Sophienlust Staffel 8 – Familienroman. Diverse AutorenЧитать онлайн книгу.
bestimmt gleichgültig gewesen, wenn man seine Frau eingesperrt hätte«, machte er seinem Herzen nach der Beerdigung Luft.
»Wahrscheinlich. Aber du siehst, mein Junge, das Schicksal hat ihn bestraft«, meinte Alexander ernst. »Toten muß man verzeihen können.«
»Findest du?« Nick war damit nicht ganz einverstanden.
Ingrid hätte nun wieder eine Stelle als Krankenschwester bekommen können, aber sie wollte nicht mehr in diesem Beruf tätig sein. Doch als Dieter sie eines Tages fragte, ob sie nicht als Sprechstundenhilfe in seiner neueröffneten Praxis arbeiten wolle, sagte sie mit Freuden zu. Sie sehnte sich nach einer Aufgabe, die ihr das Gefühl gab, etwas zu leisten. Abgesehen davon war sie nicht wohlhabend genug, um privatisieren zu können. Auch wollte sie die Güte der von Schoeneckers nicht übermäßig in Anspruch nehmen.
Denise hatte auf Ingrids Bitte hin ihren guten Freund Dr. Lutz Brachmann gebeten, sich um die Anwaltspraxis und das Haus in München zu kümmern und zu versuchen, beides günstig loszuwerden.
Das Ergebnis dieser Bemühungen war jedoch wenig erfreulich. Das Haus brachte keinen Pfennig ein, und die Anwaltspraxis wurde aufgelöst, da sich kein Interessent dafür fand.
Ingrid begrüßte das fast, denn das Erbe von Guidos Onkel hatte ihr nur Unglück gebracht. Hätte Guido nicht nach München fahren müssen, wäre er nicht in diese Kreise gekommen. Dann hätte er auch nicht Pia Franke kennengelernt, die ihm den Tod gebracht hatte, dachte sie.
Ingrid empfand auch keinerlei Triumph, als sie in einer Zeitung las, daß man in München einen Rauschgiftring ausgehoben hatte. Die Namen Pia Franke und Karl Kunze waren in diesem Zusammenhang erwähnt worden.
Ingrid nahm sich vor, nicht mehr zurückzublicken. Sie wollte nur noch an die Zukunft ihrer Kinder denken. In Dieter Heidenreich hatte sie inzwischen einen selbstlosen Freund gefunden, der ihr die Kraft gab, durchzuhalten, der sie immer wieder innerlich aufrichtete.
Schnell hatte sich Ingrid als Sprechstundenhilfe eingearbeitet. Dieters Ordination war immer gut besucht. Doch meist hatte er weibliche Patienten. Ingrid entgingen nicht die Blicke der Frauen, die den gutaussehenden Arzt mit unverhohlener Bewunderung streiften. Jedesmal, wenn sie solche Blicke bemerkte, durchzuckte sie ein feiner Stich. Insgeheim begann sie sich mit Dieters Privatleben zu beschäftigen. Ob er eine Freundin hat? fragte sie sich. Dieser Gedanke gefiel ihr in keiner Weise. Doch sie sagte sich zugleich, daß sie sein Leben im Grunde genommen nichts angehe. Aber leider half ihr diese Überlegung nicht viel.
Dieter lud Ingrid mehrmals in sein Haus ein. Seit einiger Zeit hatte er eine zuverlässige Zugehfrau, die alle anfallenden Arbeiten machte. Täglich erschien sie für einige Stunden und brachte die Villa nach und nach auf Hoch-glanz.
An einem Sonntag holten Ingrid und Dieter schließlich die Kinder von Sophienlust ab. Peter war überglücklich, Kuni und Mathias das Haus zeigen zu dürfen, das seinem Vater gehörte.
Die beiden kamen aus den Staunen nicht heraus. Denn Peter hatte ein eigenes Schlafzimmer und ein Spielzimmer, in dem sich die schönsten Sachen befanden. Es gab sogar eine elektrische Eisenbahn, die der von Sophienlust in nichts nachstand.
»Vati und ich spielen öfters damit«, erzählte Peter stolz.
»Wirklich?« fragte Mathias tief beeindruckt.
»Eigentlich wäre es Zeit, daß ich wieder heimkomme«, überlegte Peter laut. »Wißt ihr was?« fragte er und sah die beiden an.
»Nein, Peter! Was ist denn los?« Kuni sah ihn fragend an.
»Wir sollten meinen Vati und eure Mutti dazu bringen, daß sie heiraten. Dann könnten wir immer zusammen hier wohnen.«
»Wirklich?« staunte Mathias.
