jetzt sagen Sie mir ganz offen, Fräulein Anna, Sie, die Sie Ihren Bruder wohl mit am besten kennen werden: Meinen Sie, daß Karl sich so leicht damit abfinden wird, eine junge Dame mit einer so mysteriösen Vergangenheit, noch dazu unter einem falschen Namen, zur Frau genommen zu haben?«

      Anna Wieland schwieg unschlüssig und zeichnete nachdenklich mit dem Schirm verschlungene Linien auf den noch taufeuchten Boden.

      »Karl liebt Maria unendlich, – das ist ja auch Ihnen bekannt, Herr Doktor,« meinte sie dann. »Trotzdem dürfte meines Bruders seelisches Gleichgewicht aufs schwerste erschüttert werden, wenn er von all diesen rätselhaften Dingen etwas erfährt. Karl ist eben seinen ganzen Anschauungen nach ein großer Feind aller unklaren Verhältnisse, jeder Heimlichkeit. Man könnte ihn in dieser Beziehung beinahe einen Pedanten nennen. Daher bin ich auch dafür: Wir wollen ihn zunächst über Durgassows Vergangenheit und die damit in Zusammenhang stehenden jetzigen Ereignisse im Unklaren lassen. Vielleicht bietet sich uns später ein Weg, ihm die Enttäuschung, von seiner Frau in gewisser Weise hintergangenen zu sein, ganz zu ersparen.«

      »Ich freue mich, daß Sie sich auf meinen Standpunkt stellen, Fräulein Anna,« sagte Dreßler, ihr warm die Hand hinstreckend, da er sich durch diese ihre Meinungsäußerung auch in seinem eigenen Gewissen sehr beruhigt fühlte. »Es ist immer eine heikle Sache, einem so guten Freunde gegenüber, wie Karl mir einer ist, mit falschen Karten zu spielen, mag man dabei auch noch so gute Absichten haben. Man kann eben nie vorausahnen, wie der Betreffende nachher dieses zu seinem Wohl inszenierte Ränkespiel auffaßt.«

      »Nun – jetzt werden Sie über diese Zweifel leichter hinwegkommen, lieber Herr Doktor, nicht wahr?« lächelte Anna Wieland. »Hinter Ihnen steht jetzt sozusagen der Familienrat, der Ihr Tun billigt und deckt. Karl wird, falls wir ihm wirklich reinen Wein einschenken müssen, schon einsehen, wie wir alle nur auf die Erhaltung seines Eheglücks bedacht gewesen sind. Eigentlich kann er sich glücklich schätzen, einen so aufopfernden Freund, wie Sie es sind, zu besitzen. Manch einer würde sich schön hüten, sich in Angelegenheiten zu mischen, bei deren Erledigung er sich vielleicht die Finger verbrennen kann.« –

      Noch eine gute halbe Stunde sprachen die beiden über allerhand Einzelheiten des Falles Durgassow. Dreßler entwickelte Anna Wieland dabei in großen Zügen seinen Schlachtplan. Mit stiller Bewunderung lauschte sie seinen Ausführungen, die ihr zeigten, in welch klarer Weise er die Sachlage überschaute und wie er jede sich ihm darbietende Möglichkeit nur dazu benutzen wollte, alle Unzuträglichkeiten von der ihm so nahestehenden Familie abzuwehren.

      »Wer Sie so reden hört, Herr Doktor,« meinte sie im Laufe des Gesprächs ehrlich, »so übersichtlich, so scharf durchdacht, der würde Sie eher für einen gewiegten Kriminalisten als einen harmlosen Privatgelehrten halten, der seine größte Freude im Sammeln von allerhand Raritäten und im Anstellen chemischer Experimente findet.«

      Dreßler zögerte mit einer Erwiderung. Hier bot sich ihm endlich eine Gelegenheit, eine Aussprache herbeizuführen, die er bisher stets vermieden hatte. Und kurz entschlossen sagte er jetzt, indem er sie dabei prüfend anschaute, um jede Veränderung in ihren Zügen wahrnehmen zu können:

      »Und wenn ich nun wirklich einmal Detektiv gewesen wäre, Fräulein Anna? Würden Sie mich deswegen vielleicht weniger achten? Es gibt ja so viele Menschen, die in dem Detektiv-Beruf etwas – Unehrenhaftes sehen, eben weil die Leute dieses Standes gezwungen sind, zur Erreichung ihres Zieles nach allen möglichen Mitteln zu greifen, die häufig mit den allgemein üblichen Anschauungen über Offenheit und Ehrlichkeit nicht in Einklang zu bringen sind.«

      »Sie – Detektiv?! Sie scherzen?!«

      »Ich scherze nicht. Über ein Jahrzehnt gehörte ich zu den gesuchtesten Privatdetektivs Deutschlands. Für die große Welt war ich allerdings stets nur der Privatgelehrte Hans Dreßler. Und bestimmte Gründe bewogen mich, sogar Karl gegenüber über diese meine frühere Tätigkeit zu schweigen.«

      »Bestimmte Gründe? Etwa weil Sie fürchteten, mein Bruder würde den einstigen Detektiv weniger schätzen als den Mann, den er nur als Chemiker kannte? – Da taxieren Sie Karl denn doch zu gering ein. Jedem, der Gelegenheit hat, Sie genauer kennen zu lernen, müßte Ihre Personen lieb und wert werden, Herr Doktor, jedem! Denn unter Ihrer kühlen, gleichmäßigen Ruhe leuchtet ja immer wieder Ihr edles, mitfühlendes Herz hervor.«

      Anna Wieland wollte noch mehr hinzufügen. Aber noch zur rechten Zeit war ihr zum Bewußtsein gekommen, daß sie als junges Mädchen dem unverheirateten Herrn gegenüber unmöglich in diesem Tone fortfahren dürfe und daß eine so begeisterte Würdigung seiner Persönlichkeit leicht von ihm falsch aufgefaßt werden könnte.

      Eine heiße Blutwelle war ihr in das Gesicht gestiegen. Und um ihre Verwirrung zu bemänteln,


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