Эротические рассказы

Gesammelte Werke von Joseph Conrad. Джозеф КонрадЧитать онлайн книгу.

Gesammelte Werke von Joseph Conrad - Джозеф Конрад


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einem leichten Schauer.

      »Keine Rede,« gestand der andere widerstrebend, wobei es wie Schmerz um seine Lippen zuckte, »volle zwanzig Sekunden müssen von dem Augenblick, wo ich den Ball drücke, bis zur Explosion vergehen.

      »Was«, hauchte Ossipon erschüttert. »Zwanzig Sekunden, grauenhaft! Willst du mir sagen, daß du das aushalten kannst? Ich würde verrückt – –«

      »Wäre kein Schade. Natürlich ist das der schwache Punkt des Systems; das übrigens nur zu meinem persönlichen Gebrauch dient. Das Schlimme ist ja, daß für uns die Zündung immer der wunde Punkt bleibt. Ich versuche einen Zünder zu erfinden, der bei jeder Betätigungsmöglichkeit arbeitet und sogar bei ganz unvorhergesehener Betätigung, ein veränderlicher und dennoch vollkommen zuverlässiger Mechanismus. Ein Zünder mit Verstand, sozusagen.«

      »Zwanzig Sekunden«, murmelte Ossipon nochmals. »Ah, und dann?«

      Mit einer leichten Kopfwendung schienen die funkelnden Brillengläser die Größe des Biersalons im Keller des berühmten Silenus-Restaurants abzuschätzen.

      »Niemand in diesem Raum hätte Hoffnung zu entkommen«, war das Ergebnis dieser Schätzung. »Nicht einmal das Pärchen, das eben die Stiegen hinaufgeht.«

      Das Piano am Fuß des Treppenhauses donnerte eine schwungvolle Mazurka, als säße ein pöbelhaftes Gespenst davor.

      Die Tasten hoben und senkten sich geheimnisvoll. Dann wurde alles still. Einen Augenblick lang stellte sich Ossipon den hell erleuchteten Raum in ein schauerliches, schwarzes Loch verwandelt vor, in den aus dem Durcheinander von zerstörtem Mauerwerk und verstümmelten Körpern giftige Rauchschwaden drangen. In dieser Vorstellung erlebte er den Begriff von Tod und Zerstörung so stark, daß er abermals erschauerte. Der andere bemerkte mit kalter Selbstzufriedenheit:

      »Letzen Endes ist es nur der Charakter, der einem persönliche Sicherheit verbürgt. Es gibt ganz wenig Leute in der Welt, deren Charakter so allgemein anerkannt ist wie der meine.«

      »Ich möchte nur wissen, wie du das fertig gebracht hast«, brummte Ossipon.

      »Durch Kraft der Persönlichkeit«, sagte der andere, ohne die Stimme zu heben; und im Munde dieses so augenscheinlich kümmerlichen Lebewesens hatte diese Behauptung einen Klang, daß der kräftige Ossipon sich in die Lippe biß. »Kraft der Persönlichkeit«, wiederholte er mit aufreizender Ruhe. »Ich habe die Mittel, mich zum Todbringer zu machen; doch das allein wäre natürlich noch kein ausreichender Schutz. Wirksam wird er erst durch den Glauben der anderen, daß ich meine Mittel auch benützen würde. Das glauben sie steif und fest, und dadurch werde ich erst zum Todbringer.«

      »Auch unter den anderen gibt es Leute von Charakter«, deutete Ossipon tückisch an.

      »Möglich. Aber es muß wohl auf den Grad ankommen, da ja z.B. ich keinerlei Eindruck von ihnen habe. Dann müssen Sie wohl untergeordneter Art sein, und es ist ja auch nicht anders möglich. Ihr Charakter fußt auf der herkömmlichen Moral, lehnt sich an die gesellschaftliche Form. Meiner steht frei von jeder künstlichen Stütze. Sie sind an allerlei Herkömmliches gebunden, sind an das Leben gebunden, das für sie in allerlei Hemmungen und Erwägungen eingezwängt und an unzähligen Punkten angreifbar ist; während ich nur an den Tod gebunden bin, der weder Hemmung noch Angriff kennt. Meine Überlegenheit ist sonnenklar.«

      »Das ist eine übersinnliche Erklärung«, sagte Ossipon und beobachtete das kalte Glitzern der runden Brillengläser. »Ich hörte Karl Yundt vor nicht allzu langer Zeit dasselbe sagen.«

      »Karl Yundt,« murmelte der andere mit Verachtung, »der Abgeordnete des internationalen Roten Komitees, war Zeit seines Lebens nichts anderes als ein Schatten, der sich aufspielte. Ihr seid drei Abgesandte, nicht? Über die andern beiden will ich nichts sagen, da du ja einer davon bist; aber was du sagst, hat keinen Sinn. Ihr seid die würdigen Abgeordneten für Revolutionspropaganda, aber das Schlimme dabei ist nicht nur, daß ihr zu unabhängigem Denken gleich unfähig seid, wie irgendein ehrenwerter Krämer oder Zeilenschreiber, sondern daß ihr überhaupt keinen Charakter habt.«

      Ossipon konnte ein zorniges Auffahren nicht unterdrücken.

