Dr. Norden Staffel 8 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
es war nur ein unschuldiger Kuss, mit dem er sich für ihren Zuspruch und ihre Hilfe bedankte, ehe er sich auf den Weg zu Stella machte, um sich seine Fähigkeiten zu beweisen.
*
Es war nur ein leises Geräusch, das Nicole Rosenholz Tage später aus leichtem Schlummer weckte. Ehe sie herausfinden konnte, um was es sich handelte, öffnete sich die Tür, und Dr. Matthias Weigand kam herein.
»Störe ich?«, fragte er und wirkte plötzlich fast schüchtern. Ihre wiedererwachte Schönheit irritierte ihn jedes Mal wieder, wenn er das Zimmer betrat.
»Natürlich nicht«, versicherte sie schnell und setzte sich aufrecht im Bett auf. Hektisch fuhr sie sich mit der Hand durchs dunkle Haar. »Wenn es Sie nicht stört, dass ich nicht auf Herrenbesuch vorbereitet bin.«
Er bemühte sich um eine strenge Miene.
»Tut mir leid, aber diesmal bin ich in meiner Eigenschaft als Ihr Arzt hier.« Um das Lachen aus seiner Kehle zu vertreiben, räusperte er sich. »Ich habe die zweifelhafte Ehre, Sie auf Ihre Entlassung morgen vorzubereiten.«
»Dann müssen wir morgen schon Abschied nehmen?« Damit hatte Nicole nicht gerechnet. Im ersten Moment war sie erschrocken. Doch sie erholte sich schnell und blinzelte ihm verschwörerisch zu. »Wenn ich mich nicht irre, haben Sie sich neulich heimlich meine Telefonnummer aus der Akte rausgeschrieben. Sie wissen also, wo Sie mich finden können.«
Schlagartig färbten sich Matthias Weigands Wangen dunkelrot.
»Das haben Sie gesehen? Ich dachte, Sie schlafen.«
»Tja, ich bin eben immer für eine Überraschung gut.«
»Nicht nur Sie!« Sein Lächeln spiegelte die Vorfreude wider, die er empfand. »Wie Sie wissen, gelten in dieser Klinik gewisse Regeln. Und jetzt wissen Sie ja auch, dass ich dazu neige, manche Regeln zu brechen. Ich habe mir da etwas ausgedacht. Aber ich warne Sie! Wenn Sie mich verraten, könnte dieser Regelverstoß unangenehme Folgen für mich haben.«
»Ich werde schweigen wie ein Grab«, versprach Nicole. Sie war gespannt wie ein Flitzebogen.
»Das ist sehr gut.« Matthias Weigand ging zur Tür und legte die Hand auf die Klinke. »Wenn jemand fragt: Ihre Mutter ist zu Besuch mit ihren sieben Schwestern und elf Brüdern.« Er zwinkerte ihr zu und öffnete die Tür. Fast im selben Moment stürmte eine Kinderschar in Begleitung der Rektorin Thekla Päpke herein und versammelte sich um das Bett ihrer Lehrerin. Die Erstklässler lachten und kreischten vor Freude, ihre geliebte Frau Rosenholz endlich wiederzusehen. Matthias Weigand stand in der Ecke und kostete diesen herzerwärmenden Anblick aus, bis er zu einem Notfall gerufen wurde.
*
Mit offenen Worten war es Moritz Baumann tatsächlich gelungen, seine Schwester von der dringend notwendigen Operation zu überzeugen. Trotzdem schlug ihm das Herz bis zum Hals, als er drei Tage nach dem Eingriff zum ersten Mal wieder zu ihr durfte.
»Hallo, Stella«, begrüßte er sie fast schüchtern, als er zu ihr ans Bett trat. Er reichte ihr einen Strauß lachsfarbener Rosen. »Für dich.«
»Danke. Sie sind wundervoll!« Sie war noch blass und merklich angeschlagen. Aber der Glanz in ihren Augen zeugte davon, dass sie sich auf dem Wege der Besserung befand. »Schön, dich zu sehen, Bruderherz.«
»Wirklich? Oder sagst du das nur so?«
Seine Unsicherheit verwirrte sie. So bescheiden kannte sie ihn nicht.
»Eigentlich solltest du wissen, dass ich eine sehr beharrliche Person bin.«
»Das schon. Aber es könnte ja sein, dass du es dir inzwischen wieder anders überlegt hast.« Nachdem die befürchtete Ablehnung ausblieb, setzte sich Moritz auf die Bettkante. Heimlich schickte er einen warmen Dank an Tatjana. Ihrem Zuspruch war es zu verdanken, dass es dieses Treffen geben konnte.
