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Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther KabelЧитать онлайн книгу.

Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band - Walther Kabel


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Kalkutta weilte, unter dem Siegel der Verschwiegenheit mit, es würde in nächster Zeit in südafrikanischen Minenaktien ein großer Kurssturz stattfinden, dem aber ein ebenso schnelles Emporsteigen der Kurse folgen werde. Der Bekannte, ein Angestellter eines Bankinstitutes, machte mir die Sache so mundgerecht und schilderte mir den leichten Gewinn so verlockend, daß ich mich überreden ließ und meine gesamten Ersparnisse in den bald darauf wirklich sehr niedrig stehenden Minenaktien anlegte. – Drei Monate später war mein mühsam erworbenes Vermögen bis auf den letzten Pfennig verloren, infolge welcher Umstände, will ich hier nicht auseinandersetzen, da dies zu weit führen würde. Jedenfalls war ich nun genau so arm wie vor elf Jahren, als ich in Kalkutta landete. Wie schwer dieser Schlag für mich zu überwinden war, wirst Du erst verstehen, wenn ich Dir sage, daß ich nur, nur für Dich gespart und gedarbt hatte. Dir wollte ich ein Vermögen hinterlassen, wenn ich plötzlich einmal sterben sollte, damit Du nicht mittellos, nur auf die Mildtätigkeit Fremder angewiesen, allein zurückbliebest. Völlig verzweifelt und mutlos mußte ich mich kurz darauf zu einer neuen Inspektionsreise rüsten. Mich beherrschte während der ganzen Fahrt nur ein Gedanke: Der, daß ich mein Geld durch leichtsinnige Spekulationen vergeudet hatte! – Dazu, nochmals von vorn anzufangen, fehlte mir die Energie, so niedergeschlagen war ich. –

      Eine unserer größten und ertragfähigsten Plantagen befand sich dicht bei Mudnapur, der Residenz des Fürsten Rasantasena. Dieser eingeborene Herrscher gehört zu den reichsten indischen Fürsten. Von seinen Schätzen, die er in einer besonderen Schatzkammer in einem Turme seines Schlosses aufbewahren sollte, hatte ich schon oft geradezu märchenhafte Dinge erzählen hören.

      Als ich auf der Plantage eintraf, erlebte ich insofern eine sehr unangenehme Überraschung, als die vier dort angestellten weißen Aufseher ihre Stellen zum nächsten Termin kündigten. Da ich wußte, daß recht schwer Ersatz zu beschaffen sein würde, suchte ich sie durch das Versprechen baldiger Gehaltserhöhung zur Zurücknahme der Kündigung zu bewegen. Aber sie ließen sich auf keinerlei Verhandlungen ein. Ich wollte nun herausbekommen, aus welchem Grunde die vier Leute ihrer Stellung so plötzlich überdrüssig geworden waren. Als daher der Abend angebrochen war, schlich ich mich aus meinem Zimmer nach dem nahen Aufseherhäuschen, in dem die vier zusammen wirtschafteten. Ich hoffte, sie bei einem Gespräch belauschen zu können und so vielleicht einen Fingerzeig für die Ursache dieser auffallenden Kündigung zu erhalten. – Und ich hatte wirklich Glück. Sie saßen gerade eng beieinander auf der zu ihrem Hause gehörigen niedrigen Veranda und unterhielten sich in deutscher Sprache über ihre Zukunftspläne.

      Ich will mich kurz fassen: Ihr Plan zielte auf nichts anderes als eine Beraubung der Schatzkammer des Fürsten Rasantasena ab. Sie beabsichtigten, in der Nähe des Schloßturmes, in dem sich die Schatzkammer befand, ein Häuschen zu erwerben und von dort aus einen unterirdischen Gang nach dem Turme zu graben. Um aber für ihre längere Anwesenheit in der Residenz Mudnapur einen möglichst unauffälligen Grund zu haben, waren sie übereingekommen, in der Hauptverkehrsstraße einen Laden zu mieten und dort einen Basar für europäische Waren aller Art zu eröffnen. Das Häuschen in der Nähe des für sie so wichtigen Turmes sollte dann angeblich nur für Wohnzwecke und als Lagerraum für die Waren dienen.

      Nachdem ich dies alles in Bruchstücken vernommen hatte, schlich ich in mein Zimmer zurück und suchte mein Lager auf. Ich nahm mir vor, am nächsten Morgen die vier Männer unter der Drohung, ihre Absichten sonst zu vereiteln, dazu zu zwingen, mich an ihrem eine ungeheure Beute versprechenden Anschlage teilnehmen zu lassen. – Zu meiner Überraschung waren sie damit sehr schnell einverstanden, mich als fünftes Mitglied in ihren Kreis einzureihen, wobei ich einen Eid schwören mußte, mit allen Mitteln unter Hintansetzung meiner persönlichen Interessen nur an der Verwirklichung unseres Planes arbeiten zu wollen. Wir kamen überein, daß ich meine bisherige Stellung ruhig beibehalten und nur nebenbei für unsere gemeinsamen Zwecke tätig sein sollte. Infolge meiner weitverzweigten Beziehungen zu den Ratgebern des Fürsten Rasantasena gelang es mir ohne viele Schwierigkeiten, meinen Genossen die Erlaubnis zur Gründung eines Basars in Mudnapur zu erwirken. Ebenso war ich ihnen auch beim Ankauf eines keine 30 Meter von dem erwähnten Turme entfernten Hauses behilflich.