      »Aber was willst du denn von uns«, rief er mühsam beherrscht. »Was strebst denn du selbst an?«

      »Ich suche den vollkommenen Zünder«, war die knappe Antwort. »Warum machst du so ein Gesicht? Da siehst du ja, daß du nicht einmal die Erwähnung von etwas Endgültigem vertragen kannst.«

      »Ich mache doch kein Gesicht«, knurrte der verärgerte Ossipon böse.

      »Ihr Revolutionäre«, fuhr der andere fort und sonnte sich in Selbstzufriedenheit, »seid die Sklaven der Gesellschaft, die sich vor euch fürchtet, Sklaven nicht minder als die Polizei, die zum Schutz dieser Gesellschaft da ist. Selbstverständlich seid ihr das, da ihr die Ordnung ja umstürzen wollt. Sie beherrscht eure Gedanken und natürlich auch eure Handlungen, und daher können weder eure Gedanken noch eure Handlungen jemals abschließend sein.« Er verfiel unvermerkt in sein merkwürdiges Schweigen, fuhr aber plötzlich wieder fort: »Ihr seid nicht um ein Haar besser als die Macht, die gegen euch aufgeboten wird – als die Polizei zum Beispiel. Neulich einmal traf ich unversehens an der Ecke von Tottenham Court Road mit Oberinspektor Heat zusammen. Er sah mich finster an, ich ihn aber nicht. Warum sollte ich ihm einen Blick schenken? Er dachte an vielerlei – an seine Vorgesetzten, seinen Ruf, an das Gericht, sein Gehalt, die Zeitungen – an hundert Dinge. Ich aber dachte nur an meinen vollkommenen Zünder. Er bedeutete nichts für mich. Er war für mich so unwichtig, wie – ich kann mir nichts vorstellen, was unwichtig genug wäre, um mit ihm verglichen zu werden – ausgenommen vielleicht Karl Yundt. Gleich und gleich. Der Terrorist und der Polizeimann kommen aus dem gleichen Ei. Revolution und Gesetz – Gegenzüge im gleichen Spiel; Erscheinungsformen einer im Grunde gleichen Untätigkeit. Er spielt sein kleines Spiel, das tut ihr Propagandaleute auch. Ich aber spiele nicht; ich arbeite vierzehn Stunden am Tage und bleibe oft hungrig. Meine Versuche kosten dann und wann Geld, und da muß ich mich ein oder zwei Tage ohne Essen behelfen. Du schielst nach meinem Bier. Jawohl. Ich habe schon zwei Glas und werde mir gleich noch ein drittes bestellen. Heute ist ein kleiner Festtag, und ich feiere ihn allein. Warum nicht? Ich habe den Mut, allein zu arbeiten, ganz allein, vollkommen allein. Ich habe jahrelang allein gearbeitet.« Ossipon war dunkelrot geworden.

      »An dem vollkommenen Zünder was?« zischelte er leise.

      »Jawohl«, gab der andere zurück. »Das ist eine erschöpfende Erklärung. Du wärst außerstande, dich so kurz zu fassen, wenn du die Art deiner Tätigkeit in allen den Ausschüssen und Komitees erklären wolltest. Ich bin der wahre Propagandist.«

      »Darüber wollen wir nicht reden«, sagte Ossipon mit einer Miene, als sei er über persönliche Erwägungen erhaben. »Übrigens fürchte ich, daß ich dir deinen Festtag verderben muß. Heute früh ist ein Mann in Greenwich Park in die Luft geflogen.«

      »Woher weißt du das?«

      »Seit zwei Stunden brüllen sie die Neuigkeit in allen Gassen aus. Ich habe das Blatt gekauft und bin hier hereingelaufen. Dann sah ich dich an diesem Tisch sitzen. Ich habe es jetzt in der Tasche.«

      Er zog die Zeitung heraus. Es war ein mittelgroßes Blatt, rosenrot, als wäre ihm die Wärme seiner eigenen hoffnungsfrohen Überzeugung ins Gesicht gestiegen. Ossipon überflog die Seiten hastig.

      »Aha, da ist’s. Bombe in Greenwich-Park. Es steht nicht viel davon drin. Halb zwölf Uhr. Nebliger Vormittag. Wirkungen der Explosion noch bis Romney Road und Park Place bemerkbar. Ungeheures Loch im Boden, unter einem Baum, mit Wurzelfetzen und zerbrochenen Zweigen angefüllt. Ringsherum die Reste eines Menschen, in tausend Stücke zerrissen. Das ist alles. Der Rest ist Zeitungsgewäsch. Zweifellos ein mißglückter Versuch, das Observatorium in die Luft zu sprengen, sagt sie. Hm. Das ist schwer zu glauben.«

      Er sah noch eine Weile schweigend in die Zeitung und reichte sie dann dem anderen hinüber, der nur einen Blick darauf warf und sie dann weglegte.

      Es war Ossipon, der zuerst sprach, – nicht ohne Vorwurf.

      »Die Reste nur eines Menschen, hörst


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