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Sophienlust 144 – Familienroman. Aliza KortenЧитать онлайн книгу.

Sophienlust 144 – Familienroman - Aliza  Korten


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ziemlich hoch am Hang gelegen und vom Hochwasser unberührt. Sie hielten an und erkundigten sich, was im Dorf geschehen war.

      Nur die alte Großmutter war daheim. Alle anderen Hausbewohner waren ins Dorf geeilt, um zu helfen. Die Großmutter berichtete, dass es Tote und Verletzte gegeben habe. Einige Häuser seien völlig zerstört worden. Auch Vieh sei ertrunken.

      Bedrückt setzten sie die Fahrt fort. Im Ort wandten sie sich sogleich an die Polizei, um die Rettung des Kindes zu melden.

      »Der Name?«, fragte der Beamte.

      »Das Kind hat ihn uns bis jetzt nicht genannt«, erwiderte Eugen Luchs. »Aber es muss ja aus der Gegend hier sein. Wahrscheinlich aus einer der kleinen Ortschaften flussabwärts.«

      »Das ist richtig. Vielleicht kann jemand die Kleine erst einmal aufnehmen. Mit den Personalien beschäftigen wir uns später. Es gibt Wichtigeres zu tun. Sie können sowieso nicht weiterfahren.«

      »Wieso nicht?«, fragte Eugen Luchs betroffen.

      »Die Brücke ist weggerissen worden. Ein paar Tage werden Sie wohl hierbleiben müssen. Bis dahin dürfte sich auch herausstellen, wem das Kind gehört.«

      Eugen Luchs kehrte zu den Henselers und zu Peggy zurück.

      »Ja, ich habe schon gehört, dass man nicht weiterfahren kann«, sagte der Doktor. »Außerdem fehlt hier dringend ein Arzt. Ich habe mich zur Verfügung gestellt. Wir können glücklicherweise ein Zimmer im Gasthof bekommen. In allen übrigen Zimmern wohnen bereits Obdachlose. Genügt Ihnen Ihr Wohnwagen? Sonst bringen wir Sie und die beiden Kinder eben auch noch in dem einen Raum unter. Es sind Notzeiten.«

      »Danke, Doktor. Wir sind daran gewöhnt, im Wagen zu übernachten. Sie werden es zu viert gerade eng genug haben. Selbstverständlich helfe ich gern bei den Aufräumungsarbeiten, falls man mich brauchen kann.«

      »Fragen Sie den Bürgermeister. Er leitet den gesamten Einsatz. Es ist erstaunlich, wie umsichtig und besonnen diese Katastrophe hier gemeistert wird.«

      So mussten sie zunächst in dem kleinen Ort am Fluss ausharren. Eugen Luchs stellte den Wohnwagen neben dem Gasthof ab. Das gerettete Kind bekam Kleider aus dem Dorf. Es ließ sich ankleiden wie ein Püppchen. Doch nach einer Weile begann es leise vor sich hin zu weinen.

      »Kümmere dich um sie, Peggy«, flüsterte der Schriftsteller der kleinen Schwarzen ins Ohr. »Ich muss im Dorf helfen. Es ist allerlei passiert.«

      Peggy nickte ernsthaft. Sie kam sich sehr wichtig vor.

      »Musst nicht weinen«, sagte sie zu der Kleinen. »Schau, Balthasar mag dich.«

      Der Collie schnupperte am Beinchen des Kindes.

      »Mutti«, schluchzte die Kleine auf. »Wo ist meine Mutti?«

      Peggy legte das Krausköpfchen schief. »Weiß ich nicht«, gestand sie freimütig. »Ich kenne sie doch gar nicht.«

      »Mutti«, wiederholte das Kind kläglich.

      »Onkel Luchs findet deine Mutti vielleicht. Er ist furchtbar klug und kann beinahe alles. Als ich niemanden mehr hatte, ist er einfach gekommen und hat mich aus Afrika nach Deutschland mitgenommen. Kannst du dir das vorstellen?«

      Das Kind schüttelte den Kopf. Es war ein hübsches kleines Mädchen mit langem Blondhaar. Aber es sah erbärmlich traurig aus, weil es sich nach seiner Mutter sehnte.

      »Onkel Luchs hat gesagt, wir müssen warten, bis das dumme Wasser weg ist. Nachher suchen wir deine Mutti. Oder die Polizei sucht sie. Sie kann doch nicht einfach weg sein.«

      »Meine Mutti ist weg«, stieß das Kind mutlos hervor.