      Wir hatten vereinbart, daß meine Gefährten mir in einer von uns ausgeklügelten Geheimschrift ihre Mitteilungen unter Beifügung eines Geheimzeichens stets von Kalkutta an die Generaldirektion der Plantagengesellschaft senden sollten, von wo aus mir sämtliche Briefe stets umgehend nach meinem jeweiligen Aufenthaltsort nachgeschickt zu werden pflegten. Dieses Geheimzeichen, eine einen Dolch haltende Hand, sollte auf jedes Schriftstück mit einer nur nach Erhitzen des Papiers sichtbar werdenden Tinte gezeichnet werden, damit wir sicher gingen, daß die Nachricht auch wirklich von einem der Unsrigen herrührte und nicht etwa eine uns von anderer Seite gelegte Falle darstellte.

      So erhielt ich denn auch Ende Februar 1890, als ich gerade in der Stadt Peschawar in Zentralindien weilte, einen Brief von meinen Genossen, in dem sie mir ankündigten, sie würden nunmehr nach Vollendung des Tunnels vierzehn Tage später in der Nacht vom 14. zum 15. März, den Einbruch in die Schatzkammer unternehmen, weil zu derselben Zeit der Fürst verreist und die Bewachung des Schlosses daher eine weniger scharfe sein würde. Ich solle jedenfalls auf einem von Kalkutta am 18. oder 19. März abgehenden Dampfer vier Plätze belegen, da sie mit ihrem Raube, von dem mir vorher mein Anteil ausgeliefert werden sollte, sofort das Weite suchen wollten. Ich selbst brauche nicht mehr mit ihnen zu flüchten, da auf meine Person kaum ein Verdacht fallen dürfte. – Soweit der Brief. Ich tat, was man von mir verlangte, besorgte aber auch für mich selbst und für Dich, Maria, Kabinenplätze auf einem anderen, einen Tag später abfahrenden Schiff, doch nicht unter meinem richtigen, sondern unter dem Namen Michael Durgassow, da ich vor zwei Jahren in Besitz zahlreicher, auf diesen Namen lautender Papiere gelangt war. Michael Durgassow war nämlich auf einer der Gesellschaft gehörigen Plantage in der Provinz Haiderabad Oberaufseher gewesen und während einer Choleraepidemie fast gleichzeitig mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern, von denen die eine wie du Maria hieß, gestorben. Da ich damals angewiesen wurde, nach eventuellen Erben Durgassow Nachforschungen anzustellen, – diese hatten jedoch keinen Erfolg, behielt ich seine Familienpapiere und die geringe Hinterlassenschaft, ohne zu ahnen, wie nützlich mir die Urkunden noch einmal werden sollten.

      Die Beraubung der Schatzkammer Rasantasenas gelang vollständig. Meine Genossen langten am 18. März glücklich in Kalkutta an, übergaben mir meinen Anteil von der Beute und verließen den Hafen am folgenden Tage. Daß ich unter anderem Namen sofort nach ihnen Kalkutta den Rücken kehren würde, verschwieg ich wohlweislich.

      In Suez erfuhr ich zu meinem Schrecken, daß der Anschlag auf die Schatzkammer des Fürsten früher entdeckt worden war, als wir es je gefürchtet hatten, und daß meine Gefährten bereits bei ihrer Landung gefangen genommen worden waren. Trotzdem mein Name nicht erwähnt war, wandte ich doch alle Vorsichtsmaßregeln an, um etwaige Verfolger von meiner Fährte abzulenken. Nach unserer Ankunft in Marseille reiste ich sofort nach Amsterdam und von dort nach Genf, wo ich Dich in einem Pensionat unterbrachte.

      Ich selbst irrte unstet von Stadt zu Stadt, von Land zu Land. Das Gewissen war in mir erwacht. Jetzt, wo ich in Ruhe das, was ich getan, mir überlegte, fand ich für diese Verirrung keine Entschuldigungsgründe mehr. – In einem deutschen Gasthause in Mexiko ereilte mich dann zwei Jahre später das Schicksal in Gestalt eines meiner früheren Genossen. Es war ein gewisser Albert Wenzel, ein gewalttätiger Mensch, den ich gern aus dem Wege gegangen wäre. Aber er erkannte mich sofort und war offenbar hocherfreut, mich getroffen zu haben, allerdings weniger aus Anhänglichkeit an meine Person, sondern weil er vielmehr sicher erwartete, mir eine größere Geldsumme abnehmen zu können.

      Dies gelang ihm auch, denn ich mußte ihm 40 000 Mark in guten Papieren übergeben, – ungefähr ein Drittel des Vermögens, welches ich mir durch den Verkauf der Diamanten gesammelt hatte. Ich verließ darauf Mexiko und begann wieder meine unstete Wanderung von Ort zu Ort.

      Nach längerer Irrfahrt hatte ich mich in Danzig dauernd niedergelassen. Du, mein liebes Kind, warst die glückliche Gattin eines von mir hochgeschätzten Mannes geworden, und ich selbst lebte bereits in der festen Hoffnung, daß niemand mich jemals wieder an die Vergangenheit mit ihren dunklen Taten erinnern würde. Ja, so felsenfest war ich hiervon überzeugt, daß ich jetzt, wo ich Dich gut versorgt wußte, einen seit langem gehegten Wunsch verwirklichte. Ich


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