»Nein.« Stella schüttelte den Kopf. »Ich bleibe dabei: Unser Streit war völlig unsinnig. Es tut mir leid, was ich dir alles an den Kopf geworfen habe.« Sie lächelte warm und tastete nach der Hand ihres Bruders.
»Ich habe auch Fehler gemacht.«
»Von denen du keine Ahnung hattest. Und statt dir meine Unzufriedenheit mal an den Kopf zu werfen, habe ich sie jahrelang in mich reingefressen. Das war weder fair noch richtig.«
Sanft streichelte Moritz ihre Hand.
»Zum Glück haben wir das ja aus der Welt geschafft. Ab sofort werde ich alles anders machen.«
»Die Stelle in Dubai sind wir los, oder?«
Als Moritz das hörte, schüttelte er ungläubig den Kopf.
»Hey, du bist gerade dem Tod von der Schippe gesprungen. Kannst du da nicht ausnahmsweise mal an was anderes denken, als an die Arbeit?«
Stella hob den Kopf und zwang sich ein Lächeln auf die Lippen.
»Doch! Natürlich! In den vergangenen Tagen habe ich besonders viel darüber nachgedacht, was für ein unverschämtes Glück es ist, einen Bruder wie dich zu haben.«
Diesmal war es Moritz, der betreten wegsah. Er konzentrierte sich auf den Anblick ihrer Hand in der seinen. Das, was er Stella zu sagen hatte, fiel ihm nicht leicht.
»Ich hoffe, das bleibt auch so, wenn wir uns in Zukunft nur noch ab und zu sehen.«
Stella legte den Kopf schief.
»Wie meinst du das?« Ihre Stimme zitterte leicht. »Du gehst allein nach Dubai?«
Lächelnd schüttelte Moritz den Kopf.
»Nein. Aber du wirst gehen. Ich habe mit dem Manager gesprochen. Er will dich unbedingt haben und wartet so lange, bis du wieder gesund bist.«
»Das ist nicht wahr!«, platzte sie ungläubig heraus.
»Natürlich ist das wahr. Das zum Thema: Du bist nur mein Anhängsel. Auf mich hat er ohne mit der Wimper zu zucken verzichtet.«
»Ich verstehe nicht. Er braucht doch zwei Leute.«
»Nachdem ich ihnen erklärt habe, dass ich so lange bei dir bleibe, bis du wieder ganz gesund bist, hat er einen anderen Bewerber eingestellt, der die Geschäfte allein führt, bis du einsteigen kannst.«
»Oh, Moritz!« Als Stella das hörte, stiegen ihr Tränen in die Augen. »Das hast du für mich getan?«
»Na ja.« Er begann, unruhig auf der Bettkante hin und her zu rutschen. »Ganz so selbstlos bin ich natürlich immer noch nicht«, gestand er. »Ich habe ein anderes, sehr verlockendes Angebot im Oman bekommen.«
»Oman?« Als sie nachdachte, wurden ihre Augen schmal. »Das ist ja nicht weit weg. Dann können wir uns ja oft treffen.«
»Moment mal! Ich dachte, du wolltest dich von mir emanzipieren?«, widersprach Moritz überrascht.
»Zwei Stunden Flug sind Emanzipation genug«, lachte Stella und fiel ihrem Bruder in die Arme.
»O Dan, ich bin wirklich aufgeregt.« Fee Norden stand vor dem geöffneten Kleiderschrank und studierte den Inhalt mit einem Blick, der an eine Röntgenuntersuchung erinnerte.
Im Gegensatz dazu lag ihr Mann in aller Seelenruhe auf dem Bett und blätterte in einer Zeitschrift. Er sah kurz auf. Seine Augen streiften zunächst Fee, ehe sie an den Kleidern, Blusen, Hosen und Röcken hängenblieben, die fein säuberlich aufgereiht auf der Kleiderstange hingen.
»Solange du mir nicht erzählst, du hättest nichts zum Anziehen …«
»Seit der Kreuzfahrt hab ich eher zu viel Auswahl. Ich kann mich gar nicht entscheiden.« Fees Seufzen kam aus tiefstem Herzen.
»Was steht denn auf der Einladung?« Wohl oder übel musste Dr. Daniel Norden einsehen, dass die Ruhepause