      Peggy schlang das kaffeebraune Ärmchen um den Hals des kleinen Mädchens. »Mach dir bloß keine Sorgen«, sagte sie altklug. »Onkel Luchs schafft schon Rat. Vielleicht nimmt er dich mit nach Sophienlust. Dort ist es wunderschön. Es wohnen viele Kinder dort. Wer mag, kann auf einem Pony reiten. Einen Papagei gibt es auch, einen schönen Park, einen Märchenwald, eine prima Köchin und natürlich unsere liebe Tante Isi.«

      »Was ist das – ein Papagei?«, fragte das Kind und schien seinen Kummer für den Augenblick vergessen zu haben.

      »Ein Papagei ist ein großer bunter Vogel aus einem fremden Land. Dort sind die Vögel so klug, dass sie sprechen können. Unser Papagei gehört Nick. Er heißt Habakuk und redet einen Haufen lustiges Zeug.«

      »Das glaube ich nicht, dass ein Vogel reden kann wie ein Mensch.«

      »Wenn Onkel Luchs wieder da ist, musst du ihn fragen. Ich schwindle nicht.« Peggy rollte ihre Kulleraugen.

      »Ich will zu meiner Mutti«, begann das Kind erneut zu jammern. »Warum ist sie nicht da?«

      Peggy hob ratlos ihre Schultern. »Vielleicht hat es etwas mit dem Unwetter zu tun. Wohnst du hier in der Nähe?«

      »Nein, ich …, ich weiß nicht. Wir sind schon lange unterwegs.«

      »Weißt du wenigstens, wie du heißt? Oder magst du’s nicht sagen?«

      Peggy hatte eine entwaffnende Art, die ihr bei groß und klein stets sofort die Herzen öffnete. Auch das verstörte Kind verlor jetzt seine Scheu.

      »Gudrun«, antwortete es leise.

      »Und weiter? Man hat doch meistens noch einen zweiten Namen.«

      Gudrun zog das Näschen kraus und dachte nach. »Gudrun«, wiederholte sie mit Entschiedenheit. »Sonst gar nichts?«

      Peggy reckte sich zur vollen Höhe ihres noch nicht ganz schulpflichtigen Alters auf. »Du bist eben noch sehr klein«, erklärte sie etwas von oben herab. »Aber es macht nichts. Gudrun ist auch schon etwas. Willst du mit mir spielen?«

      Gudrun seufzte. »Ich will zu meiner Mutti, Peggy. Warum bist du eigentlich so braun?«

      »Ich hab’ dir doch schon erzählt, dass ich aus Afrika gekommen bin. Dort sind die Leute halt so braun. Gefällt’s dir etwa nicht?«

      »Doch, ich möchte auch so aussehen. Schau mal, mein Arm ist ganz weiß neben deinem. Deinen möchte man aufessen. Es ist wie aus Schokolade.«

      Peggy lachte. »Wenn du mich anbeißt, beiße ich dich auch, Gudrun. Ich bin nicht aus Schokolade. Also – spielen wir etwas?«

      Gudrun schüttelte den Blondkopf mit dem seidigen Haar. »Ich mag nicht, Peggy. Ich bin zu traurig.«

      »Schade, wenn man so richtig spielt, vergisst man die Sorgen. Oder wenn Onkel Luchs Geschichten erzählt. Leider ist er nicht hier.«

      »Was für Geschichten? Märchen?«

      »Nein, Tiergeschichten. Er ist schon in der ganzen Welt herumgereist und hat viel Tierbücher geschrieben. Bei uns daheim erzählt er sogar im Radio Tiergeschichten.«

      Gudrun schwieg. Sie war sicherlich noch zu klein, um das, was Peggy ihr erzählte, zu verstehen. Immerhin weinte sie nicht mehr. Das war ein erster Erfolg von Peggys Bemühungen.

      Es wurde ziemlich spät, ehe Dr. Henseler und Eugen Luchs zurückkehrten. Sie waren erschöpft, aber mit der geleisteten Arbeit zufrieden. Ein Hubschrauber hatte einige Verletzte nach Klagenfurt ins Krankenhaus gebracht, nachdem Dr. Henseler sie notdürftig versorgt hatte.

      Das Gastwirt brachte allen warmes Essen.

      »Gudrun heißt du also«, sagte Eugen Luchs, nachdem Peggy berichtet hatte, und steckte der Kleinen ein Stück Schokolade in den Mund. »Jetzt kommen wir sicherlich weiter.«

      »Wo ist meine Mutti?«, fragte Gudrun leise.

      »Vielleicht finden wir sie morgen«, tröstete der Schriftsteller die Kleine sanft. »Jetzt müssen wir schlafen. Es ist schon viel zu spät für euch Kinder.«

      »Ich bin älter als Gudrun«, ließ sich Peggy vernehmen.

      »Wenn schon – ins Bett gehörst du jetzt auch.«

      Eugen Luchs versorgte


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