»Aber damit müssen wir noch warten. Neulich hat Justus gesagt, um einen geliebten Ehemann müsse man ein Jahr trauern, bevor man daran denken könne, wieder zu heiraten«, meinte Kuni leise.
»Wieso hast du mit Justus darüber gesprochen?« wollte Peter wissen.
»Ach, weißt du, ich habe nämlich auch daran gedacht, daß meine Mutti und dein Vati heiraten könnten.«
»Dann sind wir uns ja einig.« Peter atmete auf. »Aber ein Jahr ist schrecklich lang.«
»Ja, so ist es«, seufzte Kuni auf. »Doch vielleicht hat Justus nicht recht?«
»Er hat bestimmt recht.« Peters Brauen runzelten sich. »Aber vielleicht könnte eure Mutti schon hierherziehen, damit wir zusammen hier wohnen können.«
Während die Kinder überlegten, auf welche Weise sie die beiden Erwachsenen dazu bringen könnten, ein Paar zu werden, unterhielten sich Ingrid und Dieter im Wohnzimmer.
Zum erstenmal erzählte Dieter Ingrid mehr von seiner verstorbenen Frau. Er zeigte ihr auch Fotografien. Aus alldem entnahm Ingrid, daß er seine Frau innig geliebt hatte und daß er sie nicht vergessen konnte. Mehr und mehr kam sie zu der Überzeugung, daß Guido und sie selbst nicht durch die gleiche Liebe verbunden gewesen waren.
Immer wieder stellte Ingrid Vergleiche zwischen Dieter und ihrem verstorbenen Mann an. Auch stimmte es sie traurig, daß sie nicht um Guido trauern konnte. Es widerstrebte ihr sogar, sein Grab zu besuchen. Mit den Kindern war sie mehrmals auf dem Friedhof gewesen. Die Kinder hatten zwar Blumen auf den noch frischen Grabhügel gelegt, aber keine Fragen nach ihrem Vater gestellt.
Wo keine Liebe gesät wird, erntet man auch keine, dachte Ingrid nicht zum erstenmal. Auf einmal hatte sie das Gefühl, etwas im Leben versäumt zu haben.
»Ingrid, Sie hören mir ja gar nicht mehr zu«, riß Dieter sie aus ihrem Sinnen.
»Verzeihen Sie, Dieter«, bat sie verlegen. »Aber ich dachte daran, daß nur selten jemand das Glück hat, den richtigen Lebenspartner zu finden.«
»Das ist wahr, Ingrid.« Dieter umfaßte ihre Hände, die auf ihrem Schoß ruhten. »Ingrid, schon lange wollte ich…« Er kam nicht weiter, denn die Kinder stürmten ins Zimmer.
Als sich die Abenddämmerung über das Land senkte, brachten Ingrid und Dieter die Kleinen nach Sophienlust zurück. Kuni und Mathias waren so müde, daß sie sich von Schwester Regine widerstandslos zu Bett bringen ließen. Peter war dagegen noch ganz munter. Er faßte seinen Vater bei der Hand und raunte ihm zu: »Vati, ich muß unbedingt mit dir sprechen.«
»Jetzt noch?« fragte Dieter lächelnd.
»Geht das denn noch?« Peter blickte zu Ingrid hin, die am Fuß der Treppe stand, die von der Halle zur oberen Etage hinaufführte.
»Wenn du meinst?«
»Komm, dann gehen wir auf einen Sprung in den Wintergarten«, schlug der Junge vor.
Dieter folgte ihm lächelnd. »Ich bin gleich wieder da!« rief er Ingrid zu, die sich nun mit Frau Rennert unter-
hielt.
»Vati, Kuni, Mathias und ich möchten gern wieder Eltern haben.«
»Wie meinst du das denn?« Dieter sah seinen Sohn kopfschüttelnd an.
»Ganz einfach. Du heiratest die Mutti von Kuni und Mathias.«
»Möchtest du das denn?« fragte Dieter erstaunt.
»Ja, Vati, ich möchte es. Weißt du, ich habe meine richtige Mami dann auch noch genauso lieb. Aber sie kommt doch niemals wieder. Ja, Mami hat immer gesagt, sie wolle nur mein Glück. Ich bin ja ganz gern hier in Sophienlust. Aber lieber möchte ich nach Hause zurück.«
»Peter, so einfach ist das nicht. Wenn zwei Menschen sich entschließen, zu heiraten, dann müssen sie sich auch liebhaben und gut verstehen.«
»Hast du denn Frau Laurens nicht lieb? Ich dachte, du könntest sie gut leiden. Manchmal schaust du sie so an, als ob du sie küssen wolltest.«
Dieter sah seinen Sohn verblüfft an. Peters Beobachtungsgabe überraschte ihn. »Mein Junge, noch ist es dafür zu früh«, erklärte er.
»Ich